Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo Sammlerfreunde,

    vorgedruckte Unterstützungssache "Vom Frauen Verein Bayreuth zur Pflege und Unterstützung im Felde verwunderter und erkrankter Krieger" vom 31.10.1870 von Bayreuth nach Gräfenberg.

    Es geht um die Bitte an den Brügermeister den Angehörigen mitzuteilen, dass sich der Soldat Johann Birckmann im Lazarett befindet.

    Als Unterstützungssache deklariert genoss der Frauen Verein Bayreuth Portofreiheit.

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo Udo,

    der Soldat Johann Birkmann (nicht wie im Brief angegeben: Birckmann) von Gräfenberg, der sich im bayr. Aufnahmsfeldspital No. VIII zu Antony befand, hat den Krieg offenbar überlebt, da er zwar in der Liste der Verwundeten, aber nicht der der Gefallenen vermerkt ist: s.Link

    Vielen Grüße

    Gerd

  • Guten Abend liebe Sammlerfreunde,

    der - eine kleine Kuriosität aufweisende - Beleg anbei stammt von der Zeit nach dem Krieg, aber noch aus jener der danach währenden Occupationsphase. Adressiert wurde aus dem nordpfälzischen Feilbingert, das schon fast an der Nahe, aber immer noch in der bayerischen Pfalz liegt. Es waren viele Stellen involviert. Aufgegeben wurde über die Postexpedition Ebernburg / Pfalz im Tal der Alsenz, dessen im Jahre 1871 errichteter Bahnhof nur 1.100 m entfernt vom preussischen Bad Münster am Stein lag, das auf dem Beleg rückseitig mit seinem Kastenstempel Durchgang gestempelt hat. Also muss der Brief erst einmal in die Gegenrichtung nach Kreuznach gelaufen sein. Warum ist zunächst unklar.

    Der kürzeste Weg zum Zielort Châlons-sur-Marne wäre der nach Süden über die am 16.05.1871 fertiggestellte Alsenztalbahn - Kaiserlautern - Forbach - Metz - Verdun gewesen. Die Fertigstellung des Abschnitts Winnweiler - Münster am Stein der Alsenztalbahn hatte sich zwar wegen der vielen Tunnels und durch den Ausbruch des Krieges verzögert. Nach ihrer Fertigstellung diente sie anfänglich ausschließlich dem Rücktransport deutscher Truppen samt Waffen. Die Eröffnung für den Zivilverkehr fand dann aber am 15.07.1871 statt, so dass der w.o. beschriebenen Beförderungstrecke im November eigentlich nichts mehr im Wege gestanden hat. Lassen wir das für den Moment einfach einmal so stehen.

    Der Absender, das Bürgermeisteramt des nicht unweit von Ebernburg / Pfalz entfernt liegenden Feilbingert hat für die ebenfalls nicht weit davon liegende Gemeinde Altenbamberg folgende Nuß geknackt:

    Feldpostbrief

    Vom Bürgermeisteramt Feilbingert

    Vereherliches Commando des Königlich Preußischen Husaren Regiments No.3 (Ziethen-Husaren) Châlons-sur-Marne

    RSN. 442 Militaria

    Feilbingert / Pfalz 5. November 1871

    Verehrliches Commando des Königl. Preuß. Husaren-Regiments No.3 (Ziethen-Husaren), die 5te Escadron verehrl. Regiments war am 30. Juli 1870 in Altenbamberg einquartiert, da hierüber die Nachweise fehlen, welche zur Liquidation nöthig sind, so wird ergebendst die Bescheinigung der Quartier und Mundeverpflegung geneigtest ausfertigen und hierher gelangen zu lassen. Die Stärke der Escadron war damals angegeben auf 4 Offiziere, 154 Mann und die Verpflegung excl. Fleisch, d.h. über Letzteres liegt besondere Quittung bereits vor. Hochachtungsvoll das Bürgermeisteramt - Unterzeichner

    Commercy d. 9.11.71 - Br.m.d.v.v.. der Königlichen 5. Escadron zur Prüfung und Quittungsleistung zu übersenden - Rauch

    Commercy d. 11.11.71 - ?e. m. dem Königl. Regiments-Commando remittirt nebst beiligender Quittung - Krell Rittmeister - Escadronschef

    Commercy d. 13.11.71 - Br. m. dem Bürgermeisteramt zu Feilbingert mit der erlangten Quittung zu remittiren - Rauch Oberstlieutenant - Regiments-Commandeur

    Tja, nun lief das Militaria mit der die Altenbamberger glücklich werdend lassenden Quittung leider erst mal nicht zurück nach Ebernburg in der Nordpfalz, sondern offenbar in ein anderes Kuvert gepackt, falsch adressiert ins unterfränkische Obernburg am Main - wo der Pälzer zufälligerweise Mitglied im Sammlerverein ist. Dort hatte man den Fehler natürlich sofort erkannt und entlastete sich umgehend mit:

    Brief samt Anlage an das Bezirksamt Kirchheim-Boland i / Pfalz zur gefälligen Hinausgabe an die Gemeinde Feilbingert - Obernburg 17.11.1871 - k. Bezirksamt

    Auch hier hatte man so ein klitzeklein bischen falsche Vorstellungen über die Ortsbezeichnung des Partner-Bezirksamtes in den Nordpfalz ("Kirchheim-Boland"), dennoch traf das Schreiben am 19.11.1871 sicher beim Bezirksamt in Kirchheimbolanden ein und alles war gut. Wie man sieht, hat die Feldpost nicht nach Châlons-sur-Marne an die Zieten-Husaren zugestellt, sondern zu ihnen nach Commercy, das sehr deutlich weiter östlich Richtung Nancy liegt. Möglicherweise hat das auch zu einer Beförderung nicht über die Alsenzbahn, sondern entlang der Rheinschiene bis ins Unterelsass (Brumath) und von dort über Nancy nach Commercy geführt.

    Die der II. Armee (von Steinmetz) zugeordneten Zieten-Husaren (Stammgarnison Rathenow / Brandenburg) hatten schon am 15.07.1870 von der Kriegserklärung Frankreichs Kenntnis erlangt. Die ab dem Folgetag eingeleitete Mobilmachung verlief lt. der Regimentsgeschichte vollkommen reibungslos, so dass zum 26.07. mit der Eisenbahn nach Bingen am Rhein ausgeschifft werden konnte, wo man zunächst ins Kantonnement ging. Dannach ging es am 30.07. über Freilaubersheim und nicht unweit davon für die 5te Escadron in den Quartiersort Altenbamberg.

    Danach ging es über Rothselberg weiter nach Ottweiler und schon am 03.08, gab es die erste Feindberührung nahe der Grenze bei Habkirchen. Am 16. August war das Regiment bei Rezonville in der Schlacht von Mars-la-Tour verwickelt und erlitt fürchterliche Verluste, trug aber entscheident zum strategischen Erfolg der deutschen Truppen vor Metz bei. Nach Friedensschluss war die 5te Escadron dann ab 21.07.1871 als Teil der Occupationsarmee in Commercy einquartiert und mit dem Regiment am 05.08.1872 schließlich wieder zurück in seine Stammgarnison nach Brandenburg verlegt worden.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • :thumbup::thumbup::thumbup:


    P.S. Wie schrieb mir mal ein Berufsphilatelist als Verkäufer in der Bucht: "Den Inhalt wollen Sie sehen - wozu sollte das denn gut sein?" - die Antwort findet man hier.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Tim,

    der Laufweg deines in #1.444 vorgestellten Feldpostbriefes über Kreuznach erklärt sich mit der Einrichtung von Postsammelstellen.

    Die g e s a m t e Feldpost lief während des Krieges und der daran anschließenden Besatzungszeit über Sammelstellen, denen aktualisierte Feldpost-Übersichten vorlagen.

    Dein Brief lief vermutlich über die Postsammelstelle in Köln. Ich schließe darauf aufgrund des rückseitigen Durchgangsstempels des Feldpost-Relais Nr. 37 = Chateau-Thierry.

    Beste Grüße

    Rudolf

  • Hallo Rudolf,

    zunächst vielen Dank für den Hinweis. Ich gehe auch davon aus, dass es FePoRelais No. 37 = Château-Thierry gewesen ist (siehe Detail im Anhang). Dort hat man offenbar aber schon am 9.11. Durchgang gestempelt, so dass ich kaum glauben kann, dass der am 7.11. im pfälzischen Ebernburg auf die Bahn gekommene Brief noch die große 400 km Schleife über die Postsammelstelle Köln genommen hat. Aber das macht nichts.

    Im Archiv für Postgeschichte 1/1937 finde ich zunächst den Hinweis, dass ab dem 6. November 1871 die Postsammelstelle Landau i.d.Pf. aufgehoben und Feldpostsendungen aus Bayern jetzt über Würzburg-Ludwigshafen-Saarbrücken-Metz laufen sollten. Die Post aus der bayerischen Pfalz wurde über die Postsammelstelle Ludwigshafen mitgenommen.

    Dann hätte der Brief aber auch erst einmal über Kreuznach, dann mit der Rheinhessenbahn nach Worms und von dort nach Ludwigshafen laufen müssen. Die Alsenzbahn nach Kaiserlautern hat dann so natürlich gar keinen Sinn machen können. Von LU aus macht es dann aber wiederum einen Schuh, dass über Saabrücken-Metz auch bis Château-Thierry geleitet wurde, wo die Sendung lt. Detailbild offenbar am 9.11. angekommen ist.

    Aber von dort aus waren es ja auch erst mal noch satte 211 km wieder zurück nach Commercy, so dass die Eingangsbearbeitung des Schreibens durch den Regimentskommandeur der Zieten-Husaren noch vom selben Tag schon ganz schön sportlich daherkommt.

    Schönen Gruß

    Tim

  • Guten Abend liebe Sammlerfreunde,

    es ist ja nicht nur die Feldpost, die Geschehnisse und Folgen eines Krieges wiedergeben kann.

    Es ist auch und gerade die Zivilpost, die im nachfolgenden Fall durch die Oekonomie vertreten, die durch den Konflikt knallhart gesetzten Randbedingungen reichlich schonungslos zu beschreiben vermag.

    Absender war vorliegend der lt. Adressbuch 1868 Ulm in der Herddruckerstraße 20-21 im Altstadtbezirk ansässige Kaufmann Louis Diether, Adressat die im gleichen Jahr gegründete Schuhwarenfabrik Walz & Kopp im westpfälzischen Pirmasens.

    Dort hat der am 3. August 1870 aufgegenene Brief einen ziemlich unleserlichen Ankunftsabschlag erhalten, der so grottenschlecht wie getroffen, schemenhaft nach einem Winkler Einkreiser ausschaut, dessen Datum man aber leidlich auszumachen vermag. Inhalt - was nach einem harten Arbeitstag noch geht - wie folgt:


    Herrn Walz & Kopp Pirmasens / Pfalz

    Ulm den 2. August 1870

    Indem ich mich auf mein letztes Schreiben vom 11ten aus Schramberg beziehe, spreche ich Ihnen hiermit mein großes Bedauern aus, dass unsere Geschäfte durch das plötzliche Eintreten des Krieges, auf einmal wie vernichtet darniederliegen, und dass namentlich Sie all den vielen Schrecken und Leiden eines solchen ganz besonders ausgesetzt sind - Möge der Himmel über Sie und unser ganzes schönes Deutschland walten und diesem schändlichen Kriege - der ein wahrer Hohn auf unsere heilige Gesittung ist - ein baldiges Ende bereiten. - Das von mir s.z. übernommene D??? auf die von mir gemachten Verkäufe für Sie, muss ich auf die jüngst aufgegebenen Aufträge ??? sistieren, denn wenn die Leute auch solid sind, so ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen doch nicht abzusehen, wie lange Sie dort noch sein werden (Anm. d. Verf.: Krass!).Übrigens wird sich dies wohl von selbst empfehlen., da die ??? der Lage sein werden jetzt oder später auch in der nächsten Zeit die Aufträge auszuführen. Ihre gefällige Antwort hierauf, wie die meine Kundgebung ??? + aufnehmen, in Bälde entgegensehend zeichne ich mit Hochachtung und Ergebenheit

    Louis Diether

    Außer den noch fehlenden Worten ist dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen...

    Schönen Gruß

    vom Pälzer... der es trotz der Befürwortung der neuen Foren-performanche ergebendst besser fände, wenn man die Farbgebung von Texteilen wie bisher zu handhaben vermögen könnte...

  • Indem ich mich auf mein letztes Schreiben vom 11ten aus Schramberg beziehe, spreche ich Ihnen hiermit mein großes Bedauern aus, dass unsere Geschäfte durch das plötzliche Eintreten des Krieges, auf einmal wie vernichtet darniederliegen, und dass namentlich Sie all den vielen Schrecken und Leiden eines solchen ganz besonders ausgesetzt sind - Möge der Himmel über Sie und unser ganzes schönes Deutschland walten und diesem schändlichen Kriege - der ein wahrer Hohn auf unsere heilige Gesittung ist - ein baldiges Ende bereiten. - Das von mir s.z. übernommene D??? auf die von mir gemachten Verkäufe für Sie, muss ich auf die jüngst aufgegebenen Aufträge vorderhand sistieren, denn wenn die Leute auch solid sind, so ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen doch nicht abzusehen, wie lange Sie dort noch sein werden (Anm. d. Verf.: Krass!). Übrigens wird sich dies wohl von selbst empfehlen., da Sie kaum in der Lage sein werden jetzt oder später auch in der nächsten Zeit die Aufträge auszuführen. Ihre gefällige Antwort hierauf, wie die meine Kundgebung beurteilen + aufnehmen, in Bälde entgegensehend zeichne ich mit Hochachtung und Ergebenheit

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • wenn man die Farbgebung von Texteilen wie bisher zu handhaben vermögen könnte...

    In diesem Punkt kann ich Tim nur beipflichten. Das ist eine Unnötige Verschlimmbesserung und sollte bei der nächsten Revision dringend wieder rückgeändert werden.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo zusammen,

    als erstes besten Dank natürlich an Dr. Erdinger für die Transcriptionshilfe :thumbup:

    Das eine Wort was noch fehlt vermute ich im Bereich albackener Begriffe aus der Oekonomie.

    Der nächste an Admin M, super Sach`, so kann`s wie gewohnt weitergehen :thumbup:

    Schönen Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis