Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo Tim,

    auf die Adresse hatte ich gar nicht geschaut - nur auf das Datum, die Ware und natürlich die KGE-Stempel (3 Stück sind ja schon ganz nett, davon 2 offenbar bisher unbekannte).

    Klasse, was du zu unserem Apotheker herausgefunden hast. Solltest du an dem Stück Interesse haben, können wir ja in Hochspeyer tauschen ... der September ist ja nicht mehr fern.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    besten Dank für die Offerte, leider aber kein Pfalzbezug ersichtlich und (sogar) 3 K.G.E.`s, das sollte man gut festhalten 8o

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    alles klar - wollte dich nur ein bisserl unterstützen, falls du das Stück gebraucht hättest. Habe leider zum 70/71er Krieg gar nichts von den KGE aus der Pfalz ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten Abend Sammlerfreunde,

    bereits in post602 konnte eine von dem Kaiserslauterner Unternehmer und späteren Prokuristen der Frankenthalker Zuckerfabrik Carl Karcher (1843-1913) am 25. Februar 1871 in Commercy aufgegebene Korrespondenzkarte vorgestellt werden, in welcher er seiner Ehefrau in Kaiserslautern die Anwesenheit in Noisy-le-petit bei Paris bemerkt ...wobei ich mich immer noch frage, was das für ein Ort gewesen sein soll.

    Was er dort als Zivilist unternommen hat, ist bislang ebenfalls ein Rätsel geblieben, da er - mit nicht gerade einfach zu entziffenden Lettern - nur darüber Bericht erstattet hat, wo er überall des Weges auf gegnerischem Boden war. Das ist in der nun zufälligerweise entdeckten Vorläuferkarte vom 20. Februar 1871 anbei nicht wesentlich anders geraten.

    Eine Randbemerkung in dem Schreiben hat jedoch einen entscheidenden Hinweis gegeben, der bei daraufhin erfolgter Recherche ein klareres Bild dessen formt, um was es ihm da in Frankreich gegen Ende des Krieges gegangen sein mag. Zunächst aber einmal die Transcription, die sich diesmal erstaunlicherweise komplett hat bewältigen lassen:


    Frau Carl Karcher

    Kaiserslautern

    Rheinbaiern

    Wir blieben gestern von Sonntag auf heute Montag in Châlons über Reims. Eben 6 Uhr Abends schreibe ich von Meux. Unsere genaue Ordre wissen wir noch nicht, es ist sehr leicht möglich, dass wir nach Le Mans fahren, auch können wir auf Corbeil bey Paris kommen. In Sarcelles selbst sind wenig Kranke noch. Wir kommen heute Abend noch nach Noisy-le-sec ganz nah bei Paris und werden danach morgen oder Samstag nach Versailles kommen, wo wir jedenfalls erfahren werden, wohin es geht.

    In Liebe beste Grüße


    Die Bemerkung "in Sarcelles (Anm.: nordöstl. von Paris) selbst sind wenig Kranke noch", lässt darauf schließen, dass er in caritativer Mission unterwegs gewesen sein müsste und dabei auch den direkten Kontakt mit Bedürftigen der Truppe in Frankreich aufgesucht hat. Sei es, um ihnen gerade im strengen Winter des Frühjahres 1871 Verpflegungs- oder Bekleidungsmaterial zu überbringen oder ihren Rücktransport in die Heimat zu organisieren.

    Wie nun aus mehreren Anzeigen der Pfälzischen Volkszeitung hervorgeht, war er Anfangs des Krieges zunächst im Kaiserslauterner Comité zur Erfrischung durchziehender Truppen, wurde mehrfach in Verzeichnissen für Gaben ab den Bayerischen Verein zur Pflege und Unterstützung im Felde verwundeter und erkrankter Krieger und dies mit vergleichweise hohen Gelbeträgen von jeweils 10 Gulden aufgeführt und engagierte sich mit seiner Frau noch für Weihnachtsgaben an Kinder im Felde stehender Soldaten.

    Von entscheidender Bedeutung ist wohl aber sein Engagement in dem Anfang September 1870 gegründeten Truppen-Verpflegungs-Verein, der lt. dem angehängten Presseartikel der Pfälzischen Volkszeitung vom 6. September 1870 die Aufgabe hatte, "alle Gegenstände, welche ihm zur Ausführung obigen Zwecks zugestellt werden mittelst Abgeordneten und Agenten des Vereins, direct zur Armee zu befördern und dort für deren richtige Verwendung Sorge zu tragen."

    Etwas anderes kommt da auch für ihn eigentlich kaum mehr in Betracht. Sicherlich unterlag das ganze Engagement der jeweils aktuellen militärischen Auslangslage, die vor den Toren von Paris im Februar 1870 lange noch nicht vollends entspannt war. Gegen Ende des Krieges war er lt. der ebenfalls angehängten Pressemitteilung vom 18. März 1871 Kassierer des Comités zur Erfrischung der heimziehenden Truppen. So kommt man man von einem kleinen Hinweis, auf eine ganz große Leistung.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Lieber Tim,

    wie Alles von Dir vortrefflich recherchiert.

    Wir alle würden es sehr begrüßen, wenn Du diese gesammelten Werke in geeigneterWeise in einem Buch oder auch Büchlein veröffentlichten würdest.

    Liebe Grüße aus Frankfurt

    Heribert

  • Lieber Heribert,

    darüber habe ich in der Tat schon öfters nachgedacht, da ist schon ordentlich was am zusammen kommen 8o

    Herzlichen Gruß !

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... und diese Klaue muss man erst mal interpretieren können, wow!

    Könnte in gesammelten Werken mal zu einer Jahresgabe heran wachsen ... ich hätte auch nichts dagegen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    für diejenigen, welche es interessiert ein Nachtrag zum post1144 aus den Monatschriften des Frankenthaler Altertumsvereins Nr. 11/12 (Jg. 30) aus dem Jahre 1922. Damit ist das schon heiß vermutete "amtlich": Der Kaiserslauterner Kaufmann Carl Karcher war während des Krieges in Frankreich unterwegs, um mit Spenden aus der Zivilbevölkerung die Versorgung bedürftiger Soldaten zu unterstützen.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Guten Abend Sammlerfreunde,

    dem folgenden Beleg sei vorausgeschickt, dass aus den eigentlich ganz deutlich, aber dann doch sehr schwer lesbaren Zeilen unser guter Ralph den alles entscheidenden Hinweis gegeben hat (meine Pferde gingen...), der mich auf den Zusammenhang mit der sehr frühen Phase des deutsch-französischen Krieges gebracht hat. Danach ist es plötzlich gelaufen wie am Schnürchen und dafür möchte ich mich bei ihm recht herzlich bedanken.

    Abgesendet wurde die - wie üblich in der Mitte gefaltete - Karte vom Premierlieutenant Roman Woldemar Wygnanki (1842-1905), welcher lt. der preussischen Rang- und Quartiersliste der in Magdeburg ansässigen 4. Artillerie-Brigade angehörig war. Im www war sogar ein Bild von ihm zu finden:

    Am 5. Mai 1870 hatte er gerade erst seine Frau, die adressierte Margarethe Elisabeth Wygnanki, geborene Kricheldorff (1850-1909) geheiratet und nach dem Krieg 70/71 seine Militärlaufbahn sogar noch bis zum Generalleutnant fortsetzen können. Es ist wieder einmal eine Karte, die kurz nach der Mobilmachung auf dem Weg ins Feld nicht nötigerweise frankiert aufgegeben worden ist.

    Der Inhalt wie folgt:

    Herzlichste inngste Grüße. Wir sind des Nachts in Halle hier angekommen. Auf dem ??? Bahnhof war viel Troubel, meine Pferde gingen gut in den Wagen, habe Richard und Max Kricheldorff noch gesprochen. Guten Gruß. Grüße die Eltern

    Roman

    Wenn noch jemand den adressierten Wohnungsort in Magdeburg und das eine Wort vor Bahnhof "knacken" könnte, wäre das prima. Sehr wahrscheinlich ging es bei den verladenen Pferden um Trainpferde, die für den Transport von Munition und Bagage der Artillerie benötigt wurden. Es ist ferner davon auszugehen, dass Wygnanki der Korpsartillerie des IV. Armee-Korps (General Gustav von Alvensleben) unter dem Kommando von Generalmajor Karl Gustav Emil Crusius angehörig war.

    Das der II. Armee unterstellte Korps war bis zum 29. Juli im Raum Mannheim versammelt und erreichte nach Durchquerung der bayerischen Pfalz bis 10. August die Linie St. Avold-Saarunion. Danach nahm es an der Schlacht bei Beaumont, Sedan und Buzeval, dem Gefecht von Épernay, dem Ausfallgefecht von Pierrefitte und und der Belagerung von Paris teil. Wie gesagt: Ralph sei Dank, das war eine eine wirklich tolle Leistung.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Verwendete Quellen 

    https://www.wikitree.com/wiki/Kricheldorff-1

    https://www.wikitree.com/wiki/Wygnanki-5

  • Hallo Pfälzer,

    schöner Beitrag.

    Könnte es "Klosterkirchhof" sein? Ehemaliger Stadtteil in der Altstadt von Magdeburg. Aber mit viel Bauchschmerz ;)

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • ...jo Moje, das könnte passen, den gibt es ja, vielen Dank schon mal. Bei dem Wort vor "Bahnhof" steht "Breslauer" im Raum, aber einen solchen habe ich für Halle (Saale) noch nicht ermitteln können.

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Vom Kontext her würde ich eher einen Bahnhof als Quellpunkt der Bahnfahrt vermuten. Aber Breslau..... puhhh.

    Oben in der Transkription ist ein hier zuviel.

    Wir sind hier des Nachts in Halle hier angekommen.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


    Einmal editiert, zuletzt von guy69 (25. September 2022 um 10:02)

  • ...na, der Kontext war so wie geschrieben Breslauer Bahnhof, das kann schon sein, denn auch früher gab es manchmal mehrere Bahnhöfe in einer Stadt, die ("landläufig") von ihrer Hauptrichtung her bezeichnet wurden. Aber wie gesagt, so eine Begrifflichkeit habe ich für Halle (Saale) bisher nicht finden können. Die Wiederholung ist korrigiert.

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Oh da habe ich mich falsch ausgedrückt. M.E. sollte es der Bahnhof der Verladung sein als Startpunkt. Er befindet sich ja derzeit in Halle was auch der Stempel bezeugt. Er berichtet von der vorangegangenen Verladung in einer anderen Stadt (Breslau).

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • ...das kann vorliegend so nicht sein, denn die Einheiten der 4. Artillerie-Brigade (Feld- und Festungsartillerie mit Stab) waren nicht in Breslau, sondern (wie geschrieben) am adressierten Heimatort Magdeburg ansässig und sind ursprünglich dort auf die Bahn gekommen. Ich wollte mich auch nicht auf ein Breslauer fixieren und eher nach anderen Transcriptionsvorschlägen ausschauen.

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Ich habe noch Buckau gefunden. Magdeburg Buckau Bhf. Der Buckauer Bahnhof wurde aber erst 1918 nach Wikipedia eröffnet. Leider muss ich jetzt arbeiten gehen (Somit fiel auch die KÖHLER Auktion diese Woche aus, die nur 4 Kilometer weg ist). Vielleich suche ich heute Abend nochmal.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo Freunde,

    könnte es der "Thüringer Bahnhof" sein? Halle war Ausgangspunkt der Thüringer Eisenbahn über Eisenach nach Bebra, dann weiter nach Kassel und Frankfurt. Das ergäbe einen Sinn. Leider kann ich den Text auf der Karte nicht lesen.

    Beste Grüße

    Jürgen