Die 1866 an Preussen abgetretenen Postorte

  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu folgender Dienstbrief aus Zeitlofs, mit Aufgabe in Brückenau am 23. März 1849, nach Hettenhausen, Landgericht Weyhers, mit Ankunftsstempel WEYHERS vom 24. März 1849. Die Brief - und Fahrpostexpedition ohne Poststall in Weyhers wurde am 1. September 1848 eröffnet. Gleichzeitig wurden am 1. September 1848 Karriolpostfahrten zwischen Weyhers und Motten festgelegt. In Motten bestand seit 16. November 1828 eine Posthalterei. Am 1. Mai 1846 wurde in Motten zusätzlich eine Briefpostexpedition eröffnet, die jedoch bereits wieder am 18. September 1846 aufgehoben wurde. Die Posthalterei blieb bestehen und diese führte die täglichen Karriolpostfahrten zwischen Weyhers und Motten durch. Hettenhausen und Weyhers kamen anfang 1867 zu Preußen.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu ein Dienstbrief als Regierungssache von Höllrich mit Aufgabe in Gemünden (9 km einfacher Fußweg), nach Hettenhausen, Post Schmalnau, mit Aufgabestempel Gemünden vom 26. Februar 1857. Schmalnau bekam am 1. Januar 1857 eine Postexpedition. Am 3. Februar 1857 wurde Hettenhausen dem Bestellbezirk von Schmalnau zugeteilt. Siegelseitig Durchgangsstempel von Weyhers (28.2.1857) und Ankunftsstempel von Schmalnau vom 1.3.1857. Am 14. Januar 1867 kamen Weyhers und Schmalnau zum Königreich Preußen.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,

    in Ergänzung zum vorhin eingestellten Dienstbrief: Regierungssache von Höllrich mit Aufgabe in Gemünden am 15. März 1853, nach Hettenhausen bei Weyhers. Ankunftsstempel "GERSFELD" 17.3.1853. Anscheinend war Hettenhausen vor 1857 im Bestellbezirk von Gersfeld. Auch Hettenhausen und Gersfeld kamen am 14. Januar 1867 zu Preußen.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Auch Hettenhausen und Gersfeld kamen am 14. Januar 1867 zu Preußen.

    Ich könnte dazu sagen, politisch ja, aber nicht kirchenrechtlich, denn auf katholischer Seite war da noch der Bischof von Würzburg das kirchliche Oberhaupt. Selbst im Diözesansarchiv war die Mitarbeiterin erstaunt, dass diese Episode unbekannt ist. Aber wen interessiert so ein Pf... der Geschichte, auch wenn das ca. 40.000 "Schäfchen" betraf.

    Entschuldigung, zum Thema: Eventuell wurde der Ort auch mit ä geschrieben? Dazu fand ich aus 1863

    Und hier zur optischen Orientierung aus einer Übersichtskarte des Rhön-Gebirges von 1880.

    Grüße von Luitpold

    Nur zur Ergänzung: Aus 1848 (siehe Dateiname)

    3 Mal editiert, zuletzt von Luitpold (22. Juli 2023 um 14:58) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Hallo Luitpold,

    vielen Dank. Ich konnte bisher noch nicht herausfinden, bis wann die ehemals bayerischen Orte zum Bistum Würzburg - und ab wann sie zum Bistum Fulda gehörten.

    Hier nun ein Post-Einlieferungsschein mit dem preußischen Zweikreisstempel ohne Datum und ohne Uhrzeit von Gersfeld, der lt. Buch von Peter Jacob "Rhöner Post in alter Zeit" nur auf Post-Einlieferungsscheinen vorkommt. Herr Jacob schreibt, daß der Stempel auf Vorrat auf den Scheinen abgeschlagen wurde und dann nur noch das Datum von Hand eingetragen werden mußte. Verwendung nur in den Jahren 1881 und 1882, lt. Herrn Jacob. Dieser Schein ist vom 12. Juni 1881.

    Beste Grüße,

    Hermann

  •  

    Ich konnte bisher noch nicht herausfinden, bis wann die ehemals bayerischen Orte zum Bistum Würzburg - und ab wann sie zum Bistum Fulda gehörten.

    Das ist auch nicht so schnell erzählt, weil ohne geschichtliche Hintergründe, das "Drama" nicht vollumfänglich verstanden werden kann.

    Kurz-Info: Beteiligte waren, der Bischof und sein Vikar von Fulda, der leider in Rom auf dem 1. Vatikanischen Konzil verstorbene Bischof von Würzburg, Anton v. Stahl und sein Vikar Reitzenstein, die Vertretung des Hl. Stuhls in München, der Preuß. Staat, der bayerische Staat und letztlich der Papst in Rom.

    Wäre ich Redakteur würde ich das Drehbuch schreiben. Man stelle sich vor, all die Herren in ihren Talaren, Uniformen und Gala-Anzügen. In den entsprechenden Räumen der Residenzen und gar

    den Papst im Petersdom. Was wäre das für eine Augenweide und klassische Stoffe sind ja in.

    Mir hat es viele spannende Stunden gebracht und wäre da nicht ein Veröffentlichungsverbot des Archivmaterials, dann könnte ich sogar ein Schreiben aus Fulda zeigen, aus der Korrespondenz zwischen Fulda und Würzburg in der Angelegenheit der Abtretung des Dekanates an Fulda.

    Auslöser zur Recherche war dieser Brief, die Beiträge finden sich unter Suchwort "Gersfeld" (die dortigen Kommentare sind allerdings hinfällig, weshalb ich keinen Link setzen möchte).

    Luitpold

  • preußischen Zweikreisstempel ohne Datum und ohne Uhrzeit von Gersfeld, der lt. Buch von Peter Jacob "Rhöner Post in alter Zeit" nur auf Post-Einlieferungsscheinen vorkommt. Herr Jacob schreibt, daß der Stempel auf Vorrat auf den Scheinen abgeschlagen wurde und dann nur noch das Datum von Hand eingetragen werden mußte.

    Lieber Hermann,

    Herr Jacob irrt sich zumindest insofern, daß der Stempel auch auf Marken vorkommt.

    Stempeldatenbank

    Schon in preussischer Zeit wurden ausgediente Stempel als Formularstempel benutzt (L2 und K2 ohne Datum). Das wurde auch zur Zeit des Deutschen Reiches so gemacht.

    Da der K2 GERSFELD laut Datenbank mindestens bis 1886 belegt ist, bin ich auch der Meinung, daß Scheine ohne Datum auf Vorrat gestempelt wurden und danach das Datum wieder normal eingesetzt wurde.

    liebe Grüße

    Dieter

    Einmal editiert, zuletzt von Klesammler (23. Juli 2023 um 14:16)

  • Moin,

    wieso irrt sich Herr Jacob?

    Er schreibt, das der Stempel ohne Datum und ohne Uhrzeit "nur" auf Postschein vorkommt.

    Im Umkehrschluss heißt das doch, das Stempel mit Datum und Uhrzeit auf Marken und anderen Belegen vorliegt, oder?

    Gruß Jörg

  • Lieber Dietmar,

    herzlichen Dank. Also kann man davon ausgehen, daß im Dezember 1867 aus den ehemaligen bayerischen Orten die Dekanade Hilders und Orb gebildet wurden. Diese gehörten aber weiterhin zur Diöcese Würzburg. Erst am 14. September 1871 kamen die beiden Dekanade Hilders und Orb zur Diöcese Fulda.

    Aus der Aschaffenburger Zeitung vom 14. Dezember 1867:

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Dietmar,

    herzlichen Dank. Also kann man davon ausgehen, daß im Dezember 1867 aus den ehemaligen bayerischen Orten die Dekanade Hilders und Orb gebildet wurden. Diese gehörten aber weiterhin zur Diöcese Würzburg. Erst am 14. September 1871 kamen die beiden Dekanade Hilders und Orb zur Diöcese Fulda.

    Aus der Aschaffenburger Zeitung vom 14. Dezember 1867:

    Dieser Übergang* ist für die Postgeschichte nicht relevant, aber für die Menschen vor Ort bedeutete dies eine über Jahrhunderte bestehende Beziehung zu Würzburg und dem Ortsheiligen Kilian zu verlieren. Nach den Zählungen von 1864, 1867 wurde eine neue durchgeführt, waren das so ca. 32.000 - 36.000 Einwohner die zu Preußen kamen.

    In den Zeitungen von damals liest man von weinenden Leuten, als der Bischof von Würzburg zum Abschied in die jeweiligen Orte kam.

    Besonders für die katholischen Pfarrer galt zu entscheiden, ob sie auf den preußischen König die Eidesformel schwören oder doch im Verbund mit Würzburg, damit Bayern bleiben wollten.

    Der im obigen Artikel genannte Pfarrer Barthelmes entschied sich für Bayern und ging 1871 aus Hilders fort:

    In Nachhinein entschied er sich richtig, denn der preußische Staat machte es dann später den Katholiken nicht leicht, es kam zum Kulturkampf https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturkampf

    Aber auch der bayerische Staat trennte Kirche und Staat und begann die Pfarrer von der Oberaufsicht über die Lehrer zu entbinden und führte eine "Eignungsprüfung" für die Pfarrer ein, also mischte sich in kirchliche Angelegenheiten ein. Das ist bis heute so, wenn ein Bischof von Rom ernannt ist, der aber zu (aktuell) Herrn Söder muss, um dort den staatlichen "Segen" zu bekommen (salopp formuliert, bitte um Nachsicht).

    Im Gegensatz zu heute, gab es damals so viele Bewerber auf eine Pfarrstelle, dass je nach Prüfungsergebenis die Pfarrstellen zugeteilt wurden (denn es gab sehr gute und weniger gut bezahlte Pfarrstellen). So hatte der Pfarrer Gigrich (siehe mein Brief oben) die Priesterweihe schon 1860 erhalten und erst 1868 seine erste Pfarrstelle.

    Wenn Geschichte allgemein von Interesse ist, kann oftmals ein einziger Brief der "Türöffner" zu unbekannten historischen Ereignissen und manches mehr sein.

    Übergang*

    * merkwürdig - oder? Dann wurde erst 1873 Vollzug gemeldet, wie amtlich aus dem Kreis-Amtsblatt vom 11.1.1873:

    Es wird hiermit zur Offenkunde gebracht, daß die ehemals bayerischen nunmehr auf k. preuß. Gebiete gelegenen kath. Seelsorgebezirke, nämlich die zum Dekanate Hilders gehörigen Pfarreien Batten, Gersfeld, Hilders, Kleinsassen, Lahrbach, Lütter, Poppenhausen, Reulbach, Schmalnau, Simmershausen, Weyhers und Wüstensachsen, dann die zum Dekanate Orb gehörigen Pfarreien Aufenau, Oberndorf, Orb und Wirtheim samt der Curatie Alsberg auf Grund päpstlichen Consistorial-Dekrets vom 29. August 1870 von der Diöcese Würzburg abgetrennt und der Diöcese Fulda einverleibt worden sind.

    Würzburg, den 7. Januar 1873.

    Königl. Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg,

    Kammer des Innern. Graf von Luxburg.

  • Das wäre ja ... ;)

    Im Laufe der vergangenen Woche wurde bei der kgl. bayer. Postexpedition Bischofsheim v. d. R. ein Paquet in die Schweiz gehend, aufgegeben und sollte frei gemacht werden. Auf die an den Postexpeditor gerichtete Frage, "was es koste" erwiederte derselbe, daß er das erst in einer Stunde sagen könne, weil er die verschiedenen Verordnungen aufsuchen müßte. Man begnügte sich damit und ging andern Tags wiederholt in die Postexpedition, um seine Frankirungskosten zu berichtigen, aber wie erstaunte man, als der Postexpeditor erwiderte, daß er es nicht sagen könne, was es koste, weil er das Paquet der kgl. perußischen Postexpedition Gersfeld mitgetheilt habe, um von da aus zu erfahren, was es koste. Und siehe da, es kam auch Mittags von Gersfeld retour mit dem Bemerken, daß es so und so viele Silbergroschen und Pfennige koste. Man zahlte hierauf seinen Betrag und bat um Ausfertigung eines Postscheins. Aberman erschrak, als man von dem kgl. bayer. Postexpeditor, daß er den Schein erst andern Tags aushändigen könne, weil er das erwähnte Paquet bei der kgl. preußischen Postexpedition Gersfeld aufgeben und von dieser der Schein ausgefertigt würde.

    aus Würzburger Wochenblatt und Stechäpfel Nr. 27 vom 6. Juli 1867

  • Liebe Sammlerfreunde,

    bekanntlich wurden am 1. November 1835 in Tann, Hilders, Wüstensachsen, Gersfeld und Bischofsheim vor der Rhön, kgl. bayer. Briefsammlungen eröffnet und bereits 1834 begann der Bau einer Straße von Tann über Hilders und Wüstensachsen bis Bischofsheim, die im Jahr 1840 fertig gestellt wurde. Damit wurde erstmals das Gersfelder Gebiet in der Rhön durch die bayerische Staatspost postalisch erschlossen. Bis dahin erfolgte die Beförderung von Paketen und Briefen durch Amtsboten und Boten. Hierzu folgender Dienstbrief aus Tann vom 7. Mai 1835, an die kgl. Bau - Inspektion zu Münnerstadt. Zum Inhalt: es geht um den Straßenbau von Wendershausen bis an die Grenze des kgl. Landgerichtes Hilders. Der Brief wurde vom Tanner Amtsboten Konrad Fuß bis Hilders befördert. Von dort erfolgte die weitere Beförderung durch den Landgerichts- und Rentamtsboten Heinrich Fischer, aus Hilders, nach Mellrichstadt. Stempel "MELLERICHSTADT" vom 10. Mai 1835. (die Informationen zu diesen Brief sind aus dem Buch: "Rhöner Post in alter Zeit von Peter Jacob").

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Hermann,

    das war dann im äußerst ländlichen Gebiet schon ein weiträumiger Fortschritt. Bei dem Begriff "Briefsammlungen" frage ich mich als Laie der Materie immer, was dort für Leistungen im Auftrag des Königreichs erbracht worden sind. War das irgendwo klar definiert ?

    Schönen Gruß :thumbup:

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Lieber Tim,

    der Gegensatz einer Postexpedition zur Briefsammlung war, daß zur Postexpedition ein Poststall gehörte. Zu den von mir genannten Briefsammlungen in Tann, Hilders, Wüstensachsen, Gersfeld und Bischofsheim vor der Rhön, kamen am 1. Juli 1842, jeweils Postställe, so wurden diese ab diesen Zeitpunkt als Postexpeditionen mit Poststall genannt, nachdem die "Private Fahrpost in der Rhön" in staatliche Regie übernommen wurde. Ab 1844 wurden generell die neu hinzu gekommenen Postexpeditionen in Bayern nur noch "mit Poststall", oder "ohne Poststall" bezeichnet. Es ist schwierig, die jeweiligen Leistungen der einzelnen Briefsammlungen aufzuzeigen. Z.B. habe ich in einen Rundbrief der Arge Bayern klassisch die Briefsammlung Wirtheim beschrieben. Die Briefsammlung Wirtheim lag am täglichen Thurn und Taxis'schen Postkurs "Frankfurt - Fulda" und Wirtheim hatte keine direkte Verbindung zu kgl. bayer. Postkursen. Briefsammler Günther, Gastwirt, hatte nur die Aufgabe, die Postsendungen von der Thurn und Taxisschen Post, die in Wirtheim Halt machte, für Wirtheim und Orb entgegen zu nehmen und aufzugeben. Desweiteren ging ein Amtsbote vom Landgerichtsbezirk Orb nach Wirtheim und übergab die Post dem Wirtheimer Briefsammler und nahm seine Post von dort mit. Andere Briefsammler machten nur Botengänge, usw.. Bisher habe ich noch keine amtliche Beschreibung für eine Briefsammlung gesehen. Aber wie gesagt, man kann Postexpeditionen und Briefsammlungen unterscheiden wenn sie einen Poststall oder keinen Poststall hatten. Schwierig ist auch, daß die Post bis 1843 Briefsammlungen einmal als Postexpeditionen bezeichnete und dann wieder als Briefsammlungen. Also, wie du siehst, Briefsammlungen in Bayern, sind ein schwieriges Sammelgebiet. In späterer Zeit werden wir, Dietmar und ich, dieses in den Rundbriefen der Arge Bayern klassisch ausführlich behandeln.

    Liebe Grüße,

    Hermann