• Lieber Franz,

    mir ist über viele Sammelgebiete hinweg nicht nur eine Marke/Brrief bekannt, bei denen gleich mehrere Prüfer mit ihrer Beurteilung danben gelegen haben. Ein ganzes Buch könnte ich mir derartigen Beispielen füllen.

    Frau Lange beruft sich aber nicht alleine darauf, dass die Marke gelöst war. Sie mag auch abweichende Durchstichmerkmale erkannt haben und dass das Format der Marke zu klein sei. Letztendlich kommt Frau Lange zu dem Fazit: Echtheitsmerkmale reichen nicht aus.

    Damit ist gemeint, dass die Merkmale nicht zu einer positiven, auf "echt" lautenden Bestätigung ausreichend sind. Grundsätzlich wird beim BPP auf Echtheit geprüft, nicht auf Falschheit. Soll bedeuten, es gilt nicht Falschheit nachzuweisen sondern Echtheit zu belegen und in eine höchstmögliche Wahrscheinlichkeit zu bringen.

    Ehrlich gesagt, an den Bildern muß ich im Vergleich zu Marken MiNr. 14 B auch meine Nase rümpfen und es erweckt sich mir der Eindruck, dass der Durchstich bei der angeblichen 11 D gegenüber 14 B abweichend ist. Jedoch handelt es sich auch um unterschiedliche Papiersorten, bei diesen beiden Marken und es kann sein, dass hierdurch ein anderer Eindruck entsteht. Vielleicht hat man aber auch ganz einfach für MiNr. 14 B eine andere Durchstichleiste verwendet oder selbige modifiziert?

    Ferner gibt es ein senkr. Paar auf Briefstück, welches, soweit an Bildern erkennbar, selbigen Durchstich 12 zeigt (ex Sammlung Boker), wie die Marke auf dem Brief. Das Problem ist hier nur, dass dieses senkr. Paar mit zwei Abschlägen des Zweikreisstempels "HAMBURG 23 7 66" entwertet ist (Fremdentwertung, gepr. Rühland). Eine Verwendung von mit Versuchsdurchstich versehenen Marken, die im Jahre 1866 verwendet wurden, ist jedoch höchst fraglich und in welchem Ort mag der Brief wirklich aufgegeben wurden, aus dem das Briefstück stammt? Selbst möchte ich daher nicht ausschließen, dass es sich bei dem Brief aus Blankenburg durchaus um eine Durchstichfälschung handeln kann. Die Durchstichleisten wurden wohl nie vernichtet und waren bekanntlich einst in privaten Händen, auch in denen von Herrn Rühland. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich Herrn Rühland eine missbräuchliche Verwendung selbiger unterstellen möchte.

    Nach meinen bisherigen Untersuchungen an anderen Braunschweig-Marken bin ich der Meinung, dass das Rätsel um diesen Brief, ob er nun echt oder verfälscht ist, am Original lösbar ist.

    Nachstehend noch die Seiten 43 und 44, aus den besagten Reflexionen über Philatelie.

    Beste Grüße

    Markus

  • Lieber Markus,
    Vielen Dank für deine Einschätzung. Mir scheint, dass die Prüfer bei besonders seltenen Marken "kalte Füße" bekommen und diese dann einfach mit nichtssagenden Phrasen "ablehnen".
    Das erspart mühsame und aufwendige Prüfarbeit und lenkt von der unzulänglichen technischen Ausstattung und mangelhaften wissenschaftlichen Kenntnissen ab. Außerdem besteht bei dieser Gangart auch keine Gefahr seinen Ruf zu verlieren...

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Liebe Sammlerfreunde,
    Es ist mir unerklärlich, dass solche Paradestücke nicht neu geprüft und befundet werden.
    Anscheinend ist das Köhler zu heiß.

    Irgendetwas stimmt da nicht....

    [Blockierte Grafik: https://files.heinrich-koehler.de/files/Auktion-…ose/1393066.jpg]

    Quelle: https://heinrich-koehler.de/de/378-auktion…1#&gid=36&pid=2

    Lieber Franz,

    mit bogenförmigen Durchstich 16 muß eine Vielzahl von Bogen versehen worden sein, denn Marken der MiNr. 11 B kommen mit Entwertungen aus einer Mehrzahl von Postorten vor, sowohl auf Belegen, auf Briefstücken, als auch in lose gestempelt. Aus Stadtoldendorf habe ich aber bisher nur diesen Brief in mein Bildarchiv aufnehmen können, lose Marken noch keine. Jedoch erfolgt die Archivierung von solchen Stücken bei mir nur sporadisch, da nicht mein Prüfgebiet.

