Der Deutsche Krieg 1866

  • Liebe Freunde,

    zufällig fiel mir eine Statistik in die Hände, die dem Krieg von 1866 aus bayerischer Sicht zugrunde liegt.

    Personal des Feldpostamtes: 1 Feldpostmeister, 1 Offizial, 8 Assistenten, 2 Feldpostkondukteure, 2 Bürodiener und 1 Korporal.

    Personal jeder Feldpostexpedition: 1 Offizial, 1 Assistent, 1 Kondukteur und 1 Bürodiener.

    Die Feldpost war vom 24.6.1866 bis 2.9.1866 im Betrieb. In dieser Zeit wurde von ihr befördert: 20.342 recommandirte Briefe (ich habe nie einen gesehen), 50.986 Pakete (wo sind die hin?) und täglich etwa 100.000 Briefe. Demnach gab es über 7.000.000 Feldpostbriefe in diesem Krieg. Quelle: Rückblick auf das 1. Jahrhundert der K. B. Staatspost, S. 230 oben).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Freund :)
    auch diese Statistik ist sehr willkommen.
    M.E. wurde die Mehrzahl aller Briefe aus dem 66er Krieg vernichtet da philatelistisch markenlos als uninteressant und damit "wertlos" angesehen...
    Wo sind all die Portobriefe vom Anfang der 50er Jahren abgeblieben?

    BTW: Wenn Du schreibst "des Feldpostamtes" - welches genau ist da gemeint? Das des VII. Korps? Da gibts ja fast nichts mehr am Markt...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    genau so wird es gewesen sein. In der Masse schnitt man die Marke(n) aus dem Brief, faule Sammler ließen die Marke(n) auf ihm, aber wo keine Marke vorhanden war freute sich die Papiermühle über einen Zugang. Leider!

    Ich habe nur von dieser Quelle die Daten widergegeben - offenbar war das Feldpostamt mehreren Feldpostexpeditionen übergeordnet, wie ein Oberpostamt mehreren Postexpeditionen übergeordnet war.

    An die 7.000.000 Briefe (hin und her!) darf ich gar nicht denken ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    einen völlig unspektalukären Brief aus den ersten Tagen dieses Krieges kann ich hier zeigen.

    Am 20.Juni 1866 in Leipzig von einem Buchhändler aufgegeben, kam er 5 Tage später im finnischen Helsingfors an. Aufgegeben als Portobrief der 2. Gewichtsstufe, verlangte Preußen 6 Sgr., insgesamt musste der Empfänger 40 Kopeken bezahlen (einfache Frankobriefe kosteten in dieser Vertragsperiode 4 Sgr. gegenüber 6 Sgr. für Portobriefe).
    Vier Tage zuvor waren die preußischen Armeen in Sachsen einmarschiert. Dem äußeren Anschein nach lief in Leipzig postalisch gesehen wieder alles normal, da die Laufzeit von 5 Tagen auf keine besonderen Verzögerungen schließen lässt.

    Der Schreiber schloß seinen Brief mit folgenden Zeilen
    ...
    Über unsere traurigen Zustände, in mercantiler wie politischer Beziehung, werden Sie unterrichtet sein. Mit größter Besorgnis sehen wir in die Zukunft, ohne jede Hoffnung auf baldige Besserung.
    ...

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,
    vielen Dank fürs zeigen dieses schönen Briefes nach Finnland aus den Anfangstagen des 66er Krieges.
    Wie Du richtig sagst, lief bereits kurze Zeit nach der Besetzung der sächsischen Städte durch preussische Truppen vieles wieder "normal", so auch der Postbetrieb.
    Das mag zum einen an der Absicht Preussens, den Hauptfeind Österreich zu schlagen und Sachsen "nur" als Weg zum Ziel en passant "mitzunehmen", gelegen haben, sicher aber auch daran, die sächsische Infrastruktur zu erhalten, um den Aufmarschweg via Böhmen voll nutzen zu können. Und last not least hat man in Preussen in weiser Voraussicht der Einigung Deutschlands (unter preuss. Vorherrschaft) die Feinde wie Sachsen, Bayern und andere zumeist süddeutsche Gegner sehr geschont, um später als geeinter Bund gegen Frankreich vorzugehen, was ja dann zur Reichsgründung unter der Regie Preussens geführt hat.
    Ein "Prinzip der verbrannten Erde" mit Plünderungen und Zerstörungen gegnerischer Dörfer und Städte lag ganz sicher nicht im Interesse Preussens, was die Eroberung von Sachsen betraf. Unter diesem Aspekt verwundert die schnelle Spedierung deines Briefes dann wohl nicht.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    ein überzeugende Analyse der politiischen Lage seiner Zeit. Hinzufügen darf ich noch, dass sich Preußen schon vor dem 66er Krieg keinen anderen als Frankreich als Feind ausgesucht hatte und dieser praktisch nur ein Manöver mit schafer Munition war. Man war sich seiner Sache sehr, sehr sicher ... und die Aufmarschpläne gen Westen lagen schon lange in Bismarcks Schublade.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Und last not least hat man in Preussen in weiser Voraussicht der Einigung Deutschlands (unter preuss. Vorherrschaft) die Feinde wie Sachsen, Bayern und andere zumeist süddeutsche Gegner sehr geschont, um später als geeinter Bund gegen Frankreich vorzugehen, was ja dann zur Reichsgründung unter der Regie Preussens geführt hat.

    Hallo mikrokern,

    ganz so edel waren die preußischen Motive nun doch nicht. Zumindest was Sachsen betraf, bestand das Kriegsziel darin, sich diesen Staat ebenso wie zahlreiche andere ganz einzuverleiben. Unterlassen hat man das, weil andernfalls ein Krieg gegen Frankreich drohte, der für Bismarck einige Jahre zu früh gekommen wäre.

    Richtig ist aber, daß der sächsischen Infrastruktur mehr Schaden durch die Sachsen selbst (Brückensprengung in Riesa etc.) als durch die Preußen zugefügt worden ist.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,
    nein, humanitäre Gründe unterstelle ich den Preussen sicher nicht, als sie am 9. Juni 1866 ins österreichisch verwaltete Holstein eingerückt sind und damit den Grundstein für den folgenden Krieg gelegt haben, genauso wenig, wie die Schonung der besetzten gegnerischen Gebiete (ob Sachsen, Hessen oder Bayern) in den Folgewochen aus Furcht vor Frankreichs Rache.
    Napoleon III. hoffte auf die Abtretung von Gebieten am Rhein nach einem preuss. Sieg, weswegen Frankreich neutral blieb. Dass es nicht dazu kam, lag an der Geschwindigkeit der Feldzüge und deren militärischen Fortschritte aus preuss. Sicht.
    Preussen brauchte unbedingt den Beistand der Gegner vom Sommer 66, vor allem den der süddeutschen Staaten, die ja eher frankophil waren, um für den beabsichtigten Konflikt mit Frankreich kräftemässig gerüstet zu sein. Darin sehe ich den Hauptgrund für die Schonung der unterlegenen Gegner, auch was später die moderate Zahlung von Reparationskosten betrug.
    Dass Sachsen Preussen wirtschaftlich und militärisch "angeschlossen" werden sollte, um dessen kritische Masse weiter zu vergrössern, steht ausser Frage. Aber die Beibehaltung eines "Königreichs Sachsen" - anders als beim ebenfalls besiegten Hannover - spricht für sich und die Einstellung Preussens, welches den Prager Frieden auch ganz anders hätte diktieren können. Freilich bedeutete die Zwangsmitgliedschaft im Norddeutschen Bund die Aufgabe der staatlichen Souveränität Sachsens.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • 16.8.1866; Wildschütz (österr. Schlesien) - über Jauernig (österr. Schlesien) - Brünn (Mähren). Einfacher Brief, 5 Kreuzer.

    Die preußische Besetzung hat sich auch auf die Beschaffung von Briefmarken ausgewirkt, weshalb das bei der Aufgabe bezahlte Porto von fünf Kreuzern auf dem Brief handschriftlich vermerkt wurde: "5x". Um ersichtlich zu machen, daß es sich um einen bezahlten Brief handelt, wurde auch ein "Frankokreuz" angebracht und der Brief zusätzlich mit "FRANCO" gestempelt. Interessant ist der Briefinhalt, der auf die Zeitumstände hinweist:

    "Löbliche Gutsverwaltung!

    Nachdem die hiesige Gegend seit 22. Juni dieses Jahres von den königlich preußischen Truppen ockupirt ist, daher durch längere Zeit jeder Postverkehr sogar für einfache Briefe aufgehoben und abgeschnitten war, und selbst bis zum heutigen Tage jede Geldsendung von den k. k. Postämtern zurückgewiesen wird, ist es der gefertigten Gutsverwaltung höchst unangenehm, die schon am 21. Juli dieses Jahres für das auf dem Gute Wildschütz haftende Kapital per 10500 fl. des Brünner Damenstiftes fälligen halbjährigen Interessen mit 262 fl. 50 kr. nicht einsenden zu können. Man ersucht daher eine löbliche Stiftsverwaltung auf diese Verhältnisse gütigst Rücksicht nehmen zu wollen, und gefälligst zuzuwarten, bis sich die k. k. Postämter wieder in der Lage befinden, Geldsendungen zu übernehmen wo dann der fällige Betrag unverzüglich zugesandt werden wird.

    Gutsverwaltung Wildschütz am 11. August 1866"

  • Hallo hk1190,

    danke für das Zeigen und Beschreiben dieses Brieftraumes. :P

    So etwas habe ich zuvor noch nicht gesehen und ich bezweifle, ob dergleichen Rosinen damals häufig waren.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber BK, liebe Sammlerfreunde,

    die Briefe und Beschreibungen zum Krieg gegen Preussen sind
    allesamt PO Highlights, attraktiv und lehrreich dazu-DANKE FÜRS ZEIGEN :thumbup:

    Nun habe ich eine Frage, mir steht ein Brief ins Haus mit 2mal9+2mal10, als
    eher ungewöhnliche Frankatur für das 18Kreuzer Porto, von München nach England.
    Das Datum konnte ich noch nicht 100%ig entziffern es sieht aber nach dem
    03.Juli 1866 aus, also Kriegszeit.
    Als erstes hat mich sehr verwundert warum ausgerechnet München, die nach meinem
    Wissen doch immer 9 oder 18 kreuzer Marken vorrätig haben sollten nun mit dieser
    Stückelung frankiert!?

    Kann es sein, dass die kriegsbedingte Unterbrechung der Markenlieferung, welche ja
    auch Halbierungen zur Folge hatte, auch das Postamt München im Nachschub getroffen
    hat?

    Ich freue mich sehr über fachliche Hilfe :D

    viele liebe Grüsse
    Oliver

    PS: Da ich die Siegelseite noch nicht als Scan habe, kann ich noch nichts zu dem Laufweg sagen,
    ob er evtl über Frankreich ging!?-Sobald diese da ist, stelle ich sie hier ein.

  • Lieber Oliver,

    in München gab es NIE Markenmangel, weil man dort die Marken druckte und sie stets in enormen Mengen vorrätig waren. Vermutlich hat der Absender die 18 Kr. zusammen geklebt, weil er sonst nicht ins Ausland frankierte und daher der Erwerb von 18 Kr. Marken nicht opportun war.

    Die Leitung über Preußen und Belgien war, wenn der Brief tatsächlich vom 3.7.1866 sein sollte, was ich nicht erkennen kann, wohl noch offen. Jedenfalls lief dieser nicht über Frankreich, weil er sonst einen vorderseitigen Grenzübergangsstempel hätte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    ok damit scheidet Markenmangel aus.
    Sobald ich den Scan der Rückseite habe können wir den
    Leitweg ja einstellen.

    Ist denn die Frankaturkombination selten nach England?
    Mir ist eine solche noch nicht aufgefallen und auch wenn
    die Münchener Stempel "sehr schlampig" sind gefällt, mir
    aber die Gesamtwirkung des Briefes in rot-blauem kontrast :)

    Liebe Grüsse
    Oliver

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Oliver,

    die Kombi ist selten - üblich war eine Nr. 13 oder zweimal die Nr. 11. Danach kämen 3 mal die Nr. 10. Alles andere an Kombinationen ist außergewöhnlich.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    danke für Deine schnelle Antwort. :)

    Kann der Brief denn vorerst im Teil Deutscher Krieg 1866
    stehen bleiben, siehst Du da schon einen zusammenhang?

    Lieber Gruss
    Oliver

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo Oliver,
    wenn erwiesen ist, dass der Brief aus 1866 stammt, kann man ihn hier stehen lassen, da er dann den am 3.7.1866 noch offenen Leitweg über Preussen/Belgien dokumentieren würde. Meinen Brief vom 6. Juli 1866 über Frankreich statt Preussen hatte ich in diesem thread ja früher gezeigt.
    Ist das Jahr 1866 nicht gesichert, würde ich ihn nicht hier einstellen, da dann der Bezug fehlt.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo Mikrokern, hallo BK

    Ja so sollten wir es machen.
    Bin jetzt gleich für zwei Wochen im Urlaub,
    versuche von unterwegs die Rückseite ein-
    zustellen, sobald ich Sie habe.

    Toller Thread!! :thumbup:

    Ach noch eine Frage, welche Leitwege, ausser
    Preussen und Frankreich hätte der Brief denn in 07-1866
    sonst noch gehabt?

    Viele Grüsse an alle
    Oliver

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    Einmal editiert, zuletzt von Oliver (30. Juli 2011 um 12:52)

  • Lieber Oliver,

    Preußen war die Regel, Frankreich die Ausnahme - andere Leitwege von Bayern aus gab es nicht.

    Schönen Urlaub und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • 9.8.1866; Freudenthal (österr. Schlesien) - Troppau (österr. Schlesien). Militärbrief der königlich preuß. Intendantur der 12. Division, an die k. k. Landes-Commission für die Verpflegung der kgl. preuß. Truppen in Schlesien zu Troppau. Portofrei und mit der österr. Post versendet.

    Stempel: ab 1819 gelistet, verwendet auch noch auf der 1. Briefmarkenausgabe 1850, sowie danach auf Recepissen und sonstigen Formularen. 1866 taucht dieser Stempel - scheinbar ausnahmsweise - auch auf einem Brief auf!

    Inhalt: Es wird mitgeteilt, daß vereinbarungsgemäß a) Hotzenplotz nicht belegt wird, b) in Zuckmantel eine Batterie mit ca. 120 - 140 Köpfen und Pferden täglich zu verpflegen sein wird, und c) in Jägerndorf 3 Eskadron Landwehr eintreffen werden. Weiters wird bekannt gegeben, daß, was den erhöhten Bedarf für Freudenthal, respektive die Anlage von Filial-Magazinen in Engelsberg und Würbenthal betrifft, das hiesige Bezirks-Amt in Kenntnis gesetzt worden.