• Guten Abend Sammlerfreunde,

    tausendfach finden wir die o.g. Vermerke auf mit der Post beförderten Sendungen...bis zu einer gewissen Zeit.

    Warum eigentlich nur bis zu einer gewissen Zeit ?

    So vermeintlich dämlich die Frage dem einen oder anderen Spezi daherkommt.....so sollte er dann doch aus dem FF eine Antwort drauf geben können.

    Kann das jemand ?

    Schönen Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Morsche Tim,

    von alters her gab es ja teils bis zu 3 Versendungsarten: Ganz frankiert (Inland, Ausland und teils sogar die Transitländer, wenn es welche gab), teilfrankiert (Inland, Ausland und bis zu gewissen Transitländern) und unfrankiert (Inland, Ausland und auch über Transitländer, je nach Postvertrag).

    Die Post benötigte die klare Anweisung des Absenders, wie er seine Briefe zu verschicken wünschte. Gab es die Möglichkeit zu frankieren, sollte der Absender seinen Wunsch unten links in einem Franco-Vermerk äußern. Dann war er auch gezwungen, bar am Schalter, bzw. später durch Marken das passende Franko zu entrichten.

    War alles korrekt gelaufen, lief der Brief in der Briefkarte als Franco-Brief und wurde in der entsprechenden Rubrik geführt bzw. aufgelistet.

    Wiesen Briefe nach ihrer Annahme bei der Aufgabepost und Weiterspedition keinen Franco-Vermerk auf, waren aber auch nicht mit Porto belegt worden, standen nachfolgende Posten oft vor einem Rätsel, weil sie nicht wissen konnten, wieso ein Brief eine in sich gegensätzliche Optik aufwies. Die Folge waren Rückfragen bei der Aufgabepost usw., was den Postbetrieb enorm aufhielt. Von daher war ein Franco-Vermerk sehr wichtig, sowohl bei Inlands-, als auch bei Auslandssendungen.

    Der Franco-Vermerk war Teil der Adresse, wie der Name, der Stand und der Wohnort des Empfängers auch. Die Adresse war stets vom Absender in allen Teilen zu notieren - die Post durfte selbständig keine Änderungen an der Adresse vornehmen und wenn, dann auf Antrag eines der Korrespondenten (bei Nachsendungen z. B., oder poste restante gestellten Sendungen "Auf Verlangen nach XY weiterleiten" und bei Retouren).

    Wurden Briefe, entgegen ihrer Absenderintention, trotz Franco-Vermerks NICHT frankiert aufgegeben (zu wenig Geld dabei, doch etwas zu teuer usw.), dann musste die Adresse von Hand des Absenders korrigiert werden, er musste also seinen eigenen Franco-Vermerk selbst streichen; die Post durfte das nicht.

    Diese Franco-Vermerke gab es schon im 15. Jahrhundert und es gab sie noch im frühen 20. Jahrhundert, weil es Tradition geworden war. Aus amtlichen Quellen liest man da oft nichts wirklich Zwingendes, weil man diesen Modus als selbstverständlich voraus setzte, auf den es in Postverträgen und deren Ausführungsbestimmungen nicht separat einzugehen galt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (27. Februar 2024 um 08:48)

  • Diese Franco-Vermerke gab es schon im 15. Jahrhundert und es gab sie noch im frühen 20. Jahrhundert, weil es Tradition geworden war. Aus amtlichen Quellen liest man da oft nichts wirklich Zwingendes,...

    Lieber Ralph,

    in der Einführungsverordnung von Briefmarken in Sachsen im Jahre 1851 findet sich bereits der Satz

    "Die mit Marken frankierten Sendungen bedürfen der Bezeichnung "frei", "fr.", "franco" etc. nicht."

    Er blieb jedoch jahrelang nahezu unbeachtet, weil die Macht der Gewohnheit erst allmählich ihre Wirkung verlor.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,

    danke für diese Info - da war man in Bayern konservativer, als im progressiven Sachsen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten Morgen zusammen,

    ich gehe mal davon aus, dass gerade eben die Bequemlichkeit der Francomarken schon von Anfang an dazu geführt hat, dass die damals das Briefaufkommen dominierenden Geschäftswelt sich jene auf Vorrat gekauft und (daheim) selbst frankiert hat. Das ist zudem durch die Einführung von Briefkästen auch für das Publikum belegt. Franco stand nun schon auf der ersten Marke Bayerns drauf, so what mit diesem Freivermerk on top ? Wenn er nicht angebracht war, war klar für den Postler: Taxierung als Portobrief. Jetzt kommen die Fälle, wo der Freivermerk, aber keine Marke angebracht war, weil abgefallen oder dass unzureichend damit frankiert war. Was nützt hier der Freivermerk ?

    War die Aufgabepost ihm dann etwa in der Weise selbst verpflichtet, dass sie den Absender darüber in Kenntnis zu setzen hatte ? Ich glaube ja eher nicht. Wir kennen zwar ein paar solcher - sehr schönen - Fälle, wo das tatsächlich passiert ist und man den Absender die Gelegenheit zum Nachfrankieren gegeben hat. Derartiges hat m.E. aber weit mehr den Postbetrieb aufgehalten. Ich habe auch den Eindruck, dass Nachtaxierungen dann doch klar in der Überzahl sind. Insofern realtiviert sich die zwingende Notwendigkeit des Freivermerks nach Einführung der Freimarken eigentlich schon von Anfang an. Viel Sinn vermag man daran nicht (mehr) zu erkennen.

    Schönen Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    • Offizieller Beitrag

    Die Folge waren Rückfragen bei der Aufgabepost usw., was den Postbetrieb enorm aufhielt. Von daher war ein Franco-Vermerk sehr wichtig, sowohl bei Inlands-, als auch bei Auslandssendungen.

    Hallo Ralph

    War dieses Problem wirklich so gross? Wenn man ua mit Grossbritannien vergleichen, gab es dort kein Franko Vermerk von dem Absender.

    Wenn Briefe bezahlt waren hat der Postbeamte meist einen P vor vermerkte Betrag geschrieben. Und in London wenn kontrolliert, kam es ein Paid Stempel dazu. Und ab 1840 kann man auch eine grosse Menge Paid 1d Stempel sehen, die bei bar Bezahlung benutzt waren.

    Die Post war ja verantwortlich die Briefe richtig zu behandeln.

    Viele Grüsse

    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo Nils,

    ob es ein großes Problem war, ist relativ zu sehen. Da 98% der Bayernbriefe der Markenzeit den Franko-Vermerk aufweisen und in allen mir bekannten Veröffentlichungen mit Vorschriften für das Publikum diesen Vermerk bei frankierten Briefen als gegeben ansehen, dürfte, was Bayern angeht, die Sache klar sein.

    Jeder Brief, der nicht eindeutig als Porto- bzw. Frankobrief zuordenbar war, war für die Post ein Problem, denn die Beträge in der Briefkarte mussten mit den Beträgen auf den Briefen übereinstimmen. Gerade in der VMZ war ja bei Transitbriefen das eigene Franko individuell zu berechnen (Laufwegslänge, Gewicht usw.) und es gibt etliche Briefe, bei denen zwar Franco notiert wurde, aber die Höhe des Francos nicht stimmte. Natürlich sind diese Briefe die Ausnahme, aber es gab damals sicherlich viel, viel mehr, als wir heute denken.

    Die Engländer hatten 10 Jahre mehr Erfahrung bei Markenbriefen und zumindest bei Inlandsbriefen wohl keine großen Probleme. Im zerklüfteten Deutschland damals war jeder Brief über 2 oder 3 Länder mit einer abenteuerlichen Berechnung im Frankofall verbunden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Im zerklüfteten Deutschland damals war jeder Brief über 2 oder 3 Länder mit einer abenteuerlichen Berechnung im Frankofall verbunden.

    Genau das war ein großes Problem und wohl einer der Gründe für die Schaffung des DÖPV. Italien war auch ziemlich stark zerklüftet und führte zur Gründung eines Postvereins mit Österreich.

  • Gerade in der VMZ war ja bei Transitbriefen das eigene Franko individuell zu berechnen (Laufwegslänge, Gewicht usw.) und es gibt etliche Briefe, bei denen zwar Franco notiert wurde, aber die Höhe des Francos nicht stimmte.

    Hallo Ralph,

    wir reden hier aber ausdrücklich nicht von der VMZ, eine Vermengung mit der Zeit, ab denen es die Francomarken gab, halte ich jetzt nicht gerade für sonderlich hilfreich. Ich sehe seit Verausgabung der Francomarken mit den wenigen bereits benannten Ausnahmen auch keine "Rätsel" für die Postler. Wenn kein Freivermerk und keine Marke drauf = glasklar Portowille des Absenders und so ab in die Briefkarte. Kein Rätsel. Wenn mit Freivermerk und ohne Marke oder unterfrankiert = nachtaxiert und ab dafür in die Briefkarte (ganz wenige Ausnahmen der Aufforderung zur Nachfrankatur belegt, das war keinesfalls die Regel). Ob innerhalb von Bayern, vom DÖPV oder außerhalb, es war dann im letzteren Fall so oder so auszutaxieren. Gelegentlich vielleicht ein aufwändiger Job, aber auch kein Rätsel wegen dem Francovermerk.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Morsche Tim,

    bei deinem Eingangspost #1 lese ich nichts von einer Unterscheidung zwischen VMZ und Markenzeit.

    Bei vielen Staaten gab es Marken, aber sie waren z. B. bei Auslandsbriefen nicht gültig. Natürlich hatten die Absender diese Marken vorab verklebt, gerne zu Hause, wie du richtig geschrieben hast, und dann die Briefe markenfrankiert in die Briefkästen einwarfen. Ein Franko-Vermerk war obligat.

    Nur waren diese Briefe halt nicht frankiert, weil die Marke(n) nur für Bayern bzw. maximal dem DÖPV galten, nicht aber fürs Ausland. Erst zum 1.4.1854 hat man in Bayern, von Frankreich als Ziel- bzw. Transitland abgesehen, die Markenfrankatur für Auslandsbriefe zugelassen. Man hat also von 1849 bis 1854 dem Publikum eben nicht zugetraut, selbst korrekt mit Marken zu frankieren und sie somit an die Schalter gezwungen, wenn sie frankieren wollten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ob es ein großes Problem war, ist relativ zu sehen. Da 98% der Bayernbriefe der Markenzeit den Franko-Vermerk aufweisen und in allen mir bekannten Veröffentlichungen mit Vorschriften für das Publikum diesen Vermerk bei frankierten Briefen als gegeben ansehen, dürfte, was Bayern angeht, die Sache klar sein.

    Sorry Ralph, ich dachte ab hier sprachen wir alle nur noch von der MZ, ansonsten hast natürlich vollkommen Recht. :thumbup:

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim

    Ich habe deine Frage so allgemein gedeutet. Aber wenn nur für die Markenzeit wäre meine Antwort vielleicht etwas anders.

    Franco zu vermerken war auch in DÖPV so eindeutig. Ich habe den kommenden Köhler Auktion angeschaut um nur ein Eindruck zu bekommen. In Baden und Österreich ist es kaum Franco Vermerke zu sehen, Preussen eher oft wie auch in Bayern. Es heisst wohl dann auch dass es nicht allgemein so wichtig war. Jetzt muss ich sofort auch nenne dass die Zahl der Briefe nicht unheimlich gross war, so die Aussagekraft ist dann nicht sehr stark. Aber trotzdem ein Indizien.

    Wenn es um Transite ging, hat es nur Sinn gehabt wenn alle verstanden habe wie es über all gemacht war. Du hast ja alles sonst in Post 10 auch erwähnt wie es gelaufen war.

    Was nicht genannt ist, ist dass einige diese Franco Vermerke Betriebsintern sein können. Ich schreibe einen Brief und entscheide ob man es franko oder porto abschicken sollte. Und gebe der Brief weiter an den Sekretär oder Bote der es weiter ins Post getragen hat.

    Diese alte Gewohnheiten waren sicher auch in der Markenzeit weiter geführt und somit kann man es sehr lange auf Briefe finden.

    Viele Grüsse

    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.