    Was Fragen aufwirft, ist das Juni-Datum im Stempel, aus welchem Jahr auch immer. Für MiNr. 11 B ist im Michel der 15.8.1864 als Frühverwendung vermerkt. Daher sollte der Beleg nicht aus dem Jahr 1864 stammen und 1865 wird als Verwendungszeitraum dann leider schon fraglich. Es bedarf einer konsequenten Registrierung von Belegen der MiNr. 11 und 14, aus allen Orten, möglichst voll datierbar, um hier ein Stück weiter zu kommen.

    Beste Grüße

    Markus

  • Lieber Markus,

    Im Internet habe ich folgende Information entdeckt, die ich ungeprüft so weiter gebe. Auf der BPP Webseite habe ich dazu leider hierzu keine Informationen gefunden. Gibt es hierzu eine Stellungnahme des BPP?

    "Schöne und recht saubere Mi.11 B

    (B =Versuchsdurchstich 16)

    mit Nr.-Stempel 8 -Braunschweig-Hofpostamt-.


    Altprüfungen von dem Braunschweig-Prüfer August Rühland sowie dem Prüfer Paul Krüger aus Berlin.

    Nach derzeitigen Erkenntnissen des BPP kann diese Marke sowie auch die Mi.10 B nicht mehr geprüft werden. Die Durchstichleisten waren früher in Hand der beiden Braunschweig-Prüfer Jörg Berger und August Rühland gewesen. Es wird vermutet, daß diese missbräuchlich verwendet worden sind, dabei wird auch der Name des alten Deutschland Fälschers Reinhard Krippner mit in Verbindung gebracht. Diese mißbräuchlichen Verwendungen sind perfekt nachgeahmt und nicht von Originalen zu unterscheiden (Ausnahmen echte Briefe od. Briefstücke). Andere dieser Marken mit alten Attesten könnten ebenso derzeit nicht mehr erneut als echt geprüft werden.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Hallo Franz,

    wie zuvor schon von mir erwähnt, befanden sich die Durchstichleisten in Privathand. Allerdings waren dies die Hände der Prüfer L. Berger und G. Rühland. Es ist unwahrscheinlich, dass diese beiden Prüfer mit den Durchstichleisten Unfug betrieben haben. Ob auch andere Hände im Spiel waren, entzieht sich meiner Kenntnis, Krippner möchte ich diesbezüglich aber ausschließen. Die Durchstichleisten wurden im Jahre 1912 an das Reichspostmuseum übergeben, heute Museum für Telekommunikation.

    Diese Tatsache, dass die beiden Prüfer die Durchstichleisten einst in Händen hatten, ist seit mehr als 100 Jahren bekannt.

    Ungebrauchte Marken der MiNr. 10 B werden schon seit Jahrzehnten nicht mehr BPP-geprüft. Hingegen gebrauchte Marken der MiNr. 10 B früher geprüft wurden. Ebenso Marken der MiNr. 11 B in ungebraucht und in gestempelt BPP-geprüft wurden.

    Mir selbst ist bis heute keine Marke mit sogen. Versuchsdurchstichen bekannt geworden, welche Herr Dr. Wilderbeek als echt geprüft hätte. Auch nicht auf Brief oder Briefstück. Marken, die auf solchen haften, wurden früher in der Regel bei der Prüfung von der Unterlage gelöst, um den Durchstich auch von der Rückseite zu betrachten. Daher ist annehmbar, dass Herr Dr. Wilderbeek auch in Zukunft derartige Briefstücke oder Briefe nicht prüfen wird. Weiter gedacht würde das aber auch bedeuten, dass Herr Dr. Wilderbeek aber auch keine Marken der MiNr. 13 bis 16 sicher prüfen kann, diese aber prüft.

    Herrn Wilderbeek seine Zettelchens, die er Marken beilegt, welche von Ihm abgelehnt wurden, sehen wie nachstehend im Anhang gezeigt aus.

