Österreich - Bayern im Postverein

  • Liebe Freunde,

    österreichische Portobriefe ab dem 1.7.1850 bis zum 31.10.1858 der 1. Gewichts- und Entfernungsstufe sind ja gar nicht sooo leicht zu finden. Hier kann ich einen aus dem lieblichen Salzburg vom 31.1.1855 an Firma Poschacher in Tittmoning zeigen. Gem. Postvertrag Bayern-Österreich vom 1.7.1850 wurden 3 Kreuzer für einfache Briefe bis 10 Meilen und 3 Kr. Portozuschlag fällig, hier zusammengefasst in 6 Kr. vorderseitig.

    Leider kann ich den Inhalt nicht gut lesen und der Schreiber dürfte noch mit Napoleon gemeinsam auf der Seine Boot gefahren haben, oder in Ajaccio Schwimmen gelernt haben.

    Wer kann den Inhalt transkribieren?

  • Liebe Freunde,

    heute darf ich einen ganz besonderen Brief vorstellen, der nicht nur äußerlich, sondern vor allem vom Inhalt her traumhaft daher kommt.

    Aber zuerst zu den äußeren Umständen, die er machte.

    Geschriben in München am 10.6.1864 und zur Post gegeben am Folgetag wurde er mit 9 Kreuzern treffend frankiert als einfacher Brief unter 16,66 g über 20 Meilen nach Österreich, genauer gesagt nach dem wunderschönen Prag in Böhmen, wo er schon am 12.6.1864 ankam.

    Die Adresse lautet: "München Bayern A Monsieur Le Baron Christian Kotz de Dobrz Chambellan actuel de sa Majesté Le Empereur d´Autriche, et Proprietaire de plusseurs terres à Prague, Böhmen, Altstadt Nro. 401 im eigenen Hause dem Theater gegenüber".

    Doch da war er nicht mehr, sondern offenbar verreist nach Heiligenkreuz/Hostau. Die Nachsendung erfolgte kostenlos, entweder weil der Post in Prag schon ein Nachsendeantrag vorlag, oder der Empfänger in Österreich wegen seiner Funktion portofrei war.

    In jedem Fall stempelte die Post in Prag, wie dort bei Abzugsbriefen so üblich, mit ihrem Aufgabestempel vorne vom 12.1. und leitete ihn weiter (hinten keine weiteren Stempel).

    Der Text aber hat es in sich und ich will ihn hier komplett transkribieren:

    "Verehrbaren schätzbarer Herr Baron!

    Obwohl ich vermuthen muß, daß diese Zeilen nicht

    allsogleich in Ihre Hände gelangen werden, will ich doch

    es wagen, Ihnen theurer Freund einige Worte

    freundlicher Rückerinnerung zu sagen, Ihnen meinen

    tiefsten Dank auszusprechen, für die mir so wer-

    then unschätzbaren überschickten Photographien, die

    mich unbeschreiblich erfreuen, und ich dieselben sogleich

    in mein Album legte; diese sind nun alle herrlich

    getroffen, ganz besonders gut aber, Sie, lieber

    Herr Baron, am wenigsten jedoch der so hübsche interes-

    sante Baron Wilhelm, der viel älter und allzu düster

    gemacht, thut jedoch nichts, ich habe Sie nun alle, bis auf

    Ihre zwey jüngeren Söhne, und keine Macht der Welt

    könnte sie mir rauben.

    Aus dem Schreiben Ihrer liebenswürdigen Tochter Hauka

    ersah ich, daß Sie eine abermalige kleine Reise an den

    schönen Rhein und Main unternehmen wollen, wozu

    ich Ihnen bester Herr Baron nur besseres Wetter

    wünsche, denn wir haben täglich Gewitter und Regen.

    Mein Augenarzt will durchaus, daß ich zur Stärkung

    meiner Augen einen kleinen Land séjour mache, und

    will nur daher die, durch Ihre Güte zu erhaltende Summa

    abwarten, um dieß zu unternehmen, vielleicht begebe

    ich mich sodann auf 14 Tage höchstens in das nahe gele-

    gene so reitzende Starenberg, nehmlich wann ich

    ein Zimmer für so kurze Zeit bekommen kann!!

    Die Froheleichnahms Prozession ward hier sehr feierlich

    begangen, der junge König ging mit dem Zug, uns

    war es sehr leid, daß Sie nicht mehr hier waren,

    besonders interessirt hätte die gute Hanka.

    König Ludwig macht ungeheure Coursen zu Pferd,

    allzuviel, neulich, sagt man, war er 9 Stunden zu

    Pferde, er passirte einen kleinen Hügel, berg ab,

    es ward ihm kühl, er wollte seinen Palletot selbst

    umnehmen, daher er die Zügel des Pferdes

    zwischen die Zähne nahm, das Pferd stürtzte, er

    mit ihm, doch Gott Lob, einer kleinen Schramme

    abgerechnet, ist ihm nichts geschehen. ---

    Meine Schwester Nina, die sich aufs Verbindlichste

    empfiehlt, hat sich sehr über Fräul. Hankas Brief

    erfreut, aber auch zugleich betrübt, daß kein

    einziges ihrer Loose gewonnen; man sagt es

    wäre bey der Ziehung nicht ganz richtig zugegangen.

    Künftige Woche ist die Verloosung des Elisabethen

    Vereins, was von lauter hiesigen adeligen Damen

    geleitet wird, es sind superbe Sachen zu ge-

    winnen, Prinzeßin Adalbert gab die schönsten

    Geschenke, das Loos kostet nur 12x Silber.---

    Vergebung nun, mein theurer gütiger Herr

    Baron, wegen meines langen Geschwätzes.

    Gott begleite Sie auf all Ihren Wegen!!

    Meine tiefste Verehrung Ihrer so lieben Frau

    Gemahlin, dem Töchterlein meine herliche

    Umarmung, und Ihnen die stete Versicherung

    der unwandelbaren Anhänglichkeit und Dank-

    barkeit

    Ihrer

    ergebenen Sophie Schnehen, mpp (manu propria = eigenhändig)

    München am

    10ten Juny 1864".

    Wenn es ein Bettelbrief war, dann auf höchster mit bisher bekannter Ebene. Sicher aber aus dem Umfeld seiner Majestät des Königs Ludwig II von Bayern.

    Ich liebe den Brief: 1. wegen Bayern - Österreich, 2. wegen der Weiterleitung, 3. wegen des engen Bezuges zu König Ludwig II von Bayern, 4. wegen der Erwähnung von Photographien und 5. wegen der Erwähnung von Loosen (Lotterien), für die ich auch ein phil. Faible habe. Sammlerherz, was willst du mehr?

  • Lieber Ralph.

    ich freue mich für Dich!

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Freunde,

    vielen Dank - wenn ich jetzt noch mit dem Datum klar käme - Brief vorn und hinten Jan. 64, aber im Text Juli 64. Vlt. hat die Absenderin Januar schreiben wollen, aber Juli geschrieben? Fängt ja beides mit J an ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    ein schöner und interessanter Brief. Wahrscheinlich wollte die Absenderin Jänner schreiben. Die Österreicher schreiben Jänner für Januar. Im Adreßbuch aus München von 1864 steht folgendes: Freifrau Sophie von Schnehen, Kämmerers- und Oberstleutnants Witwe, Karlstraße 53.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Ralph.

    Herzlichen Glückwunsch.

    Ich freue mich das der Brief bei dir gelandet ist. So ist der Schmerz ihn nicht bekommen zu haben erträglicher ;) ;) ;)

    Viele Grüße

    Ronald

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Liebe Freunde,

    vielen Dank - Hermann, einer der besten Rechercheure des Forums, hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Er kam zwar über Umwege zu mir, aber er kam ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Wer kann den Inhalt transkribieren?

    Lieber Ralph,

    noch der Text zu #401, so weit ich ihn entziffern kann:

    Herrn Franz Poschacher in Titmoning

    Salzburg am 21 t Jäner 855.

    Ihre 2 Briefe habe ich erhalten, allein da Sie

    nur den Werth und nicht die Stükzahl und

    Sache den Beamten(?) auf denen Briefen angeben

    so nahm es die Post nicht an, folglich er

    suchen wir es zu bestimmen damit ich es

    auf die Briefe schreiben kann ich em

    pfehle mich

    J. Anza...

    Weiter unten noch Empfängervermerke

    ... in Silber f 31

    B.N. (=Banknoten ?) f 38

    Viele Grüße

    Gerd

  • Lieber Gerd,

    ich danke dir - super transkribiert, das hilft mir schon sehr weiter. :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu ein Dienstbrief "Ex offo" vom "K.K.GRENZ-JNSPEKTOR IN SCHÜTTENHOFEN" (Österreich / jetzt Susice in Tschechien) vom 12. Juni 1867 mit Aufgabestempel "SCHÜTTENHOFEN vom 14.6.1867" an Gutsbesitzer von Poschinger in Frauenau (Bayern) über Zwiesel (Bayern). Siegelseitig Stempel "EISENSTEIN" = Böhmisch Eisenstein (Österreich / jetzt Zelezna Ruda in Tschechien) vom selben Tag Der Brief lief dann über Bayerisch Eisenstein nach Zwiesel. Ankunftsstempel ZWIESEL vom 15. Juni 1867. Zustellung dann durch den Landbriefträger von Zwiesel.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Hermann,

    Glückwunsch zu dieser wunderschönen Pretiose. Unten lese ich in Rötel "Dringend", was auf einen Express-Dienstbrief hindeuten könnte - ob das im DÖPV auch galt, ist fraglich, aber ausschließen wird man es nicht können, weil es das ja auch von Bayern nach Österreich gibt (sehr selten!) und auch da nicht sicher ist, ob Österreich einen Expressen einsetzte, um bayer. Dienstbriefe zu bestellen.

    Vermutlich werden wir das nie sicher wissen, aber es macht solche Briefe sicher nicht schlechter! :P :P :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    vielen Dank. An eine Expressbeförderung glaube ich nicht, denn der Brief wurde am 12. Juni 1867 geschrieben und der Poststempel von Schüttenhofen ist der 14. Juni 1867. Wäre er eilig gewesen, dann hätte man den Brief gleich noch am 12. Juni 1867 zur Post gebracht.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu folgender Brief von der Schwarzenberger Herrschaft (Siegel: "STUBENBACHER FORSTAMTSSIEGEL SCHWARZENBERGER HERRSCHAFT" aus Stubenbach (Böhmen / Österreich, jetzt Prasily - Tschechien) vom 16. Juni 1858, der mit einen Boten (wahrscheinlich einen Bediensteten des Forstamts Stubenbach) in das 11 km (Luftlinie) entfernte Frauenau (Bayern) gebracht wurde.

    Zu Stubenbach, bzw. Prasily folgendes aus dem Internet:

    Prášily – Wikipedia
    de.wikipedia.org

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Hermann,

    auch Briefe, die die Post damals nicht gesehen haben, können sehr attraktiv sein. Dieser hier ist der beste Beweis dafür. :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu folgender, mit 9 Kreuzer frankierter Brief aus Pest (Österreich-Ungarn, jetzt Budapest - Ungarn), vom 15. Juni 1858, mit Aufgabestempel: "PESTH 15.6,", von der Fa. Heinrich Kohner &. Brüder in Pest. Der Brief lief über Prag und Klentsch (Österreich, jetzt Tschechien) an die Fa. Wessely &. Spaeth (Tuchfabrik) in Waldmünchen (Bayern).

    Liebe Grüße,

    Hermann