Ortsstempelentwertung Frankfurt ab Februar 1853

  • Liebe Sammlerfreunde,

    seit langem interessiert mich das folgende Phänomen: Laut Haferkamp/Sem erhalten Marken/Briefe mit einer reinen Ortsstempelentwertung von Frankfurt ganze "0€" Aufschlag. Daraus müsste ja resultieren, dass es massenweise Marken und Briefe mit dieser Entwertung von Frankfurt gibt. Das mag für 1852 stimmen, als nur mit dem Ortsstempel entwertet werden konnte. Nach über 4 jähriger intensivster Registratur, habe ich jedoch seit der Einführung der Ringsnummernstempel Ende Januar 1853 lediglich 2 Briefe und eine Marke finden können. Ein Brief ist in meinem Besitz. M.E. resultieren reine Ortsstempelentwertungen aus reinem Zufall, da die Frankfurter Postbeamten sich doch sehr strikt an die postalischen Regeln (einschließlich der Entwertung) hielten. Sollte jemand im Besitz solche Belege sein, wäre es schön, wenn man diese hier zeigen könnte.

    Viele Grüße

    Sebastian

  • Sebastian Gaertner 11. März 2024 um 11:22

    Hat den Titel des Themas von „Ortsstempelentwertung ab Februar 1853“ zu „Ortsstempelentwertung Frankfurt ab Februar 1853“ geändert.
  • Hallo Sebastian,

    wenn es so ist wie im Sammelgebiet Bayern (T&T ist nicht mein Gebiet), dann basieren solche Angaben selten auf konkreten Zahlen. Stattdessen wird die Bevölkerungszahl eines Orts zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt als Grundlage genommen. Einfache Formel: Viele Menschen = hohes Postaufkommen. Damit sparen sich Katalogmacher das Anlegen umfangreicher Datenbasen. Das führt leider immer wieder zu Verzerrungen, eröffnet Sammelnden, die Kataloge gegen den Strich lesen, aber neue Möglichkeiten.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Dietmar,

    da triffst Du wieder einmal den Nagel auf den Kopf! :thumbup:

    Und zwar in jeder Beziehung, vom ersten bis zum letzten Satz. Wer nicht kataloghörig ist, ist auch in diesem Fall klar im Vorteil.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Einfache Formel: Viele Menschen = hohes Postaufkommen.

    Diese "Formel" ist absoluter Unsinn. Wenn in einem kleinen Ort eine Herrschaft ihren Sitz hatte, war das Postaufkommen meist viel größer als im wesentlich größeren Nachbarort ohne solch eine Familie. Das habe ich direkt hier vor der Haustüre: Marken oder Belege von Uedem mit Nummern-Stempel sind sehr selten, vom wesentlich kleineren Nachbarort Kervenheim dagegen "nur" selten.

    Dieter

  • Hallo Sebastian,

    falls Du noch nicht selber gesucht hast: hier im Forum gibt es bislang solche Briefe (noch) nicht und mir ist auch noch keiner untergekommen.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Sebastian,

    ich habe viel von Thurn & Taxis als Generalsammler bis zu den Nachverwendungen, viel Zeug, aber keinen einzigen Abschlag von Frankfurt ab 1853, erst logischerweise in Mengen auf Preußen 1867!

    Gruß Jörg

    Einmal editiert, zuletzt von philazacke (11. März 2024 um 22:07)

  • Vielen Dank schonmal in die Runde! Ich editiere gerade (für mich) die Kataloge und da fallen mir einige Sachen auf, die mit meiner "Sammlerrealität" und Registratur so nicht haltbar sind. Eine davon ist nun hier angesprochen. Vielleicht findet sich ja doch noch durch Zufall etwas.

    Wie schon richtig geschrieben wurde, basieren die Angaben meist auf unzureichend Daten. Leider werden die Kataloge (insbesondere die Wertangaben) zu oft immer noch als Mantra gelesen. Bei Taxis gibt es viele Feinheiten, gerade auf Belegen die zunächst unscheinbar sind. Ich werde auch hier immer mal wieder etwas einstreuen. Im Thema "Offenbach nach Niederrad" hat ja Markus schon einige Besonderheiten in der Landpost aufgezeigt. Hierzu mache ich auch noch einmal ein extra Thema auf (warte aber noch auf einen Beleg hierzu). Ich hoffe so fernab von "spektakulären Ausrufpreisen" den Reiz für Taxis etwas aufzeigen zu können und für das Gebiet auch etwas zu sensibilisieren :).

    Viele Grüße

    Sebastian

  • Lieber Dieter (#4) (und sorry Sebastian für die Abschweifung),

    ja klar ist diese Methode Kappes. Aber dein Beispiel hat leider auch seine Tücken – die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den Archiven der diversen Verwandten einer einzelnen herrschaftlichen Familie aus Kervenheim (selbst bei Schreibfaulheit derselben) Briefe aus diesem Ort erhalten haben, ist größer als bei der gelegentlichen Korrespondenz von fünfzehn Familien aus Uedem mit den diversen unter- und kleinbürgerlichen Verwandten entlang des Niederrheins. (Und komme mir niemand mit geringem Alphabetisierungsgrad – die Grundbildung der Menschen war damals besser als ihr heutiger Ruf.) Gegeben hat es alles einmal, nur erhalten hat es sich eben in unterschiedlichem Maß.

    Als Heimatsammler hast du natürlich einen anderen Blick auf die örtlichen Verhältnisse – du willst aber auch nur ein paar Expeditionen dokumentieren. Bei einem Katalogautor sind es dagegen Hunderte oder sogar Tausende und er kann und will gar nicht alle Sonder- und Spezialfälle berücksichtigen. Es ist leichter, die raren Stempel und Orte zu bewerten, als alle Briefe aus Städten mit zehn- bis sechzigtausend* Menschen, von denen er annimmt, dass es Tausende gibt. Da sind Orientierungsgrößen wie Einwohnerzahlen zur Bewertung natürlich ein verlockender Weg.

    * Frankfurt hatte Anfang Dezember 1852 62.561Einwohner

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Sebastian,

    Dein Beleg datiert gemäß den nebengesetzten Vermerk auf den 8. März 1866

    Mich würde interessieren auf welchen Monat/Jahr der zweite Dir bekannte Beleg, mit alleiniger Ortsstempelentwertung aus Frankfurt a.M., datiert.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Sebastian,

    eine präzisere Angabe zum Verwendungsdatum, könnte hilfreich sein.

    Über die Anzahl der Nummernstempelgeräte, die in Frankfurt verwendet wurde, gibt es unterschiedliche Theorien. Auch mit welchen Ortsstempeln sie in Kombination vorkommen. Persönlich hat mich bisher noch keine der mir bekannten Theorien überzeugt.

    Das Wort "Zufall" gibt es praktisch nicht in meinem Wortschatz, denn alles hat einen Grund. Es ist nur die Frage, ob man für alles eine plausible Erklärung findet. Bei den Stempeln aus Frankfurt und deren Verwendung, sehe ich noch viel Erforschungspotential. Bei diesen Beobachtungen, ist auch zwingend das Bahnhofspostamt miteinzubeziehen. Gerade hierzu gibt es verwirrende Aussagen, im Haferkamp-Handbuch.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo,

    nach meiner bescheidenen Meinung hat es Übergangsphasen gegeben, zu denen weniger Nummernstempelgeräte zur Verfügung standen und es noch gedauert hat, bis ein weiterer Nummernstempel bzw. ggf. der Ersatz für ein nicht mehr verwendungsfähiges Gerät vorhanden war. Genaue diese Zeiten, also Früh- und Spätdaten eines konkreten Stempelgerätes, gilt es mit viel Belegmaterial (inkl. beurteilbarem Bildmaterial) zu recherchieren.

    Es gibt zumindestens einen Beleg aus Frankfurt a.M., da findet sich nur eine Federzugentwertung auf den Wertstempeln. Leider ist der nachstehende Beleg für mich im Moment nicht konkret datierbar.

    Bildquelle: 1. Christoph Gärtner Auktion.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Markus,

    danke fürs zeigen.

    Das ist nun die Frage. Wenn es solche Korridore gegeben hat, müssten m.E. aber mehr Belege existieren. Ich habe in den letzten Jahren auch alle bebilderten Sammlungen und Lots nachgeschaut, da es hier ja eher um die einfachen Belege geht. Leider Fehlanzeige. Ich muss auch nochmal mit unserem Frankfurt-Sammler aus der ArGe tiefgründiger sprechen. Sobald ich da eine Rückmeldung habe, schreibe ich.

    An meinem Beleg haben wir ja ein konkretes Datum. Aus meinem Material ergibt sich, dass am 5.3. der Nummernstempel verwendet wurde und am 20.3. wieder der selbe Nummernstempel. Bis Dezember 1865 zudem parallel der Nummernstempel Nr.4 (nach Haferkamp) parallel benutzt. Dieser findet sich ab Januar 1866 nicht mehr (ich bis jetzt zumindest keinen Beleg finden können; Haferkamp nennt die Verwendung auch bis 1865). Dies führte aber nicht dazu, dass im Januar oder Februar 1866 dann vermehrt Ortsstempelentwertungen entstanden sind. Man müsste nun weitere Belege vom 8.März 1866 finden aus der Aufgabe um zu sehen, ob der Nummernstempel Verwendung fand oder nicht. Die Stempel wurden ja auch mal gereinigt. Das müsste man dann sehen, wenn wir Belege davor und danach betrachten.

    Gleichzeitig zeigt dein Beleg aber auch, dass gewisse Sachen doch zufällig und einfach aus dem Arbeitsbetrieb heraus geschehen sind. Der Postbeamte hatte erst ausversehen den Aufgabestempel in rot gesetzt. In Frankfurt wurden bar bezahlte Briefe und Protobriefe mit rotem Aufgabestempel versehen. Ansonsten in schwarz. Hier merkte er den Fehler und stempelte nochmal schwarz drüber. Anbei ein Beispiel von mir, wo man den Stempel einfach in rot stehen lies (ob beabsichtigt oder weil es ihm nicht aufgefallen ist, lässt sich ja nicht mehr klären). Es dürfte auch schwer fallen weitere Markenbriefe mit dem roten Aufgabestempel zu finden.

    Viele Grüße

    Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    der Beamte hatte das Stempelgerät in beiden Fällen zunächst in das falsche Stempelkissen getaucht, aber bei dem Beleg aus Juni 1860 keine Korrektur vorgenommen.

    Es gibt auch ein Beispiel auf einer losen Marke MiNr. 10, dass der Nummernstempel "220" zuerst in das rote und dann in das schwarze Stempelkissen getaucht wurde.

    Es gibt noch einen weiteren Beleg, bei dem die Wertzeichen mit Tinte statt mit Nummernstempel "220" entwertet wurden. An diesen zweiten Beleg kann ich mich viel besser erinnern, weil ich auch noch weiß aus welcher Sammlung er stammt. Den anderen Beleg habe ich aber wohl auch beschrieben, Stil der Beschreibung und Rechtschreibfehler weisen darauf hin.

    Das ist wahrscheinlich schon richtig, dass sich die Beispiele von Ortsstempelentwertungen aus Frankfurt a.M. vermutlich nicht wirklich mehren werden, egal mit welchen erweiterten Erkenntnissen wir hier ans Werk gehen werden.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Markus,

    was ich mich nun frage: wann wurde die handschriftliche Entwertung vorgenommen Von der Schriftart scheint die Taxierung der "3" eine andere zu sein (kann mich aber auch irren).