    Im Kohl-Handbuch wird vermerkt, dass eine authentische Darstellung der Geschichte des Durchstichs nicht möglich ist, weil die amtlichen Unterlagen im Jahre 1881 verbrannt sind. Das erschwert die Sachlage natürlich, über Akten mehr Informationen zu den Versuchsdurchstichen zu erhalten, auch in Bezug etwaiger Auflagenhöhen. Über die Echtheit von Versuchsdurchstichen stritt man sich aber schon in den Jahren 1888/89. Auf Grund dem Vorkommen sehr später Entwertungen auf Marken der MiNr. 10 B ist es aber durchaus denkbar, dass ab einem gewissen Zeitpunkt derartige Marken nur noch mit Durchstich an Postanstalten ausgeliefert wurden und das würde auch das recht häufige Aufkommen von ungebrauchten Marken begründen.

    Der Fälscher Krippner hat sein Unwesen mit Falschstempeln betrieben. Durchaus gibt es auch zahlreiche von Ihm falsch gestempelte Marken von Braunschweig, vor allem von der MiNr. 10 B. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei sogar um absolut echte Marken, die er mit seinen Falschstempeln versehen hat. Die Falschstempel von Krippner, egal welches Sammel- bzw. Prüfgebiet, sind aber alle als solche entlarvbar. Ein Prüfer, der auf einen Krippner-Falschstempel hereinfällt, der sollte lieber sofort mit dem Prüfen aufhören.

    Einen recht guten geschichtlichen Überblick, über den Fälscher Krippner, inkl. einigen von Ihm falsch gestempelten Marken, ergeht aus der nachstehend verlinkten PDF-Datei.

    https://www.bdph.de/fileadmin/Dateien/Digitale_Vortraege/Maassen_Krippner.pdf

    Zuvor hatte ich schon geschrieben, dass bei der Prüfung von Marken, Briefstücken und Briefen, welche augenscheinlich mit Versuchsdurchstichen versehen sind, darauf abgestellt werden muß, wer zuerst da war. Durchstich oder Stempel. Hilfreich ist es natürlich auch, die im Museum befindlichen Durchstichleisten zu studieren und auch zu fotografieren, um spezifische Merkmale ausmachen zu können, welche bei der Prüfung weiterhelfen. Darüberhinaus ist es auch notwendig, ein umfangreiches Archiv mit möglichst vollständig datierbaren Belegen aufzubauen.

    Nicht nur nach meinem Dafürhalten ist es seriös möglich, Marken mit sogen. Versuchsdurchstichen positiv als echte Marken zu prüfen und Fälschungen zu erkennen. Des Weiteren mag es Marken geben, bei denen weder das eine oder andere in Bezug dem Durchstich sicher aussagbar ist.

    Beste Grüße

    Markus

  • Lieber Markus,

    Wow, was du dir hier für eine Mühe gemacht hast, den Sachstand zusammenzufassen.
    Herzlichen Dank dafür !
    Da könnte ich fast schon ein schlechtes Gewissen bekommen, dass ich diesen Stein ins Rollen gebracht habe. Mir war der Hintergrund gänzlich unbekannt.
    Kein Wunder, dass das Auktionshaus Köhler die betroffenen Marken nur mehr tel quel, also ohne Gewähr anbietet.
    Man kann nur hoffen, dass mit neuesten Analysegeräten Licht in die Angelegenheit kommen wird.
    Köhler hat sich ja bereits eines der modernsten Geräte angeschafft, über das wohl kein BPP-Prüfer verfügt. Das lässt hoffen!
    Eine akribische Katalogisierung aller vorhandenen Marken und Poststücke, wie von dir angestrebt, sollte auch weiterhelfen.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)


  • Hallo Markus,

    Habe mir das mal kurz angesehen. Interessanterweise geht daraus hervor, dass Rühland die Marken aus einer Auswahlsendung von Krippner an die Braunschweiger Polizei übergeben hat...

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Hallo Franz,


    Deine Beobachtung ist exakt richtig.

    In der Zwischenzeit habe ich noch einmal alles im Krötzsch- und im Kohl-Handbuch geschriebene durchgelesen. Dort gibt es leider unstimmige Angaben, in Bezug der Durchstichleisten.

