Mühlradstempel ohne Marke

  • Liebe Freunde,

    als Freund 5beiniger Schafe kann ich heute zwei Stücke zeigen, die die Verwendung von Mühlradstempeln betreffen. Mit dem 1.8.1850 wurden sie eingeführt, um Marken zu entwerten und auf eingehenden/abgehenden Briefkarten die Herkunft anzuzeigen. Der erste Vorgang ist uns heute geläufig, der zweite weniger.

    Nicht abzuschlagen waren sie daher auf allen anderen, theoretisch vorkommenden Poststücken, Zetteln, Briefen, Vordrucken usw..

    Dass sich bayerische Expeditoren oft einen Dreck um das scherten, was ihnen ihre Führung vorschrieb, ist hinlänglich bekannt. Gott-sei-Dank möchte man sagen.

    Eine Spitzenplatz nahm der PE von Scheinfeld ein, der zwar mit größter Akkuratesse arbeitete (vorausentwertete), aber manchmal auch seinen offenen Mühlradstempel 617 hätte besser ruhen lassen.

    Quittungen über Postscheine waren, schon allein aus dokumentarischen Gründen, mit dem einer PE zugeteilten Ortsaufgabestempel zu bedrucken, weil dieser über die segensreiche Einrichtung eines Datums verfügten, wodurch der dokumentarische Charakter bezeugt wurde. In Scheinfeld sah man das anders und bedruckte in den 1860er Jahren praktisch alle Postscheine (der Fahrpost, bei der es keine Markenverwendung geben konnte!) mit dem oM 617. Am 20.5.1867 ging ein Geldpaket auf die Reise nach Castell, bei dem nicht nur das Mühlrad sinnentleert abgeschlagen, sondern der Trennstrick des Halbkreisers fehlte und die 2x in der Auflistung der Gebühren ohne Benennung blieben. Trotzdem gefiel mir der Schein, der bald Teil der Contra - Slg. werden wird.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    Ist der auch aus SiFi und hat nur zwei Pizzen gekostet? Und musstest Du da noch eine Flasche Roten drauflegen?

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber maunzerle,

    ist aus Sifi - waren 2 Familienpizzen und den Roten konnte ich mir sparen ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ein Brief aus Osterhofen gibt Rätsel auf. Er war vom königlichen Notar dort an das dort ansässige Damenstift gerichtet, hätte also als Orts- bzw. Localbrief mit 1x frankiert werden sollen, wenn man Portozuschläge vermeiden wollte. Offenbar wollte man vermeiden, denn in der linken oberen Ecke ist unzweifelhaft der Gummirest einer Nr. 14 (wie ich vermute) zu erkennen. Von der Hand des Absenders ist auch der Vermerk "frei" unzweifelhaft ausgeführt worden, das heißt, man wollte und musste auf alle Fälle frankieren.

    Warum weiß ich nicht, aber die Marke muss dann später abgenommen worden sein und genau auf ihrem urspünglichen Platz stempelten man mit seinem gM 376, was kein Zufall sein kann, denn der Brief ist groß genug, um an vielen anderen Stellen einen Stempel abzuschlagen. Aber warum den Mühlradstempel? Mit ihm sollten doch Marken entwertet und nicht leeres Briefpapier bedruckt werden.

    Herr Sem schreibt in seinem nagelneuen Attest, dass die Marke wohl abgefallen wäre, der Mühlradstempel dies bestätigte (?) und in folge dessen ohne Nachtaxe zugestellt worden wäre.

    Wenn ein Expeditor ein frankiertes Poststück, noch dazu für seinen eigenen Bezirk, annahm, hatte er die Marke zu entwerten. Eine Marke war mal da, was mit ihr passierte, kann niemand mehr sagen, vor allem nicht, ob sie entwertet wurde, oder nicht. Abgenommen hat man sie aber ganz sicher und eine zuvor gebrauchte Marke hätte keine Gummi mehr gehabt, den sie hätte hinterlassen können und nach Leim oder Gummi arabicum sieht der Fleck nicht aus.

    War bei einem Poststück im Laufe seines Transports die Marke abhanden gekommen, so war der Brief als unfrankiert, bzw. bei mehreren Marken, als unterfrankiert anzusehen (s. hierzu eine Seite meiner Contranventions - Slg. im Forum). Aber es fand nach der Tätigkeit des Expeditors keine weitere Kontrolle mehr statt - er gab die bei ihm aufgegebenen Loco - Briefe seinem Stadt- bzw. Landboten mit und diese hatten nichts zu taxieren.

    Wäre der Brief in den Briefkasten eingelegt worden und die auf ihm befindliche Marke wäre, durch später eingeworfene Briefe vom Brief abgegangen, hätte man den Brief als unfrankiert ansehen müssen und mit 3x nachzutaxieren gehabt. Das ist nicht erfolgt - keine blaue 3, keine Portomarke. Im übrigen wäre dann ja die grüne Marke im Briefkasten aufzufinden gewesen sein und man hätte sie nur auf dem Brief wieder befestigen können, ohne Mühlradstempelakrobatik zu betreiben.

    Gerne lese ich weiter Meinungen zu Brief oder Attest. Vlt. haben wir beide Unrecht?

  • Lieber Bayern klassisch,

    zur Auflösung Deines interessanten und rätselhaften Briefes kann ich leider nicht beitragen.

    Du vermutest, dass ursprünglich eine Nr. 14 geklebt wurde.
    Ich meine jedoch, dass man in der rechten unteren Ecke (und mit etwas Fantasie auch in der linken Ecke) recht deutlich eine " 3 " erkennen kann. Das würde dann bedeuten, dass ursprünglich eine Nr. 15 geklebt wurde.

    Und nun?

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Dr. Watson, lieber Sherlock Holmes!

