Mit etwas Verspätung erlaube ich mir noch eine Anmerkung zum Thema der gebrauchten Probemarken. Bayern kennt die sechs Kreuzer blau in Ultramarin, die lange Zeit als seltene Druckprobe eingeordnet wurde. Nachdem allerdings einige Stücke von ein oder zwei großen Postämtern gestempelt auftauchten, geht die heute überwiegende Meinung davon aus, dass wohl einige wenige Bögen in Ultramarin gedruckt wurden, die sodann bestimmungsgemäß an die Schalter gelangten. Es handelt sich hier also weniger um eine echte Probe als vielmehr um eine Sonderfarbe oder Fehlfarbe, die dann aber bestimmungsgemäß an die Schalter gelangt ist.
Möglicherweise lassen sich diese Überlegungen für die so genannten "Proben" von Oldenburg ebenfalls fruchtbar machen. Denn echte Druckproben dienten zur Vorlage im Ministerium und kamen in die Akte, wurden aber keinesfalls an den Schaltern anschließend verkauft.
Das ist in Oldenburg anders gelaufen als in Bayern. Ich gehe davon aus, dass mehr oder minder vollständige Sätze dieser Probenmarke Nrn. 17 P 2 und 17 P 3 in den Farben grün, orange, fahlgelbbraun, fleischfarben und blau von der oldenburgischen Postverwaltung an einige Postmeister in den Postspeditionen zur Ansicht übersandt wurden. Diese Ansicht vertrat auch der vormalige Prüfer K.K. Doberer. Mit der neuen (4.) Markenausgabe 1862 gab es nämlich viele Neuerungen: Es wurden 1. die Markenfarben der einzelnen Wertstufen geändert und dem preussischen Farbsystem der Frankaturstufen angeglichen, es gab 2. erstmals einen Durchstich bei den Marken und auch waren 3. die Marken mit einem geänderten Motiv in einem anderen Druckverfahren hergestellt worden.
Die Proben wurden - anders als in Bayern - auch nicht zu den Akten genommen. Eine Ausnahme bildet hier wahrscheinlich ein Bogen einer blauen Probenmarke (Probe Oldenburg Nr. 17 P 3). Es gab insgesamt 10 Bögen Probedruckmarken. Den "größten" Teil dieser Marken fand man Ende 1891 im Nachlass eines früheren höheren oldenburgischen Postbeamten. Dessen Sohn verkaufte diese Proben an einen Berliner Händler. (so K.K. Doberer, Ein unbekannter Probedruck von Oldenburg, Der SAMMLER-Dienst, Coburg; Heft 9, 1955, S. 429)
Zu der Herstellung der Proben ist folgendes zu sagen:
Die Proben und auch die spätere Marken wurden durch die preussische Staatsdruckerei in Berlin gedruckt. Es gab vor dem Erscheinen der 4. Ausgabe von Oldenburg 2 verschiedene Probensätze:
Der 1. Probensatz (Oldenburg Nr. 17 P 1) entstand in den jeweilgen Wertstufen der Marken auf kleinen Blättern und hatte noch keinen Durchstich. Hiervon sind 2 Sätze und 2 einzelne Marken auf Blättern bekannt. Ich gehe daher davon aus, dass hiervon mindestens 3 Sätze gedruckt wurde. (In diesem Probensatz ist die gelborange Probe zu 1/2 Groschen bereits deutlich oxidiert.)
Diese Probe reichte der oldenburgischen Postverwaltung offenbar nicht aus, denn sie verlangte hier weitere Probedrucke. Dieser weitere Probedruck der unterschiedlichen Farben wurde auf dem späteren Druckstock der 1-Groschen-Marke ausgeführt. Es entstanden hier 10 Bögen zu jeweils 100 Marken.
Proben Oldenburg Nr. 17 P 2 (aus meiner Slg.) in den Farben fahlgelbbraun, grün und orange, diese ungebrauchten Proben werden noch relativ häufig angeboten.
Seltener sind die Proben zu 1 Groschen in fleischfarben und in blau (17 P 3). Bei der blauen Probe mag dies daran liegen, dass einer der beiden Bögen offenbar zu den Akten genommen wurde. Und sich dadurch die Anzahl dieser Probe auf 100 Stück halbiert hat.
Fleischfarbene Probe Oldenburg Nr. 17 P 3 (aus meiner Slg.)
Die Seltenheit der fleischfarbenen Probe hat m.E. andere Gründe.
