Ist dies eine Neuentdeckung für Altdeutschland?

  • Möglicherweise gelingt mir eine kleine philatelistische Neuentdeckung. Bestätigt wird dies frühestens mit BPP-Prüfbefund. Den ich allerdings noch nicht habe. Ich bin hier allerdings momentan (schon) zuversichtlich. Die Chancen stehen m.E. besser als 50:50.

    Ich will mal berichten. Und Euch teilhaben lassen. Obwohl der entscheidende BPP-Befund noch nicht vorliegt.

    Jeder Philatelist kennt die Gescheidle-Marke. Oder auch die Audrey Hepburn - Marke mit der Zigarette. Dies waren Probedrucke der Deutschen Bundespost, die nicht frankaturgültig waren, die aber dann gleichwohl in - obwohl als Probe nicht frankaturgültig - in einigen Exemplaren in den Briefverkehr gelangten.

    Etwas ganz Ähnliches könnte bereits im Jahr 1862 passiert sein.

    Ich besitze das Paar eines Probedrucks einer Oldenburg Nr. 17 P 3 in fleischrot. (BILD 1) Ungebraucht. Dieser Probedruck ist sehr selten. Ursprünglich wurde diese Probe in einer Auflage von 200 Exemplaren vor der Ausgabe der IV. Markenausgabe gedruckt. (Nur zum Vergleich: Die spätere Markenausgabe der 1 Groschen-Marke hatte eine Auflage von ca. 2,1 Millionen Marken, vgl. Krötsch-Orth, S. 66). An wen bzw. welche Personen dieser Probedruck übergeben wurde, ist heute nicht mehr bekannt. Es gibt auch meines Wissens keine Dokumente der grossherzoglichen oldenburgischen Postverwaltung zu diesem Vorgang.

    Die Farbe des Probedrucks in "fleischrot" weicht von den Markenfarben der 1 Groschen Nr. 17 A ab. Eine "fleischrote" Nr. 17A gibt es bei den späteren Originalen Oldenburg Nr. 17A nicht, allerdings eine rosarote, die der "fleischroten" doch insgesamt sehr ähnlich sieht und mit ihr leicht verwechselt werden kann. Zumindest dann, wenn man kein Vergleichsstück des Probedrucks parat hat.

    Da ich die Original-"Fleischrote" des Probedrucks Oldenburg P 17 3 besitze, konnte ich per Farbvergleich feststellen, dass sich in meiner Sammlung möglicherweise ein gestempeltes Exemplar des Probedrucks befindet. Diese Marke ist außerdem auch deshalb kurios, weil sie rund ausgeschnitten und in Esenshamm abgestempelt wurde (BILD 2).

    Der bloße optische Farbvergleich ist allerdings kaum ausreichend. Denn es gibt zahlreiche Farbzufälligkeiten, die letztlich auch durch den Gebrauch der Marke mitbeeinflusst werden. Der Farbvergleich ist daher allenfalls ein erster Prüfungsansatz.

    Es gibt hier ein weiteres Kriterium, welches den "fleischroten" Probedruck Nr. 17 P 3 von den späteren Originalen deutlich und maßgeblich unterscheidet. Die Probedruckmarke wurde chemisch mit einer ganz anderen Farbe hergestellt als die späteren Originale. Unter UV-Licht erscheint der Probedruck in GELBBRAUN während die späteren Originale VIOLETT leuchten (vgl. Kurt Karl Doberer, Alte Briefmarken, Battenberg Verlag München, 1983, S. 132)

    Mein diesbezüglicher UV-Test war positiv. Die gestempelte Marke leuchtet unter UV-Licht gelbbraun. Genauso wie das Probedruck-Paar. Ich habe mal ein UV-Foto im Vergleich mit einer Nr. 17A gemacht, welches ich hier mal einstelle (BILD 3). Links sieht man die violette UV-Farbe einer "normalen" Nr. 17A in rosa, rechts die gelbbraune UV-Farbe des Probedrucks.

