Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Wenn das kein Hebräisch/Jiddisch/Ivrit ist, sammle ich kein Bayern ...

    Ich habe Hunderte von Briefen gesehen, die genau solche Inhalte haben und deren Absender/Empfänger mosaischen Glaubens waren. Was sollte es sonst für eine Schrift sein?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph!

    Ich zweifele sicher nicht an deinem Wissen.

    Würde ich wissen, um welche Sprache es sich handelt, hätte ich meine Anfrage nicht hier eingestellt.

    Ich habe aber auch schon Kundige befragt, die es als Juden eigentlich wissen müssten.

    Eine Anfrage bei einer Hochschule wurde postwendend abgebügelt.

    Möglicherweise habe ich zur falschen Uhrzeit angefragt oder war nicht unterwürfig genug.

    Dir nochmals ausdrücklich Dank!!

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von pro Bavaria (8. April 2023 um 18:12)

  • Hallo Jürgen,

    das ist eine Currentschrift, die ich so bis ca. 1900 kenne.

    Ich würde es mal bei den Stellen versuchen, die sich mit dem jüdischen Erbe Mittel- und Osteuropas auskennen. Es gibt viel zu viele Briefinhalte dieser Art, als dass sie nicht lösbar wären. Esperanto ist es nicht. :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph!

    Nochmals ganz herzlichen Dank für die schnelle Antwort.

    Das ist wirklich die erste konkrete Aussage, die ich zu meinem Problem bekomme.

    Ich erlaube mir, diese als Aufsatzpunkt für meine Anfrage bei einer Hochschule zu nutzen.

    Vielleicht kommt es auf diesem Wege zu einer Übersetzung.

    Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

    Sobald ich neue Erkenntnisse habe werde ich mich hier wieder melden.

    Gruß aus Soest

    Jürgen

  • Liebe Freunde,

    Chargébriefe in Bayern gibt es heute noch Zehntausende. Aber Chargébriefe, bei denen die Aufgabepost die Reco-Nummer vergessen hatte, obwohl sie eindeutig als Einschreiben gekennzeichnet waren, gibt es nur eine Handvoll (wenn wir von den wenigen Briefen unter Recommandation der Notare und Anwälte absehen, die eigene Reco-Scheine benutzen durften).

    Hier aus den 1870er Jahen ein Kuvert ohne Inhalt und Ankunftsstempel von Vilshofen an den k. Advocaten Dr. Petzold in Pfarrkirchen.

    Obwohl klar mit Chargé bezeichnet, bekam er keine Reco-Nr. von der Aufgabepost zugeteilt, was ein schwerer Fehler war und ob ein Postschein für ihn ausgestellt worden war, muss offen bleiben. In der Briefkarte hätte er unter den Chargébriefen namentlich (Empfänger) aufgeführt sein müssen, aber auch das wissen wir nicht.

    Im Rahmen des Postlaufs wurde der Fehler festgestellt und jemand schrieb " ohne Nummer !" neben die Marke, vergab jedoch selbst keine Reco-Nummer.

    Die Vorschriften wechselten sich zwar ab, aber im Prinzip war die Kontrolle bei Reco-Briefen stets sehr streng, waren sie doch mit 24 1/2 Gulden versichert und das war fast ein Monatslohn. In mehreren Anweisungen mit dem In- und Ausland verlangte die bayer. Postverwaltung, dass in Fällen, in denen eindeutig als eingeschrieben gekennzeichnete Briefe in den Postsäcken vorgefunden wurden, diese selbst zu recommandiren waren und der zuleitenden Post sofort gegen Postlieferschein (Rückschein für Behörden) Kenntnis zu geben war, dass ein solcher Fall aufgetreten war. Hinten ist das Kuvert blank, was wohl dem damaligen Stress mit ihm geschuldet sein könnte.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...jetzt muss ich dazu mehrfach blöde was fragen:

    Angenommen jemand wirft einen Brief wie hier ohne Freivermerk, aber mit einem Charge-Vermerk in den Briefkasten, ohne damit aber die Reco-Gebühr zu bezahlen. Was passiert damit ?

    Wird der A) weiterbefördert als Reco und der Empfänger zahlt die Recogebühr nach, oder läuft er B) unversichert als Normalbrief weiter, oder geht er C) wieder an den Absender zurück mit der freundlichen Aufforderung die Reco-Gebühr zu entrichten ?

    Und wenn der Brief wie dargelegt aus den 1870er Jahren stammen soll, war da die Reco-Gebühr nicht längst schon in Marken zu kleben ? :/

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    gute Fragen ...

    Angenommen jemand wirft einen Brief wie hier ohne Freivermerk, aber mit einem Charge-Vermerk in den Briefkasten, ohne damit aber die Reco-Gebühr zu bezahlen. Was passiert damit ?

    Man hätte versucht, den Brief zurück zu geben, wenn man den Absender anhand von a) Siegel, b) Handschrift, oder c) Korrespondenz her gekannt hätte. Ansonsten wäre es ein Porto-Chargé-Brief geworden (ab 1.1.1861 aber erst) und der Empfänger hätte sowohl das Porto, als auch die Recogebühr bezahlen müssen.