Die fleischrote Probenmarke zu 1 Groschen (Oldenburg Nr. 17 P 3) wurde in einer Auflage von 200 Stück gedruckt. Es entstanden hier 2 Druckbögen von jeweils 100 Marken in dieser Farbe, wobei der eine dieser beiden 100er-Bögen einen waagerechten Durchstich hat, der durch das untere Markenbild geht. Die Marke wurde genau wie die spätere Oldenburg Nr. 17A im Buchdruck mit Prägedruck erstellt und erhielt ebenfalls den Durchstich 11 3/4.
Diese fleischfarbene Probenmarke kann man daher theoretisch mit der Oldenburg Nr. 17A in den Farben blassrosa und rosa verwechseln. Dies ist offenbar zu damaliger Zeit im Jahr 1862 auch geschehen. Die Postmeister einzelner Postspeditionen hielten die fleischfarbene Probe offenbar für eine Oldenburg Nr. 17A und verwendeten einzelne Probenmarken zur Frankatur.
Ich besitze in meiner Sammlung gestempelte Probenmarken Oldenburg 17 P 3 von "ABBEHAUSEN", "LOHNE", "OVELGÖNNE" und "ESENSHAMM" jeweils auf Briefstück sowie einen Brief mit dem K2 "OLDENBURG". Gleichwohl sind diese gestempelten Proben außerordentlich selten. Ich kenne niemanden, der auch nur eine weitere gestempelte Probe besitzt.
Die fleischfarbene Farbe ist nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal zum späteren Original Nr. 17A. Unter UV-Licht erscheint die Oldenburg Nr. 17A immer in violett, während die Probe gelbbraun bis rötlich-gelbbraun quarzt. Auch oxidiert diese fleischfarbene Probe sehr schnell und deutlich und verändert ihre Farbe ins Bräunliche, blasst mitunter auch sehr deutlich aus. Die rosafarbene Nr. 17A oxidiert demgegenüber kaum, d.h. diese beiden Marken (Probe und spätere Originalmarke) sind in unterschiedlicher chemischer Farbzusammensetzung gedruckt worden.
Die Oldenburg Nr. 17A erscheint unter UV-Licht immer violett.
Warum die preussische Staatsdruckerei die Farbzusammensetzung von der Probenmarke zur späteren Nr. 17A kurzfristig geändert hat, kann man nur mutmaßen. Möglicherweise hatte man mit der Marke Preussen Nr. 16, 1 Groschen, die ja ab dem 1. Oktober 1861 in 'rosa' gedruckt wurde, mit der Oxidation dieser Marke schlechte Erfahrungen gesammelt. Und wollte jetzt eine Verbesserung. Und hat hier etwas anderes ausprobiert.
Heute weiß man: Verantwortlich für die Oxidation ist die UV-Strahlung. Diese regt Reaktionen in den Farbstoffen an. Sie absorbieren die UV-Strahlung, es entstehen Sauerstoffradikale, die Bindungen in den Molekülen verändern oder sogar zerstören. Farbstoffe oxidieren, was zumeist optisch den Effekt des Ausbleichens hat. Es gibt aber auch Reaktionen in Richtung anderer Farben wie man an der Oldenburg Nr. 16 sehen kann.
Durch Beimischung von Additiven und je nach Zusammensetzung und Anwendung bleiben Farbstoffe heute unterschiedlich lange lichtecht. Es gilt aber folgendes: Manche Grundfarben verblassen schneller als andere. Das hat einen physikalischen Grund. Rot etwa absorbiert die energiereichen kurzwelligen Anteile des Sonnenlichts, kriegt also besonders viele Sauerstoffradikale ab. Blau- und Violetttöne absorbiert die "unproblematischeren" langen Wellen und reflektieren die kurzen.
Durch den Zusatz von violetten Farbbestandteilen (nur unter UV-Licht sichtbar) oxidiert die rosafarbene Oldenburg Nr. 17A nur sehr wenig.
Ich halte es für denkbar, dass man die Marke PREUSSEN Nr. 16a, 1 Sgr. 'rosa' in der ersten Zeit ab dem 1. Okt. 1861 bis Mai 1862 zumindest zeitweise nicht in 'rosa', sondern ebenfalls in 'fleischfarben' gedruckt hat und dass diese Marke genau wie die Probe 17 P 3 von Oldenburg eine andere chemische Zusammensetzung hat als die zeitlich späteren Preussenmarken Nr. 16a. Daher denke ich, dass man auch hier die Markenunterschiede unter UV-Licht erkennen kann. Ich halte es für durchaus möglich, dass es hier zwei unterschiedliche Preussen-Marken gibt, die man vor allem unter UV-Licht abgrenzen kann.
Mir ist aber nicht bekannt, dass dies irgendjemand bereits entdeckt hat oder dass dies katalogisiert wurde. Da ich kein Preussen-Sammler bin, habe ich dies auch nicht untersucht.