MiNr. 2 - 3 Kr. blau - Druck und Plattierung

  • Hallo Volker,

    auch hier wieder Traumabschläge, bei denen man auf andere Gedanken kommen kann. Allerdings beschreibt die Destination auch ein kleines Stück Pfalzgeschichte. Die Adressatin, das Fräulein Sannchen Engelmann war wohl die Tochter des Gutbesitzers Simon Engelmann, welcher den ehemaligen Hertlingshäuser Klosterhof und das Merz`sche Schloss in westlicher Randlage der Ortsgemeinde Quirnheim (heute Verbandsgemeinde Leiningerland) übernommen hatte. In der Adressierung wird die sehr umfassende Gesamtanlage als Quirnheimerhof bezeichnet, welcher auch als solcher in der Liste der Quirnheimer Kulturdenkmäler aufgenommen worden ist (siehe Quelle unten, vorletzter Eintrag). Von dort oben aus sind es bis nach Grünstadt im Tal fast 8 km, mit einem Höhenunterschied von etwas über 120 m, so dass der Landpostbote damals schon ordentlich was zu tun hatte.

    Viele Grüße

    Tim :thumbup:

    verwendete Quelle:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…er_in_Quirnheim

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…er_in_Quirnheim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    der folgende Brief ist für mich eine kleine Besonderheit: Sollte eine Platte 4 sein, die von 1858-1860 verwendet worden sein sollte, zeigt er doch zwei identisch klare Abschläge des Schwabacher Aufgabestempels vom 3.10.1858-1860 und man fragt sich unwillkürlich, warum man dort gleich zweimal den Aufgabestempel abschlug, wo doch viele Expeditoren hin und wieder ihren Aufgabestempel ganz abzuschlagen vergessen hatten. Ich kenne nur relativ wenige Briefe, bei denen der Zweitabschlag nicht der Verbesserung oder gar der Korrektur des 1. Abschlags diente.

  • Lieber Ralph,

    vielleicht war der Schwabacher Expeditor ein Perfektionist, denn der linke ist doch etwas besser als der rechte. Aber wirklich erklären kann man sich das Ganze nicht. Auf jeden Fall wieder ein Schmankerl für Deine Kontra!

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    so ist es - eine Seite ist schon "voll". :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,


    so viele Stempel wie der Brief von Heribert hat er nicht und auch keine zwei Aufgabestempel wie bei Ralph.

    Aber gekauft habe ich den Brief trotzdem, auch wenn’s nur vier verschiedenen Ortstempel sind, die sich drauf befinden.


    Der mit einer 3 Kreuzer blau der Platte 2b frankierte Brief ging von Nürnberg an den Revierförster Meyer auf Schloss Greifenstein, dem Stammsitz der Freiherren Schenk von Stauffenberg.


    In Nürnberg am 19. Mai 1854 aufgegeben (laut Stempel 12 - 1), ist nicht ganz klar, wann er auf Strecke in das 6 1/2 Meilen entfernte Greifenstein ging.
    Erstmals umkartiert wurde er am 20/5 in Forchheim, ein zweitesmal in Ebermannstadt ebenfalls am 20/5, um am selben Tag dann in Heiligenstadt anzukommen. In das 1 km entfernte Schloss hat ihn der Briefträger wohl gleich ausgetragen.


    Ganz schön viele Unterbrechungen für ganze 47 km!


    Neben diesem postalischen Aspekt des Postweges hat sich aber herausgestellt, dass auch der Inhalt recht interessant ist.


    Beim Briefinhalt bräuchte ich allerdings etwas Lesehilfe, denn bei einem, dem entscheidenden, Wort bin ich mir nicht sicher.


    Ich lese:

    Herrn Revierförster Meyer
    Greifenstein

    Dutzendteich den 18. Mai 1854

    Das Freiherrl. Schenk von Stauffenbergl. Rentamt Burggrub hat mich bereits unterm 27ten vor. Mts. benachrichtigt, daß es zur Anschaffung des zur Aufstellung des Brunnen ??...... erforderlichen Holzes, sowie zur Herstellung der nöthigen Pflastererarbeiten entsprechende Anordnung getroffen habe. Da ich nun zur Aufstellung des ?? ..... in den nächsten Tagen dort einzutreffen beabsichtige, erlaube ich mir vorher nochmals anzufragen, ob inzwischen dieser amtlichen Anordnung zur Genüge entsprochen wurde, damit ich in meinen Arbeiten dort nicht behindert bin.

    Gefälliger umgehender Rückäußerung entgegensehend, zeichnet

    achtungsvoll und ergeben

    Johann Wilhelm Späth


    Ich lese das fragliche Wort als „Krahnens“, was von der Bedeutung einem „Brunnenkran“ entsprechen würde. Wer kennt einen solchen?


    Sinn würde diese Leseart schon machen, denn unterschrieben ist der Brief von Johann Wilhelm Späth aus Dutzendteich.

    Dieser J. W. Späth wurde 1786 in Ismannsdorf geboren, machte eine Müllerlehre und bildete sich auf seinen Wanderjahren als Müllergeselle zum Maschinentechniker weiter.

    1825 gründete er in Dutzendteich die „erste bayerische Maschinenfabrik“.

    Wikipedia:

    „Die 1825 von Spaeth gebaute neue Winde zur Befestigung des Englischen Grußes von Veit Stoß in der Lorenzkirche ist noch heute in Betrieb.

    Spaeth konstruierte Teile für die, „Adler“ genannte, erste Dampflokomotive in Deutschland, die am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth fuhr, und wirkte am Zusammenbau der vom englischen Lokomotivbauer Robert Stephenson in über hundert Einzelteilen gelieferten Lokomotive mit.

    Für den Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals, der die Donau mit dem Main verband, entwickelte er besondere Baggermaschinen, Wasserschnecken (zur Förderung von Wasser), Ladekräne, Schleusen und Stauwehre.„


    Wenn er den Auftrag für den Freiherrn Schenk von Stauffenberg ausgeführt har, war es wohl einer seiner letzten, denn nur knappe 3 Monate später, am 10. August 1854 ist er als einer der ersten von mehr als 300 Nürnbergern während der Cholera-Epidemie gestorben. (Corona lässt grüßen.)


    Von der Notiz rechts oben im Brief kann ich nur entziffern:

    per 21/5 54 beantwortet...........

    Wer kann mir hier weiterhelfen?


    Danke und beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    Das freiherrlich Schenk von Stauffenbergische Rentamt Burggrub hat mich bereits unterm 27ten vor. Mts. benachrichtigt, daß es zur Anschaffung des zur Aufstellung des Brunnen - Krahnens erforderlichen Holzes, sowie zur Herstellung der nöthigen Pflastererarbeiten entsprechende Anordnung getroffen habe. Da ich nun zur Aufstellung des Krahnens in den nächsten Tagen dort einzutreffen beabsichtige, erlaube ich mir vorher nochmals anzufragen, ob inzwischen dieser amtlichen Anordnung zur Genüge entsprochen wurde, damit ich in meinen Arbeiten dort nicht behindert bin.

    Gefälliger umgehender Rückäußerung entgegensehend, zeichnet

    achtungsvoll und ergeben

    Johann Wilhelm Späth

    so sollte das stimmen.

    Das Gekrakel oben rechts sehe ich auch so, kann es aber nicht sicher lesen.

    Mit "Briefträger" liegst du aber falsch - damals hatten die PE nur Stadtbriefträger - Sendungen ins Land mussten abgeholt werden, oder blieben im Postfach liegen, wenn man eines hatte.

    Dein Brief zeigt den sog. Einzeltransit, also von PE zu PE und es ist immer schön, wenn man das dokumentieren kann. :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Wenn er den Auftrag für den Freiherrn Schenk von Stauffenberg ausgeführt har, war es wohl einer seiner letzten, denn nur knappe 3 Monate später, am 10. August 1854 ist er als einer der ersten von mehr als 300 Nürnbergern während der Cholera-Epidemie gestorben. (Corona lässt grüßen.)

    Jetzt ist mir auch klar, das hier die Cholera-Epedemie in München 1854 gemeint ist. Dazu habe ich bereits recherchiert, weil in diesem Jahr die "Allgemeine deutsche Industrie-Ausstellung zu München"

    im Glaspalast stattfand. Diese Leistungsschau war plötzlich Nebensache, da wegen der Cholera alles was konnte München verließ:

    Info: https://books.google.de/books?id=XHRzC…cholera&f=false

    Dazu noch zeitgenössische Infos zu Späth:


    Es kann also gut sein, dass das Holz wie im Brief geschrieben, für die Aufstellung dieser Ausstellungsstücke benötigt wurden. Sozusagen Indizien aber keine Beweise. Dennoch wie ich immer sage, wer sucht der findet, mal mehr mal weniger interessante historische Geschehnissse.

    Guten Abend von Luitpold

  • Hallo Luitpold,


    den Brief interpretiere ich eher so, dass hier Arbeiten am Schlossbrunnen durchgeführt werden sollten und der Herr Späth sich vergewissert, dass das benötigte Holz bereit liegt und der Untergrund entsprechend (nöthige Pflastererarbeiten) vorbereitet ist. Er möchte ohne Zeitverlust seinen Kran aufstellen.


    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Ralph,


    danke für die Bestätigung des Textes.


    Ich kann mir vorstellen, dass der Freiherr Schenk von Stauffenberg sowohl ein Postfach in Heiligenstadt als auch einen Boten zur Beförderung der Briefe hatte.


    Das mit den Briefträgern wusste ich nicht. Orte im Zustellbereich einer PE wurden also nicht automatisch von einem „Postboten“ bedient?


    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    es gab nur Stadtbriefträger damals, die auf Kosten der Postverwaltung angestellt waren.

    Zum 1.10.1858 machte man einen Versuch in der Rheinpfalz, als man das Institut der Landpostboten (original: Ruralboten) einführte, die auch Brief- und Fahrpost (mit gewissen Limitierungen) in die maßgeblichen Orte des Landbestellbezirks verbringen sollten und auch von dort Post empfingen, um sie dann der Postexpedition auszuliefern. Für die Postkunden war dieser Dienst kostenlos!

    Nachdem dieser Feldversuch gut gelaufen war, überzog man am 1.10.1860 ganz Bayern mit den Landpostboten. Vorsicht: Nicht jeder Ort, nicht jeder Weiler und schon gar keine Mühlen oder Höfe wurden angelaufen, sondern nur die, die eine gewisse Schwelle von Postsendungen erhielten bzw. aufgaben und die für die Aufstellung eines Landpostbriefkastens (mussten die Gemeinden kaufen und instand halten) verantwortlich zeichneten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Will,

    ja das sind Briefe, die ich so sehr liebe. Ein Stück gelebte Zeitgeschichte. Und in München tobte die Cholera.

    Lieber Ralph, jetzt wissen wir auch über die "Briefträger ", was wir bereits geahnt hatten. Danke

    Grüße aus Frankfurt

    Heribert

  • Hallo Sammlerfreunde,

    mitten auf dem Brief prunkt der Absenderstempel der Brief der Firma J.W. Fuchs aus Nürnberg,

    aufgegeben wurde der Brief aber am 25. März 1853 in Kaufbeuren Sc .

    Mit 3 Kreuzer war der Brief von Kaufbeuren nach Mittenwald ausreichend frankiert.

    Von Nürnberg aus wären für die Entfernung über 12 Meilen 6 Kreuzer notwendig gewesen.

    Frankiert wurde eine 3 Kreuzer blau von Platte 2b.

    Die Entwertung in Kaufbeuren erfolgte mit dem schon abgenutzten MR "152", der im Jahr 1855

    oder 1856 durch einen neuen Mühlradstempel "152", Type b mit schmaler Ziffer "5", ersetzt wurde.

    Gruss Kilian

  • Lieber Kilian,

    ein herrlicher Brief - mitten drauf den Firmenstempel ... also Angst, dass dieser Briefeschmuggel entdeckt werden konnte, hatte der Nürnberger sicher nicht.

    Schön, dass du auch solche Briefe in deine Sammlung integrierst (daneben ist er natürlich sehr attraktiv!). :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ... also Angst, dass dieser Briefeschmuggel entdeckt werden konnte, hatte der Nürnberger sicher nicht.

    Immer negativ denken:?:Warum nicht mal eine Unschuldsvermutung :!:

    Kann nicht auch ein Reisender der Firma J.W. Fuchs aus Nürnberg, unterwegs in Kaufbeuren, den Brief aufgegeben haben? Z.B. Bei Vertreter-Besuchsanzeigen ist das häufig der Fall. Vielleicht ist im Brief hierzu etwas zu erfahren. Im übrigen ist der Adressat eine bekannte Adresse.

    Luitpold

  • Lieber Luitpold,

    ich habe zuviele dieser Briefe gesehen, bzw. in meiner Sammlung, um an Unschuldsvermutungen zu glauben; in der Masse kann man leicht an den Daten des Briefes (Schreiben - Postaufgabe) erkennen, dass 3x viel Geld waren damals, das sich die Firmen gerne mal gespart haben (und wenn man das ein paar Mal im Monat schafft, kann man den Kunden wieder ein bisserl günstigere Preise machen und mehr Aufträge generieren).

    Aber ich lasse mich natürlich gerne eines Besseren belehren ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Sammlerfreunde,

    lt. Briefinhalt wurde der Brief am 24.März 1853 in Nürnberg geschrieben.

    War es ein Brief unter Briefen, dann war er schon ein Tag später in Kaufbeuren,

    wo er noch am selben Tag zur Weiterleitung nach Mittenwald zur Post gebracht wurde.

    Oder der Brief wurde von einem Reisenden in Kaufbeuren geschrieben.

    Den Firmenstempel hatte er dabei.

    Gruss Kilian

  • Lieber Kilian,

    der Brief wurde in Nürnberg geschrieben und von Herrn Fuchs dort auch unterschrieben. Nach dem Postgesetz und dem Postzwang hätte er ihn auch dort aufgeben müssen. Von einem Reisenden ist nicht die Rede - das täte auch nichts zur Sache, genauso gut hätte er den Brief auch einem Wandergesellen Richtung Allgäu, oder einem Laienprediger auf dem Jakobsweg mitgeben können ... ^^

    Wer verschlossene Briefe nicht seiner Post zum Transport aufgibt, der hat die Postverwaltung halt betrogen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo zusammen,

    der Postzwang ist ein vieldiskutiertes Thema, das Gegenstand umfangreicher Kommentierungen zum späteren Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs war. Interessant dazu sind Kommentierungen zu dem von @bk schon angesprochenen Komplex. Man sollte hier:

    https://books.google.de/books?id=J8OhB…0gesetz&f=false

    ...zunächst zum Normtext, Seite 73/74 zurückgehen und dann die Passagen Seite 75 oben, Seite 76 oben, im Besonderen Seite 79 oben, Seite 83 Ziffer 4 und Seite 88 Ziffer 6 lesen. Dann wird denke ich schon mal so einiges aus der Gesamthistorie des Postzwangs heraus klar, auch wenn man da einiges bislang nicht für möglich gehalten haben sollte.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    genau so ist es. Das predige ich seit 30 Jahren und müsste eigentlich für die Mitglieder und Leser dieses Forums längst klar sein, dass dergleichen Contraventionen Straftaten waren und keine Bagatelldelikte (Kavaliersdelikte).

    Danke fürs Zeigen dieser Quelle, die wohl zu 99% auf alle anderen Postanstalten im 19. Jahrhundert zugetroffen haben wird.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.