    Wird der A) weiterbefördert als Reco und der Empfänger zahlt die Recogebühr nach, oder läuft er B) unversichert als Normalbrief weiter, oder geht er C) wieder an den Absender zurück mit der freundlichen Aufforderung die Reco-Gebühr zu entrichten ?

    Generell waren dergleichen Briefe als recommandirt zu betrachten; eine pauschale Antwort gibt es aber nicht, da dies regulativ-abhängig war bzw. auf die entsprechenden Postverträge ankam, die man geschlossen hatte.

    Und wenn der Brief wie dargelegt aus den 1870er Jahren stammen soll, war da die Reco-Gebühr nicht längst schon in Marken zu kleben ?

    Nein, erst ab 1.3.1874 war die Reco-Gebühr von 7x in Marken zu frankieren, wenn man frankieren wollte, wie die Fahrpost ab 1.2.1874 erst mit Marken frankierbar war, das kam also erst sehr spät in der Kreuzerzeit auf.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    prima, das ist sehr instruktiv.

    Ansonsten wäre es ein Porto-Chargé-Brief geworden (ab 1.1.1861 aber erst) und der Empfänger hätte sowohl das Porto, als auch die Recogebühr bezahlen müssen.

    ...dazu noch eine Frage der Vollständkeit halber: Hätte man das verklebte Franco (hier 3 Kr) dabei noch zum Abzug gebracht ?

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Jein - lt. Vorschrift war ab 1.1.1861, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Postvereinsvertrages, den Bayern auch im Inneren übernommen hatte, das Porto und die Chargégebühr immer gemeinsam zu erheben; also bei frankierten Recobriefen musste der Absender das Franko und die Reco-Gebühr sofort bei der Aufgabe entrichten. Bei unfrankierten Recobriefen musste der Empfänger sowohl das Porto (mit Zuschlag!) und auch die Reco-Gebühr zusammen bezahlen.

    Aber: In meiner kleinen Contra-Sammlung habe ich zumindest einen Brief, bei dem man das Franko bezahlte, aber die Reco-Gebühr dem Empfänger anlastete. Insofern keine Regel ohne Ausnahme (der Grund war, dass der Absender frankieren musste, sonst wäre der Brief vom Empfänger gar nicht erst angenommen worden, aber der Empfänger zuvor verlangt hatte, ihn einzuschreiben, obwohl das dem Absender gar nicht genehm war).

    Evtl. könnte es das auch umgekehrt geben - Absender zahlt die Reco-Gebühr, will den Brief aber gar nicht frankieren (weil auch vlt. der andere seine Briefe an ihn nicht frankiert hatte).

    Um eine potentielle Frage von dir gleich vorweg zu nehmen: Was passierte, wenn einer zu wenig Geld dabei hatte, einen frankierten und chargierten Brief abzusenden? Ja, auch das gab es (extrem selten): Dann war die Zahlung der Chargégebühr priorisiert und was dann noch übrig blieb, in Marken zu kleben, den Rest aber als Porto mit Zuschlag dem Empfänger zu belasten (und so auch auf dem Postschein zu vermerken!).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Freunde,

    den folgenden Brief habe ich vor Jahren sicherlich schon mal gezeigt (aber ich weiss nicht mehr wo).

    Aber er passt gut zu dem schönen Brief, den uns bayern klassisch im Beitrag 726 vor kurzem gezeigt hat. Deshalb darf ich ihn nochmal zeigen.

    Es handelt sich um einen innerbayerischen Brief der 1. Entfernungszone (bis 12 Meilen) und 3. Gewichtsstufe (über 2 Loth bis 3 Loth einschl.), der im September 1859 von Bamberg nach Würzburg lief (Entfernung ca 9,4 Meilen).

    Er trägt auf der Vorderseite Vermerke das Absenders " frey " und " Gegen Schein " und die Post setzte auch einen schönen Abschlag des Chargé-Stempels auf die Vorderseite.

    Was dem Brief fehlt, ist ebenso wie beim Brief von bayern klassisch, die Chargé-Nummer. Die wurde wohl vergessen.

    Viele Grüße

    Bayern-Kreuzer

  • Lieber Wolfgang,

    eine echte Rosine - vermutlich war der Postler so auf seine herrlichen Abschläge konzentriert, dass er die wichtige Reco-Nr. glatt vergessen hat. Uns freuts umso mehr! :love: :love: :love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Jürgen,

    siehst du hier in der Mitte einen weiteren Brief aus unserer Zeit:

    https://www.jmw.at/news/von_aleph_bis_taw

    Also hebräische Schreibschrift ("Currente"), eindeutig.

    Hallo Ralph

    Ganz herzlichen Dank für die Informationen.

    Bin ob der Fülle überwältigt.

    Sobald wieder etwas mehr Ruhe in mein Leben eingekehrt ist,

    werde ich mich dem Ganzen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zuwenden.

    Gruß und Dank

    Jürgen