Weiterleitungen innerhalb Preußens

  • Liebe Freunde,

    hier ein Porto-Brief von 1843 aus Pyrmont, im Fürstentum Waldeck-Pyrmont aber mit preußischer Post, an einen Reisenden aus Cöln, derzeitig in Minden.

    Der Gast war aber schon weitergereist nach Elberfeld und der Brief wurde, ohne Bezahlung des bisher angefallenen Portos, nach Elberfeld weitergeleitet.

    Für diesen Brief galt noch das Tax-Regulativ von 1825. Die Entfernung Pyrmont-Minden beträgt 6 Meilen, dementsprechend wurden 2 Sgr. für die Entfernungsstufe 4-7 Meilen angesetzt.

    Die Entfernung Minden-Elberfeld beträgt 22 Meilen, wofür weitere 5 Sgr. (Entfernungsstufe 20-30 Meilen) aufgeschlagen und somit 7 Sgr. insgesamt kassiert wurden.

    Die direkte Entfernung Pyrmont-Elberfeld beträgt ebenfalls 22 Meilen, sodass für die direkte Leitung nur 5 Sgr. angesetzt würden.

    Der Brief zeigt, dass damals bei Weiterleitungen beide Teilstrecken separat berechnet wurden und nicht etwa die direkte Entfernung zwischen ursprünglichem Aufgabe- und Bestimmungsort.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    2 Mal editiert, zuletzt von Michael (13. Juli 2023 um 12:48)

  • Liebe Freunde,

    hier ein Beleg aus dem Jahr 1867. Aufgabe in Breslau am Oberschlesischen Bahnhof, adressiert nach Görlitz. Franko mit 2 Sgr.

    In Görlitz den Zielort in Muskau geändert und mit neuem Aufgabestempel incl. erneuter Markenentwertung (!?) weitergeschickt.

    Rückseitig finden sich 2 Ausgabestempel vom selben Tag, vermutlich Görlitz und Muskau.

    Es findet sich kein Briefträgervermerk o.ä. (Rs. fehlt ein Teil der Rückenklappe, aber es sieht nicht danach aus, dass dort etwas notiert war).

    Daher ist zu vermuten, dass der Adressat bei der Görlitzer Post seinen neuen Aufenthaltsort mitgeteilt hat und diese den Brief sofort weiterleitete.

    Für die Entfernung Breslau-Görlitz (19,3 Meilen Luftlinie) war der Brief korrekt frankiert.

    Die Entfernung Görlitz-Muskau betrug 6,3 Meilen, so dass bei nunmehr 25,6 Meilen Gesamtentfernung Breslau-Görlitz-Muskau ein zusätzlicher Sgr. angefallen wäre. Davon ist nichts zu sehen.

    Der Vollständigkeit noch: Die direkte Entfernung Breslau-Muskau betrug 22,4 Meilen und dafür wären ebenfalls 3 Sgr. anzusetzen.

    Etwas rätselhaft, sieht nach einem Fehler aus ...

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Liebe Freunde,

    ein Vortragsbrief, wie Herr Sem immer zu solchen Stücken schrub, wenn er sie verauktionierte.

    Es gab auch bei Bayern solche Briefe, bei denen die Frankatur im Rahmen der Weiterleitung ("Abzug") nochmals abgestempelt wurde, ohne dass es je eine solche Vorgabe seitens der bayer. Post gegeben hätte.

    Aber es gab diese Vorschrift bei der österreichischen Post und ein paar bayer. Postler, die häufig mit österreichischen Korrespondenzen zu tun hatten, haben diese Vorgehensweise zu ihrer Eigenen gemacht und Abzugsbriefe auch so behandelt.

    Vlt. hat bei Michaels feinem Brief auch einer so gehandelt, der es häufiger mal mit österreichischen Abzugsbriefen zu tun hatte? Bei Bayern kenne ich keine 10 Briefe (natürlich alle aus Österreich, oder innerbayerisch gelaufen), die diesen modus operandi zeigen. Bei Preussen werden es eher noch weniger sein ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    vorneweg: Es hätte 1 Sgr. für die Weiterleitung erhoben werden müssen, das ist schon mal versäumt worden.

    Ich weiß nicht, wie viel österreichische Post (von der ich das von Ralph beschriebene Prozedere auch kenne) man in Görlitz bearbeitete. Nun könnte man annehmen, dass die erneute Stempelung einer schon entwerteten Marke (im österreichischen Sinne) eine korrekte Frankatur bestätigte. Das wäre hier dann quasi eine Verdopplung des Fehlers.

    Abgesehen von diesen theoretischen Überlegungen ist dieser Brief damit aber ein kleiner preußischer Exote.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (6. Oktober 2023 um 20:49)

  • Lieber Michael,

    Görlitz lag ja nah an der damaligen, österreichischen Grenze. Ich denke, dass man dort jeden Tag zahlreiche Briefe aus und nach Österreich "gesehen und bearbeitet" hatte.

    Der Brief ist für Spezialisten eine Bombe, die man sicher nicht in dieser Art wieder bekommen wird. Bei Briefen wie diesem rückt einem das geliebte Hobby noch näher ans Herzl. :love: :love: :love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    hier ein Brief, wahrscheinlich von 1859/60, mit einem kleinen frei-Vermerk aus Stettin an

    Herrn Adolf Töpfer aus Stettin z. Zt. Woldenberg i.d. Neumark Roloff's Hotel

    Der Brief ist mit einer leider unten angeschnittenen 1 Sgr.-Marke frankiert. Dies reichte für die Entfernung von 13 Meilen allerdings nicht, sodass mit blauer Tinte 1 Sgr. Porto notiert wurde. Es fehlt eine Bemerkung wie reicht nicht o.ä.

    Herrn Töpfer hatte es allerdings schon weiter gezogen, sodass in Woldenberg die alte Adresse gestrichen und durch nachgesandt den 21 / 5 nach Callies Kickhöfers Hotel ersetzt wurde.

    Die Entfernung zwischen Woldenberg und Callies beträgt ca. 6 Meilen, sodass ein weiterer Sgr. Porto fällig war. Der dortige Postler hat aber die vorige Taxe (die 1 wurde nur durch einen senkrechten Strich dargestellt) nicht gestrichen, sondern elegant zu einer 2 erweitert.

    Wo die postalische Notierung Auf Verlangen per expressen angebracht wurde - in Woldenberg oder erst in Callies - ist nicht eindeutig.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • lieber Michael,

    ein interessanter Beleg, besonders die Weiterverwendung der 1 in der 2.

    Wenn der Brief per Expressen zubestellt worden wäre, hätte doch noch die Expressgebühr verscheinen müssen.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Liebe Freunde,

    danke.

    Bei vielen preußischen Express-Briefen ohne Vorausbezahlung der Express-Gebühr wurde diese nicht notiert,

    Dies war auch nicht vorgeschrieben, deshalb kann man aus dem Fehlen nicht (zwingend) ableiten, dass nur eine normale Zustellung erfolgte.

    Hier würde ich vermuten, dass eine Express-Zustellung erfolgte. Der rückseitige Ausgabe-Stpl. zeigt den 1. Bestellgang am 21.5. und die Weitersendung erfolgte noch am 21.5. Es ist eher unwahrscheinlich, dass bei Weiterleitung am 21.5. der Brief noch zum 1. Bestellgang in Callies ankam.

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte