Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Liebe Freunde,

    der besondere Brief ist es diesmal nicht von außen - da ist es ein Langweiler, wie er im Buche steht, weil von München nach Würzburg 1853 unfrankiert für 9 Kreuzer - das bekommt man zum Preis einer Currywurst mit Pommes, teils auch schon darunter. Die Optik war es also nicht, die ihn mich kaufen ließ - es war der Inhalt allein.

    "Seiner Wohlgeboren Herrn Divisions Sekretär August Diellrich Ablage am Sternplatz Nro. 145/307 Würzburg" war die Adresse und der Inhalt ist gottlob noch komplett vorhanden:

    "Hochgeehrtester Herr Sekretär!

    Ich hoffe Sie werden vom 20. d(ieses) M(onats) die 20 fl. (Gulden) die ich zum zweitenmale gegen Postschein an Sie übersendete, erhalten haben, des anderen Tages ging ich zum Herrn Kriegskommissär Roth mit die beyden Scheinen, zum erstaunen eröffnete mir dieser, das Mad. Kastl mit der Hauptquittung Septbr (September) und mit dem Scheine Augst (August) l(aufenden) J(ahre)s bey ihm vor und schon vorgemerkt war, was er noch bemerkte kann ich Ihnen auch mündlich Sagen. Warum haben Sie den bey der Kastl nichts vorgeschossen - diese hat keine falsche Hauptquittung erhalten. Wen Sie die Sache vermitteln wollen und als rechtlicher Mann dazustehen so Bitte ich Sie dem Herrn Kriegskomisär zu Schreiben das mir doch wengstens der Augustschein ausbezahlt wird und der Madam Kastl der Sepbr, und wen Sie hier sind können Sie mir den Ocktbr Schein geben, das übrige werden Sie noch erhalten, solten Sie vor Monat August nicht nach München kommen so Bitte ich Sie um eine gefällige Antwort.

    Borto frey der Madam Birzer musste ich Bezahlen Borto 24 Xr für 2 Postscheine a 32Xr für die ersten Briefen 6 (Kreuzer) / 1 Gulden 2 Kreuzer. ich nehme keinen Brief mehr unfrankirt an. ich Bitte um baldige Antwort nebst ein paar Zeilen an Herrn Kriegskomisar Koch, sollten Sie vor Monat August nach München kommen, können Sie selbst damit Sprechen für zwey Individuen gleiche Scheine auszustellen ist eine Beleidigung für die Kassa und Sie stehen als Betrüger da.

    Wen Sie wieder Retour nach München Reißen lassen Sie mir durch ein par Zeillen wissen wann und wo ich Sie erwarten soll. Sie können wider fortgehen.

    Es wird besser seyn wenn Sie bald kommen das Wünscht Ihr ergebenster G(eor)g Braun.

    München, am 21. July 1855".

    Ich kann als Außenseiter des Militärwesens mit den bermerkten Scheinen wenig anfangen, aber lustig ist, dass er sich nur frankierte Briefe an ihn erbittet, wohingegen er unfrankiert nach Würzburg sendet.

    Interessant auch, dass wohl die 1. Sendung mit 20 Gulden verschütt gegangen war, oder sich irgendwo aufgefunden haben sollten, so dass er sie zum 2. mal verschicken musste. Leider war kein Laufzettel dabei, das wäre es noch gewesen ...

  • Dann möchte ich hier auch einmal etwas besonderes zeigen, natürlich mit einigen Fragen verknüpft, und dem besonderen Dank an ein Forumsmitglied.

    Postschein mit der Nummer 655 für ein Schreiben vom 7. September 1853 aus Monheim Schwaben, an seine Majestaet König von Württemberg in Stuttgardt

    Da die Rückseite komplett blank ist, gibt es leider keinen Hinweis auf den Absender, ich würde es aber trotzdem gerne wissen!

    Nachdem Franco nicht verrechnet ist gehe ich von Portofreiheit aus, die Portofreiheit wurde aber mit Beginn des DÖPV deutlich eingeschränkt:

    Ich habe nun die Fragestellung: wer käme den hier aus Eurer Sicht als Absender in Frage?

    Vielleicht kann auch noch jemand den Postbeamten entschlüsseln.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo Ulrich,

    der Postexpeditor müsste Veith Meyer gewesen sein (seit 1847, † 1860, laut Handbuch der bayerischen Vorphilatelie von Friedrich Pietz).

    Monheim bezeichnet sich ja selbst als Schnittpunkt der drei Stämme (Alemannen, Bajuwaren und Franken).

    Ein heißer Tipp bezüglich möglicher Absender sind immer Adelsgeschlechter in der Umgebung des Ortes, die oft überregionale Verwandtschaftsbeziehungen hatten. Meistens tappt man aber im Dunkeln, weil es auch um ein Gesuch eines ehemaligen Soldaten o. ä. gehen könnte.

    Viele Grüße

    Dietmar

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Ulrich,

    nachdem der liebe Erdinger schon einiges geschrieben hat, ist es immer sinnvoll, nach Schlössern in der Gegend der Postaufgabe zu suchen, die es ja auch heute noch geben mag. Damit verbunden wären dann dynastische Linien zu suchen, so könnte das also passen.

    Otto Normalverbraucher, und damit meine ich nicht den König von Griechenland, hätte große Probleme gehabt, einen solchen Brief unfrankiert aufzugeben, weil er von dem Expeditor mit größter Wahrscheinlichkeit abgewiesen worden wäre. Aber es konnte natürlich auch ein Absender sein, der aufgrund von Verdiensten für die bayer. Krone eine aktive Postportofreiheit erhalten hatte und diese zu nutzen verstand.

    Da ab dem 1.9.1851 mit Württemberg eine unfrankierte, aber recommandirte Versendung nicht mehr möglich war, bliebe noch eine andere Variante für gewöhnliche Leute übrig - dass der Absender den Brief mit einer Marke frankiert zum Schalter brachte und ihn dort einschreiben ließ. In diesen Fällen haben mehrere Postexepeditionen damals in den 1850er Jahren den Fehler begangen, beim Franko nichts einzutragen, oder einen waagrechten Strich anzubringen, weil sie keine Marke für das Franko hatten heraussuchen müssen. Die bayer. Post hat in Folge dessen allerdings immer wieder ihre Bediensteten angehalten, auch in Fällen der Aufgabe frankierter Briefe zur Recommandation den Wert der aufgeklebten Freimarken auf den Postscheinen selbst zu notieren (ich vermute als Hintergrund Reklamationen bei verloren gegangenen Briefen, bei denen aus dem Postschein nicht klar war, ob sie frankiert, unterfrankiert, oder gar unfrankiert aufgegeben worden waren, denn die Postverwaltung musste dem Absender ja auch den Frankobetrag erstatten, wenn der klar war).

    Ich würde alle Möglichkeiten bei einer Ausstellung erwähnen und den Betrachter entscheiden lassen, welcher Variante er sich am ehesten anschließen mag. In jedem Fall ein ganz seltenes Stück, um das nicht nur ich dich sehr beneide! :love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Vielen herzlichen Dank für die bis jetzt eingegangenen Kommentare. Ich werde diese zusammenfassen, und mich dann bei meinem nächsten Besuch in der Heimat mit einem Stadtführer aus Monheim treffen.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Guten Abend zusammen,

    erst daletzt bayernjäger an den König von Bayern, jetzt Minimarke an einem Tag gleich zweimal an den von Württemberg, bald nennt sich das hier dann Forum für Prämiumpostgeschichte. Wenn man das Reco-Manual vom Postexpeditor Veith aus Monheim noch hätte, ja das wäre schön. So was habe ich leider aber aus der Kreuzerzeit noch gar nie gesehen und frage mich, wo die denn eigentlich alle hingewandert sind :/

    Egal wie Top-Ding !

    + Gruß :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    heute zeigen ich eine telegraphische Depesche der kgl. bayerischen Telegraphenstation Frankfurt am Main (Freie Reichsstadt, unter Thurn und Taxis) vom Januar 1855 an "Herrn Canzleirath Roder Hotel Drexel in Frankfurt".

    Man wisse hierzu, dass Bayern auch im Postverein (nicht im Postvereinsausland!) Telegraphenstationen unterhielt und dort bayer. Telegraphenbeamte tätig waren. Bei dort eingehenden Depeschen wurden diese ausgefertigt (hier ist leider kein Inhalt mehr vorhanden, wie bei den allermeisten), in spezielle Kuverts verpackt, so wie hier, und durch eigene Telegraphenboten ausgetragen.

    Was man nicht häufig findet, sind komplette Trockensiegel hinten, da diese beim Öffnen der Depeschen üblicherweise zerrissen wurden (der Inhalt war ja sehr wichtig). Aber noch weitaus seltener sind Depeschen, die eine schwarze Dienstsiegelung zeigen, womit dokumentiert wurde, dass der Inhalt ein Trauriger war. Heute unvorstellbar, aber damals hatte man ein Fingerspitzengefühl der besonderen Art und folglich nahm man schwarze Oblaten und versiegelte mit ihnen die traurige Nachricht.

    Bisher hatte ich solche noch gar nicht auf dem Radar und eine Depesche aus Frankfurt, von denen es einige wenige gibt, wird man damit lange suchen müssen.

    Wenn man jetzt nur noch den genauen Tag wüsste, an dem sie ausgefertigt wurde - tja, wieder eine kleine Contravention ...

  • Hallo zusammen,

    Glückwunsch an Ralph, man sieht derartiges ja nur gelegentlich einmal und sowieso nicht in diesem astreinen Erhaltungszustand. So etwas ähnliches, aber aus viel jüngerer Zeit ist mir gerade ins Haus geflattert, in kleinem Format als "Telegramm-Offerte" an das Eisenhüttenwerk Tangerhütte / Sachsen-Anhalt. Wenn mir zu dem ganzen jemand die Betriebsanleitung geben könnte, wäre ich sehr dankbar. Die Rückseite ist ohne weitere Vermerke geblieben.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Ralph,

    bist du sicher, dass die schwarze Oblate wegen des Inhalts verwendet wurde?

    Am 26.10.1854 ist Königin Therese von Bayern, die Frau Ludwigs I gestorben.

    Ich denke ehr die Traueroblaten wurden deswegen verwendet.

    Gruß

    Udo

  • Lieber Ralph,

    klär mich doch bitte einmal auf, inwieweit es sich um eine kleine Kontravention handelt.

    Bzgl. der Oblate hat Udo natürlich Recht, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bayer.

    Post Privatangelegenheiten kommentierte.

    Gruß

    Rudolf

  • @Alle,

    vielen Dank für eure Kommentare - ich denke, Udo hat Recht - vermutlich lag das Aufgabedatum noch innerhalb der 3 monatigen Trauerzeit und nicht im Inhalt begründet. Doppelt schade. Auf der anderen Seite: Wer kann eine Depesche aus einer Trauerzeit zeigen, noch dazu von außerhalb Bayerns?

    Rudolf, der Tag war vorne zu notieren - hier nur Monat und Jahr, das war zuwenig. Intern war sogar die genaue Uhrzeit zu notieren, also z. B. 10.30 Uhr. Von daher ist die Nichtangabe des Tages eine kleine Contra.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    wieso denn doppelt Schade, wer kann denn so ein Stück mit dieser vom bayernjäger besagten Traueroblade zeigen ?!? Was steht dort eigentlich drauf geschrieben ? Ist doch bestimmt ein Klasse Teil, das jeder gerne in seiner Sammlung hätte.

    + Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... doppelt, weil wir kein genaues Datum haben, um die 3 Monatstrauer beweisen zu können und leider auch ohne Inhalt, so habe ich das gemeint.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ...na ja, wenn sie am 26.10.1854 verstorben ist und 3 Monate Staatstrauer angeordnet waren, dann muss das ja nun nicht auf 100% auf den 26.01.1855 geendet haben...und was steht auf dem Siegel ?

    Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis