Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Lieber Peter,

    solange es die 70er des 19. Jahrhunderts sind, ist doch alles in Butter. :P

    Den nächsten zeige ich aus den 1860er Jahren - wenn die Post nur etwas schneller wäre ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    merke hierzu auch: alle Jahreszahlen sind gleich (gut), nur eine ist gleicher. (frei nach Orwell)

    Für nicht Insider: es ist die erste der 60er.Jahre des 19. Jahrhunderts.

    Bei denen entschuldige ich mich auch gleich im Voraus für diesen Beweis abstrusen Humors,

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich ein ganz besonderes Poststück und ein zweites aus gleicher Korrespondenz mit Aufgabe von Füssen kommt die Tage hinterher.

    Geschrieben wurde der Brief in München am 9.1.1868. Das Briefpapier weist links eine Krone mit 2 Wappen darunter auf - ein Allianzsiegel? Der Text im Brief ist banal und lässt für mich keine Rückschlüsse auf seinen Autor zu. Die Unterschrift lese ich als "Marie" und demnach müsste es die Königin Marie in Bayern sein.

    (* 4. Oktober 1841 in Possenhofen; † 19. Januar 1925 in München)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_in_Bayern

    Sie war die letzte Königin des Königreichs beider Sizilien und von daher natürlich ein "Promi", wie man heute sagen würde.

    Das Kuvert weist - außer dem heute kaum mehr zu erkennenden Siegel - nur den Münchener Chargé - 5Zeiler mit der Reco-Nr. 15 aus, sonst nichts. Empfänger war der Herr Pfarrvicar u. Inspektor des Rettungshauses Naumeister zu Feldkirchen (später hinzu gefügt: L(andgerichts)Amt München rechts der Isar).

    Als Königin war sie von allen Gebühren und Taxen befreit - also zahlte sie keine 3 Kreuzer Franko und auch keine 7 Kreuzer Chargégebühren. Das Briefpapier ist goldgerändert - aber das kann mein Scanner leider nicht zeigen, jedenfalls sieht es schon sehr fein aus.

  • Liebe Freunde,

    jetzt ist auch endlich der 2. von 2 Briefen hier eingeschlagen, den die Königin Marie des Königreichs beider Sizilien an den Herrn Pfarrvicar nach Feldkirchen geschickt hat.

    Verfasst wurde er auf Schloß Hohenschwangau am 28.9.1868. Er wurde Kraft seines Siegels, welches natürlich der Postexpedition Füssen bekannt war, ohne jeden Vermerk angenommen, recommandirt auf Kosten des Staates und unter der lfd. Nr. 98 nach München spediert, wo er am Folgetag ankam und wohl auch noch zugestellt wurde.

    Leider haben sich nur diese 2 Briefe aus der Korrespondenz erhalten - unten links lese ich von der Hand des Empfängers 203, aber das müssen ja nicht alles Briefe der Majestät gewesen sein ...

  • Lieber Hermann,

    vielen Dank - das gibt eine Bomben-A3-Seite für die Spezialsammlung "Persönliche Postportofreiheiten in Bayern".

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    auf so einen hatte ich viele Jahre gewartet, jetzt schlug er bei mir ein und ich bin darüber sehr glücklich!

    Der königliche Notar Bolza in Annweiler in der Pfalz sandte am 7.1.1859 ein Schreiben "An Das Regiments - Commando des Königlichen 5. Cheveauxlegers Regiments, vaccant Leiningen in Bayreuth" ab und vermerkte noch dazu "R.S. Expeditions-Nr. 370". Die Versendung bei der Briefpost als Regierungs - Sache wie hier wäre also kostenlos gewesen.

    Bei der Postaufgabe taxierte jedoch der Postexpeditor Georg Jacoby den Brief mit 9 Kreuzern als einen unfrankierten, portopflichtigen Brief bis 1 Loth inklusive von der Pfalz ins rechtsrheinische Bayern mit seiner blauen Taxe.

    Derart taxiert kam er am Folgetag in Bayreuth an - jedoch war man über die 9 Kreuzer, die man der Post zahlen sollte, nicht sehr erfreut, wie man aus dem siegelseitigen Vermerk unschwer ersehen kann: "Wird mit Taxe belegt nicht angenommen, Bayreuth am 9.1.1859 gez. Unterschrift".

    Bayreuth notierte vorne "Retour" und "verte", also Zurück und hinten lesen für die Aufgabepost.

    Die Verweigerung der Zahlung eines auf einem Brief haftenden Portos war der Annahmeverweigerung des Briefes selbst gleichgestellt, so dass Bayreuth ihn wieder nach Annweiler zurück schicken musste.

    Am 11.1.1858 lief er über Landau in der Pfalz noch am selben Tag nach Annweiler, wo er dem kgl. Notar Bolza gegen 9 Kreuzer ausgehändigt wurde.

    Bolza knoblete nicht lange und frankierte mit 2 mal 3 Kreuzern korrekt für Briefe aus der Pfalz ins rechtsrheinische Bayern, gab den Brief der Post, die die 9 Kreuzer Portonotierung von der Hinsendung strich und ihn am 12.1.1859 wieder auf den Weg schickte. Um allen möglichen Problemen einen Riegel vorzuschieben, notierte unser guter Notar noch siegelseitig: "Markirt an dem 12. Januar 1859 Bolza".

    Nun ging der Brief erneut auf seine Reise nach Bayreuth, jedoch beliebte es der Abgabepost nun nicht mehr Eingang zu stempeln - es wird wohl der 13.1.1859 gewesen sein, an dem man das vergaß.

    Beigefügt noch das dazu gehörige Attest, welches m. M. n. 2 Mängel aufweist und ich bin mal gespannt, wer sie beide (oder nur einen?) erkennt. So schwer ist das ja nun nicht, wenn man klassisches Bayern sammelt ... ;)

  • Lieber Will,

    so ist es! Über 12 Meilen galt nur und allein im rechtsrheinischen Bayern, niemals von der Pfalz nach Bayern.

    Der 2. Mangel im Attest ist das Weglassen des Datums - dafür hätte man lesen müssen, was hinten notiert wurde. Warum also steht das Datum nicht im Attest?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Freunde,

    den folgenden Brief kann man - wenn man sich an der verklebten 9-Kreuzer-Marke orientiert - eigentlich in den Papierkorb werfen. Die Marke ist zwar schön mit dem oMR von Kissingen gestempelt, hat an 3 Seiten auch breite Ränder, aber oben ist sie jedoch stärker angeschnitten.

    Das war auch nicht der Grund, warum ich den Brief gekauft habe.

    Der Brief lief am 24.7.1857 von Kissingen Uf. nach Rennertehausen, TuT-Gebiet. Die Entfernung zwischen beiden Orten betrug 18,06 Meilen. Der Brief scheint als einfacher Brief der 2. Entfernungszone (10 - 20 Meilen) um 3 Kreuzer überfrankiert. 6 Kreuzer hätten auch gereicht.

    Aber auch die Überfrankatur war nicht der eigentliche Kaufgrund. Der bestand im Inhalt des Briefes.

    Der Brief ist adressiert an den jüdischen Händler und Branntweinhersteller Benedikt Blumenthal in Rennertehausen. Der Text besteht auch 3 eng beschriebenen Seiten, die (für mich) nicht lesbar sind. Es scheinen auch keine hebräischen Schrftzeichen zu sein. Vermutlich wurde der Brief in einer Geheimschrift geschrieben, die wir wohl nie entziffern werden.

    Falls einer im Forum ähnliche Briefe hat, würde mich das schon interessieren.

    Viele Grüße

    bayern-kreuzer

  • Lieber Ralph,

    danke für deine Antwort.

    An jenisch glaube ich jedoch nicht. Wenn ich das richtig gelesen habe, bestehen ja Texte in jenisch aus (lateinischen) Buchstaben. Die findet man in den 3 Seiten meines Briefes jedoch nicht. Die einzelen Schriftzeichen im Text haben nichts mit den uns bekannten Buchstaben zu tun. (Nur einmal lese ich "f 1200" - wohl für 12200 Guldenß)

    Aber vielleicht gibt es im Forum Briefe, in denen die Schrift ähnlich aussieht.

    Viele Grüße

    bayern-kreuzer

  • Lieber Wolfgang,

    ich sah mal einen Brief in Jenisch verfasst, aber aramäisch geschrieben, also die Geheimsprache in der Geheimschrift, so habe ich das gemeint, aber ich bin kein Spezialist für diese Spezialitäten.

    In dubio mal bei einer Universität mit Judaistik anfragen - sollte es ja Gott-sei-Dank wieder in Deutschland geben ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Bayern-Kreuzer,

    das ist ja ein unfassbar spannendes Stück! (Nur zur Info: Bild "Inhalt 3" scheint auf dem Kopf zu stehen.)

    Zur Schrift kann ich leider keine qualifizierte Antwort geben, da ich noch nie hebräische Schreibschrift aus dem 19. Jahrhundert gesehen habe, aber ich tippe ebenfalls aufgrund von Blumenthals jüdischer Herkunft auf Hebräisch. Mit seiner deutschen Unterschrift ist er jedoch den Forderungen (§2) des sog. Preußischen Judenedikts von 1812 nachgekommen, demzufolge Juden u.a. mit deutscher oder lateinischer Schrift (zumindest offizielle Schreiben bzw. Verträge) unterschreiben mussten, wenn sie die preußische Staatsbürgerschaft erhalten wollten. Mehr kann ich leider gerade nicht beitragen.

    Viele Grüße und viel Erfolg beim Entschlüsseln

    Philia


  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier ein Brief der 2. innerbayerischen Gewichtsstufe vom 3.9.1870.

    Er lief von Prien über Traunstein nach Rosenheim.

    Der Brief trägt einen wieder gestrichenen Portovermerk über 11 Kreuzer.

    Da der Frei-Vermerk in gleicher Handschrift und Tinte wie der restliche Text des Briefes geschrieben ist, gehe ich davon aus, dass der Brief zunächst wohl versehentlich unfrankiert aufgeben und deshalb zunächst mit 11 Kreuzer Porto belegt wurde.

    Dann hat man offensichtlich anhand des Frei-Vermerkes erkannt, dass der Brief eingentlich frankiert werden sollte und hat den Absender den Brief mit Marke frankieren lassen. Den Vermerk " I I " Kreuzer hat man folglich wieder gestrichen.

    Die Behörde königl. Stadt- u. Landgericht Rosenheim hätte den Brief unfrankiert sowieso nicht angenommen, da Briefe an Behörden meinses Wissens frankiert sein mussten.

    Gruß

    bayernjäger

  • Liebe Freunde,

    Versuch einer detektivischen Kleinarbeit:

    Vorhanden ist die Hülle eines einstigen Faltbriefes der kgl. bayer. Gemeindeveraltung Welbhausen "an das Königliche Württembergische Ober-Kriegs-Commissariat zu Stuttgart Expeditions-Nr. 31 D(ienst) S(ache)".

    Zu Welbhausen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Welbhausen

    Welbhausen war ein Stadtteil von Uffenheim, welches über 10 bis 20 Meilen von Stuttgart entfernt lag, daher waren 6 Kreuzer Franko für Briefe unter 1 Loth 1863-67 korrekt frankiert. Den geschlossenen Mühlradstempel 533 von Uffenheim kann man auch noch gut erkennen, aber die Aufgabestempel weisen 2 Daten aus: 17.3. und 29.3..

    Die Siegelseite zeigt einen württembergischen Bahnpoststempel vom 29.3. und einen Distributionsstempel von Stuttgart D1 (1. Bestellgang) vom 30.3. und eine "4" vom Zusteller dort.

    Versuch der Beschreibung: Dienstbrief (D.S.) aus Welbhausen mit Postaufgabe bei der Postexpedition Uffenheim am 17.3. portofrei nach Stuttgart. Dort umgetütet und retour nach Welbhausen geschickt. Am 29.3. erneut abgeschickt, jetzt ist aber von der Aufgabepost bei der Gemeindeverwaltung und bei D.S. ein blaues Fragezeichen gesetzt worden, was für mich bedeutet, dass man den Brief nicht als reinen Dienstbrief in Staatsdienstangelegenheiten erkannte, daher D.S. gestrichen und mit 6 Kr. frankiert nach Stuttgart geschickt.

    Gerne lese ich abweichende Ansichten zu dem kleinen Vortragsstück.

  • Lieber Ralph,


    für mich klingt Deine Beschreibung sehr plausibel.


    Allerdings vermute ich, dass der erste Aufgabestempel von Uffenheim das Datum des 27.3.. trägt.

    (Die Auflösung des Scans gibt es nicht her, aber prüfe doch mal Dein Original.)

    Sinn würde es machen, denn fast 2 Wochen Liegezeit wären erstaunlich.


    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    ich denke, er ist vom 17.3. und in Stuttgart zugestellt worden, kam dann zurück und wurde erneut abgeschickt. Leider ist der Abschlag nicht so gut, als dass man es 100%ig sicher sagen könnte, aber vorne ist die 1 eher wahrscheinlich, als die 2, weil zu schmal für eine 2.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.