Gedanken zur Zukunft des DASV

  • Hallo zusammen,

    ich bin ein Mensch, der nicht nur so vor sich hin sammelt, sondern der sich auch um die Zukunft der Philatelie im Allgemeinen und im Besonderen um die Zukunft seiner philatelistischen Vereine und ARGEn Sorgen macht. Ich bin jetzt seit zehn Jahren Mitglied im DASV und in der Zeit hat sich um den Verein herum Vieles verändert.

    Wenn ich mir die Mitgliederlisten im Verein anschaue und dazu die unregelmäßig veröffentlichten Geburtstagslisten, in denen das Alter der jeweiligen Personen genannt wird, dann ist aus rein logischen Gründen abzusehen, dass in nicht zu ferner Zukunft der DASV massiv Mitglieder verlieren und entsprechend schrumpfen wird. Es gibt seit vielen Jahren auch aus vielen anderen Vereinen oder philatelistischen Organisationen immer wieder Überlegungen oder Vorschläge dazu, wie man möglicherweise neue Mitglieder akquirieren oder überhaupt erst einmal für die Philatelie interessieren könnte. Leider gibt es viele Hemmnisse, die nur teilweise überwunden werden können.

    Da ist zunächst erst einmal das große Desinteresse oder auch Phlegma der absoluten Mehrheit der Vereinsmitglieder zu nennen, sich persönlich und selbstlos so für den Verein einzubringen, dass ein zuvor definiertes Ziel für die Zukunft des Vereins angestrebt werden kann. Sicherlich werden bei fortgeschrittenem Alter auch Krankheit und Behinderung für Viele ein Hemmnis sein, das alleine ist es aber mit Sicherheit nicht.

    Ich will da einmal ein Beispiel zu bringen. Vor wenigen Jahren ging es um die Existenz der ARGE Österreich. Ich hatte dazu im Vorfeld alle Mitglieder einzeln angeschrieben und um Angaben dazu gebeten, was sie sammeln, ob sie bereit sind, Verantwortung für die Arge zu übernehmen und ob sie überhaupt am Fortbestand der ARGE interessiert sind. Zusätzlich hatte ich eine Beitragserhöhung auf das Niveau des DASV vorgeschlagen.

    Von allen Mitgliedern hatte nur die Hälfte geantwortet, einige waren sogar unauffindbar. Alleine der Vorschlag der Beitragserhöhung auf monatlich 5 Euro war bereits auf teils heftigen Widerstand gestoßen, was ja schon eine Menge darüber aussagt, wie sehr man sich seinem Verein verbunden fühlt. Die meisten wollten nur Briefmarken sammeln, einige wenige hatten aber auch Interesse an Anderem wie Flugpost, Ganzsachen, Fiskalischem usw. Irgendwelche Vorstandsämter aber wollte oder konnte überhaupt niemand übernehmen. Damit schien die Zukunft der ARGE besiegelt. Bei der abschließenden Sitzung fanden sich dann überraschend doch Sammler für alle zu besetzenden Positionen, so dass die ARGE auch heute noch besteht und mit geeigneten Aktionen auf ihre Arbeit aufmerksam macht.

    Während es bei der ARGE Österreich aber unproblematisch erscheint, welche Art von Sammler sich dort beheimatet fühlen könnte, ist das beim DASV schon problematischer. Wie jeder Verein hatte sich auch der Deutsche Altbriefsammlerverein eine Satzung gegeben. Nach dem mir gerade vorliegenden Exemplar vom 4.5.1985 heißt es in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung:

    Zweck des Vereins ist die Erforschung der Postgeschichte und Verbreitung der Kenntnisse über die Postgeschichte.

    Auf der aktuellen Website des Vereins heißt es dagegen:

    Das Ziel unserer Vereinigung ist die Erforschung der klassischen und modernen Postgeschichte und die Verbreitung der Kenntnisse über diese Postgeschichte.

    Es hat also zwischenzeitlich eine Neudefinition der Vereinsziele stattgefunden, nicht mehr die Klassik und Altbriefkunde steht damit im Mittelpunkt, sondern theoretisch alles, was von der Frühzeit bis in die heutige Moderne mit der Post, ihren Erzeugnissen und Leistungen zusammenhängt. Davon allerdings bemerke ich nichts, weder hier im Forum noch in regelmäßigen Veröffentlichungen / Rundbriefen des Vereins. Es scheint mir daher erforderlich zu sein, die Satzung zu überarbeiten und dabei insbesondere näher auf einzelne Begriffe einzugehen und allgemeingültige Definitionen mit aufzunehmen.

    Wenn ich heute über einen Trödelmarkt gehe, werden mir „uralte“ Bücher angeboten, die sich bei näherem Hinsehen als solche aus den 1960er Jahren entpuppen. Im Internet werden Briefmarken und Briefe oder Postkarten als uralt angeboten, die teils von 1990 stammen. Und die meisten Jugendlichen orientieren sich beim Sammeln heute nicht mehr bei Vater oder Großvater, sondern holen sich ihre Informationen aus dem Internet und insbesondere von den Sammlergruppen bei Facebook.

    Um einige dieser Jugendlichen und Jungsammler möglicherweise als Mitglied des DASV gewinnen zu können, halte ich es für zwingend erforderlich, die tatsächlichen Ziele des Vereins eindeutig zu definieren und dabei Zweifelhaftes bei der Wortwahl zukünftig zu vermeiden. Dabei gilt es, einige Fragen zu klären:

    1) Was ist ein alter Brief? Welche zeitliche Grenze gibt es dafür? Sind mit dem Namen Altbriefsammlerverein nur bestimmte Altbriefe gemeint oder jeder Brief, den jemand für alt hält? Und was ist mit alten Postkarten, Kartenbriefen, Aufgabs- und Retourrecepissen, Frachtbriefen usw? Werden die von dem Begriff Altbrief mit erfasst?

    2) Was ist klassisch, was ist modern? Gibt es dafür zeitliche Grenzen? Für mich beginnt die Moderne etwa 1945 bis 1950, das entspricht dem Datum meiner Geburt, wie aber denkt jemand darüber, der 1990 geboren ist? Schließt die Klassik an die Moderne an oder gibt es noch etwas dazwischen? Wie nennt man das und soll das auch erforscht werden? Und falls ja, warum steht dann nichts darüber in den Zielen des Vereins?

    3) Was ist Postgeschichte?

    Per definionem müsste das die Geschichte der Post(organisation), ihrer Kontakte zu anderen Post(organisationen), ihrer Regelungen und Festlegungen, ihrer Erzeugnisse und deren Verwendung sein. Damit sollte alles erfasst sein, was jemals zu postalischen Zwecken hergestellt und verwendet worden ist, insbesondere

    Edikte, Gesetze und Verordnungen,

    Verträge,

    Briefmarken,

    Ganzsachen,

    Stempelmaschinen,

    Formen und Mittel des Posttransports

    und Anderes mehr.

    Briefe mit Marken habe ich nicht gelistet, da diese im Gegensatz zu Ganzsachen nicht von der Post ganz- oder teilweise hergestellt worden, sondern auf die Initiative Dritter zurückzuführen sind. Die Behandlung von Portostufen fällt thematisch unter die Gesetze und Verordnungen. Postwege einzelner Poststücke sind Zufallsprodukte, die zwar ganz überwiegend auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen oder (Post-)Verträgen realisiert werdern, aber eigentlich mit der Geschichte der Post wenig zu tun haben. Merkwürdigerweise findet man aber fast nur Beiträge und Diskussionen zu Letzterem, während Briefmarken, Ganzsachen oder Stempel nur selten vorkommen.

    Wie weit sollte sich also die Postgeschichte tatsächlich erstrecken, damit sie diesen Namen noch verdient?

    Das sind erste Gedanken zur Zukunft des DASV. Was denkt ihr darüber?

    Viele Grüße

    Ingo

  • Lieber Ingo,

    man hat schon vor 100 Jahren (!!) über sinkende Mitgliederzahlen in den Vereinen und über schwindendes Interesse gegenüber Briefmarken und allem, was damit zu tun hat, geklagt - was ist dabei heraus gekommen?

    Ich denke, dass eine quantitative Analyse leicht fällt, eine Qualitative aber ganz andere Ergebnisse zutage fördert. Mir sind 20 oder 30 gute Leute tausendmal lieber, als 500 oder 600, die nur Abonnenten, oder Marke-aus-dem-Brief-Schneider sind, denn mit letzteren kann ich wenig anfangen, auch wenn wir alle so mal angefangen haben.

    Die Philatelie und Postgeschichte sind heute in zahllosen Bereichen weit nach vorne gekommen, auch dank dieses Forums hier, vor allem aber durch die ARGEn, den DASV und andere, lobenswerte Congregationen, was mich sehr tief und innig freut.

    Sicher wird es daher eine Reduktion an Mitgliedern geben, aber der Standard wird nicht sinken, eher im Gegenteil. Mit ist das Letztere wichtig, anderen mag das Erstere wichtiger erscheinen, speist sich doch Letzteres aus Ersterem.

    Wie sagte man mal lieber Freund Achim: Wenn die Postgeschichte sich nicht selbst trägt, dann ist das halt so. Das ist kein Fatalismus, aber Realismus und selbst wenn es in 5 oder 10 Jahren keinen einzigen Sammler mehr gäbe, wäre es mir egal und ich würde genauso weitersammeln, wie ich es jetzt schon tue.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ingo,

    Bei der letzten JHV des DASV über Zoom hatte man sich auch schon Gedanken über die Zukunft des DASV gemacht und ich denke dass man da einige gute Ideen und Pläne hat.

    Zum Kommunikationsverhalten der Mitglieder kann der Vorstand nichts, diese Mitglieder sind halt Mitglieder und sammeln für sich..., das muss man halt so akzeptieren. Bei anderen ARGEn ist das oftmals noch viel schlimmer. Ich möchte da keine ARGEn nennen.

    Es gibt halt bei jedem Verein den Vorstand, dazu "Harten Kern" der Mitglieder und die Mitläufer bzw stillen Mitglieder..., das ist die Realität und man kann das auch nicht ändern.

    Was ist ein alter Brief, nun, ich denke das muss jeder für sich selbst entscheiden. Als ich mich entschieden hatte beim DASV Mitglied zu werden machte ich mir darüber auch Gedanken, sind meine Gebiete doch im Vergleich zu anderen von DASV Mitgliedern gepflegten Gebieten, recht jung, allerdings, die Overland Mail Baghdad-Haifa begeht in 2 Jahren ihren 100 Geburtstag. ist das dann noch jung?

    Wichtig ist in meinen Augen dass die aktiven Mitglieder sich auch aktiv verhalten und über ihre Gebiete berichten, dann bleiben die Gebiete im Gespräch und werden nicht vergessen!!! Dis, und das kenne ich aus eigener Erfahrung, ist oft auch ein zweischneidiges Schwert, gesteigertes Interesse an dem einen oder anderen Gebiet lässt nicht selten auch die Preise steigen. Was gut aber auch schlecht ist..., insbesondere wenn man selbst auf der Käuferseite ist.

  • Hallo Ingo

    Postwege einzelner Poststücke sind Zufallsprodukte, die zwar ganz überwiegend auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen oder (Post-)Verträgen realisiert werdern, aber eigentlich mit der Geschichte der Post wenig zu tun haben.

    dies sehe ich nicht so, denn die Post trat und tritt noch heute als Dienstleister auf um Nachrichten von A nach B zu senden und auch diese an die Empfänger zuzustellen. Um dies alles realisieren zu können, waren eben Verträge, Verordnungen und Gesetze notwendig. Auch die Postlaufwege entstanden nicht zufällig, sondern sind auch Ergebnisse der Entwicklung von Städten und die zuführenden Strassen sowie später von Eisenbahnverbindungen bis zu Nutzung von Flugzeugen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Ingo,

    ich habe deinen langen Beitrag bereits vergangene Nacht nach meiner Schicht gelesen. Dabei sind mir 2 Themen aufgefallen: Der bereits von Ulf zitierte Absatz und der Verweis auf die Satzungen von 1985 und von heute. In dem Zusammenhang stellst du die Frage in den Raum, was ein alter Brief ist. Wenn du das nur auf den Zeitraum vor Gründung des Deutschen Reiches beschränken willst, was soll dann 35 Jahre weiter im Jahr 2055 ein alter Brief sein?

    Zur Geschichte der Post hat Ulf dir schon die passende Antwort gegeben.

    beste Grüße

    Dieter

  • Hallo allerseits,

    diese Frage der Zukunft des DASV und anderer ArGen bewegt auch mich schon lange. Vor etlichen Jahren hatte ich dazu mal einen Leserbrief für den DASV-RB geschrieben, wie man die Kommunikation der Mitglieder untereinander und damit die fachliche Weiterentwicklung auf eine breitere Basis stellen könnte, denn im RB melden sich bis heute nur einige wenige großartige Experten mit längeren und sehr fundierten Beiträgen, aber das "Fußvolk" bleibt außen vor, denn die Hemmschwelle für einen eigenen Beitrag ist hoch.

    Mittlerweile hat sich - was ja sehr erfreulich ist - die Kommunikation hier ins Forum verlagert, wo sich weit mehr Philatelisten beteiligen als durch RB-Beiträge. Dadurch lebt die Philatelie und Postgeschichte, durch Austausch und Weitergabe von (Er-)Kenntnissen, Fragen und Antworten.

    Trotzdem, denke ich, ist ein regelmäßig erscheinendes Periodikum (gedruckt oder als PDF) auch ein Bindeglied unter den Mitgliedern, für Übersichts- oder Grundsatzbeiträge oder Vereinsinterna.

    Wer die RB der ArGe NDP kennt, weiß, dass sich dort schon lange die Kommunikation durch Kleinbeiträge der Mitglieder auch im RB abspielt. Deswegen hat sich dort auch kein Forum dieser Art entwickelt.

    Letztlich sehe ich diese lebendige Kommunikation als "Überlebenskriterium" einer ArGe. Wenn erstmal alle zur schweigenden Mehrheit geworden sind, findet sich weder jemand für Ehrenämter noch für eigenverfasste Beiträge, und damit ist die ArGe tot.

    Wie wir alle wissen, macht lebendiger Austausch über postgeschichtliche Themen große Freude. Dafür müssen wir mehr Leute begeistern, sonst wird die Zukunft trübe.

    Beste Grüße,

    Joachim.

    Ei guude, wie?

  • Liebe Sammlerfreunde,

    ich versuche ja auch, meine hier am Ort wohnenden Enkel für die Philatelie zu gewinnen. Siehe hier im Forum Die Kinderseite auf Altpostgeschichte

    Mal sehen, wie es weiterhin klappt. Danke auch nochmal an alle Kolleginnen und Kollegen, die mich dabei mit Material unterstützt haben.
    Bei meinen Enkeln in Hamburg hat es leider nicht geklappt , die Entfernung Frankfurt - Hamburg ist dafür zu groß und nur online klappt das dann nicht.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • diese Frage der Zukunft des DASV und anderer ArGen bewegt auch mich schon lange.

    ....wie man die Kommunikation der Mitglieder untereinander und damit die fachliche Weiterentwicklung auf eine breitere Basis stellen könnte, denn im RB melden sich bis heute nur einige wenige großartige Experten mit längeren und sehr fundierten Beiträgen, aber das "Fußvolk" bleibt außen vor, denn die Hemmschwelle für einen eigenen Beitrag ist hoch.

    Hallo Hesse,

    in vielen Argen ist die Mehrzahl der Mitglieder über das Internet nicht erreichbar, weder durch Foren noch über Videovorträge.

    Persönlich präsent bei Mitgliedertreffen ist auch nur eine Minderheit.

    Der einzige Kommunikationsweg, über den alle erreichbar sind, ist der jeweilige Rundbrief. Dessen Inhalte entscheiden folglich nicht nur über die Wissensvermittlung und den Informationsaustausch, sondern auch über die dauerhafte bzw. neu geweckte Freude am Sammelgebiet.

    man muß also darauf achten, allen etwas zu bieten, sowohl den schon (im Wissen) weit fortgschrittenen als auch denen, die es erst dauerhaft für postgeschichtliche (und andere) Themen zu begeistern gilt.

    Mein Eindruck ist, daß viele Autoren mehr daran interessiert sind, der Welt kundzutun, was sie alles wissen (bzw. an Belegen besitzen), als daran, den weniger kundigen bzw. mit nicht so hohen Ankaufsetats ausgestetteten Informationen und Anschauungsmaterial zu präsentieren.

    Der Zukunft von Philatelie und Postgeschichte ist nicht gedient mit wenigen hochqualifizierten Experten und Großsammlern, die sich nur untereinander austauschen und zu beeindrucken suchen. Gebraucht wird eine breite Basis, die interessiert daran ist, Kenntnisse zu erwerben und zu vertiefen sowie ihre Sammlungen entsprechend auszubauen.

    Die Philatelie wird innerhalb der Gesellschaft nie mehr zu dem massenphänomen der 1970er und 80er Jahre werden. Sie hat aber das Potential, eien hochinteressante und anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung für viele zu bleiben, wenn es gelingt, die entsprechenden Kenntnisse zu vermitteln.

    Funktionäre, die nur am Erhalt bestehender Organisationsformen interessiert sind, werden das nicht leisten. Es braucht begeisterte Philatelisten

    Beste Grüße

    Altsax

  • Der Zukunft von Philatelie und Postgeschichte ist nicht gedient mit wenigen hochqualifizierten Experten und Großsammlern, die sich nur untereinander austauschen und zu beeindrucken suchen. Gebraucht wird eine breite Basis, die interessiert daran ist, Kenntnisse zu erwerben und zu vertiefen sowie ihre Sammlungen entsprechend auszubauen.

    Hallo Altsax,

    genau das ist es, was ich mit "Fußvolk" meinte - dieses darf sich nicht "abgehängt" fühlen, sondern muss ebenfalls begeistert werden. Das klappt z.B. so, indem man auch "kleine" Belege wertschätzt, darin etwas Besonderes sieht und jeden zu weiterer Beschäftigung ermuntert - und zum Zeigen und Diskutieren weiterer Briefe und Sammelstücke.

    Übrigens haben auch schon viele auch über die "Social Philately" zur Postgeschichte gefunden, denn oftmals weckt der geschichtliche Hintergrund von Zeit, Absender und/oder Empfänger die Lust, sich näher mit diesen tollen alten Briefen zu befassen.

    Viele Grüße,

    Joachim / Hesse.

    Ei guude, wie?

    Einmal editiert, zuletzt von Hesse (27. Juni 2021 um 16:51)

  • Hallo Ingo,

    wenn ich deine umfangreich vorgetragenen persönlichen Ansichten und Erfahrungen beiseite lasse, bleibt von deinem langen Posting im Kern die Vorstellung übrig, über eine satzungsmäßig präzisierte Definition von Postgeschichte die Nachwuchsgewinnung beim DASV sicherzustellen. Ich hoffe, dass das jetzt kein Missverständnis ist, aber diesen Ansatz betrachte ich mit Skepsis.

    Der Vorschlag wäre mir einfach zu mechanistisch gedacht: Wir drehen an einer Stellschraube, möglichst an einer mit geringer Öffentlichkeitswirksamkeit, und neue Mitglieder kommen. Oder soll das dazu dienen, einen einklagbaren Anspruch auf die inhaltlichen Aspekte der Vereinsarbeit herzustellen? Was für dich »zwingend erforderlich« ist, müssen andere Mitglieder, insbesondere potenzielle Mitglieder, nicht so sehen.

    Satzungen sind keine Manifeste, sie sind Mittel des Vereinsrechts. Erfahrungsgemäß wird der Vereinszweck desto unklarer, je wortreicher man ihn einzugrenzen versucht.* Aus diesem Grund sind die Vereinsziele meist eher knapp und allgemein gefasst. Vereine leben vom Engagement ihrer Mitgliedschaft, nicht vom Buchstaben ihrer Satzung. Die Attraktivität einer Vereinigung besteht in ihrem möglichst vielfältigen Angebot. Die Nachwuchsarbeit besteht darin, dass es engagierte Menschen gibt, die Nichtmitglieder anleiten und werben. Daran hat sich auch im Zeitalter des Internets nichts geändert, aber es haben sich neue Rekrutierungsflächen eröffnet.

    Wie Altsax schreibt:

    Zitat

    Es braucht begeisterte Philatelisten.

    In meinen Augen ist das Vereinsziel des DASV hinreichend klar definiert. Es beschränkt die eigene Handlungsfreiheit und die zukünftiger Mitgliedsgenerationen nicht unnötig. Wer als von dir angepeilter jüngerer und damit in der Regel internetaffiner Mensch wissen will, womit sich der DASV eigentlich beschäftigt, kann sich auf der Webseite und im hier angedockten Forum ein eigenes Bild davon machen, welche Vielfalt unter dem Dach des DASV versammelt ist.

    Wenn zukünftige Generationen trotz ehrlicher Bemühungen sich dafür nicht interessieren lassen, werden wir wenig daran ändern können, so bedauerlich das auch ist. Interesse kann man weder aufdrängen noch anerziehen, es wird mitgebracht. Das ist leider zwingend erforderlich.

    Sonntägliche Grüße

    Dietmar

    (der noch nicht einmal DASV-Mitglied ist)

    ___________

    * Schon die Definition von Postgeschichte ist schwierig, weil selbst die daran interessierten Kreise jeweils etwas anderes darunter verstanden oder verstehen.

    • Die Postmitarbeiter, die früher in den regional erscheinenden Blättern der deutschen Oberpostdirektionen publizierten, verstanden darunter die Abfolge beim Postpersonal bestimmter Orte, die Postgebäude, die Postwege, die Betriebsmittel und technischen Einrichtungen oder für uns eher unspannende Themen wie die Arbeit der Pensionsfonds.
    • Die Philatelisten verstehen unter diesem Begriff das Nachvollziehen postalischer Handlungsweisen am überlieferten Gegenstand selbst, letztlich auch unter dem Gesichtspunkt, dem Material einen ideellen oder gar materiellen Wert abzugewinnen.
    • Die Historiker, die sich jetzt (wieder) für das Thema interessieren, versuchen, das Ganze in einen gesellschaftlichen Zusammenhang einzuordnen.