    Im Musem liegen nicht zwei Durchstichleisten, wie im Kohl-Handbuch angegeben, sondern drei Durchstichleisten. Zwei aus Messing für bogenförmige Durchstiche und eine aus Holz für Liniendurchstich.

    Das Krippner den bogenförmigen Durchstich fälschen konnte, möchte ich eigentlich ausschließen. Daher hatte ich oben schon geschrieben, dass es sich wahrscheinlich um echte Marken der MiNr. 10 B handelt, welche Krippner mit Falschstempel versehen hat.

    Hingegen ist es aber recht einfach einen Liniendurchstich zu Fälschen, wie ich mir habe erklären lassen und genau solche wird Krippner gefälscht haben. Es gibt wohl auch eine irrige Angabe im Friebe-Handbuch, in Bezug Linien- und Bogendurchstich. Selbst werde ich mir aber noch die beiden Handbücher, von Herrn Friebe einerseits und andererseits von Herrn Maasen, über die Krippner-Fälschungen besorgen.

    Ebenso, wie es bei der MiNr. 14 A zu völlig verschiedenen Markenformaten gelangt, kann es natürlich auch bei der 10 B und 11 B zu verschiedenen Markenformaten gelangen. Die Angaben im Krötzsch-Handbuch darüber, wie man angeblich echte und falsche Durchstiche erkennen kann, sind irrig.

    Denke, dass sich in Zukunft noch einiges in Bezug der Forschung, zu den sogen. Versuchsdurchstichen, bahnbrechend ändern wird.

    Beste Grüße

    Markus

    Einmal editiert, zuletzt von Markus Pichl (14. März 2022 um 18:19)

  • Lieber Markus,

    Das Krippner den bogenförmigen Durchstich fälschen konnte, möchte ich eigentlich ausschließen. Daher hatte ich oben schon geschrieben, dass es sich wahrscheinlich um echte Marken der MiNr. 10 B handelt, welche Krippner mit Falschstempel versehen hat.

    Sehe ich genauso, insbesondere ist mir, bei allerdings nur flüchtiger Durchsicht, aufgefallen, dass Krippner sich vor allem ungebraucht sehr billiger Altdeutschlandmarken bedient hat. Taxis 30 Kr. Bayern Porto 2,3, Braunschweig 10b etc.
    So gesehen auch ganz rational, würde ich als Fälscher genauso machen, warum olle Marken fälschen, wenn ich sie billigst ungebraucht kriegen kann, hab eh schon genug Streß die Falschstempel gebacken zu bekommen
    Ralph bayern klassisch würde sicher auch gleich an den spread denken... :D

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Hallo Franz,

    im letzten Beitrag hatte ich mich verschrieben, gemeint war 14 A und nicht 14 B, ist nun korrigiert.

    Um einen bogenförmigen Durchstich 1:1 zu Fälschen, benötigt man wohl zwingend das originale Werkzeug, um einen Abguß hiervon zu machen. Hat man das originale Werkzeug, dann muß man es aber nicht reproduzieren.

    Im Moment habe ich Verwendungen der 10 B von August 1864 bis September 1867 archiviert. Die archivierten Marken sind in der Regel von einer Vielzahl von Prüfern signiert und/oder attestiert. Die MiNr. 10 A kommt allerdings auch bis Ende 1867 vor.

    Im Restbestand der Braunschweiger Marken, der gemäß Kohl-Handbuch von einem Herrn Beddig gekauft wurde, sollen sich jedoch keine MiNr. 10 B (Kohl 14, 1/2 Sgr. schwarz auf grün) befunden haben. Das bedeutet aber nicht, dass nicht schon zuvor Verkäufe an Händler stattgefunden haben oder beim Publikum, z.B. bei Großversendern, keine durchstochenen Marken vorhanden waren. Krippner hatte zu seiner Schaffenszeit Kontakte zu allen großen Händlern und könnte über einen solchen an Marken der MiNr. 10 B gelangt sein.

    Was gar nicht angeht, den Prüfern L. Berger und G. Rübeland zu unterstellen, sie könnten die Durchstichleisten unbefugt zum Fälschen von Marken verwendet haben. Aber genau das wird mit derartigen Zetteln, wie oben gezeigt, von Herrn Dr. Wilderbeek unterstellt.