    Ich finde das recht spannend.

    Zumal mir nicht bekannt ist, dass es nur einen einzigen gestempelten Probedruck einer altdeutschen Marke gibt.

    Dies ist möglicherweise ein Novum.

  • Zumal mir nicht bekannt ist, dass es nur einen einzigen gestempelten Probedruck einer altdeutschen Marke gibt.

    Dies ist möglicherweise ein Novum.

    Hallo Oldenburg-Sammler,

    daß es kein Ganzsachen-Ausschnitt ist, hast Du sicherlich abgeklärt!?

    Ein "Novum" wäre ein gestempelter Probedruck bei den altdeutschen Staaten allerdings nicht. Bei einem ganzen Bogen eines Probedrucks zu Sachsens Mi 12 sind versuchsweise einige Marken gestempelt worden, um die Entwertungswirkung zu sehen.

    Neu wäre, wenn es sich bei Deinem Stück tatsächlich um einen Probedruck handelte, eine Verwendung im regulären Postbetrieb.

    Auf das Resultat der Prüfung darf man gespannt sein.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo,

    bei Schleswig-Holstein kommen auch rundgeschnittene Freimarken der Ovalausgabe vor, einst hatte ich einige Belege davon in der Hand. Ganzsachen gibt es von Schleswig-Holstein nicht.

    Mir fällt auf, dass der Farbauftrag von dem Probedruck voller ist, als bei dem zu untersuchenden Exemplar. Bei letzterem ist er trockener. Ferner zeigen sich leichte Stockflecken auf dem Briefstück. Der andersartige Farbeindruck unter UV-Licht, kann hier von einer Vergilbung der roten Druckfarbe rühren.

    Mir liegt momentan ein Bogen der Helgoland MiNr. 13 b vor, bei dem das Papier auch vergilbt ist und die Druckfarbe gegenüber unvergilbten Marken einen deutlich abweichenden Tageslicht- und UV-Farbton zeigt. Nur über die Stellung der Gruppengalvanos, welche gegenüber der ersten und der dritten Auflage abweicht, ist dieser Bogen sicher der zweiten Auflage zuzuordnen.

    Ganz so optimistisch wäre ich nicht.

    Beste Grüße

    Markus

  • Auch gibt es von den bayerischen Quadratausgaben einige gestempelte Probedrucke.

    Hallo Peter,

    wie kommst du darauf? Es gibt und gab bei Bayern NIE auch nur einen gestempelten Probedruck.

    Wenn du auf die Angaben in der Sekundärliteratur zur sog. 10P anspielst, empfehle ich dir einen Beitrag von mir in einem älteren Rundbrief der ARGE Bayern klassisch zu dieser Thematik zu lesen, dann wird dir schnell klar werden, dass es keine gestempelten Probedrucke von Bayern gegeben haben kann.

    Solltest du etwas anderes gemeint habe, dann sag mir, welchen Probedruck du gemeint hast.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ich suche gerade einen aktuelles Angebot auf philasearch. Jedoch werden auch bei Michel gestempelte Probedrucke registriert. Liegen wir alle falsch?

    Beste Grüße

    Peter

  • Handelt es sich um die Nr. 10 - 6x blau? Wenn ja, dann liegen alle die, die von Probedrucken sprechen, grottenfalsch.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ich weiß nicht, ob es sich um einen gestempelten Probedruck handelt.

    Fakt ist, dass ich eine beträchtliche Anzahl von Oldenburg Nr. 17 A - 1 Groschen - besitze, die alle mal UV-Licht geprüft habe. Unter UV-Licht sind sämtliche Marken - ausnahmslos - deutlich VIOLETT (in unterschiedlichen Tönungen, die von der Markenfarbe abhängen).

    Die einzigen Marken. die die UV-Farbe GELBBRAUN haben, sind dieses Paar der Nr. 17 P 3 und das Briefstück Esenshamm. Es handelt sich auch nicht um einen Ganzsachenauschnitt. Die rund ausgeschnittenen Marken von Esenshamm sind schon lange bekannt.

