Warum ist die Oldenburg Nr. 2 II die erste Marke Oldenburgs?
Für einen Laien erscheint diese Frage nach der ersten Marke wahrscheinlich etwas seltsam. Und der Laie wird natürlich auf Eintragungen in den einschlägigen Katalogen, insbesondere dem Michel-Katalog verweisen.
Die ersten Oldenburg-Marken erschienen am 05. Januar 1852. Dies waren Steindruckmarken, schwarzer Druck auf farbigem Papier, die in der Druckerei Stalling in Oldenburg gedruckt wurden.
Der Michel-Deutschland-Spezial, Ausgabe 2020, S. 207 listet hier 4 verschiedene Marken mit Untertypen auf. Und bei einzelnen Marken, - nicht bei allen -, sind hier Ausgabedaten angegeben. Dies sind z.T. exakte Daten, auf den Tag genau, bei einzelnen Marken ist nur eine Jahreszahl angegeben. Die Frage ist, wie kommt der Michel-Katalog zu diesen Daten, denn eine Erläuterung wird hierzu nicht gegeben.
Bei der Oldenburg Michel Nr. 1, 1/3 Sgr. grünoliv ist die Sache klar. Diese Marke scheidet bei den „ersten Marken“ aus, denn die Marke erschien nachweislich erst am 1.2.1855, also mehr als drei Jahre später.
Bei der Oldenburg Nr. 2 I bis IV wird die Sache aber komplizierter. Hier gibt mein Michel-Spezial auf S. 207 folgende Daten an:
Type I (1853)
Type II (5.1.1852)
Type III (1854)
Type IV (13.1.1852)
Nun könnte man natürlich sagen, „nun ja, die Sache ist klar, glauben wir das mal, die Oldenburg Nr. 2 II ist erste Marke Oldenburgs“. Aber so einfach ist das nicht, denn auch andere Katalogdaten, die hier angegeben werden, basieren allenfalls auf Vermutungen. Das schafft nicht unbedingt Vertrauen zur Richtigkeit der angegebenen Daten.
So gibt der Michel-Spezial-Katalog, S. 207 z.B. an, dass die Marken in Bögen mit 10 x 10 Marken gedruckt wurden. Dies ist zwar sehr wahrscheinlich, aber trotzdem nur eine Vermutung. Denn es gibt von all diesen Marken der 1. Ausgabe 1852 keinen einzigen vollständigen Bogen, der hier erhalten geblieben ist. Auch die Druckstöcke dieser Marken wurden allesamt schon im 19. Jhd. vernichtet. Und es gibt auch keine einzige Aufzeichnung, weder von der großherzoglichen Postverwaltung noch von der Stalling’schen Druckerei über die Größe der Bögen und die Anzahl der Marken.
Guckt man sich nun den Altdeutschland-Katalog von Hans Grobe, 1965, auf S. 368 an, findet man noch weniger Daten. Hier taucht nur die Oldenburg 2 III mit der Jahreszahl 1854 auf. Man muss dazu sagen, dass die Oldenburg Nr. 2 in Type IV damals noch gar nicht bekannt war. Auch Grobe stellt die Vermutung der Bogenaufteilung 10 x 10 als Tatsache dar.
Ich gehe also zeitlich deutlich weiter zurück und gucke mir die Krötsch-Katalogisierung von Paul Orth aus dem Jahr 1895 an. Auf den Seiten 17 bis 27 des Oldenburg-Teils nimmt Paul Orth ausführlich Stellung und stellt seine diesbezüglichen Untersuchungen dar.
Paul Orth hatte lt. Krötsch, S. 19 insgesamt 3.122 Stücke (zum Großteil Briefe) der Nr. 2 dahingehend untersucht, welche Type zu welcher Zeit verwendet wurde und hatte Tabellen gefertigt, die er einerseits nach den Jahren 1852 bis 1859 und andererseits nach den jeweiligen Typen der Nr. 2 aufgeteilt hatte. Die Typenbezeichnungen, die Paul Orth verwendete, erscheinen im ersten Augenblick etwas verwirrend. Er kannte damals (genau wie Hans Grobe noch im Jahr 1965) nur 3 Typen der Nr. 2 und benannte die Typen als „Hauptart I“, „Unterart IA“ und „Hauptart II“.
Die Sache zu entschlüsseln, ist nicht weiter schwierig:
Hauptart I = Oldenburg Type I
Unterart IA = Oldenburg Type II
Hauptart II = Oldenburg Type III
Nun ist es natürlich so, dass später bei der Oldenburg Type I die Besonderheit der Type IV „äußere rechte Schlaufe neben der Wertziffer schraffiert“ entdeckt wurde. Diese letzte Type IV kannte Paul Orth damals noch nicht.
Paul Orth hat zunächst auf Grundlage der Brief- und Stempeldaten die jeweiligen Typen der Oldenburg Nr. 2 den Jahren zugeordnet, in den diese verwendet wurden. Bei den undatierten Briefen und Briefstücken etc., in denen ein Datum nicht bestimmbar war, orientierte er sich an der Stempelfarbe. Hier half ihm die Besonderheit, dass ein Hauptteil der oldenburgischen Stempel im August 1853 von schwarzer Stempelfarbe auf blaue Stempelfarbe wechselte. Ich verweise auf abgebildete Tabelle in BILD 1 aus dem Krötsch, S. 19.
Hiernach hatte Paul Orth durch seine Untersuchung festgestellt, dass 275 Stücke von insgesamt 3.122 Belegen der Oldenburg Nr. 2 auf die „Untertype IA“ (Oldenburg Nr. 2 II) entfallen und diese Marke nahezu komplett in den Jahren 1852 bis August 1853 verwendet wurde. Dies ergab nach seiner Berechnung auf Grundlage von 3.122 Belegen einen Anteil der Type II in 8,8% zur Gesamtauflage der Oldenburg Nr. 2.
In BILD 2 aus dem Krötsch, S. 17 stellt Orth in einer weiteren Tabelle das Vorkommen von Typen der „Unterart IA“ (Oldenburg Type II) zu der „Hauptart I“ (Oldenburg Type I) mit einer genauen Auflistung der Monate von Januar 1852 bis September 1853 ins Verhältnis.
Heute weiß ich – aufgrund eigener Beobachtungen -, dass die Type IV (die Orth noch der Oldenburg „Hauptart I“ und damit der Oldenburg Nr. 2 Type I zuordnete) vornehmlich in den Jahren 1852 bis 1854 verwendet wurde. Ob Marken der Oldenburg Nr. 2 I in dieser Zeit überhaupt verwendet wurden, - ich gehe aktuell davon aus – der Michel listet die Oldenburg 2 I in der Erstverwendung ab dem Jahr 1853.
Daher ist im Ergebnis festzustellen, dass im Jahr 1852 mindestens zwei Druckplatten der Oldenburg Nr. 2 verwendet wurden:
- Die erste Druckplatte war die Oldenburg Nr. 2 II. Diese Marke gibt es nirgendwo in „Mischform“ mit anderen Typen der Nr. 2.
- Die zweite Druckplatte hat sehr wahrscheinlich die Oldenburg Nr. 2 IV in der Mehrzahl der Marken. Ob auf dieser Druckplatte zusätzlich noch die andere Type Oldenburg Nr. 2 I enthalten war, bleibt bisher offen.
Die Oldenburg Nr. 2 II – 1/30 Thaler - war damit jedenfalls die erste Marke Oldenburgs, die am 05. Januar 1852 ausgegeben wurde.
Zur Farbe dieser Marke Oldenburg Nr. 2 II: Es gibt bei dieser Marke zwei Farben:
1. Papierlieferung A (Anfang Januar 1852) = (helleres) blau
2. Papierlieferung B (schon Januar 1852 erste Nachlieferung) = (leuchtend) dunkelblau
Im BILD 3 verweise ich auf die dritte Tabelle von Orth, die im Krötsch, S. 27 abgedruckt ist. Diese Tabelle weist die Papierfarben aus.
Da diese beiden Papierfarben eigentlich ganz gut unterscheidbar sind, ist dies für Sammler sehr interessant. Die erste Papierfarbe A - hellblau - ist deutlich seltener als Papierfarbe B - dunkelblau -.
In weiteren Bildern wird die erste Briefmarke Oldenburgs, die Oldenburg Nr. 2 II auf Briefen und in Einheiten mit den beiden unterschiedlichen Papierfarben dargestellt:
BILD 4 Ein ungebrauchter Sechserblock der Oldenburg Nr. 2 II in hellblau (3. Bokerauktion vom 15.03.1986, Los-Nr. 175 - Ausrufpreis 80.000,- DM)
BILD 5 Brief aus Jever mit Oldenburg Nr. 2 II in hellblau (aus meiner Sammlung)
BILD 6 Bfst Oldenburg Nr. 2 II in hellblau mit L1 AHLHORN (aus meiner Sammlung)
BILD 7 Brief Oldenburg Nr. 2 II in leuchtend dunkelblau L1 Wildeshausen (aus meiner Sammlung)
BILD 8 Brief Oldenburg Nr. 2 II Paar in dunkelblau L1 Löningen (aus meiner Sammlung)
BILD 9 Brief-VS Oldenburg Nr. 2 II in dunkelblau L1 Strohausen (aus meiner Sammlung)