    Nicht ausschließen möchte ich, dass nach dem die Durchstichleisten dem Reichspostmuseum im Jahre 1912 übergeben wurden, jene zu unbefugten Aktionen entwendet bzw. "ausgeborgt" wurden, um ungebrauchte Einheiten oder gar Bogen der MiNr. 10 A zu perforieren. Schließlich ist bekannt, dass auch der Handüberdruckstempel "China" dort schon ausgeborgt wurde. Welcher Zeitraum genau im Kohl-Handbuch, in Bezug der Durchstichleisten, mit "in der Zwischenzeit aber in unberufenen Händen waren" gemeint ist, ist fraglich und letztendlich spekulativer Natur. Aber es ergeht dort aus der Satzstellung klar hervor, dass ein bekannter Spezialist (gemeint ist wohl G. Rühland) nicht gemeint ist.

    Bisweilen kenne ich nur Fotos der zwei Messingleisten, für den bogenförmigen Durchstich. Aufgenommen innerhalb von einem Foto. Von der Leiste, für den linienförmigen Durchstich, müssen noch Fotos erstellt werden. Diese besteht wohl aus Holz und unten ist dann natürlich Metall angebracht, um die Bogen zu durchstechen (aus der Erinnerung desjenigen, der die zwei Messingleisten für den bogenförmigen Durchstich fotografiert hat). Die Messingleisten für den bogenförmigen Durchstich sind lang genug, um einen vollständigen waager. Durchstich im Bogen zu ermöglichen. Aber für den senkr. Durchstich mußte 2x angesetzt werden (außer man hätte die Bogen vorher mit einem Schnitt waager. halbiert).

    Die Sache bleibt bestimmt noch eine längere Zeit spannend, bis exaktere Erkenntnisse möglich sind. Aber der Beginn ist nun gemacht.

    Beste Grüße

    Markus

  • Danke für Deine Ausführungen zu diesem Thema, Markus! Grosse Klasse, und da habe ich so Einiges dazugelernt (und ich dachte bis dato, ich würde die Geschichte recht gut kennen!).

    Nur in einem Punkt stimme ich nicht ganz zu: ich finde die Art, wie Herr Wilderbeek seine Prüfung ablehnt, durchaus akzeptabel. Der Mann ist Wissenschaftler (was man gut an seinen Attesten ablesen kann) und beruft sich nur darauf, was möglich und daher nicht auszuschliessen ist. Die wirkliche Frage ist doch eine andere: sollten Prüfungen abgelehnt werden, wenn Originalwerkzeuge nachweisbar in Privathand gelangten? Immer? Oder nie? Oder nur, wenn es heutzutage keine Möglichkeit gibt, Original und Nachahmung mit Original zu unterscheiden?

    Ich habe dazu keine Antworten; und Dein China-Stempel-Beispiel gibt mir sehr zu denken. Denn selbst aus Staatsbesitz können Dinge anscheinend vorübergehend "verschwinden". Vielleicht ist es daher am pragmatischsten, dass sich in jedem Sammelgebiet die Sammler- und Prüfergemeinde auf eine Konvention einspielt?


    Sammlergrüsse,

    Papiertiger



  • Lieber Markus,

    Eine äußerst spannende kriminalistische Reise in die Vergangenheit steht uns bevor. Das wird sicher eine Weile dauern, bis man hier zu verlässlichen Ergebnissen kommen kann.Ich werde der Sache im April etwas mehr Zeit widmen können.
    Möglicherweise können hier aber auch andere Sammler wertvolle Indizien und Informationen liefern.


    Folgende Fragenkomplexe stehen für mich im Vordergrund:


    1. Wie ist der aktuelle Stand der Forschung?
    Gibt es überhaupt analytische Forschungsansätze und Ergebnisse hierzu oder stehen nur allgemeine, oberflächliche und eher deskriptive Informationen zur Verfügung.
    2. Inwieweit kann man mit modernen Analysegeräten feststellen, ob eine echt gestempelte geschnittene Braunschweigmarke nachträglich durchstochen wurde. Welche Geräte wären hierfür geeignet?

    3. Punkt 1 und 2 gelten prinzipiell auch für ungebrauchte Marken.
    4. Ein vierter Punkt ist die statistische Auswertung des vorkommenden Bestandes; inwieweit lassen sich Wahrscheinlichkeitsaussagen zum Vorkommen bestimmter Marken treffen.

    5. Welche Informationen aus den Gerichts- oder Museumsakten lassen zusätzliche und treffsichere Schlüsse bei den genannten Fragestellungen zu.


    Sämtliche Fragestellungen betreffen mehr oder weniger auch andere altdeutsche Gebiete und auch jenseits davon (China-Handstempelaufdrucke, wie von Markus Pichl bereits erwähnt) , auch dort können artverwandte Probleme mit Fälschungen und Verfälschungen, wie bei Braunschweig vorkommen.
    Insofern handelt es sich hier nicht nur um ein Partikularinteresse für eingefleischte Braunschweigsammler, sondern um ein länderübergreifendes Thema, das sicher viele Sammler interessieren dürfte. Hoffentlich tragen viele Sammler mit Ihrem Wissen und ihren Ideen hier zum Gelingen bei.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Nur in einem Punkt stimme ich nicht ganz zu: ich finde die Art, wie Herr Wilderbeek seine Prüfung ablehnt, durchaus akzeptabel. Der Mann ist Wissenschaftler (was man gut an seinen Attesten ablesen kann) und beruft sich nur darauf, was möglich und daher nicht auszuschliessen ist.

    Hallo Papiertiger,

    ein wissenschaftliches Vorgehen, in Bezug der mit Durchstich versehenen Marken der Michel-Nrn. 10, 11 und 12, kann ich bei Herrn Wilderbeek leider nicht erkennen.

    Per se werden alle Ihm vorgelegten Marken mit einem solchen, wie oben gezeigtem Zettel, abgelehnt und das ohne die Marke zu untersuchen. Grundsätzlich unterstellt er damit, eine jede der Ihm vorgelegten Marken könne manipuliert sein, ohne darüber einen Nachweis zu führen, ob das in der Tat so ist.

    Er hat sich dafür entschieden, keine Prüfung für derartige Marken vorzunehmen. Konsequent wäre es demnach, wenn er diese Marken aus seinem Prüfgebiet ausschließen würde.

    Den Verfälschungsmöglichkeiten sind nun einmal Grenzen gesetzt und offenbar weiß er nicht, wo er bei der Prüfung solcher Marken ansetzen soll und unterlässt eine Untersuchung von vornherein.

    Die Diskussion hierüber ist nicht neu und wurde bereits im Januar 2021 in einem anderen Forum recht ausführlich geführt und wird dort auch demnächst wieder weitergeführt. Damals hatte ich schon aufgezeigt, dass Frau Lange, bevor Sie aus dem BPP austrat, Ihr Prüfverhalten, deutlich erkennbar über stetig neue Attestformulierungen, ab dem Zeitpunkt nach dem Herr Dr. Wilderbeek in den BPP eingetreten war, veränderte.

    Daraus resultierend werden von verschiedenen Auktionatoren bestimmte Marken schon gar nicht mehr Herrn Dr. Wilderbeek vorgelegt, weil es praktisch sinnlos ist.

    Beste Grüße

    Markus

  • ein wissenschaftliches Vorgehen, in Bezug der mit Durchstich versehenen Marken der Michel-Nrn. 10, 11 und 12, kann ich bei Herrn Wilderbeek leider nicht erkennen.

    Hallo Markus,

    vorab sollte erst einmal geklärt werden, was unter "wissenschaftlichem Vorgehen" zu verstehen ist.

    Dazu gehört vor allem etwas, was bei Briefmarkenprüfern weitestgehend fehlt: Ein transparentes, nachvollziehbares Vorgehen mit klarer Argumentation des erzielten Ergebnisses.

    Mit anderen Worten: Jedermann muß den "Versuchsaufbau" wiederholen und dabei zu gleichen Ergebnissen kommen können. Die Argumentation darf sich nicht widerlegen lassen und keine Lücken aufweisen.

    Verfolgt man die Diskussionen in div. Foren über Prüfergebnisse, stellt man fest, daß ein solcher Anspruch so gut wie nie erfüllt wird.

    Um bei diesem Beispiel der Braunschweig-Durchstiche zu bleiben: Selbstverständlich wäre der Nachweis, daß ein echter (zeitgerechter ) Entwertungsstempel nach Anbringung des Durchstichs abgeschlagen worden ist, ein Echtheitsbeweis. Allerdings hätte man damit das Beweisproblem nur verlagert, weil auch dieser Nachweis "wissenschaftlich" nicht so einfach zu erbringen sein dürfte.

    Die weitaus meisten Fehlprüfungen beruhen nicht auf "neuen Erkenntnissen", sondern darauf, daß Prüfern die Unzulänglichkeit ihrer Annahmen nicht bewußt war und sie lediglich auf ihre Erfahrungen vertrauten.

    Wir sollten froh sein, daß es Prüfer mit wissenschaftlicher Vorgehensweise gibt, selbst wenn dabei vermehrt Prüfungen abgelehnt werden, weil die Prüfvoraussetzungen (noch) nicht gegeben sind. Eine solche Einsicht wäre allen Prüfern zu wünschen.

    Beste Grüße

    Jürgen

  • Man kann nur hoffen, dass mit neuesten Analysegeräten Licht in die Angelegenheit kommen wird.

    Köhler hat sich ja bereits eines der modernsten Geräte angeschafft, über das wohl kein BPP-Prüfer verfügt. Das lässt hoffen!

    Lieber Franz,

    dabei handelt es sich um einen Video-Spektral-Komparator, den die Firma Köhler angeschafft hat. Das Gerät ist sehr teuer in der Anschaffung, über Hörensagen wurde mir ein Preis von Euro 90.000.- mitgeteilt. Das Gerät wird außerhalb der Philatelie u.a. dafür eingesetzt, um Falschgeld oder falsch Dokumente (z.B. Personalausweise) zu erkennen.

    Einen solchen Video-Spektral-Komparator hat auch Herr Jäschke-Lantelme und zwar bereits seit einigen Jahren in Betrieb und prüft hiermit u.a. die China-Handstempelüberdrucke. Auf seiner Webseite ist die Funktionsweise des Gerätes erklärt. Hierzu bitte unter http://www.jaeschke-lantelme.com über den Reiter "Artikel" den Artikel "Technische Methoden zur Echtheitsbestimmung von Aufdrucken und Entwertungen von Briefmarken" aufrufen. In der Erklärung finden sich auch einige Bilder, welche die Funktionsweise des Gerätes veranschaulichen. Eine direkte Verlinkung, auf den besagten Artikel, ist leider nicht möglich.

    Wie mir Herr Jäschke-Lantelme in einem vorhin mit Ihm geführten Telefonat erklärt hat, verwendet er das Gerät mittlerweilen auch zur Bestimmung von Druckfarben. Er nannte mir als Beispiel einige Michel-Nummern aus dem Prüfgebiet Preussen. Eine Altersbestimmung, wann ein Durchstich erfolgt ist, kann das Gerät natürlich nicht ermöglichen. Das Gerät ist u.a. hilfreich, um raffinierte Reparaturen zu erkennen.

    In Bezug der Echtheitsbestimmung von Durchstichen bei Braunschweig-Marken, ist der Einzatz von einem Video-Spektral-Komparator leider nicht hilfreich.

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Altsax,

    Wir sollten froh sein, daß es Prüfer mit wissenschaftlicher Vorgehensweise gibt, selbst wenn dabei vermehrt Prüfungen abgelehnt werden, weil die Prüfvoraussetzungen (noch) nicht gegeben sind. Eine solche Einsicht wäre allen Prüfern zu wünschen.

    Ich vermag nicht zu erkennen, worin wissenschaftliches Arbeiten bestehen soll, wenn man es ablehnt, sich mit dem Gegenstand der wissenschaftlichen Fragestellung auseinanderzusetzen.
    Arbeitsverweigerung (Ablehnung von Prüfungen) und wissenschaftliches Arbeiten schließen einander per se aus. Wo Wissenschaft nicht stattfindet, gibt es auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse.

    Um bei diesem Beispiel der Braunschweig-Durchstiche zu bleiben: Selbstverständlich wäre der Nachweis, daß ein echter (zeitgerechter ) Entwertungsstempel nach Anbringung des Durchstichs abgeschlagen worden ist, ein Echtheitsbeweis. Allerdings hätte man damit das Beweisproblem nur verlagert, weil auch dieser Nachweis "wissenschaftlich" nicht so einfach zu erbringen sein dürfte.

