Telegramme und Telegraphenmarken

  • Sollte das mal einer finden ... :)


    306) Telegramm über eine Entbindung.

    N. den... Pfarrer Kunzmann in Kadolzburg. Ihre Frau Heute hier entbunden. Mädchen. Beide wohl.

    Von Fürth aus durch Estafette.

    Heinrich B.


    Aus "Der Universal-Ratgeber für den bayerischen Staatsbürger" von 1861.


    Die Benützung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht bekanntlich Jedermann zu, jedoch hat die Verwaltung das Recht; ihre Linien und Stationen zeitweise ganz oder zum Theil für alle oder für gewisse Gattungen von Korrespondenzen zu schließen. Die Aufgabe von Depeschen behufs der Telegraphirung kann nur bei den Telegraphenstationen, allenfalls auch brieflich erfolgen.

    Das Telegraphen - Reglement befindet sich im Reg.- Bl. von 1858 S. 64 abgedruckt.

    Dazu noch:

    Nr. 7175.

    (Die Beförderung telegraphischer Depeschen durch die Postanstalt betr.)

    Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern.

    Nach §. 18 des Reglements für die telegraphische Correspondenz im deutsch-öfterreichischen Telegraphen-Vereine und insbesondere auf den bayerischen Staatstelegraphenlinien (V. 5.-Bl. vom l. J. Seite 81) wird von den Telegraphenanstalten in dem Falle, daß die Weiterbeförderung telegraphischer Depeschen nach Orten, wo keine Telegraphenstationen bestehen, mittels der regelmäßigen Poftcourse zu geschehen hat, nicht bloß wie bisher das tarifmäßig treffende Briefporto und die Recommandationsgebühr, sondern auch die Gebühr, für die erpresse Bestellung der Depesche sofort bei der Annahme lezterer von dem Absender eingehoben, und von der lezten Telegraphenstation bei Uebergabe der Depesche an die Post jedesmal baar berichtiget, so daß die Anforderung einer Gebührenentrichtung bei Abgabe der Depesche an den Empfänger in keinem Falle mehr zulässig ist.

    Die in der Ausschreibung vom 13. März 1853 Nr. 4166 (Verord.-Bl. 1853 S. 68 2.) unter Ziffer 4 getroffene Bestimmung tritt demnach außer Wirksamkeit und finden dagegen in Ansehung der Bestellgebühren für die durch die Post beförderten telegraphischen Depeschen die für die Bestellung von Expreßbriefen überhaupt sowohl im inneren Verkehre von Bayern als auch im Vereinsverkehre gleichmäßig geltenden Bestimmungen lediglich mit der Modifikation Anwendung, daß die für die erpresse Bestellung und resp. Beischaffung des Boten treffende Gebühr jedesmal von dem Absender der Depesche voraus bezahlt werden muß.

    Bezüglich der Bestellung der mittels Estaffette beförderten telegraphischen Depeschen find die allgemeinen Bestimmungen der Estaffettenordnung nach wie vor maßgebend. München, den 18. April 1858.

    General-Direktion der königlichen Verkehrs - Anstalten.

    Freiherr von Brück.

    Bengel.


    Sollten meine Beiträge "nerven" - nix zu sehen :( - aber viel zu lesen, bittet unterthänigst um gefällige Mittheilung, Luitpold ^^


  • ... das Gegenteil ist der Fall, da nervt nichts! :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Luitpold,

    galt den in Bayern eine entfernungsunabhängige Eilgebühr?

