Thurn & Taxis nach Preußen

  • Lieber Michael,

    die mittlere Zahl sieht nach einer 3 aus, aber sie ist irgendwie breiter als die erste 3.

    Steht ein guter Abschlag des Nummernstempels 321 zur Verfügung, so dass man ihn mal drüber legen könnte?

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Michael,

    die zweite Zahl könnte eventuell doch eine 2 sein. Ich habe mal aus den Stempeln, die Dieter im link gezeigt hat, eine 2 herauskopiert und auf die mittlere Zahl bei deinem Brief gelegt.

    Die 2 hat ja einen relativ hohen Fußstrich am Ende, der könnte bei deinem Brief noch etwas nach oben verlaufen sein. Sodann befindet sich vom schrägen Strich der 2 zwischen l und b von Silbergroschen etwas schräge Stempelfarbe. Der Rest des Schrägstriches wurde nicht abgedruckt.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo Sammlerfreunde

    obwohl Aufgabe- und Bestimmungsort nur 10 km auseinander liegen ist dies ein grenzüberschreitender Brief von Sachsen-Weimar (Post T&T) nach Preussen.

    Stützerbach war jahrhundertelang geprägt hauptsächlich von der Glas- und etwas von der Porzellanindustrie - es gab aber auch in bescheidenem Umfang etwas Bergbau (Eisenerz, Spat, Braunstein). Jetzt habe ich erstmals einen postalischen Beleg dafür: Brief vom 24.5.1867 von Ilmenau nach Stützerbach an "Friedr. Carl Müller, Braunstein-Gruben-Besitzer" - dass der T&T-Ganzsachen-Umschlag farblich stark gelitten hat, habe ich da in Kauf genommen .....

    Rückseitig der Ausg-Stempel vom 15.5.

    Gruß Klaus

  • Hallo zusammen,

    die Siegelseite des Briefes zeigt einen Frankfurt Stempel sowie einen Bahnpoststempel Mainz Coeln. Leider auch einen nicht lesbaren Kreistempel vom 26. sowie den Ausgabestempel von Garzweiler.

    Abgesandt am 25.07.1863 von Hochheim.

    Hier ist mir der Laufweg nach Preußen zum Bestimmungsort unklar.

    Vielleicht kann jemand Licht ins Dunkel bringen.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo Harald,

    Frankfurt leitete den Brief direkt auf die linksrheinische Strecke Mainz-Cöln. Ob über Mainz oder direkt Bingen hing von den Zugfahrplänen ab.

    Ab Cöln ging es dann wahrscheinlich per Kutsche ins 6 Meilen nordwestlich gelegene Garzweiler. Theoretisch könnte es von Köln auch noch ein Stückchen weiter per Bahn bis Neuss gegangen sein und dann von dort westlich, aber das lässt sich nicht belegen.

    Der zweite undeutliche Kreisstempel dürfte auch ein Ausgabestempel sein.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (14. November 2023 um 20:39)

  • Danke Michael. Mainz liegt ja nur ca 5 km von Hochheim. Frankfurt aber 20 km. Wäre es nicht besser gewesen direkt nach Mainz?

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo Harald,

    in diesem Fall wahrscheinlich ja.

    Vielleicht gab es aber in Hochheim eine Vorgabe, alle Briefe nach Preußen über Frankfurt zu leiten? Dort hatte man sicherlich alle aktuellen Fahrpläne der Eisenbahnen und konnte dort entscheiden, wie die schnellste Beförderungsmöglichkeit aussah. Bei Garzweiler war das noch einfach, aber wenn der Zielort weiter östlich lag, könnte unter Umständen auch eine Leitung über Kassel schneller gewesen sein.

    Wie viel Post aus Hochheim gab es denn Richtung Preußen, links- und rechtsrheinisch oder in andere preußische Provinzen? Liefen solche Briefe auch über Frankfurt als Durchgangspostamt?

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Michael. Guter Ansatz. Ich werde die Tage einmal alles durchsehen und mir die Siegelseiten genauer ansehen um die Laufwege aufzeichnen. Vielleicht ergibt sich ja eine Regelmäßigkeit.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo, bei alle dem zu Hochheim ist auch daran zu denken, dass Mainz in Rheinhessen lag, also hessen-darmstädtisch war, Hochheim war ein Ort im "Ausland", also Nassau und Frankfurt eine Freie Stadt, die 1866 dann zu einer preußischen Provinzstadt wurde. Dann kommt es auf die Bahnstrecken an, durch welches Gebiet die gingen, etc. Das spielt da alles mit.

    Das Bahnnetz wurde langsam zu einem "Netz". Mit der preußischen Allmacht war es dann leichter Bestimmungen durchzusetzen. Bei Thurn und Taxis spielten alte traditionelle Strecken, mit denen man "Geld" verdienen konnte, ein große Rolle.

    Gruß Taxis 107

    Mitglied im DASV

  • Sehr schöne Hinweise, die mich zu einer kleinen Recherche ermuntert haben.

    Am 25. Juli 1863 wurde der Brief im Postamt Hochheim angenommen und durch den Aufgabestempel dokumentiert. Bis zu 10 mal täglich wurde die Post nun zum etwas weiter gelegenen Bahnhof der Taunusbahn, den "Bahnberg" hinunter durch die Weinberge mittels eines Ochsenkarrens transportiert.

    Das Streckennetz der Taunusbahn führt östlich in das ca. 25 km entfernte Frankfurt und westlich nach Wiesbaden.

    Tatsächlich ist die nächste belegbare Station Frankfurt.

    Hochheim - Frankfurt (Taunusbahn)

    Frankfurt - Mainz (Mainbahn)

    Dort wurde er in einen Zug der Mainbahn umgeladen und gelangte nach Mainz von wo er dann linksrheinisch Richtung Köln (Kursstempel Mainz - Coeln) weiterreiste. Ermöglicht wurde dies durch den Bau der Nahebrücke, der den Grenzbahnhof Bingerbrück (heute Bingen) der Rheinischen Eisenbahn bis nach Mainz auf der Strecke der hessischen Ludwigsbahn verband und 1861 fertiggestellt wurde.

    Bleibt nun die Frage offen warum der Brief nicht den westlichen Weg in das ca. 5 km entfernte Mainz nahm. Auf der Taunusbahn wurde schon lange Post auf dieser Route nach Mainz transportiert. Die Briefe wurden in Mainz-Kastel ausgeladen und sodann mit einer Fähre über den Rhein nach Mainz befördert. Dies war mit Ladezeiten und übersetzen eine zeitraubende Angelegenheit.

    Die Situation verbesserte sich 1861 mit der Einrichtung des Rheintrajekts Mainz-Kastel.

    Aus Wikipedia: "Die Taunus-Eisenbahn beschaffte drei Raddampfer (Taunus-Eisenbahn 1,2 und 3). Die Wagen wurden auf Schalden verladen, die seitlich an die Dampfschiffe angedockt wurden. Auf der Mainzer Seite wurden die Fahrzeuge, weil dort die hohe Kaimauer für eine Auffahrrampe nicht unterbrochen werden sollte, mit einem Dampfkran auf die Schalden gesetzt. Fahrgäste benutzten das Trajekt als Fähre, Personenwagen wurden nicht übergesetzt.


    Trajekt Mainz-Kastel nach Mainz (Bildquelle Wikipedia)

    Mit Inbetriebnahme der Mainzer Südbrücke (Ablösung des Trajekts Mainz-Gustavsburg - Mainz) am 20. Dezember 1862 und seit dem 3. Januar 1863 fahrplanmäßig befahren wurde eine schnelle Verbindung über den Rhein hergestellt in dessen Genuss unser Brief vom 25. Juli 1863 sicherlich auch kam, trotz des Umweges über Frankfurt.


    Fertige Südbrücke ca. 1863

    (Bildquelle Wikipedia)

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Sehr schön, Harald - klasse! So wird der Brief ein ganz anderes "Gesicht" bekommen und postgeschichtlich wertiger werden.

    Generell: Nicht immer bedeutete Umweg auch mehr Zeit. Heute leben wir in einer egalitierenden Welt, wo es egal ist, ob wir von A über D nach H reisen, oder über F nach H. Damals musste die Post aus dem Postbüro so schnell wie möglich raus - fuhr ein Zug in die "falsche" Richtung, war das egal, Hauptsache er war weg und wurde bald wieder umspediert Wer weiß, wann die Gegenrichtung nach Mainz zeitlich bedient wurde?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Der Leitweg aus dem Herzogtum Nassau nach Preußen (Garzweiler) war m.E. so vorgegeben. Mir liegt ein Brief vor, der nur eine Woche vorher (18. Juli 1863) direkt nach Mainz adressiert ist. Dieser Brief blieb im Thurn und Taxis Postbezirk und zeigt siegelseitig nur den Distributionsstempel von Mainz. Dieser hat also das mühselige Übersetzen mittels Raddampfern durchgemacht.

    Bei diesem Brief frage ich mich aber immer noch ob es wirklich das 2. Gewicht war.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo, vermutlich war es über 1 Loth und erforderte nach Mainz doppeltes Porto, also 2 x 2 Kreuzer, dazu noch 1 Kreuzer Bestellgeld.

    Das ist das schöne bei Heimatsammlungen, da kann alles vorkommen und oft muß man irgendwie auf eine Beschreibung kommen, die nicht immer einfach ist.

    Gruß Taxis 107 :)

    Mitglied im DASV

  • Da ich heute Nachmittag etwas Zeit hatte untersuchte ich die nächsten beiden Briefe vom 19. August 1863 und 24. September 1863 beide nach Benshausen gelaufen. Ich habe den Bestimmungsort einmal nach Preußen verlegt. Wie macht ihr das eigentlich einen Ort nach seiner Staatenzugehörigkeit schnell nach dem Monat und Jahr einzuordnen?

    Im August wurde Benshausen noch mit einem "n" in der Mitte geschrieben. Im September mit doppelten "n".

    Beide Belege zeigen wieder Frankfurt als Durchgangsstation diesmal in Richtung Osten. Beim Augustbrief zusätzlich noch Meinigen sowie einen Ausgabestempel.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • ... gelegentlich hilft wikipedia, oft auch der Ritter von 1874, in dem diese Daten vermerkt sind und der Hass, der sich auf die Stempel, Orte und Oberpostämter bezieht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.