In der 2. Hälfte des 19. Jhds. gab es einen oldenburgischen Postort, der hieß Heppens. Der Ort lag ganz oben im Norden, direkt am Jadebusen. Heute sucht man diesen Namen aus der Oldenburgzeit auf Landkarten vergebens. Am 17. Juni 1869 hatte der Preussenkönig und spätere Kaiser Wilhelm I. den vorherigen Namen Heppens in "Wilhelmshaven" geändert. Schon im Jahr 1853 hat Preussen das "Jade-Gebiet" vom Grossherzogtum Oldenburg für 500.000,- Thaler gekauft, um dort den wichtigsten Kriegshafen an der Nordsee zu errichten.
Postalisch änderte sich für Heppens durch diesen Kauf nichts. Es unterstand immer der grossherzoglich oldenburgischen Postverwaltung. Den Namen "Heppens" findet man in Wilhelmshaven heute noch vor, denn Heppens gilt als die eigentliche Keimzelle der Stadt Wilhelmshaven und ist einwohnerältester Stadtteil (siehe Bild).
Zu der "Heppens-Halbierung" schreibt Paul Ohrt im Krötsch im Jahr 1895, S. 69 wie folgt:
"Von der IV. Markenausgabe findet man zuweilen die Freimarke zu 1 Groschen halbiert als 1/2 Gr.-Marke auf Briefen im Ortsverkehr verwendet und anstandslos mit dem Kastenstempel "HEPPENS" entwertet. Eine derartige Verwendung der 1 Gr.-Marke, welche amtlich weder beabsichtigt noch jemals in irgendeiner Verfügung gestattet wurde, ist meines Wissens von allen oldenburgischen und (hannoverschen) Postanstalten nur in Heppens (und wunderbarerweise auch in dem benachbarten hannoverschen Postort Carolienensyl auf hannoverschen 1 Gr.-Marken (letzter Ausg.) geduldet worden."
Soweit es die hannoverschen Halbierungen angeht, irrte Paul Orth. Wir wissen heute, dass es weit mehr Hannover-Halbierungen gibt als nur von Carolinensyl.
Aber in Bezug auf Heppens hatte er Recht. Die "Heppens-Halbierung" ist die einzige Halbierung einer 1 Gr.-Marke im Grossherzogtum Oldenburg.
Warum diese Halbierung von dem Postbediensteten in Heppens gemacht wurde, kann man nur mutmaßen. Dass es einen "Mangel" an 1/2-Gr. Marken gegeben hat, ist natürlich möglich, aber trotzdem wenig wahrscheinlich. Wenn man sich Daten allein nur der zwei noch existierenden Briefstücke ansieht, liegen hier die Stempeldaten fast 2 Monate auseinander. Das eine Briefstück datiert auf den 9.8. und das andere auf den 5.10.. Wäre damals in Heppens ein zeitweiser Mangel an 1/2-Gr.-Marken eingetreten und dies der Grund für die Halbierung, würden diese beide Stempeldaten zeitlich wahrscheinlich nicht so weit auseinanderliegen.
Was nun wirklich dazu geführt hat und warum die Halbierungen entstanden sind, weiß natürlich heute niemand mehr.
Wenn man aber die Menschen in Wilhelmshaven kennt, weiß man, dass dieser Ort nichts für "Weicheier" ist. Und das war wahrscheinlich in den 1860er-Jahren ganz ähnlich. Hier herrscht nicht das Ästhetische, sondern hier ist man direkt und das Faktische hat hier Priorität. Die Welt wird hier durch Ebbe und Flut bestimmt, von der Sonne und dem Nordwestwind. Und die Möwen scheißen einem hier auf den Kopf. Wenn man nicht aufpasst. Und hier hatten Vorschriften für den damaligen Postbediensteten in Heppens nachweislich ganz sicher nicht den Stellenwert, den sich die grossherzogliche Postverwaltung in Oldenburg so vorgestellt hatte.
Dass die "Heppens-Halbierung" existiert und auch keine Fälschung ist, ist jedenfalls eine Tatsache.
Es gibt von dieser Halbierung heute noch zwei Briefe und zwei Briefstücke. Der erste Brief wurde vor vielen Jahren in den USA versteigert. Und gehört wahrscheinlich einem Amerikaner. Der zweite Brief befindet sich in der Koch-Sammlung. Davon konnte ich mich überzeugen als ich vor Jahren diese Sammlung in Oldenburg bewundern konnte.
Eines der beiden Briefstücke konnte ich für meine Sammlung erwerben (siehe Bild und Attest). Und zwar ist es das Stück, welches vormals aus der Burrus-Sammlung stammte (Robson Lowe Ltd., Burrus-Aukt. vom 28.-31.10.1964 im Stadt-Casino Basel, Los.-Nr. 1065a). Die "Heppens-Halbierung" ist eine Altdeutschland-Seltenheit allerersten Ranges.