    Wenn nein, dann stelle ich es mir recht kompliziert vor, jeweils die richtige Höhe im Voraus zu ermitteln.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Auszug aus der VO von 1858:

    Außer der für die Sendung selbst treffenden Francotaxe und Recommandationsgebühr ist dafür

    1) bei Briefen, welche im Orte der Abgabepost selbst verbleiben,

    a) wenn die Bestellung am Tage, d. h. zwischen 5 Uhr Morgens und 11 Uhr Nachts

    im Sommer (April bis September), oder zwischen 7 Uhr Morgens und 10 Uhr Nachts

    im Winter (Oktober bis März) erfolgt, ein Bestellgeld von 9 kr. füddeutsche W. (nach

    Desterreich 9 kr. österr. W. und nach Ländern des 14 Thalerfußes 3 Sgr.) und

    b) wenn die Bestellung Nachts stattzufinden hat, ein Bestellgeld von 18 kr. süddeutsche W.

    oder dem entsprechenden Betrage in der treffenden Landeswährung,

    2) bei Briefen, welche außerhalb des Ortes im Landbestellungsbezirke der Abgabepost zu bestellen sind,

    a) eine Gebühr von 9 kr. südd. W. (oder 9 kr. österr: W. oder 3 Sgr.) für Beischaffung des Boten, durch welchen die Bestellung außerhalb des Ortes besorgt werden soll, ohne Unterschied der Tagszeit und

    b) die dem Boten nach den ortsüblichen Sätzen zu verabreichende Ganggebühr

    zu entrichten.

    Demnach war nur die Botengebühr extra für im Landbestellbezirk zu besorgende Telegramme.

    Eine Unterscheidung, wie bei Briefen nach Meilen, gab es also nicht.

    Luitpold

  • Lieber Jürgen,

    die Eilgebühr war am Ort 9x.

    Nur wenn Expressbriefe in den Landbezirk eines Ortes mit Postexpedition liefen, war die örtlich übliche Ganggebühr zu bezahlen - die konnte ein Fremder aber nicht kennen, auch keine andere Postexpedition, denn sie war vom Postexpeditor am Ort mit einem Einheimischen auszuhandeln.

    Hierfür konnte ein Absender ein Depositum erlegen, das angemessen sein musste, oder die Bezahlung dem Empfänger überlassen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Luitpold, lieber Ralph,

    Danke für die Info, dann leg das so wie in Sachsen mit Ausnahme der Zwangsfrankatur der fixen Expreßgebühr.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Super! Vielen lieben Dank Udo!!

    Ein tolles Teil... (7.000,- in 2013 sind auch kein Pappenstiel...)

    Einmal editiert, zuletzt von FCargnel (9. November 2023 um 15:59)

  • Super! Vielen lieben Dank Udo!!

    Ein tolles Teil... (7.000,- in 2013 sind auch ein Pappenstiel...)

    Wer's braucht wird schon jeden Preis "bewilligen", um seine Sammlung damit vervollständigen/aufwerten zu können.

    Wer sich mit Telegraphie der bayerischen Post beschäftigen möchte, findet einen Zugang (Anlaß zu recherchieren) auch mit einfachen und preiswerten Telegrammen. Ein Telegramm war damals das schnellste Kommunikationsmittel, wie hier am Beispiel von der Telegraphenstation Würzburg 1890 zu sehen.

    - Gefaltetes Formular - Anschriftenseite - Herrn Notar Endres Wzbg 2484 (Nr. im Austragungsbuch ?)

    Der Aufgabeort "Hardheim"? Zeit 11 Uhr, abgefertigt in Würzburg 11 Uhr 56. So schnell war selbst ein "Express-Brief" nicht.

    Nach dem Tarif war für jedes Wort 5 Pf. zu zahlen (die Zählweise - Buchstaben - lasse ich jetzt weg, da 15 Worte berechnet wurden - siehe links oben 15 W). Die Mindestgebühr für einfache Telegramme war 50 Pf.

    Interessant wird es auf der Rückseite, der Telegraphenstempel, leider abgeschlagen auf der Verschlussvignette. Da die Telegramme nicht häufig mit (lesbaren) Stempel zu finden sind, ist eine systematische Erfassung dieser Stempel mir bisher leider nicht möglich.

    Luitpold

  • Lieber Werner,

    Aufgabeort ist Gädheim - schönes Stück! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Danke Ralph. Muß mich aber insofern korrigieren, da es damals ja schon Telefone gab und das war dann das schnellste Kommunikationsmittel.

    Hier noch was zu lesen, Grüße von Luitpold

    Am 1. Oktober 1887 konnte die ((Telefon-)) Anlage ((in Würzburg)) mit 134 Abonnenten und 165 Apparaten dem Verkehr übergeben werden. Im Laufe des Jahres 1888 nahm die Entwicklung des Telephonverkehrs raschen Fortgang, so dass neben 36 Behörden 197 Privat-Abonnenten vorhanden sind. Bei Privaten sind aufgestellt 268 Apparate.

    Wer schon Filme aus der Stummfilmzeit gesehen hat, wo jemand ein Telefongespräch führte, wird sich an den seltsamen Apparat erinnern, wo man in der einen Hand den Hörer hielt und mit der anderen eine Kurbel drehen musste.

    Und diese "Prozedur" ist tatsächlich in einem Nachschlagewerk zu den Telefonanlagen in Bayern exat beschrieben (sehr amüsant zu lesen).

    Aber was ich nicht wußte, aber eigentlich logisch:

    Die Uebermittelung von auswärts eingehender Telegramme an die Theilnehmer.

    Gleichwie Telegramme mit Hilfe des Telephones aufgegeben werden können, kann auch die Empfangnahme von auswärts eingehender Telegramme durch das Telephon stattfinden. Theilnehmer, welche dieses wünschen, haben eine diessbezügliche schriftliche Erklärung abzugeben.

    Bei der Uebermittelung von eingegangenen Telegrammen an die Theilnehmer wird in derselben Weise verfahren, wie bei der Aufgabe von Telegrammen, nur ist in diesem Falle der Beamte des Umschaltebureaus der Diktirende und der Theilnehmer der Abnehmende.

    16

    Die Niederschriften zu den durch das Telephon übermittelten Telegrammen werden den Adressaten mit dem nächsten regelmässigen Briefbestellgange überliefert. Eine Gebühr für die Uebermittelung der eingegangenen Telegramme an die Adressaten durch das Telephon, sowie für die Zustellung der Niederschriften durch die Briefträger wird nicht erhoben.


  • Lieber Würzburg-Spezialist Luitpold,

    Wenn ich den letzten Satz lese könnte ich heulen, Gebühr......wird NICHT erhoben. Dieser Satz gehört eigentlich ins Museum....

    Lieber Gruß von der Pappnase Andreas

  • Nur wenn Expressbriefe in den Landbezirk eines Ortes mit Postexpedition liefen, war die örtlich übliche Ganggebühr zu bezahlen - die konnte ein Fremder aber nicht kennen, auch keine andere Postexpedition, denn sie war vom Postexpeditor am Ort mit einem Einheimischen auszuhandeln.

    Hierfür konnte ein Absender ein Depositum erlegen, das angemessen sein musste, oder die Bezahlung dem Empfänger überlassen.

    In der Telegraphen-Ordnung von 1881 wurde nachträglich Folgendes zur Zustellung von Telegrammen ergänzt, wo für jedes Telegramm eine feste Boten-Gebühr von 80 Pf. vorausbezahlt werden konnte.

    Nr. 378411.

    Bekanntmachung, die Telegraphen-Ordnung betr.

    Staatsministerium des Kgl. Hauses und des Aeußern.

    Auf Grund Allerhöchster Genehmigung wird der Absatz IV des §. 17 der unterm 21. September 1880 veröffentlichten Telegraphenordnung (G.- u. V.-Bl. Nr. 53) abgeändert, wie folgt:

    „IV. Die Kosten für eine andere Weiterbeförderung als durch die Post, ingleichen die bei der Weiterbeförderung durch die Post entstehenden Kosten für die Eilbestellung sowohl im Orte, als nach dem Landbestellbezirk der Postanstalten werden in der Regel vom Empfänger erhoben. Es kann jedoch auch der Aufgeber die Kosten für die Zustellung von Telegrammen an Empfänger außerhalb des Ortsbestellbezirks der Bestimmungs-Telegraphenanstalt mittels besonderer Boten durch Entrichtung einer festen Gebühr von 80 Pfennig für jedes Telegramm vorausbezahlen. Die Kosten für Weiterbeförderung durch Estafette sind stets vom Aufgeber zu entrichten."

    München, den 31. Dezember 1880. gez. Freiherr von Crailsheim. Der General-Secretär gez. Dr. von Prestele.

    Nachdem Telegramme (Ausschnitte) mit bayerischen Telegraphenmarken (Ausgabe ab 1.1.1870) "handverlesen" sind und Telegramme mir erst nach der Einziehung der Telegrafenmaken * vorliegen, also ohne postalische Taxierung sind**, auch Botenstempel sind dort kaum zu sehen, zeigen diese Formulare wenig sammelwertes (zumindest werden die Telegramm-Umschläge gesammelt). Dieses Thema hier beschränkt sich leider auch nur auf "markierte" Telegramme und -Umschläge. Doch gehören zur Telegraphie eben auch die Telegrammformulare (analog Telepohnie, hier werden die Telefonbillets gesammelt) zur bayerischen Postgeschichte. Da das Material an Telegrammen nicht gerade massenhaft vorhanden ist und eine Formularsammlung :sleeping: .... , aber schon ein paar Telegramme haben mich wieder etwas mehr über das Postwesen im 19./Anfang 20. JH wissen lassen :) wurde auch Zeit, nachdem auch ich dieses schwierige Thema bisher nicht recherchieren wollte ;) Luitpold.

    *

    1881 bereits ausser Gebrauch gesetzten bayerischen Telegraphen-Marken, welche sich etwa noch im Privatbesitze befinden, bei den kgl. Postbezirkskassen

    noch bis zum 30. April 1882 eingelöst und beziehungsweise gegen Postmarken umgetauscht werden können, nach Ablauf dieses Termines aber eine Ein-

    lösung oder Umtausch solcher Marken nicht mehr stattfindet.

    **

    Daher wissen wir nicht gleich, welche Gebühren für das Telegramm anfielen (die Wort-Taxe, Mindestgebühr wurde mehrmals angehoben).

  • Im Angebot ein Telegramm, frankiert mit 2 Telegraphenmarken.

    Warum gab es Silbergroschen- (Ergänzungsmarken) und wie wurden sie verwendet?

    Bisher habe ich keine VO dazu gefunden. Es gibt aber Literatur - hat jemand dieses Buch

    Die Telegraphenmarken Bayern (1870 - 1880) -

    Katalogisierungsvorschlag und Bewertung nach den neuen Forschungsergebnissen

    Von Hans Pieper · 1966

    Wenn ja, gibt es dort eine Erklärung zu den Silbergroschen-Marken?

    Luitpold

    https://www.ebay.de/itm/276173860630?hash=item404d3eaf16:g:8EQAAOSw5UtlV0sm&amdata=enc%3AAQAIAAAAwFQ0kXjsZ%2FcckqRlgeTNwIyhzMv0AiSwuotdsmYpzm0RKjnx%2FzD%2FBZq8vcUjHONf8jORvp7wU4mv%2BZorwJ0fRs82g7qSHkByVL3ukEcJZJSmGwI76dy5HEih%2Beo1hxbfIQpGn3fZsio8mWgAuj9pbLNAl2pe5r0dsxN7F6nvTRUGnaEkL%2BLU5uHcP2JgyLAfjI2%2BH%2B%2FPZL%2Boxb6BYoWYdksitGS9bqkFoFSx2uazkO9IFBJWjD%2Bavnt3EFL%2F8Jj8BQ%3D%3D%7Ctkp%3ABk9SR4rt7o7-Yg

  • Die bayerischen Telegraphenmarken sind die aufwendigsten und meines Erachtens schönsten Marken der Kreuzerzeit. Die eigenen Wertstufen (welche bewusst nicht mit denjenigen der Post übereinstimmten), die Wertangabe in verschiedenen Währungen, die besondere Größe und Verzierung der Marken sowie der Reliefdruck sollten das "Wunder" Telegraphie von der normalen Post absetzen.

    Ein einfaches Telegramm (bis 20 Wörter) kostete zunächst 28 Kreuzer, ab 1872 wurde der Tarif dann auf 17,5 Kreuzer = 5 preußische Silbergroschen (SGR) gesenkt. Dazu war die Einführung von zwei Ergänzungswerten notwendig, die in der Währung von Silbergroschen erfolgten (1/2 und 1 SGR). Die Kombination der Werte zu 14 Kreuzer und 1 Silbergroschen (wie auf dem von Luitpold gezeigten Telegramm) wurde für den neuen einfachen Tarif verwendet, der dann bis 31. Dezember 1875 in Gebrauch war.

    Wie gesagt, bei der Festlegung der Wertstufen der acht Marken wurde darauf geachtet, dass diese nicht wertgleich mit den regulären Postwertzeichen sind, wohl um die Unabhängigkeit und Sonderstellung der Telegraphie zu betonen. Die 7-Kreuzer Telegraphenmarke ist die einzige Ausnahme, sie hat dieselbe Wertstufe wie ein Postwertzeichen. Dies konnte man wegen des Internationalen Wiener Telegraphen-Vertrags nicht vermeiden.

    Hans Pieper hat zwei Artikel zu den bayerischen Telegraphenmarken verfasst, die mir beide vorliegen:

    Pieper, H. Die Telegraphenmarken in Bayern (1870 bis 1880). Collegium Philatelicum, 1966 (1), 1-23.

    Pieper, H. Die Telegraphenmarken in Bayern (1870 bis 1880). Ergänzung. Collegium Philatelicum,1969 (2), 2-12.

    Darüberhinaus gibt es noch einen älteren Aufsatz:

    Brunner, J. Die bayerischen Telegraphenmarken. Archiv für Postgeschichte in Bayern, 1925 (2), 100-103.

    Selbst seltene Telegraphenmarken, Ausschnitte aus Telegrammformularen und die wenigen erhaltenen vollständigen Formulare sind immer noch relativ günstig zu erwerben. Es wäre an der Zeit, ein neues Handbuch der Telegraphenmarken zu schreiben. Francesco liebäugelt damit, als sein nächstes Projekt! Ich helfe gerne.

    Alles Gute,

    Gerd

  • Hier ist der ursprüngliche und fehlgeschlagene Versuch, Telegraphenmarken aufwendiger als die Marken der Post zu gestalten.

    Generaldirektionsrat Heinrich von Gumbart, Leiter der neu errichteten Telegraphen-Abteilung, wollte den Telegraphenmarken eine besondere Form geben welche diese von den Postwertzeichen klar unterschied. Dazu beabsichtigte er sechseckige Marken einführen, wie es Belgien im Jahr 1866 getan hatte. Kein anderes Land war jedoch Belgien gefolgt, da der Nachteil offensichtlich war: komplizierte Zähnung und kompliziertes Abtrennen. Russland und Preußen, die sechseckige Markenbilder einführten, benutzten daher eine viereckige Performation. Gumbart ließ dennoch nach seiner Vorstellung von der Münze einen Stahlstempel gravieren, der das bayerische Wappen im Prägedruck zeigte. Der Stempel wurde wahrscheinlich von Johann Peter Rieß angefertigt. Über dem Wappen stand bogenförmig „Bayern“ und „Telegraph.“ Der folgende Probedruck ist einer der wenigen die erhalten geblieben sind.

    Die Wertangabe „1 Fr“ und „28 Kr“ steht für ein einfaches Telegramm (bis 20 Wörter).

