Liebe Freunde,
ich könnte mir vorstellen, dass von interessierter Seite hin und wieder versucht wird, statt eines aktuellen, alles klärenden Attests, eine, oder mehrere Provenienzen vorzuschieben, auf Grund deren dann potentielle Käufer auf eine Nachprüfung verzichten, weil der große Sammler X, Y oder Z schon gewußt haben wird, was er da für viel Geld gekauft hatte.
Meine persönliche Reihenfolge ist immer noch die gleiche, wie vor 30 und mehr Jahren:
Selbst lesen, lernen, untersuchen, Plausibilitäten erkennen, Primär- und gute Sekundärliteratur studieren, eigenes Material sichten und vergleichen usw., um dann letztlich zu einer eigenen, fundierten Meinung zu gelangen.
Die meisten sogenannten "großen Sammler" hatten sehr viel Geld, woher auch immer, und sich als sehr beschäftigte Menschen sicher gerne mit der Philatelie beschäftigt, wobei sie aber über einen gewissen Wissensgrad in der Masse nicht hinaus gekommen sind; mehr Liebe, als Wissen gewissermaßen. Weil aber die klassische Philatelie und Postgeschichte nicht immer einfach ist, bedarf die hohe Kunst der Interpretation von klassischen Briefen, vor allem dann, wenn sie nicht gerade von München nach Augsburg, oder Berlin nach Potsdam gelaufen sind, schon eines erheblichen Hintergrundwissens, um zu erkennen, was man wirklich vor sich hat.
Der Erlangung umfangreichen Wissens steht aber eine berufsbedingte, hohe Arbeitsintensität diametral entgegen, denn viele Millionen oder Milliarden wollen erst einmal verdient und verwaltet werden und ein großes Vermögen zu machen und zu behalten gelingt nicht am Wochenende, oder nur mal so nebenbei. Das zieht ganz schön viel zeitliche Ressourcen und das kann nur auf Kosten des Hobbys gehen, also der Philatelie und Postgeschichte.
Von daher geben mir Provenienzen gar nichts und ich würde keinen Cent dafür ausgeben. Ob der "große Sammler X, Y oder Z" diesen oder jenen Brief mal in Händen hielt, oder in der Auktionstasche mitsamt seines Attests beließ und nie wieder ansah, oder ob Lieschen Müller ihn 30 Jahre lang in ihrem Nähkästchen sicher aufbewahrt hat, oder ihn unter dem Kopfkissen versteckte, ist mir gleich. Entweder er taugt was, oder er taugt nichts. Entweder er ist interssant, oder er ist banal. Entweder ist er wertvoll bzw. selten, oder es ist Massenware. Mit Provenienzen hat das alles nichts zu tun.