Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Weil es Informationen hauptsächlich zur norddeutschen Feldpost gibt (obige Beiträge), mal nach bayerischen Postinformationen gesucht und in Bezug auf die Feldpost-Correspondenzkarten folgendes gefunden:

    Zum Gebrauche für das Publikum haben die kgl. Postanstalten nunmehr auch bis auf Weiteres Correspondenzkarten in Partien zu 5 Stück um den Preis von 1 kr. abzugeben.

    Correspondenzkarten zum Gebrauche für das Militär werden an letzteres durch Vermittlung der Feldpostexpeditionen abgegeben. Diese Correspondenzkarten, welche von den gewöhnlichen verschieden sind, dürfen von dem Publikum nicht gebraucht werden.

    München, den 26. Juli 1870. General-Direction der königlichen Verkehrs-Anstalten. Post-Abtheilung. gez. Baumann.

  • Darf ich's wagen, kommen Klagen :?:

    Aber ich denke das so ein Umschlag selten zu sehen ist und nicht jeder Zeit hat sich mit der Feldpost und dann noch unter 1. WK umzuschauen. Deshalb hier ein aktuelles Angebot:

    https://www.ebay.de/itm/124684866211?hash=item1d07cc12a3:g:fdkAAOSwnypi5iPB&amdata=enc%3AAQAIAAAA4GDafuSTUKc93xYHABb3U%2BLWtGC3850rXTLrkhj6mhs%2BgTbrG4RVil0%2F3%2BFUmmyKLTT59rBuqN%2FTOIfuPrrEc%2Buf%2Bx9no6O7Pr1HM4ejv%2BO7mwvguHM78bt96ttLtaQO4bIjqQUxexDok54nCzA3a558vrozz%2FUOGIYzW7DX02rD%2ByLfVWe%2FjsFIn2TF3S0ilbOYxSTGfJVHmigEhYXbiLuPgDLM4IO1bQk5SYBqfK7XuWe7irB7Pxe0cUvy9wZbJAWjEj1D76fiPGzA5Iu27kUEfSkhY3P%2FCi%2FkVKK2kccG%7Ctkp%3ABk9SR-ibqOGxYg

    Informationen zum General v. Steinmetz - WIKI

    https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Friedrich_von_Steinmetz (Bilder von ihm gibt es mannigfaltig!)

    PS

    Also in eine Sammlung zum Krieg 1870/71 mit dieser Meldung - :love:


    Berlin, 25. August. Das königliche Hauptquartier ist von Pont-à-Mousson nach Bar-le-Duc verlegt. Dem Marschall Bazaine sind Korps der ersten und zweiten Armee gegenüber geblieben, der andere Theil der deutschen Heere tritt entschlossen den Vormarsch auf Paris an.

    General Steinmetz, Kommandant der ersten Armee, ist von seinem Posten enthoben worden. Wie die Berichte sagen, ist es die Folge der durch sein rücksichtsloses Vorwärtsgehen bei Metz entstandenen enormen Verluste an Menschenleben.

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold (25. Juli 2023 um 19:48)

  • Über Frauen im allgemeinen, besonders im Kriege, gibt es sogut wie keine Informationen (oftmals nur Lebensdaten), obwohl sie maßgeblich Hilfstätigkeiten in der Pflege ausführten, ja ohne ihre Unterstützung die Militärärzte nicht auskamen.

    Wenn ich hier eine Drucksache aus späterer Zeit zeige, dann eben, weil diese an einen Frauenverein gerichtet ist, der im Kriege 1870/71 tätig war (und erstmals gemeinsam mit Preußen und Bayern und dem Roten Kreuz zusammenarbeitete). Daher könnte so ein Beleg die nachfolgende Unterstützung von Invaliden oder deren Hinterbliebenen dokumentieren.

    Adressiert an die Vorsitzende "Freifrau von Rotenhan" auf Eyrichshof bei Ebern.

    Aus „Geschichte des Frauenvereins in Bayern seine Entstehung und Entwickelung 1580-1894.

    Festschrift aus Anlaß des 25jährigen Jubiläums des von Ihrer Majestät der Höchstseligen Königin Mutter Marie von Bayern am 18. Dezember 1869 gestifteten bayrischen Frauenvereins vom rothen Kreuz, verfaßt für die Zeit vom Anfang bis 17. Mai 1881 vom Referenten des Frauenvereins Oberst a.D. Hermann Freiherr von Rotenhan ...“

    Am 20. Juni 1870 erließ Ihre Majestät die Königin Mutter Marie von Bayern nachstehenden Aufruf an Bayerns Frauen und Jungfrauen:

    „Unser geliebtes Vaterland ist von schweren Verhängnissen bedroht. Wenn die göttliche Vorsehung nicht noch rettend dazwischen tritt, so wird neuerdings ein blutiger Krieg entbrennen und vom Staate wie von dem Einzelnen Opfer jeder Art verlangen. Auch den Frauen und Jungfrauen Bayerns ist da wieder ein weites Feld mühevoller aber segensreicher Thätigkeit geöffnet.

    „Zu Meiner lebhaften Genugthuung hat sich auf Meinen Aufruf vom 16. September v. Js. der bayr. Frauenverein vollständig organisirt und sich über alle Theile des Landes ausgedehnt.

    …... ((Schlussabsatz))

    Ohne Zweifel wird sich die Mildthätigkeit und Opferwilligkeit „der bayr. Frauen und Jungfrauen auch diesmal wieder bewähren, „und wir werden dann das erhebende Bewußtsein haben, das Unsrige "gethan zu haben, um die Leiden des Krieges zu mindern und das „Loos unserer tapferen Soldaten zu erleichtern.

    „Schloß Hohenschwangau, den 20. Juni 1870.

    Neben den Sammlungen an Geldmitteln und Beschaffung der je nach der Lage des Kriegsschauplages und der Jahreszeit wechselnden Bedürfnisse, nahm vor allem die Herstellung von Verbandzeug und Wäsche den Frauenverein in Anspruch. Auch die Lagerung, Sichtung und Verpackung der Vorräthe in den Depots gehörte zu den mühsamsten Arbeiten. Verwendet wurden die immer wieder neu ergänzten Depotbestände an Verband- und Weißzeug, wie an Naturalien, Medicamenten u. s. w. theils für den örtlichen Bedarf (Vereinsspitäler, Verpflegung auf Bahnhöfen, Unterstüßung verwundeter und erkrankter Krieger), theils zu Sendungen auf den Kriegsschauplatz (Feldspitälern, Ausstattung von Lazarethzügen und Sanitätscorps, Depots- und Evacuationsstationen, Weihnachtsspenden u. s. w.). Außerdem betheiligte sich der Frauenverein während des Krieges mit Geldmitteln an der Unterstützung verwundeter, kranker und kriegsgefangener Soldaten, Angehöriger der unter die Fahne Gerufenen, an Hülfeleistungen für kriegsbedrängte Orte, an den Ausgaben für Unterhalt der Grabmäler u. s. w.

    Diese Hilfe endete nicht mit dem Friedenschluss 1871, sondern setzte sich fort, wie hier zu sehen im Rechenschaftsbericht des Frauenvereins Kreis Unterfranken für die Jahre 1881 – 1883.

  • Guten Abend liebe Sammlerfreunde,

    gleich vorweg: Die Karte anbei steht in Zusammenhang mit einer der wenigen Einheiten, die bereits auf deutschen Boden in direktem Kontakt mit gegnerischen Einheiten aus Frankreich gestanden hat. Am frühen Morgen des 16. Juli 1870 waren die Kavalleristen des Husaren-Regiments "Kaiser Franz Joseph von Österreich und König von Ungarn" (Schleswig-Holsteinisches) No. 16 gerade bei der Pferdepflege im Stall und staunten nicht schlecht, als das Regimentskommando die für diesen Tag angesetzte Übung und auch den zuvor angesetzten Gottesdienst einfach absetzte.

    Der Grund ließ nicht lange auf sich warten, Oberst von Schmidt verkündete die Mobilmachung gegen Frankreich u.a. mit Bezug auf einen Dank an Preußen für die vor nicht allzu langer Zeit erfolgte Befreiung von dänischer Fremdherrschaft. Am 25. Juli war das aus vier Eskadrons zusammengesetzte Regiment (20 Offiziere, 621 Unteroffiziere und Mannschaften, etwa ebensoviel Pferde und 12 Wagen) abmarschbereit. Mit Fähren und Dampfschiffen ging es über die Elbe zum Bahnhof Harburg, von dort aus verlief der Eisenbahntransport über Paderborn, Soest, Lippstadt nach Wiesbaden-Biebrich.

    Nach der Rheinquerung ging es von Mainz nach Nierstein und von dort aus auf das rheinhessische Hochplateau um Mommenheim, Zornheim und Sörgenloch. Hier sammelten sich die 16er Husaren mit vier weiteren Regimentern zur 6. Kavalleriedivision unter dem Kommando von Herzog Wilhelm von Mecklenburg. Die Karte anbei erwähnt im weiteren Vormarsch das rheinhessische Örtchen E(c)kelsheim, so dass angesichts des Aufgabeorts Unkenbach davon auszugehen ist, dass der Grenzübertritt ins linksrheinische Bayern in dessen äußerstem Norden bei Hochstätten an der Alsenz erfolgt ist.

    Der Inhalt der bei der PE Obermoschel abgegangenen Karte lautet - soweit mir verständlich - wie folgt:

    Feldpostbrief

    Frau Louise Semper

    Altona (Holstein)

    Palmaille 13

    Absender

    Richard Semper

    Unteroffizier im Schleswig-Holsteinischen Husaren-Regiment No. 16, III. Eskadron

    Unkenbach i.d. Bayerischen Rhein-Pfalz bei Meisenheim, den 31. Juli 1870

    Soweit wären wir dann und sind wir dem Feind nun bedeutend nahe gerückt, nur einige 21 Stunden sind von der Grenze und sind wir heute vielleicht zum letzten Mal dem (???) Postversand (???). Aus (???) und Altona habe ich bis jetzt noch keine Zuschriften, doch bekomme ich diese wohl später auf einmal. Wir machen sehr anstrengende Märsche, mein Pferd wurde leider gestern lahm und bei dem heutigen Marsch von E(c)kelsheim 12 Uhr früh bis 12 Uhr umso mehr. In Mommenheim bei Mainz waren wir 1 1/2 Tage und benutzte ich die Gelegenheit, um an (???) einige Zeilen zu senden, ein so schönes Quartier bekommen wir nie mehr. Grüße Alle von mir, ich bin nun in großer Aufregung, was der morgige Tag bringt, Zeitungen bekommen wir nicht zu Gesicht, also wissen wir nicht was uns passirt ist. Lebewohl liebe Mutter, grüße (???) und alle Geschwister von deinem Sohn Richard.

    Der Weg des Regiments führt dann am 1. August weiter über Lauterecken nach Altenglan, am 2. August nach St. Wendel. Am 3. August rückte es über Ottweiler in den Raum südlich von Neunkirchen vor. Von dort aus entsandten alle 5 Regimenter der 6. Kavalleriedivision eine halbe Eskadron (ca. 75 Reiter) als Vorposten Richtung der Saar...und das hatte Folgen: Am 4. August geriet eine Patrouille der 16er Husaren in den Hügeln bei Niedergailbach und Bliesbrücken nahe der französischen Grenze unter heftiges Gewehrfeuer.

    Am 5. August nahm die 6. Kavalleriedivision östlich von St. Ingbert bei Rohrbach und Neuhäusel Stellung. Von dort aus erfolgten - nunmehr reichlich riskante - Kavallerievorstöße, um die Bahnstrecke und Telegraphenlinie zwischen Sarreguimines und Bitche zu zerstören, da man Kenntnis von der erfolgreichen Schlacht bei Wissembourg (4. August) und der unklaren Rolle des in Bitche liegenden V. französische Armeekorps unter General Failly erlangt hatte. Die Division rückte deswegen immer enger an die französische Grenze. Bei Assweiler und Ormesheim konnte man am Mittag des 6. August die sich um Spicheren entwickelnde Infanterieschlacht beobachten.

    Allerdings mussten schleunigst selbst Abwehrvorkehrungen getroffen werden, da die Franzosen versuchten über das Mandelbachtal Richtung Bebelsheim und Wittersheim auf bayerischen Boden vorzustoßen. Bei den Gegenattacken Richtung Habkirchen und Frauenberg nahe der Grenze kam es zu den ersten Gefangennahmen französischer Soldaten. Nach dem schweren Schlag von Spicheren musste sich das II. französische Armeekorps unter General Frossard auf Metz zurückziehen. So konnte die 6. Kavalleriedivision am 7. August unbehelligt bei Forbach über die Grenze gehen, die furchtbaren Folgen der Schlacht von Spicheren direkt vor Auge.

    Schon am 10. August standen die 16er Husaren einsatzbereit auf Vorposten im Osten von Metz, am 16. August waren sie in der Schlacht bei Mars-la-Tour involviert. Weitere Einsätze erfolgten im August 1870 bei Ars-Laquenery, im September bei Boncq, Chalandry und bei der Belagerung von Paris. Im Oktober wirkte das Regiment bei Epernon, Ablis und Jouy. Es folgen Kämpfe im November und Dezember bei Landelles, Sargé, Tournoisis, Orléans, Nouan-le-Fuzelier sowie im Januar 1871 schließlich bei Epuisay und Le Mans.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Lieber Tim,

    eine sehr interessante Karte aus der Aufmarschphase des Krieges.
    Hier noch meine Ergänzungen zu Deiner bereits hervorragenden Transkription:

    Unkenbach i.d. Bayerischen Rhein-Pfalz bei Meisenheim, den 31. July 1870

    Soweit wären wir denn und sind wir dem Feinde nun bedeutend nahe gerückt, nur einige 21 Stunden sind von der Grenze und sind wir heute vielleicht zum letzten Mal dem StaatsPostverband unterthan. Aus Wensien (?, evtl. Gut Wensin bei Bad Segeberg) sowie Altona habe ich bis jetzt noch keine Nachrichten, doch bekomme ich diese wohl später auf einmal. Wir machen sehr anstrengende Märsche, mein Pferd wurde leider gestern lahm und bei dem heutigen Marsch von E(c)kelsheim 6 Uhr früh bis 12 Uhr immer mehr. In Mommenheim bei Mainz waren wir 1 1/2 Tage und benutzte ich die Gelegenheit, an Emma einige Zeilen zu senden, ein so schönes Quartier bekommen wir nie mehr. Grüße Alle von mir, ich bin nun in großer Aufregung, was der morgige Tag bringt, Zeitungen bekommen wir nicht zu Gesicht, also wissen nicht, was passirt ist. Lebewohl liebe Mutter, Grüße Papa u. alle Geschwister von deinem Sohn Richard.

    Viele Grüße

    Gerd

  • ... wunderschöne Karte mit einem super Inhalt ... :P :P :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ihr Beiden,

    Gerd sei Dank, dass jetzt wieder mal alles in Windeseile tutti completto dasteht. Mega ! Die Karte ist schon instruktiv, allerdings ließ sich die Einordnung in das Gesamtgeschehen - wie so oft - nur über die Regimentsgeschichte bewältigen. Die stammt aus dem Jahre 1937 und konnte im www nur in dänischer Sprache vorgefunden werden. Aber mit copy-and-paste und google-translate ließ es sich dann so einigermaßen hinbekommen.

    Die nächsten stories sind schon im Anmarsch ;)

    Schönen Gruß

    Tim :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Tim,

    Ganz im Ernst: Du solltest einmal darüber nachdenken, ob Du nicht in Mainz (ersatzweise auch in Bamberg!) einen Doktorvater findest.

    Ohne Scheiß und Grüße aus Frankfurt

    Heribert

    Einmal editiert, zuletzt von hasselbert (15. August 2023 um 12:36)

  • Guten Abend Heribert,

    der coolste Kommentar, den ich seit langem hier zu lesen bekommen habe. Wenn Du das sagst, wird das auch so gemacht, ohne Scheiß :)

    Und "die nächste Granate ist schon geladen". Ein recht unscheinbarer Beleg, der es aber mal so richtig faustdick hinter den Ohren hat. Es ist absolut sicher. Ich muss es nur noch zusammentippen.

    Schon mal ein kleiner Hinweis: Es wird um die Belagerung der Festung von Belfort gehen.

    Schönen Gruß

    Tim 8o

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Abend zusammen,

    der etwas angeknabberte Charge-Beleg anbei gibt einen so richtig schön zu denken und wer keinen Bock auf komplizierte PO-Procedere hat, der sollte an dieser Stelle besser gleich wegklicken. Für die mit Bock + Durchhaltevermögen ab hier viel Spaß: Ausweislich der Adressierung ging die - leider ohne Inhalt verbliebene - Sendung an einen Sergeant = Feldwebel im Kgl. Bayerischen 4. Infanterie-Regiment "König Karl von Württemberg". Das Regiment war im Krieg mit dem 2. und 3 Bataillon bei der Belagerung von Bitche mit dem 1. Bataillon bei jener von Paris involviert. Landwehr und Ersatzbataillon lagen in Wissembourg und Landau und wurden nach dem Präliminarfrieden aufgelöst.

    Ende März 1871 rückte das Regiment in seine künftige Stammgarnison nach Metz ab und bildete zusammen mit dem Kgl. 8. Bayerischen Infanterie-Regiment "Großherzog Friedrich II. von Baden" die Bayerische Besatzungsbrigade, welche der preuss. 30. Division des preuss. XV. Armeekorps attachirt ~ anheimgestellt war. Jetzt wird`s kompliziert: Man könnte angesichts der Terminologie „Besatzungsbrigade“ davon ausgehen, dass es sich um eine immer noch mobile Einheit der seit Juni 1871 unter dem Kommando von General von Manteuffel stehenden, rd. 50.000 Mann umfassenden Okkupationsarmee handelte. Wenn überhaupt, dann war dies jedoch nur wenige Tage der Fall.

    Denn gemäß Feldpost-Ordre 165 vom 22. Juni 1871 erlosch für das seinerzeit demobil gemachte XV. Armeekorps die während des mobilen Zustandes nach den §§ 20 u. 23 der Dienstordnung für Feldpostanstalten bewilligte Portofreiheit. Damit entfielen auch die für Einschreibesendungen bestehenden Vergünstigungen der mobilen Truppe. Mit Feldpost-Ordre 167 vom 28. Juni 1871 wurde klargestellt, dass für die immobil gemachten Einheiten in Elsass / Lothringen nunmehr die Vorschriften über die Portovergünstigungen der Truppe in Friedenszeiten anzuwenden sind. Demnach waren die an in Reih und Glied stehenden Soldaten bis zum Feldwebel oder Wachtmeister einschl. aufwärts gerichteten gewöhnlichen Briefe bis zum Gewicht von 4 Loth einschl. portofrei zu befördern.

    Zur Erlangung der Vergünstigung mussten die Sendungen mit dem Vermerk „Soldatenbrief, eigene Angelegenheit des Empfängers“ versehen sein. Interessant ist, dass diese Sendungen nicht mehr über die militärischen Postsammelstellen und Feldpostrelais, sondern direkt an die zivilen Postexpeditionen der Garnisonsstandorte zu leiten waren. Das wird erst einmal ein schönes Durcheinander gegeben haben. Feldpost-Ordre 167 hat dies berücksichtigt und unzureichend adressierte Sendungen zur nicht zu beanstandenden Weiterleitung verfügt. Jetzt wird ein bayerischer Soldat der bayerischen Besatzungsbrigade in Metz gesagt haben; Ja sowas von schön für die Preußen, aber wie sieht`s mit uns aus !?

    Nun, mit Feldpost-Ordre 170 vom 11. Juli 1871 wurde klargestellt, dass sich die süddeutschen Staaten damit einverstanden erklärt hatten, dass für Sendungen an die in Elsass / Lothringen immobil gemachten Truppen dieselbe Portovergünstigungen in Anwendung kommen, wie für jene aus Norddeutschland. Bekanntlich waren sämtliche, noch mobilen Okkupationstruppen erst im September 1873 aus Frankreich zurückgekehrt. Somit gab es auch im Jahre 1872, als das Reco anbei aufgegeben wurde, noch die Unterscheidung zwischen demobilen und mobilen Okkupationseinheiten, mit den entsprechend unterschiedlich anzuwendenden Portofreiheitsbestimmungen.

    Der Postexpeditor in Dürkheim konnte im vorliegenden Fall also davon ausgehen, dass das Reco an eine demobil gemachte Einheit ging. Dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Brief gehandelt hat, lag auf der Hand, also war er mit 3 Kr freizumachen und die Reco-Gebühr zu entrichten. Jetzt fragt sich aber, was das mit der lila Tinte unten bedeutet, ist das eine Vortaxe und die "59" auch eine Reco-Nummer ? So ganz klar ist mir das im Moment nicht.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    manuell Chargé, 7x rec(ommandirt) und die Reco-Nr. 59 wurden sicherlich bei der Aufgabe des Briefes vom Expeditor notiert.

    Im Transportverlauf wurde dann eine höhere Reco-Nr. 829 vergeben und, weil man den Chargé-Stempel oben rechts in der Ecke leicht übersehen konnte, in Rötel Chargé unterstrichen.

    Reco-Briefe an Soldanten (und auch von Soldaten) sind 70/71 selten - da muss man halt auch mal die Qualität hinnehmen, die solche Briefe haben.

    P.S. Reco hat m. W. immer, auch im Krieg, 7x gekostet, wenn der Absender das wollte, oder gab es da eine andere Vorschrift?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ihr Zwei,

    das ging aber fix. 7 Kr für`s Chargé war klar, die waren - 1872 noch direkt am Schalter, nicht in Marken - immer zu löhnen. Aber wozu das im vorliegenden Fall vortaxiert, wo es doch eher darum ging, ob die 3 Kr zu entrichten waren oder nicht. Wo haben wir jemals mit der Reco-Gebühr vortaxiertere Bayernbelege ? Ich kenne solche nicht und ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    ich meine 1868 kam die Vorschrift heraus, dass bei Reco-Briefen unten links "7 Kr. rec(ommandirt" von der Aufgabepost zu notieren war. Der Grund hierfür war der, dass es anderen Postverwaltungen aufgefallen war, dass bayer. Recobriefe scheinbar unterfrankiert waren. Dabei haben diese Postverwaltungen aber vergessen, dass sie selbst die 7x oder 2 Groschen Recogebühr mit Marken verklebten, während das in Bayern nicht erlaubt war (erst ab 1.3.1874).

    Ein badischer oder württembergischer Recobrief nach Bayern zeigte also 10 Kreuzer in Marken, ein bayer. Gegenbrief aber nur eine 3x Marke - und sollte mit diesem Vermerk klarstellen, dass ihn Baden oder Württemberg nicht nachtaxieren durften, weil ja tatsächlich 10x in Bayern bezahlt worden waren.

    Das hat man natürlich oft nicht so nach der Vorschrift notiert, weil es umständlich war, aber es gibt zahlreiche Briefe, bei denen das genau so, wie bei deinem Brief, auch schön zu sehen ist.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Ralph,

    was für ein "schönes" Dickicht, das scheint dann gelichtet. Dann heißt das hinter den 7 x Recommendation, richtig ? Aber bist auch echt ganz sicher, dass das kein 3er ist ? Die teilweise Bogenform läßt einen dahingehend doch etwas "zucken". Ich tendiere auch zu Deiner Auffassung, frage nur nochmal, um gaaanz sicher zu gehen.

    LG

    Tim :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    da steht "7x rec.", todsicher.

    Ich schau mal noch, ob ich einen schönen in einem meiner Chargé-Alben finde.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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