Der Deutsche Krieg 1866

  • Solche Briefe (leider nur ein Umschlag) werden oft mit dem Hinweis "aufgewertet": Ort an Preußen abgetreten.

    Nun, Tann a.d. Rhön lag damals am Rande von Unterfranken, sozusagen ein Grenzort, den ich an anderer Stelle noch vorstellen möchte. Hier zum Thema 1866 sollen zeitgenössische Informationen dienen, die ich in google books fand.

    Der Briefadressat, Freiherr Arthur von der Tann, war demnach nicht in der mobilen Armee aktiv, sondern in seinem Rittergut, als es unruhig war, dort oben in der Rhön, wie eine Meldung aus der Neustadter Zeitung vom 29. Juni zeigt:

    und die bayerische Armee am 2.7.1866 in der Rhön aufmarschiert war:

    Er muss hier jedoch aktiv geholfen haben, da ihm höchstes Lob ausgesprochen wurde:

    Wenn hier die Briefrückseite nicht gezeigt wird, so deshalb, weil auch hier eine Geschichte zu erzählen sich lohnt, die aber zu diesem 66er-Thema nichts beiträgt.

    Das passende Thema suche ich noch, es grüßt Luitpold

  • Hallo zusammen,

    nach Ewigkeiten noch ein Mal ein Beleg von mir, den ich neulich bei Corinphila erstanden habe. Ich freue mich über jedwede zusätzliche Erläuterungen, Korrekturen, o.Ä. :).

    Brief an den „königlich preußischen Leutnant im Brandenburgischen Füsilier Regiment

    No. 35/5. Kompanie bei der mobilen Armee in Dupkow*, Herrn Moritz von Egidy.

    Aufgegeben am 21.05.1866 in Chur, weitergeleitet mit der Bahnpost (Bahnlinie Chur-Zürich). Am 24.05. bei der mobilen Armee in Dupkow eingegangen und umadressiert nach Spremberg durch die preußische Feldpost. Dort eingegangen am 29.5. (handschriftlicher Eingangsvermerk in Rötel).

    Nun zur Taxierung:

    Die vom Absender verklebten 30 Rappen reichten nicht aus, da Chur im 2. Schweizer Rayon und Dupkow im 3. vereinsländischen Rayon lag. Somit hätte der Absender ein Franko von 50 Rappen verkleben müssen (10 Rappen pro passiertem Rayon). Für Bayern wurde ein Mal 3 Kreuzer Weiterfranko in Rötel (rechts oben) und ein Mal in Bläuel (links unten) ausgewiesen.

    Bayern erkannte die Unterfrankatur und notierte 6 Kreuzer Nachporto in Rötel (Briefmitte), was jedoch wieder korrigierte wurde in 2 Silbergroschen, weil das Porto (innerhalb des Postvereins) der im Land der Abgabe verwendeten Währung entsprechen musste.

    Weil im Postverein alleine der Aufgabepost das Franko/Porto zustand, bekam Bayern den Anteil von 9 Kreuzern (3 Sgr.). Die Weiterleitung nach Spremberg war kostenlos.

    Historisch interessant ist die Tatsache, dass der Brief 14 Tage nach dem letzten Mobilmachungsbefehl an die preußischen Armee (07.05.1866) verschickt wurde und somit einen ziemlich frühen Beleg innerhalb der Zeit des Deutschen Krieges darstellt.

    * Ich konnte bloß eine Dubkow-Mühle (im Spreewald) finden.

    Liebe Grüße,

    Kevin

  • Hallo Kevin,

    sehr gut beschrieben und ein ganz seltenes Stück! Glückwunsch zu dieser Granate. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Kevin,

    schön mal wieder etwas von Dir zu hören.

    Ich erinnere mich noch gut an den gemeinsamen Festabend und die Ausstellung in Mainz!

    (Ist das schon 7 Jahre her in Mainz?)

    Ein ganz toller Beleg den Du zeigst, der passt ideal in Deine Schweiz Sammlung.

    Glückwunsch zu dem schönen und seltenen Brief :) .

    Nachsatz- Vielleicht könnte das der Adressat sein, jedenfalls hat er am 1866 Krieg als Sekondeleutnant im Infanterie-Regiment Nr. 35 der Preußischen Armee teilgenommen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_von_Egidy_(Vater)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    2 Mal editiert, zuletzt von Bayern Social (18. Februar 2022 um 20:50)

  • Hallo Kevin,

    der Brief ist Extraklasse!!

    Schön, nach so langer Zeit mal wieder einen Beitrag von dir zu lesen. Ich habe mich schon gefragt, wie es dir wohl gehen mag.

    beste Grüße vom Niederrhein (wo der Orkan sich mittlerweile beruhigt)

    Dieter

  • Hallo Ralph, hallo Oliver, hallo Dieter,

    vielen, lieben Dank für eure Kommentare und die Blumen :) .

    Leider kam ich aufgrund meines Studiums in den letzten drei Jahren kaum noch dazu, mich meiner Sammlung zu widmen. Ich hoffe, dass sich dies in der nächsten Zeit wieder ändern wird!

    @ Oliver

    An den besagten Abend erinnere ich mich auch immer gerne zurück! Die Zeit vergeht so schnell, es ist tatsächlich schon 7 Jahre her!

    Genau, die Informationen habe ich auch schon über Wiki herausgefunden, sie leider nur vergessen zu teilen. Der Adressat war ja kein ganz Unbekannter :P

    Liebe Grüße,

    Kevin

  • Hallo Zusammen, hallo Kevin,

    so isses, die Zeit fliegt, umso schöner solche tollen Erinnerungen zu haben.

    Schönes Wochenende mit möglichst wenig Sturm wünsche ich Euch :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo,

    der hier gezeigte Brief von Gravenstein im Herzogtum Schleswig nach Nürnberg wurde schon im Schleswig-DÖPV-thread besprochen, jedoch mit Schwerpunkt auf der Taxierung. Das bar bezahlte Franco von 5 Sgr (= 7 Schillingen) ist offensichtlich nicht so leicht erklärbar: der Brief wurde gegenüber einem regulär taxierten aus 1866 (3 Sgr = 4 Sh) nach Bayern um 2 Sgr bzw. 3 Schilling teurer bezahlt. Ob das irrtümlich unter Bezugnahme auf den alten Postvertrag mit Dänemark (bis 1865) geschah, oder weil der Absender die kriegsbedingt angebotene Leitung über Frankreich wünschte, dies aber nicht explizit vermerkte und die auch nicht zur Anwendung kam, bleibt offen.

    An dieser Stelle soll der Leitweg besprochen werden. Abgesandt am 3.8.66 erreichte der Brief seine Empfängerin bereits zwei Tage später, am 5.8.66. Rückseitig geben der (schwach abgeschlagene schleswig'sche Bahnpoststempel und der Bahnpoststempel der Linie Hamburg-Berlin zu erkenne, dass der Brief in Hamburg bearbeitet (FRANCO-Stempel in rot) und weitergeleitet wurde. Mögliche Leitwege wären damit Hamburg-Hagenow (oder sogar bis Berlin)-Magedeburg-Eisenach-Coburg-Bamberg-Nürnberg, oder aber Hamburg-Kreuz Büchen-Lüneburg-Kassel-Frankfurt-Würzburg-Nürnberg bzw. ...-Kassel-Eisenach-Coburg-Nürnberg, um die in diesen Tagen durch preußische Truppenbewegungen überlastete Verbindung Würzburg-Nürnberg zu vermeiden.

    Die kriegsbedingten Unterbrechungen und Zerstörungen verschiedener Eisenbahnverbindung dürften nach Ende der Kämpfe und dem allgemeinen Waffenstillstand vom 2.8. am 3./4.8. wieder hergestellt worden sein. Ab dem 5.8. kann man von einem vollständig (bis auf wenige Ausnahmen im Raum Bayreuth) re-etablierten Eisenbahnverkehr ausgehen, womit der Brief bei den ersten im Fernverkehr wäre, der keine kriegsbedingte Verzögerung oder Umleitung erfahren musste.

    Um Korrektur, Bestätigung oder Ergänzung wird ausdrücklich gebeten!

  • An dieser Stelle soll der Leitweg besprochen werden. Abgesandt am 3.8.66 erreichte der Brief seine Empfängerin bereits zwei Tage später, am 5.8.66. Rückseitig geben der (schwach abgeschlagene schleswig'sche Bahnpoststempel und der Bahnpoststempel der Linie Hamburg-Berlin zu erkenne, dass der Brief in Hamburg bearbeitet (FRANCO-Stempel in rot) und weitergeleitet wurde. Mögliche Leitwege wären damit Hamburg-Hagenow (oder sogar bis Berlin)-Magedeburg-Eisenach-Coburg-Bamberg-Nürnberg, oder aber Hamburg-Kreuz Büchen-Lüneburg-Kassel-Frankfurt-Würzburg-Nürnberg bzw. ...-Kassel-Eisenach-Coburg-Nürnberg, um die in diesen Tagen durch preußische Truppenbewegungen überlastete Verbindung Würzburg-Nürnberg zu vermeiden.

    Hallo mikrokern,

    was spricht denn gegen eine Leitung Berlin-Leipzig-Hof-Nürnberg?

    Vom 3.8.1866 an verkehrte wieder einmal täglich ein Postzug auf dieser Strecke. Allerdings habe ich keine Unterlagen darüber, ob auch Anschlüsse bis Nürnberg verfügbar waren.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo Altsax,

    am 5.8. waren nach meinen Erkenntnissen alle bayerischen Verbindungen wieder offen, außer den Linien Hof-Hochstadt und Bayreuth-Weiden (Neue Würzburger Zeitung vom 7.8.66). Damit würden die Optionen Hof-Bamberg bzw. Hof-Bayreuth für eine Leitung des Briefes ab Hof nach Nürnberg ausfallen, weshalb ich die "Sachsen-Route" über Leipzig nicht in Erwägung gezogen habe.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo Altsax,

    am 5.8. waren nach meinen Erkenntnissen alle bayerischen Verbindungen wieder offen, außer den Linien Hof-Hochstadt und Bayreuth-Weiden (Neue Würzburger Zeitung vom 7.8.66). Damit würden die Optionen Hof-Bamberg bzw. Hof-Bayreuth für eine Leitung des Briefes ab Hof nach Nürnberg ausfallen, weshalb ich die "Sachsen-Route" über Leipzig nicht in Erwägung gezogen habe.

    Hallo Mikrokern,

    Danke für die Info. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Laufzeit des folgenden Briefes.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo Altsax,

    ja, der Brief ist erstmal nicht über Hof hinausgekommen. Evtl. wurde der Leitweg Weissenfels-Eisenach-Bamberg-Nürnberg genommen? Oder man hat die Post in Hof liegenlassen und gewartet, bis die etablierten Verbindungen wieder unterstützt wurden.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    der Leitweg des Gravenstein-Briefs hat mir keine Ruhe gelassen, weshalb ich weiter recherchiert habe, was offene bzw. sistierte Eisenbahnverbindungen Anfang August 1866 betrifft. Dabei bin ich auf eine Meldung in der Coburger Zeitung vom 7.8.66 gestoßen:

    "Coburg, 6.August. ... An der Wiederherstellung der Coburg-Lichtenfelser Bahn wird eifrig gearbeitet und hofft man dieselbe schon von Morgen ab fahrplanmäßig betreiben zu können."

    Damit ist klar, dass eine Weiterleitung via Coburg nach Nürnberg am 4./5.8 noch nicht möglich war, weshalb der plausibelste Leitweg der in Friedenszeiten übliche ist: Hamburg-Kassel-Frankfurt-Würzburg-Nürnberg.

    Wann genau die Strecke Würzburg-Nürnberg für die Postbeförderung wieder offen war, kann ich (noch) nicht sagen, sicher aber ab dem 5.8., vielleicht schon ab dem 4. August. Falls die Stundenangabe "III-IIII" im Nürnberger Ankunftsstempel auch für die Nachmittagsstunden zur Anwendung gekommen wäre, wäre also evtl. eine Beförderung von Würzburg nach Nürnberg am 5.8. möglich gewesen, womit meine Aussage über "einen der ersten Briefe im Fernverkehr von Nord- nach Süddeutschland ohne kriegsbedingte Verzögerung oder Umleitung" nach wie vor Gültigkeit hätte.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    schön, dass du der Sache auf den Grund gehst - könnte tatsächlich so sein und bitte lass uns deines Endergebnisses teilhaftig werden.