    Mein Paar der Nr. 17 P 3 in fleischrot stammt aus der Spezialauktion Oldenburg von

    Christian Zieme vom 04. Mai 1990 und ist hier auf Farbtafel 2 des Auktionskataloges unter Los-Nr. 1309 abgebildet.


    Ich bin daher auch sehr gespannt, was der BPP dazu sagt.

  • Ja Ralph,

    das betrifft die Nr. 10 - 6x blau. Ich würde mich freuen, wenn Deine Meinung richtig ist, weil dadurch es eines nicht gibt: Wertstufengleiche Mischfrankaturen mit Probedrucken.
    Woher kommt Deine Ablehnung?

    Beste Grüße

    Peter

  • Hallo Peter,

    alle Probedrucke Bayerns waren, bis auf die ersten der schwarzen Eins, auf Papier OHNE Seidenfaden gedruckt worden. Die schwarze Eins wurde als einzige Quadratmarke OHNE Seidenfaden gedruckt worden, aber die Probedrucke wurden auf Papier MIT Seidenfaden gedruckt. Das zur Unterscheidung.

    Probedrucke gibt und gab es von allen Quadratmarken - sie wurden hergestellt im Auftrag der Generalpostdirektion in München. Diese ließ sich die frisch gedruckten Bögen vorlegen und genehmigte dann die Farbe, in der zu drucken war.

    Diese Marken - die in der richtigen Farbe und die in den abgelehnten Farben - gingen in die Materialsammlung des Ministeriums über, kamen also nicht an die Schalter.

    Daher konnte es keine zeitgerechten Verwendungen geben, bis jahrzehnte später, wohl in den Kriegswirren bei Ausbombungen, diese Akten aus den 1850er 1860er Jahren auftauchten und in den Handel kamen.

    Man hat ein paar Marken der 6x blau der Ausgabe von 1862 mit anderer Farbgestaltung als Farbfgehldruck und dann als Probedruck geprüft, obwohl diese angeblichen Farbfehldrucke/Probedrucke auf normalem Markenpapier mit Seidenfaden gedruckt worden waren (sogenannte "10P" oder "P10" genannt).

    Diese Farbvariante wurde dann auch in 5 oder 6 Orten (belegt durch entsprechende Mühlradstempel) verwendet, darunter auch in der Pfalz. Es mag durchaus diese Farbvarietät geben, mein Freund Eli Weber schwört darauf, ich eher nicht, aber wie jemand aus dem Ministerium 1862 einen Bogen "Probedrucke" in anderer Farbe, auf anderem Papier, aus den Akten stehlen sollte, um diese an Leute in allen Landesteilen, darunter der weit entfernte Pfalz, verschicken sollte, damit sich dort die Briefeschreiber jeweils 6x sparten, das soll mir mal einer erklären.

    Fazit: Probedrucke wurden nicht auf dem teuren Seidenfadenpapier gedruckt.

    Probedrucke wurden wie rohe Eier behandelt, denn sie wurden ja dem Minister vorgelegt zur Prüfung und Entscheidung.

    Danach wurden die Farben festgelegt und die Probedruckbogen als erledigt archiviert.

    Viele Jahrzehnte später, also längst nach der Gültigkeit der Quadratmarken, kamen diese Probedrucke aus dubiosen Quellen (Kriegszeit) in den Handel.

    Keine einzige Probedruckmarke ist bis heute gestempelt bekannt geworden.

    Hätte man, und das ist schon sehr fiktiv, Probedruckmarken in anderer Farbe aus dem Archiv des Ministeriums gestohlen, wäre der Dieb im Falle der Aufdeckung ins Gefängnis gewandert und seiner Pension ebenso verlustig gegangen, wie seiner Kaution, die mehrere Jahresgehälter hoch sein konnte.