    Wir Philatelisten haben also auf diesem Gebiet nicht die alleinige Deutungshoheit. Nahezu alle Arbeiten dieser unterschiedlichen Gruppen sind wertvoll, aber keine für die jeweils andere restlos befriedigend. Ob und wie sich daraus eine Synthese ziehen lässt, ist eine höchst individuelle Angelegenheit, wie das Sammeln überhaupt.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Dietmar,

    mein recht umfangreiches Posting hatte den Zweck, hier eine Diskussion zum Thema anzustoßen und alle Beiträge, die daraufhin veröffentlicht worden sind, betrachte ich als außerordentlich konstruktiv. Natürlich ist es unbestreitbar, dass die, die hier regelmäßig aktiv sind, auch eine Stütze für den DASV darstellen, aber es gibt so viele Andere, die nur im stillen Kämmerlein vor sich hin sammeln, ohne den Kontakt mit der Öffentlichkeit zu suchen, und sei es nur über dieses oder ein anderes Briefmarkenforum. Hinzu kommen mit steigendem Alter bei Vielen gesundheitliche und körperliche Einschränkungen, die oft die Kraft und Lust vermissen lassen, sich - so wie früher - intensiv mit der Philatelie zu beschäftigen. Um in dieser Situation den naturbedingten Mitgliederschwund ein wenig aufzufangen, halte ich es für sinnvoll, denen, die durch Zufall auf dieser Website landen, mit einem kurzen erklärenden Begrüßungstext die Schwerpunkte des Vereins zu erläutern.

    Ich habe im letzten Jahrzehnt allerlei begeisterten Jungsammlern im Alter von etwa 13 bis 16 Jahren mit Rat und Tat und insbesondere auch Briefmarkenspenden auch höherpreisigerer Werte geholfen, sich ein wenig zurechtzufinden, aber alle diese jungen Leute wollten täglich fast ununterbrochen mit mir zum Thema telefonieren, das aber ist nicht meine Welt, mehr als eine Stunde Telefonate pro Tag kann und will ich zu diesem Zweck nicht leisten. Das hat zur Folge, dass alle ihre Kontakte zu mir abgebrochen haben. Sie sind auch meines Wissens keinem, Verein beigetreten, sondern üben ihr Hobby frei und ganz überwiegend über Sammlergruppen internationaler Ausrichtung bei Facebook aus.

    Ich selber bin nicht zum DASV gestoßen, weil mich reine Postgeschichte oder Belege der Vorphilatelie besonders interessieren, sondern ich habe den Verein als interessante Ergänzung zu meinen anderen Vereinen und ARGEn angesehen. Vereinsmitglied sein ist das Eine, sich und seine Sammelgebiete in einem Forum öffentlich zu machen ist aber etwas Anderes. Ich habe deshalb lange gezögert, hier überhaupt etwas zu posten, denn die so wahrgenommene Beschränkung auf Zeiträume bis spätestens 1900 ist mir zu eng, auch wenn ich natürlich Sammlungen besitze, die irgendwann Mitte des 19.Jahrhunderts beginnen; ich führe sie jedoch weiter, so lange das Thema fortbesteht und beschränke mich nicht nur auf die Frühzeit der Philatelie.

    Ich denke daher, dass auch andere Sammler, die so wie ich regional und zeitlich weiträumiger orientiert sind, eine gute Ergänzung für den DASV in der Gegenwart und Zukunft darstellen könnten, wenn man denn in der Migliederzeitschrift und auch hier auf der Website den zeitlichen Rahmen breiter gestalten und sich so in der Öffentlichkeit darstellen würde.

    Viele Grüße

    Ingo

  • Hallo Ingo,

    ich kann deine Argumentation in weiten Teilen nicht nachvollziehen.

    Wofür steht die Abkürzung DASV? Das brauche ich nicht erklären, da hier alle wissen, wofür sie steht. Der Sammler neuerer Gebiete hat die Auswahl unter einer langen Liste von Argen und FGs, deren Schwerpunkte sich mitunter überschneiden.

    Die zurückgehende Zahl an Mitgliedern betrifft nicht nur die Philatelie. Das Problem ist ein großes Thema bei fast allen organisierten Vereinen. Seit mindestens 20 Jahren kann man eine Entwicklung beobachten, daß die Leute ihrem Hobby lieber außerhalb des "Zwanges" eines Vereins nachgehen. Da kommt es besonders im Bereich Sport zu der absurden Situation, daß im Sportcenter gerne der 10fache Monatsbeitrag des heimischen Vereins bezahlt wird.

    Viel weniger Sammler scheint es nicht zu geben, wenn man sich enorme Menge der Internetangebote und steigende Zahl der Händler und Auktionen ansieht.

    beste Grüße

    Dieter

  • Ich denke, es passt ganz gut, wenn ich hier im Anschluss eine Frage stelle, die mich schon länger bewegt. Der Hintergrund ist u.a., dass es mir so vorkommt, als wenn von denen, die hier im Forum schon länger aktiv sind, relativ wenig neue Belege hochgeladen werden. Ich würde da gerne in die Bresche springen, wenn ich denn sicher sein könnte, dass euch meine Belege und die Art, wie ich sammle, zusagen.

    Wie das so ist, wandeln sich im Laufe des Lebens oftmals die Interessen und obwohl ich immer die Absicht verfolgt hatte, keine deutschen Belege zusammenzutragen, weil ich gerne etwas sammle, was Andere nicht sammeln, so sind mir im Laufe der Zeit doch verschiedene Themen so weit ans Herz gewachsen, dass daraus kleine Sammlungen entstanden sind. Die darin enthaltenen Belege hier einfach zu zeigen gehört für mich zwar zum Oberbegriff "Altbriefsammler", aber nicht zu der Art Gliederung, die für euch so wichtig zu sein scheint. Ich habe deshalb bisher gezögert, solche Dinge hier zu zeigen und bin damit statt dessen auf andere Foren ausgewichen. Als Mitglied des DASV finde ich es aber schade, dass meine Art zu sammeln nicht so recht zu dem passt, auf was ich hier immer wieder stoße.

    Ich will euch deshalb ein paar Sammelthemen vorstellen, die mich interessieren und warum. Als Hintergrund solltet ihr wissen, dass ich mich schon seit meiner Jugend immer wieder recht intensiv mit Landkarten, Atlanten und allgemein geografischen Zusammenhängen beschäftigt habe und das auch heute noch tue. Meine Ehefrau, gelernte Buchhändlerin, war bei Gleumes & Co. in Köln ausgebildet worden und hat einige Zeit später gut zehn Jahre bei der Schropp'schen Landkartenanstalt in Berlin gearbeitet, wo auch ich nach meinem eigenen Feierabend immer wieder mitgeholfen habe. Mich interessieren also Orte und wir beide versuchen, diese auf der Grundlage von Poststempeln zu dokumentieren. Daraus sind verschiedene Sammlungen entstanden, die auch noch immer weiter ausgebaut werden.

    Königreich Hannover, Abgangs- und/oder Ankunftstempel auf gelaufenen Ganzsachenumschlägen. Ortsstempel auf losen Briefmarken oder auf nur mit Marken beklebten Belegen interessieren mich aber nicht.

    Norddeutscher Postbezirk / Norddeutscher Bund, Abgangsstempel auf Briefumschlägen jeder Art. Die Stempel werden nicht gezielt nach bestimmten Gesichtspunkten zusammengetragen, sondern ich nehme ausschließlich solche Belege in die Sammlung auf, die mir aus irgendwelchen Gründen positiv auffallen.

    Ortsstempel auf Ganzsachenpostkarten des Deutschen Reiches, aber ohne Elsass-Lothringen und ohne Sudetenland, jedoch nur aus dem heutigen Deutschland. Dort landet alles, was als Stempel sauber lesbar ist.

    Ortsstempel und besonders Poststellenstempel aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vorrangig aus der Neumark, aus Hinterpommern, West- und Ostpreußen und aus der Provinz Posen, Schlesien eher weniger. Das alles absolut vorrangig auf echt gelaufenen Belegen, Poststellenstempel zum Teil aber auch als Briefausschnitt.

    Frühe Belege des Deutschen Reiches aus der Zeit, bevor die ersten Germaniamarken erschienen, ausschließlich in Form von Ganzsachenumschlägen oder mit Briefmarken frankierten Umschlägen. Auch hier entscheidet nur das persönliche Gefallen.

    Preußen, Ganzsachenumschläge mit sauber lesbaren Ortsstempeln. Dabei sind mir die Ortsstempel wichtig, nicht möglicherweise seltenere Ganzsachenumschläge.

    Österreich, Frachtbriefe für den Posttransport über Land, zeitlich bis etwa 1879. Ausgehend von den amtlich hergestellten Frachtbriefen der Jahre 1871 bis 1879 mit aufgedruckter Steuergebührenmarke bin ich seit einiger Zeit dazu übergegangen, zusätzlich auch Frachtbriefe mit aufgeklebter Gebührenmarke in die Sammlung aufzunehmen, zumal diese Frachtbriefe auch in der Zeit davor schon in Gebrauch waren. Eisenbahnfrachtbriefe oder Schiffsfrachtbriefe gehören aber nicht in dieses Thema, das sind ganz andere Themen.