    P.S. Nürnberg war ja noch am 5..8.1866 von den Preußen besetzt, oder?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ja, natürlich. Aber nach der Verfügung des Kommandierenden des II. Preußischen Reserve-Korps, Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg vom 3.8.66, sollte der Post- und Güterverkehr von und nach Nürnberg wieder frei gegeben werden. Bis zur vollständigen Umsetzung ist natürlich noch etwas Zeit vergangen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Liebe Sammlerfreunde,

    für meine Heimatsammlung "Pressath" konnte ich aus den Kriegstagen des 1866er Krieges einen Brief erwerben; Pressath nach Bayreuth vom 12. Juli 1866. Vielen Dank an Ralph für das Erstellen des Inhaltes: "Ich ersuche Sie höflichst mir Tausend Stück Zündhütchen zu Comis Gewehre zu besorgen indem die meinigen gar sind und von mir schleunigst verlangt werden, zu Kampagnie Pressath. Bis Sontag frühe soll ich sie haben. Um andere Gegenstäntde habe ich um den Augenbick nicht nachgesehen sobald ich nothig habe werde ich Nachricht geben. Mein Sohn ist in Straubing bei Jäger Batalion habe ich gestern einen Brief erhalten darin auch ein Gruß an Sie, betrauernt seiner Lage leiter muß man es dem Schicksal überlassen. Hochachtungsvoll und Ergebenst Georg Thaller, Pressath den 12. Juli Szzftfl.". Auf der Bahnstrecke "Weiden - Bayreuth" ist auch in Pressath ein Bahnhof und diese Bahnstrecke war bis 7. August 1866 noch kriegsbedingt gesperrt. Somit mußte noch auf altbekannte Weise die Post befördert werden (bis zur Eröffnung der Bahnstecke Weiden - Bayreuth im Oktober 1863 war ein Eilwagenkurs zwischen Bayreuth und Weiden mit Pferdewechsel in Seybothenreuth, Kemnath und Pressath). Am selben Tag war der Brief in Bayreuth. Die Familie Thaller hatte noch bis in die 1980er Jahren einen kleinen Kramerladen in Pressath. Wahrscheinlich auch schon 1866.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo VorphilaBayern,

    ein interessantes Stück Zeitgeschichte mitten aus dem 66er Krieg in Bayern!

    Ich wüsste gerne näheres zur Unterbrechung der Bahnverbindung Bayreuth-Weiden: von wann bis wann war diese sistiert, und welche Quelle liegt für die Aussage zugrunde?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo Wilfried,

    vielen Dank. Sie schrieben in Abschnitt 1.551 "außer den Linien Hof - Hochstadt und Bayreuth - Weiden (Neue Würzburger Zeitung vom 7. August 1866". In dem Anzeigeblatt für den Dienst der kgl. priv. bayerischen Ostbahnen Nr. 30 vom 28. August 1866, finde ich lediglich folgendes, siehe Bild.

    Beste Grüße,

    Hermann

  • Vielen Dank, Hermann!

    Das vollständige Zitat aus der Neuen Würzburger Zeitung vom 7.8.66 lautet:

    (München 5. Aug.) … Aus zuverlässiger Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß der Bahn- und Telegraphenverkehr auf der bayer. Staats- und Ostbahnlinie heute wieder eröffnet ist, mit Ausnahme der noch unterbrochenen Strecke von Hochstadt nach Hof und von Weiden nach Bayreuth, deren nächstige Inbetriebsetzung um so weniger zu bezweifeln ist, als der Hr. Handelsminister v. Schlör sich zur Behebung der noch bestehenden Hindernisse behufs persönlichem Vernehmens mit den Armeeoberkommandos nach den fränkischen Provinzen begeben hat.

    Man hat damit aber noch kein genaues Datum für die Wiederaufnahme der Strecke Bayreuth-Weiden, sondern nur die Angabe aus München vom 5.8. übernommen, wobei so etwas wie der 7.8. natürlich plausibel ist.

    Noch interessanter wäre eine Quelle für den Beginn der Sistierung der Strecke Bayreuth-Weiden. Ist es sicher, dass am 12.7.66, als der Brief in Pressath aufgegeben wurde, kein Zug nach Bayreuth fuhr? Mir fehlt eben ein Literaturbeleg für die Zeitspanne der "Auszeit"!

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo Wilfried,

    vielen Dank. Da muß ich noch suchen. Im Anzeigeblatt Nr.22 vom 22. Juni 1866 der kgl. priv. bayer. Aktiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen steht folgendes:

    Werde dann noch weiter suchen, was ich zur Bahnlinie Weiden - Bayreuth aus dieser Zeit finde.

    Beste Grüße,

    Hermann