    Anbei auch noch eine nachträgliche handschriftliche Entwertung in Frankfurt (mit zusätzlichem Nummernstempel). Der Brief ist der Entwertung in Wiesbaden entgangen.

    Viele Grüße

    Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    es kann sein, dass die beiden Briefe mit den Tintenentwertungen in das Jahr 1864 fallen und in Zusammenhang mit dem Versuchsstempel "220" stehen, auch wenn der zuerst gezeigte genau in die Verwendungszeit des Versuchsstempels fällt. Im Moment bin ich noch diverse Online-Archive am Abgrasen. Vielleicht gelingt es mir, wenn das Datennetz für Frankfurt dicht genug ist, die Belege zeitlich näher einzugrenzen. Vielleicht stammen sie auch aus zwei verschiedenen Jahren? Das nicht immer der gleiche Beamte taxiert und auch gestempelt hat, sollten wir als gegeben hinnehmen.

    Der in Wiesbaden durchgerutschte Brief zeigt nicht nur keinen Nummernstempel aus Wiesbaden sondern auch keinen nebengesetzten Ortsaufgabestempel auf. Darin unterscheidet er sich zu den beiden Belegen aus Frankfurt, denen ein Ortsstempel aufsitzt.

    Nachstehend noch ein weiteres Unikum aus Frankfurt. Keine Marken frankiert, aber der Abschlag eines Nummernstempels "220". :)

    Dieser Brief stammt aus einer Sammlung, die gemäß den Albumblättern und den Kaufvermerken seit dem I. Weltkrieg im Familienbesitz geruht hatte. Trotz sämtlicher Bemühungen meinerseits, war der Verkaufserfolg der damals frisch an den Markt gekommenen Briefe eher mäßig. Es waren einige hundert Belege in der Sammlung, die über zwei Auktionen verteilt angeboten wurden. Bildquelle: 109. Felzmann Auktion (ist auch gleich wieder 20 Jahre her)

    Innerhalb dem Postbezirk versendete Briefe kosteten frankiert und unfrankiert das gleiche Porto. Über die Deutung der Taxierung, kann man sich diskutieren. Faktisch fielen am 20. Februar 1861 bis Osthofen 4 Kreuzer Porto und in Osthofen 1 Kreuzer Ortsbestellgeld an.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo,

    der nachstehende Beleg ist bei meiner derzeitigen Recherche der 203. klar datierbare Beleg aus Frankfurt a.M., den ich speichere und zugleich der erste, bei dem die Frankatur mit dem Einkreisstempel "FRANKFURT A.M. BAHNHOF" entwertet wurde. Bei Auktionen finden sich natürlich in der Regel die selteneren Belege, aber auch bei losen Marken spiegelt es sich wider, dass auch Entwertungen mit dem Einkreisstempel vom Frankfurter Bahnhof nicht häufig sind.

    Bildquelle: 343. Heinrich Köhler Auktion

    Es ist schon erstaunlich, was so alles selbst bei moderaten Ausrufpreisen im Bereich Thurn und Taxis liegen bleibt.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Markus, anbei aus meinem Material der Bahnhofstempel vom 1.12.1863. Erwähnt werden muss hier noch, dass es sich um die große Type des Stempels handelt. Dabei ist immer das Phänomen: wenn dieser Stempel zum Einsatz kam, gibt es keine Entwertung mit dem Nummernstempel (ich kenne zumindest kein Stück). Der Nummernstempel wurde immer nur in Verbindung mit dem kleinen Bahnhofsstempel benutzt. Anbei auch noch aus meinem Bestand der Stempel aus 1867. Ist bisher der einzige Beleg mit der 5. Ausgabe und diesem Stempel. Warum und wie es zur Verwendung der beiden Stempel kam, erschließt sich mir zZ noch nicht wirklich.

    Viele Grüße

    Sebastian