    Genau darum geht es. Es muss nachgewiesen werden, dass die Stempelfarbe, die sich auf den Markenflächen und insbesondere den Durchstichflächen befindet, homogen und echt ist.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Lieber Markus,

    Gerade im Bereich der Laborgerätetechnik sind mehrere Jahre alte Geräte nicht mehr mit den modernsten aktuellen gleichzusetzen. Hier gab es extreme Fortschritte.
    Das Gerät von Jäschke-Lantelme dürfte schon 10 Jahre auf dem Buckel haben und hat nur begrenzte Möglichkeiten.
    Die Anschaffung von Köhler ist ein großer Lichtblick für die Philatelie, was den Umgang mit modernster Technik angeht. Es ist zu hoffen, dass BPP Huylmans, der ja auch GF bei Köhler ist, das Wissen um die Vorzüge der modernen Technik der Prüfergilde zugänglich macht.
    Wie ich eben schon in meiner Antwort an Altsax schrieb, sollte man in einem ersten Schritt das Hauptaugenmerk auf die Echtheit und Homogenität der Stempelfarbe legen.
    Die pure Prüfung der Durchstiche ist nochmal ein Kapitel für sich.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Lieber Markus,

    Gerade im Bereich der Laborgerätetechnik sind mehrere Jahre alte Geräte nicht mehr mit den modernsten aktuellen gleichzusetzen. Hier gab es extreme Fortschritte.
    Das Gerät von Jäschke-Lantelme dürfte schon 10 Jahre auf dem Buckel haben und hat nur begrenzte Möglichkeiten.
    Die Anschaffung von Köhler ist ein großer Lichtblick für die Philatelie, was den Umgang mit modernster Technik angeht. Es ist zu hoffen, dass BPP Huylmans, der ja auch GF bei Köhler ist, das Wissen um die Vorzüge der modernen Technik der Prüfergilde zugänglich macht.
    Wie ich eben schon in meiner Antwort an Altsax schrieb, sollte man in einem ersten Schritt das Hauptaugenmerk auf die Echtheit und Homogenität der Stempelfarbe legen.
    Die pure Prüfung der Durchstiche ist nochmal ein Kapitel für sich.

    Lieber Franz,

    das ändert aber nichts an den grundsätzlichen Möglichkeiten, ob das Gerät älter ist oder einer neuen Generation entspringt.

    Das Gerät von Köhler ist die übernächste Generation, hat wohl eine größeren Frequenzbereich, weitere Filter und eine komfortable Software bzw. eine Softwareunterstützung bei der vorletzten Generation noch nicht vorhanden war und das Speichern/Verwalten von Ergebnissen nicht möglich ist.

    Faktisch gesehen kommt man aber auch über andere Wege zu korrekten Prüfungsergebnissen. Hauptsächlich geht es aber darum Dritten, z.B. einem Richter, das Prüfungsergebnis auf einem höheren wissenschaftlichen Niveau näher bringen zu können. Zur Bestimmung selbst, ob ein Handstempelaufdruck "China" vom echten Gerät stammt und auch zeitgerecht angebracht wurde, habe ich selbst noch nie einen Video-Spektral-Komperator benötigt.

    Beste Grüße

    Markus

  • Faktisch gesehen kommt man aber auch über andere Wege zu korrekten Prüfungsergebnissen. Hauptsächlich geht es aber darum Dritten, z.B. einem Richter, das Prüfungsergebnis auf einem höheren wissenschaftlichen Niveau näher bringen zu können.

    Lieber Markus,
    Ich sehe bei den modernen Geräten vor allem den Vorteil, dass man mit ihrer Hilfe von den Meinungsgutachten weg, die oft auf Erfahrung basieren, zu analytischen Methoden kommt, die auch validere Befunde ermöglichen.
    Die Expertenbefunde sollen ja vor allem dem Sammler, weniger dem Richter die Entscheidung erleichtern.
    Bei Köhler nun auf von Dr. Wilderbeek nicht prüfbare Marken zu bieten muss ich mir derzeit dann leider doch noch verkneifen.
    Kurz mal nachgefragt, wenn Marken von Richter geprüft sind, sind sie dann auch gerichtsfest? ;)

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)