    Das Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten fand sechseckige Marken jedoch zu extravagant und lehnte den Entwurf ab. Es schlug vor, die Telegraphenmarken viereckig wie die Postmarken herzustellen, räumte aber ein, dass die Dimensionen etwas grösser sein konnten. Wenn schon die Marken nicht sechseckig sein durften, so entschloss sich Gumbart, dann sollen sie aber deutlich grösser und mit mehr Schnörkeln versehen sein.

    Alles Gute,

    Gerd

    Einmal editiert, zuletzt von isarexpress (23. November 2023 um 14:11)

  • Hallo isarexpress,

    vielen Dank für Deine Erklärung - Zitat: "Die Kombination der Werte zu 14 Kreuzer und 1 Silbergroschen (wie auf dem von Luitpold gezeigten Telegramm) wurde für den neuen einfachen Tarif verwendet, der dann bis 31. Dezember 1875 in Gebrauch war."

    Dazu finde ich in den Verordnungs- und Anzeigeblättern keinen Hinweis, wie Marken in diesen 2 Währungen zu verrechnen waren. Gab es also nur interne Informationen, die nicht veröffentlicht wurden (und ich daher nicht finden kann)?

    Es gibt eine "Instruktion zu den Telegraphenmarken", aber die ist zur Einführung erschienen und da fehlen noch die Ergänzungsmarken

    Wärst Du bitte so freundlich, wenn es Deine Zeit erlaubt, mal in den Artikeln nachzuschauen, ob es dort einen Hinweis auf eine solche 2. Insturktion zur Verwendung der Telegraphenmarken gibt.

    Was wäre das überhaupt für ein Hype, wenn es bei den Frankomarken (Ziffer-, Quadrat) so eine Silbergroschen-Ergänzungsmarke (wofür auch immer) gegeben hätte!


    Mich interessiert nur das Thema, nicht das Telegramm, da es nicht aus meiner Gegend stammt. Dennoch, allein das Formular ist ein postgeschichtlich hochinteressantes Stück, da diese Formulare intern verblieben und in den Papiermühlen landeten. Wie dieses Formular aus dem Postdienst "gerettet <3 " wurde?

    Vorab vielen Dank, beste Grüße von Luitpold

  • Nachtrag

    Warum mich die Verwendung der Telegraphenmarken zu 1 Sg beschäftigt ist die Bestimmung:

    Währung der Gebühren.

    „Die Gebühren-Erhebung erfolgt in der Landes-Währung derjenigen Verwaltung, welcher die Aufgabe-Station angehört."

    Nun Beilngries liegt doch in Bayern - Währung in Silbergroschen?

    Luitpold

  • Hallo Luitpold,

    Pieper (1966, S. 7) schreibt: " Laut Vorschrift mußten für diesen Tarif [einfache Telegramme] nur die beiden Werte zu 14 kr und 1 skr verwendet werden. Diese Markenkombination hat daher die 28-kr Marke völlig verdrängt."

    Wie wurde abgerechnet? Die beiden Marken wurden dem Publikum für 17,5 Kreuzer verkauft (1 skr = 3,5 Kreuzer).

    Warum Silbergroschen? Pieper erklärt das nicht. Hier kann ich nur vermuten. Die Telegraphenbehörde war schon immer international und vorausschauend. Ersteres zeigt sich daran, dass auf den ersten 6 Marken neben der Kreuzerwährung auch französische Franken standen. Wahrscheinlich hat man das Ende der Guldenwährung wegen der Reichsgründung vorhergesehen und preussische Silbergroschen gewählt.

    Beantwortet das Deine Fragen?

    Gerd

  • Für alle, die sich für bayerische Telegraphenmarken der Kreuzerzeit interessieren. Hier ist ein vollständiger Satz der Probedrucke:

    Komplette Sätze sind sehr selten, selbst Boker hatte nur sieben Stück. Die meisten Probedrucke sind in schwarz/grau, einige in blau. Mit roter Farbe kenne ich nur diesen einen Probedruck.

    Die Feinarbeit und das Relief ist einfach umwerfend.

    Gerd