    So müsste man euch anreden, wenn ich eure Fahndungserfolge sehe. :P

    Unterstellt, man hätte folglich eine 3x Marke aufgeklebt, die überflüssig gewesen wäre, weil schon ein Kreuzer gereicht hätte - dann hätte man die 3x Marke abgenommen (wie geschehen) und sie durch eine passende 1x Marke ersetzt. Wo ist diese nur hin?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    zwei Varianten hätte ich anzubieten:

    1. Der Expeditor sah erfreut, dass der Brief hoffnungslos überfrankiert war. Er nahm die Marke zum eigenen späteren Gebrauch ab und ließ den Brief ohne Marke, aber mit MR-Stempel von seinem Postboten zustellen. Er war schließlich Herr im eigenen Reich, und der Bote als Abhängiger hätte sich nicht mit ihm angelegt oder das Ganze hinterfragt.
    2. Der Expeditor hatte den Brief angenommen, den Betrag für die Marke kassiert und für die spätere Frankierung auf einen Stapel zur Seite gelegt. Irgendwie war ihm der Brief dann durchgerutscht. Erst als er fleißig mühlradstempelte, ging ihm auf, dass da noch etwas fehlte und klebte eine Marke auf den Stempel. Es war die falsche. Entweder er selbst hat die Marke dann abgenommen, oder ein späterer Sammler, um nachzusehen, ob sich wirklich ein Stempel darunter befindet. Diese Version setzt aber voraus, dass die Marke nicht oder mit einem Federzug oder mit einem verdammt geschickt gesetzten MR-Stempel entwertet wurde. Unwahrscheinlich ...

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Erdinger,

    da würde ich mich eher mit der 1. Variante anfreunden können. Aber wissen kann man nie genau, was da schief lief. Vielen Dank für deine Interpretationen!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Bayern klassisch,

    der Scan sieht nicht danach aus, als hätte man auf die Stelle, auf der der Absender eine Nr. 15 verklebt hatte (das kann man wohl als gegeben voraussetzen), nochmal eine weitere Marke aufgeklebt.

    Ich würde auch die von Erdinger aufgezeigte 1. Variante als des Rätsels Lösung ansehen.

    Aber wies auch gewesen sein mag: rausgekommen ist für uns heutige Sammler ein toller Brief.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Liebe Freunde,

    vielen Dank für die netten Kommentierungen - dann bleibt @Erdingers 1. Vorschlag die Nummer 1. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freund,

    aller guten Dinge sind 3 - hier also das 3. Stück der Verwendung eines Mühlrades entgegen der Vorschrift. Hier müssen wir dem Expeditor zugute halten, dass er den Mühlradstempel noch kein Jahr hatte und auf Quittungen vlt. etwas üben wollte. :D

    Heute freut es uns, wenn wir solche Stücke sehen, die doch das Salz in der Suppe darstellen.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bayern klassisch, lieber mikrokern,

    Da gab es, wohl noch zu Schwarz-Weiß-Zeiten, in der ARD (Wo sonst?) eine Fernsehsendung mit dem Titel "Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich". Dieser Titel fiel mir jetzt wieder ein bei der Betrachtung Eurer Granaten! Bravo!

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

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    Einmal editiert, zuletzt von maunzerle (13. November 2013 um 19:26)

  • Liebe Freunde,

    was doch in kurzer Zeit aus einem Thread werden kann!

    Lieber mikrokern, wenn der Schorsch den Tölzer sieht, hast du ihm die ruhige Nacht versaut. :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Sammlerfreunde,

    kein Mühlradstempel, aber ein ähnliches Rätsel zeige ich hier.

    Brief aus Gädheim nach Haßfurt vom 22.6.1858. Auch hier wurde eine zuvor dort befindliche Marke entfernt. An der gelichen Stelle wurde dann der Stempel des Empfangsortes Hassfurt angebracht. Vermutlich wurde der Brief mit einer 3 Kreuzer-Marke frankiert und entweder der Briefablage Gädheim oder direkt bei der Bahnpost übergeben. In beiden Fällen wäre eine Entwertung mit Mühlradstempel bzw. Zugstreckenstempel der Bahnpost erforderlich gewesen. Eventuell war der Zug nach Hassfurt (9 km) schneller als der Bahnpostler in seinem Wagen und der Brief wurde vor der Stempelung schon wieder ausgeladen.
    Hier könnte sich jetzt der Hassfurter Postler 3 Kreuzer verdient haben, denn die Marke war sicher nicht entwertet worden. Ich glaube nicht, dass die Marke abgefallen war.
    Der Brief trägt keinen Frei-Vermerk, ein Porto wurde auch nicht vermerkt, so dass ich annheme die Marke war bei Ankunft in Hassfurt noch vorhanden.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    vlt. hat man die Marke entfernt, weil doch eine Portofreiheit vorlag? R. S. nur vergessen? Auch ein rätselhaftes Stück ... ?(

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    schöne und interessante Stücke zeigt ihr hier. Eine entfernte Marke unter einem Stempel gibt ja einige Rätsel auf.

    Hier zeige ich einen Brief mit Mühlradstempel am gewohnten Platz (oben links) aber ohne Marke darunter.Nun liegt Offenstetten rund eine halbe Meile neben Abensberg in dessen Landzustellbereich. Der Brief ist mit "frei" gekennzeichnet. Warum eine Marke fehlt, kann ich mir nicht erklären.

    Grüße aus Frankfurt
    hasselbert

  • Hallo hasselbert,

    dem Absender 1x abgeknöpft, als er draußen war seinen Mühlradstempel sicherheitshalber abgeschlagen und den Brief schnell dem LBT auf die Reise gegeben und wieder eine Kreuzer eingesackt. So könnte ich mir das vorstellen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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