    Post-Begleitadressen (als Nachfolger der Frachtbriefe) in großer Vordruckvielfalt mit den unterschiedlichen Sprachvarianten aus der Zeit von 1878 bis etwa 1919, vereinzelt auch danach.

    Abgabsrecepissen / Aufgabescheine aus dem Kaiserreich Österreich-Ungarn und aus den Altdeutschen Staaten, hier mehrheitlich aus dem Gebiet des heutigen Niedersachsen.

    Bei all diesen Themen soll vorrangig zuerst meiner Vorliebe für Ganzsachen Genüge getan werden, an zweiter Stelle interessieren mich die Orte, also die Aufgabestempel und, soweit vorhanden und lesbar, auch die Ankunftstempel, nicht jedoch, wie der Brief von A nach B gekommen ist. Das kann für mich zwar ausnahmsweise einmal eine Zusatzinformation sein, wird aber mit Sicherheit nicht in der Sammlung notiert werden.

    Und genau an dieser Stelle scheiden sich die Geister. Ihr diskutiert über Portostufen und Postwege, mich dagegen interessieren nur Abgangsort und Zieladresse und noch das Datum, zu dem der Beleg befördert worden ist.

    Was soll ich also tun? Soll ich Belege meiner Wahl hochladen und so beschreiben, wie es meinen Neigungen entspricht? Ihr könnt ja dann gerne Kommentare dazu abgeben oder Diskussionen dazu eröffnen.

    Viele Grüße

    Ingo

  • Was mich interessiert sind Spezialsammlungen/ thematische Sammlungen jedweder Art. Schon immer.

    Ich glaube, dass Phila-Ausstellungen auch in Zukunft immer weniger Leute interessieren. Denn die nächsten Generationen haben zumeist ganz andere andere Prioritäten.

    Auf der anderen Seite wurde noch nie so viel interessantes Material angeboten wie heute. Man kann heute „hochspeziell“ sammeln und findet auch Stücke. Das war vor wenigen Jahren noch weitaus schwieriger.

    Wir leben im Zeitalter des Internet.

    Und wir sind und bleiben „Jäger und Sammler“.

    Generalsammlungen und das Abhaken von Michel-Katalognummern ist aber längst am Sterben. Das „funzt“ nur noch bei den Allerwenigsten und hat nur „Opa-Flair“. Und inspiriert nur noch Wenige.

    Die Zukunft des DASV sehe ich vor allem darin, dass man hier z.B. spezielle Sammlungen vorstellen und darstellen kann und dies ein Medium ist, in dem sich Interessierte austauschen können. Ein solches Forum kann folglich eine „Dauerausstellung“ verschiedenster spezieller Phila-Themen werden und bietet dann auch Internet-Händlern eine Informationsquelle, was gesucht und gesammelt wird, so dass sie ihr Material entsprechend anbieten können.

  • Cantus, Oldenburg-Sammler

    Danke für eure Beiträge die in meinen Augen aber nichts mit der Zukunft des DASV als viel mehr mit der Zukunft der Philatelie, dem Sammeln an sich und dem Ausstellen zu tun haben.

    Insofern wäre es evtl. sinnvoll die beiden Beiträge in eine eigene Diskussion auszugliedern.

  • Rainer

    Hallo Rainer, es ging mir bei meinem Beitrag nicht um die Zukunft des DASV, wohl aber um die Zukunft dieses Forums, denn hier aktiv zu sein macht mir nur dann Freude, wenn ich der Überzeugung sein kann, dass das, was ich hochlade, von wenigstens zehn Leuten gerne gelesen oder betrachtet wird. In anderen Foren bin ich mir da sicher, hier aber schwebt über allem der unbestimmte Begriff "Altbrief".

    Das, was Oldenburg-Sammler ausführt, käme mir entgegen, denn mein Wunsch wäre es durchaus, mit der Vorstellung einzelner Sammlungen von mir nicht nur bei den Philaseiten oder anderswo, sondern auch hier Sammler damit ansprechen zu können und vielleicht tritt dann der eine oder andere Sammler auch dem Verein bei, was er sonst vielleicht nicht täte.

    Viele Grüße

    Ingo

  • Lieber Ingo,

    eine gute Präsentation sorgt für Interesse, Lernbegierde und Nachfrage.

    Keine Präsentation sorgt für Leere allerorten ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.