    Seine Existenz wäre vernichtet worden, die seiner Familie natürlich gleich mit.

    Die Marken wären farblich aufgefallen und er hätte sie wohl nur in und um München verwendet und sie nicht über Hunderte von Kilometern im Land verwendet. Wer die Preise für Reisen zu dieser Zeit kennt, ahnt, dass bei 90 Marken á 6x = 540 Kreuzer = 9 Gulden die Reise keine lange gewesen wäre.

    Mittlerweile, ich habe mit Prüfern und der Michel-Redaktion auch darüber gesprochen, hält niemand mehr den Terminus Probedruck bei der Nr. 10 aufrecht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (18. August 2022 um 22:00)

  • Hallo Peter,

    Ich glaube, es handelt sich bei der 10P um einen Farbfehldruck, der schnell nach den ersten Drucken erkannt wurde.
    Die wenigen Bogen hat man dann trotzdem ausgeliefert. Dies erklärt auch das unglaublich seltene Vorkommen dieser Marke an verschiedenen Orten.
    Schon Ferrary hatte diese Marken in seiner Sammlung.
    Ein Brief soll existieren, aber eine wertstufengleiche 12 Kr.-Frankatur dürfte schwerlich zu finden sein. Aber wer weiß, was noch in alten Sammlungen schlummert ! ;)

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

    Einmal editiert, zuletzt von Bayernspezi (19. August 2022 um 13:26)

  • Hallo Ralph,

    das kann ich nun gut nachvollziehen. Meine Skepsis zu Angaben im Michel Katalogen wird dadurch bestärkt. Ich kann jetzt aber beruhigt, dank Deiner Ausführungen, hinter diesem Thema einen Haken setzen und muss nicht nach einem Phantom eines echt gebrauchte Probedrucks oder gar auf Brief Ausschau halten.

    Der Hinweis auf einen möglichen Farbfehldruck von Bayernspezi ist interessant!

    Beste Grüße

    Peter

  • Hallo Peter,

    das mit dem Farbfehldruck ist schon deutlich formuliert - blau war die Marke so, oder so. Wenn man, wie ich vor Jahrzehnten, noch Tausende von 6x Marken in zentimeterdicken Steckalben, gesammelt in den 1920er und 1930er Jahren, als viele Archive geöffnet wurden, gesehen hat, dann würde man nicht so drastisch formulieren - wenn ich eine Nr. 7 in Zitronengelb eine in Orange gegenüber stelle, ist für mich die farbliche Diskrepanz deutlich größer, ohne dass es je einen gejuckt hätte, von Farbfehldrucken zu reden, oder diese gar zu katalogisieren und zu bewerten.

    Alle Farben wurden von Hand gemischt - und ein bisserl mehr hiervor und ein bisserl weniger davon können schon deutliche Unterschiede bewirken.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Zu diesem Thema existiert ein interessanter Artikel in einer älteren Ausgabe der ARGE Bayern. Die ursprüngliche Annahme, dass es sich bei der ultramarinen Farbe um einen Probedruck handelt, dürfte darauf beruhen, dass zunächst nur ungebrauchte Exemplare in den Handel gelangten bzw. registriert wurden. In meiner Sammlung befinden sich allerdings ein gestempeltes und ein ungebrauchtes Exemplar, deren ultramarine Farben jeweils deutlich voneinander abweichen, ohne dass sich dies durch einen natürlichen Alterungsprozess oder ähnliche Faktoren wie Sonneneinwirkung etc. erklären ließe. Ich vermute daher, dass bei der Herstellung der Farben temporäre Schwierigkeiten auftraten, die zu dem oder den extremen Farbtönen führten, die im Ergebnis als P1 katalogisiert sind bzw. als solche geprüft werden.

    Wie mir Herr Sem sagte, beabsichtigt er, gelegentlich einen Aufsatz zum Thema herauszubringen, dessen Ergebnis es ist, mit der unzutreffende Annahme eines Probedrucks aufzuräumen.