Der Deutsche Krieg 1866

  • Klasse, hervorragend, 1000 Dank, Ralph!

    Dass das kleine unscheinbare Kuvert 15,xxx Gramm gewogen haben muss, sieht man dem Ding gar nicht an.

    Für mich spannend ist die Kombination "Übersee-Brief mit Weiterleitung durch die Feldpost"; hatte ich so noch nie gesehen. Und ich habe eine Menge 66er Briefe gesehen...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Liebe Freunde,

    auch ich - als nur Mitleser - finde es faszinierend, wie hier so schnell die kompliziertesten Taxen aufgeklärt werden.

    Ich will nicht penetrant sein, aber ich wiederhole meine Frage aus dem Beitrag 1754, wie der Taxvermerk „29“ auf den Brief kommt und was er im Kontext mit der Lösung bedeutet.

    Oder sehe ich hier weiße Mäuse?

    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    nein, weiße Mäuse siehst du nicht - ich habe von einem Interpretationsversuch Abstand genommen, weil es wohl zuerst eine 2 war, dann aber mit 9 überschrieben wurde. Vlt. kann Wilfried uns das näher schildern.

    Es war jedoch nirgendwo eine 2. Gewichtsstufe und 9g wog der Brief sicher auch nicht, sonst wären die Taxen ganz andere (9g wären aber eine 2. Gewichtsstufe gewesen!).

    Bei den vielen Umkartierungen und Leitungen kann es auch sein, dass es spätere Rapular-Eintragungen waren, die sich ihrer Interpretation heute entziehen.

    Wäre es mein Brief, würde ich sie nicht thematisieren.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ja, die "2" mit "9" drüber ist mir auch aufgefallen. Von der Tintenfarbe her wurde das weder in Kehl (bad. Bahnpost) noch in Asperg ("Feldpost") angebracht.

    Könnte etwas mit der Taxierung in Argentinien zu tun haben, aber ich bin da kein Fachmann.

    Eventuell ist es auch ein Vermerk der Feldpost bei der Leitung zwischen Ausgabe und Übernahme durchs Bataillon, aber auch da habe ich weder Hinweise noch vergleichbare Stücke.

    Ich halte es mit Ralph: in Frieden ruhen lassen... 8)

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Guten Morgen,

    heute zeige ich einen Postschein für ein Paket über 6 10/20 loth, und einer Wertangabe von 8 Gulden.

    Das Paket ist adressiert an "Soldat Fritz" Frankfurt, abgesendet am 20. Juni 1866 in Plochingen.

    2 Kreuzer Scheintaxe, 14 Kreuzer Franko, in Klammern lese ich: (ermäßigen Tax), so noch nicht gesehen.

    Wenn ich die Taxe nun berechne komme ich auf folgendes:

    Plochingen - Frankfurt = 22 Meilen:

    - Mindesttarif bei 16 - 24 Meilen = 14 Kreuzer

    - Mindestwerttarif bei 12 - 48 Meilen = 4 Kreuzer

    - Scheintaxe 2 Kreuzer

    da 16 Kreuzer vom Absender bezahlt wueden, könnte dies folgendes bedeuten:

    - kein Wertporto

    - eine Entfernungsstufe weniger, bei 8 - 16 Meilen war der Mindesttarif auf 10 Kreuzer festgelegt

    leider fehlen mir dazu die Unterlagen, das sogenannte "Bauchgefühl" tendiert aber zu Version 2.

    Eventuell führt der Vermerk oben weiter, von mir nicht zu entziffern, Rückseite leer.

    Für alle Ideen, Anregungen und Unterstützung vielen herzlichen Dank!

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

    Einmal editiert, zuletzt von Minimarke (3. November 2023 um 10:12)

  • Hallo Ulrich,

    zur Taxierung kann ich leider nichts beitragen.

    Zum historischen Hintergrundlässt sich sagen, dass die Bundesversammlung am 16.6.66 die Aufforderung zur Verteidigung von Frankfurt erlassen hat, und die württemb. Brigade Hegelmaier (5000 Mann) am 17.6. in Frankfurt eintraf.

    Man kann also davon ausgehen, dass der Soldat Fritz einem der Regimenter dieser Brigade angehörte, wobei die bloße Adressierung "Soldat Fritz, Frankfurt" eine einfache Identifikation und Zustellung sicher nicht leicht gemacht hat.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Ulrich,

    der Vermerk in Klammern heißt

    (ermäßigte Taxe)

    Oben lese ich:

    Ziff. 9. Rbl. 4 l

    Vielleicht war das der Hinweis auf eine Verordnung (o. ä.) , warum die Taxe reduziert war.

    Zu der Taxierung selbst kann ich leider auch nichts beitragen :(

    Lieber mikrokern,

    ich glaube nicht, dass das Paket nur an "Soldat Fritz, Frankfurt" adressiert war.

    Da der Postschein ja nur die Quittung darstellte, wurde die Adresse dort sicher entsprechend verkürzt dargestellt.

    Einen schönen Abend noch und viele Grüße

    Gerd

  • Hallo Gerd,

    das kann natürlich sein. Auf allen mir bekannten Postscheinen wurde jedoch mindestens noch das Regiment des Empfängers bezeichnet; immerhin war der Postschein ja eben auch eine Einlieferungs- und Versicherungsbestätigung.

    "An Soldat Müller" wäre doch wohl zu austauschbar gewesen; ob "Fritz" da eindeutiger ist???

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo Ihr beiden,

    vielen herzlichen Dank für eure Unterstützung.

    Der HInweis von Gerd dass die Adresse auf dem Schein verkürzt ist erscheint mir logisch, vor allem weil damals die Postkunden noch persönlich bekannt waren.

    Das Porto konnte ich im Amtsblatt vom 22. Juni 1866 finden, damit ein sehr früher Postschein zu diesem Thema!

    Also betrug die Ersparnis in diesem Fall 4 Kreuzer, wenn ich richtig rechne.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

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    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Bei der Sichtung des Materials aus 1866/7 sind 2 Briefe aufgefallen.

    23.06.1866 nach Berlin

    11.03.1867 nach Creuzburg

    Normalerweise wurde die Briefe mit der Taunusbahn bis nach Frankfurt a.M. direkt befördert was auch immer die Durchgangsstempel belegen.

    Hier wurde aber bereits in Frankfurt Höchst ausgeladen und gestempelt.

    Der Brief nach Berlin zeigt den Durchgangsstempel von Frankfurt und gelangte auch noch dorthin bevor es nach Berlin weiterging.

    Die blaue handschriftliche "4" sowie den blauen Kreisstempel kann ich nicht zuordnen. Vielleicht weiß hier jemand mehr?

    Der spätere Brief nach Creuzburg (11.03.1866) zeigt siegelseitig keine weiteren Abschläge außer einen Distributionsstempel.

    Vielleicht war die Bahn um Frankfurt schon arg belastet durch Truppenbewegungen im Juni 1866.

    Beim März Beleg 1867 stehe ich völlig auf dem Schlauch.

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • Hallo Harald,

    für mich sieht es aus, als ob der Brief vom 23.6.66 in Hoechst irrtümlich behandelt/gestempelt und danach weiter nach Frankfurt gebracht wurde. Alles andere macht keinen Sinn; eine Sistierung oder Umleitung von Eisenbahnen war im Juni 66 (noch) kein Thema.

    Der Truppentransport war Ende Juni im Raum Frankfurt in vollem Gange, was meines Wissens aber keinen Einfluss auf die Leitung von ziviler Post hatte. Von daher sehe ich keinen Kriegseinfluss auf den Brief.

    Zu dem Brief von 1867 kann ich nichts sagen, der hatte rein gar nichts mehr mit dem 66er Krieg zu tun.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    bei dem hier gezeigten Brief hätte es sich eigentlich um einen Feldpostbrief handeln sollen/müssen/dürfen, obwohl er gar nicht so aussieht.

    Am 29.7.66 berichtet der Soldat Ludwig (Louis) Schörg der 5. Kompanie im 2. Infanterie-Regiment "Kronprinz" seiner Familie in München von seinen Erlebnissen seit dem 24.7., und insbesondere vom Gefecht gegen die Preußen am 25.7. bei Helmstadt und Neubrunn, wo Einheiten der 1. bayerische Division auf Truppen des Generals von Beyer trafen. Nach dem Abzug seines Bataillons und Einquartierung in Würzburg beschreibt er die Beschießung der Festung Marienberg.

    Selbst wenn die Feldpostexpedition seiner Division am 29.7.66 nicht in greifbarer Nähe war, hätte der Schreiber den Brief unfrankiert unter der Feldpost-Franchise bei einer zivilen Postanstalt in Würzburg einliefern können; stattdessen hat er ihn mit 3 Kr. frankiert aufgegeben.

    Daß die Eisenbahnverbindung von Würzburg nach München noch ohne Einschränkung funktionierte, zeigt die Beförderungszeit: am 29.7. in Würzburg abspediert, erreichte er Müchen schon am Folgetag. Das war kurz danach (Besetzung von Würzburg durch die Preußen am 2.8.66) für kurze Zeit so nicht mehr möglich.

    Würzburg den 29. July 1866

    Liebe Ältern & Geschwisterte.

    Von den in letzten Tagen bey Würzburg stattgefundenen Schlachten werden Sie bereits Nachricht erhalten haben, und werden daher in der Besorgniß leben, daß auch ich mich unter der Zahl der vielen Unglücklichen befinden könnte, welche ihr Leben auf solch eine nie zu verantwortende Weise lassen mußten. Doch der liebe Gott hat mich bis jetzt noch gesund & wohl, trotz der vielen Gefahren und Entbehrungen, denen ich ausgesetzt war, erhalten. Ich will Ihnen nun nachstehend einen kleinen Bericht über die letzten Vorkommniße machen.

    Dienstag 24. Cour[ant; =laufend. Monat] /in Remmlingen/ wurden wir Nachts 1 Uhr plötzlich durch Generalmarsch aus dem Schlafe zu den Waffen gerufen, zogen in der Richtung gegen die badische Grenze, überschritten dieselbe und kamen Morgens 9 Uhr nach Dertingen. Hier wurden nun die geeigneten Vorbereitungen den Feind zu empfangen getroffen, ganze Alleen von den schönsten Früchten beladen, fielen unter den Streichen des 4. Jägerbataillons, Artillerie und Chevauxlegers rückten vor, erstere um die Höhen beschießen zu können, letztere als Vorposten. Die Preussen verließen jedoch ihre Stellung nicht, wir zogen uns daher wieder zurück, wurden in Dertingen einquartirt. Alles war wieder in bester Ordnung, die Menage [=militärische Verpflegung] eben zugesetzt, als plötzlich Befehl zum Aufbruch gegeben wurde, jeder verschlang in größter Hast sein Stück rohes Fleisch so gut es gehen wollte. Nun rückten wir in Eilmarsch vor, besetzten die Höhen, welche das Dorf [Helmstadt bzw. Neubrunn] umgeben, und erwarteten hier den Feind. Die Preussen ließen nicht lange auf sich warten, denn bald sah man auf den gegenüberliegenden Höhen dieselben wie aus dem Boden herauswachsen, --- jetzt fielen die ersten Schüsse, die 3. Schützen-Compagnie unseres Regiments rückte vor, um als Plänkler zu dienen. Wir zogen uns hierauf zurück, um durch den Wald, welcher die Höhe überzog, gedeckt zu sein. Jetzt begann das Feuer, Kugeln wurden in Masse gewechselt, die Kanonen ertönten mit schauerlichem Geroll zu uns herüber. Da plötzlich in unserer besten Stellung, kehrt euch gemacht, und über Stock & Stein, durch die schönsten Weingärten, Getreide- und Kartoffelfelder in wilder Hast Reisaus genommen. Nachts 12 Uhr kamen wir in Waldbrunn an. Hier wurde bivouakirt, und morgens 4 Uhr wieder abmarschirt. Um 5 Uhr wurde schon wieder das Feuer aufgenommen, und dauerte den ganzen Tag fort. Das Elend und die Noth der armen Dorfbewohner war arg anzusehen, wie sie alles zurücklassend mit ihrem Vieh, sich auf die vom Feinde nicht besetzten Höhen & Wälder flüchteten, und in stummer Verzweiflung im Thale ihre heimische Stätte den Kugeln, dem Brande preisgeben mußten.

    Wir lagen bereits den ganzen Tag im Wald, verließen Abends denselben und bivouakirten, nachdem wir durch Würzburg marschirt auf den dortigen Kugelfang. Letzten Freitag [27.7.66] rückten wir näher zur Stadt, lagerten in der Nähe der Eisenbahn. Das Feuer begann wieder, die preussischen Kugeln waren hauptsächlich auf die Festung /Marienburg/ gerichtet. Die Zündkugeln verfehlten ihren Zweck nicht, denn schon nach kurzer Zeit sah man Rauch aus dem Dachstuhl des einen Flügels der Festung emporsteigen, welchen bald mächtige Flammen folgten. Die ungeheure Bestürzung & Furcht der Würzburger können sie sich vorstellen, alles geschlossen, kein Mensch auf der Straße, denn jedermann suchte sein Heil im Keller, oder durch Flucht. Ein Bahnzug folgte dem andern alles nach Ansbach. Um 3 Uhr wurde das Feuer eingestellt und uns verkündet daß wir in der Stadt einquartirt werden.

    Gegenwärtig 5 Tage Waffenstillstand. Was nun jetzt beschlossen wird, weiß ich nicht anzugeben. Die Zahl der Todten & Verwundeten ist namentlich auf preussischer Seite sehr groß.

    Liebe Eltern, bis zur Stunde habe noch keine Nachrichten von Ihnen erhalten und bitte daher sobald wie [möglich] mit einem Brief zu beglücken.

    Ich schließe hiermit meine bisherige Reisebeschreibung in der Erwartung Ihrerseits Erfreuliches zu erfahren. Viele Grüße an sämmtliche Verwandte & Bekannte

    Ihr Sie liebender Sohn

    Louis Schörg

    /meine Adresse/ Herrn Ludwig Schörg Soldat in der ersten mobilen Armeedivision, 2tes Infanterie-Regiment Kronprinz 5te Compagnie, Per Feldpost

  • Lieber Wilfried,

    herzlichen Glückwunsch zu dieser Oberrosine. Mit solch einem Inhalt natürlich nochmals besonders wertvoll.

    Ich denke, dass der Absender den Brief auf alle Fälle abspedieren wollte und in all dem geschilderten Chaos war es wohl das Einfachste für ihn, ihn mit 3x zu frankieren und einzuwerfen - damit war das Problem gelöst.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    das wäre per se eine plausible Erklärung. Allerdings - und das konntest Du nicht wissen - gibt es von dem selben Schreiber einen weiteren mit 3 Kr. frankierten Brief aus Augsburg vom 4.9.66, sowie einen bei der Feldpost aufgegebenen - unfrankierten - vom 14.8.66. Beide werde ich demnächst hier vorstellen.

    Ich halte es für möglich, dass der Soldat der Meinung war, Briefe nur direkt bei der FPE portofrei aufgeben zu können und bei Abgabe bei einer zivilen Posteinrichtung die Briefe frankieren zu müssen.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    das konnte auch sein - oder ihm gingen allmählich die 3x Marken aus.

    Wäre ich in seiner Lage gewesen (Chaos im Krieg) und hätte dringend nach Hause schreiben wollen, hätte ich die Variante gewählt, die mir am sichersten erschien - und am schnellsten, 3x hin, 3x her.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Harald,

    für mich sieht es aus, als ob der Brief vom 23.6.66 in Hoechst irrtümlich behandelt/gestempelt und danach weiter nach Frankfurt gebracht wurde. Alles andere macht keinen Sinn; eine Sistierung oder Umleitung von Eisenbahnen war im Juni 66 (noch) kein Thema.

    Der Truppentransport war Ende Juni im Raum Frankfurt in vollem Gange, was meines Wissens aber keinen Einfluss auf die Leitung von ziviler Post hatte. Von daher sehe ich keinen Kriegseinfluss auf den Brief.

    Zu dem Brief von 1867 kann ich nichts sagen, der hatte rein gar nichts mehr mit dem 66er Krieg zu tun.

    Hallo mikrokern,

    du hast Recht. In und um Frankfurt war viel los Ende Juni. Der Rest-Bundestag setzte einen panischen Hilferuf am 17. Juni ab zur Verteidigung Frankfurts ab. Daraufhin sollte auf Befehl ein Zusammenzug der nassauischen Truppen in Höchst erfolgen. Am 21. Juni marschierte ein Pionier Detachement nach Höchst ab um eine Brücke über den Main zu bauen, die auch dann die österreichische Brigade Hahn überschritt. Auch Teile der Großherzoglich hessischen Division wurde dorthin verlegt. Die größten Kontingente trafen am 23. Juni ( eben der Tag des oben gezeigten Briefes) ein. Auch nach Frankfurt eilte man mit vielen tausend Soldaten an diesen Tagen. Am 20. Juni wurde der Stab eingerichtet und Prinz Alexander bildete sein Hauptquartier am 26. Juni in Frankfurt.

    Vom Norden aus Fulda strömten Truppen, aus Süden von Darmstadt und eben die Nassauer nach Höchst über die Taunusbahn.

    Quelle: Rosenwald, die herzoglich nassauische Brigade im Feldzug von 1866

    Liebe Grüße

    Harald

    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main


  • ... und hier zwei weitere Briefe aus meinem Schörg-Korrespondenz-Trio.

    Die bayerischen Truppen hatten Würzburg am 31.7.66 verlassen; man wollte jegliche Eskalation mit den Preußen während der fragilen, jederzeit aufkündbaren örtlichen Waffenruhe, die bis zum vereinbarten Waffenstillstand am 2.8. dauern sollte, vermeiden und übergab die Stadt daher kampflos. Der Abzug der 1. Division erfolgte in den Folgetagen nach Süden über Ochsenfurt, Rothenburg, Feuchtwangen nach Dinkelsbühl, das am 13.8.66 erreicht wurde. Dort hat Schörg seinen Brief nach München am 14.8. geschrieben und bei der Feldpostexpedition der 1. Infanterie-Division, der Schörgs Regiment angehörte, aufgegeben.

    Dinkelsbühl, 14. August 1866

    Liebe Ältern & Geschwisterte.

    Ihren lieben Brief vom 29. July habe [ich] zwar richtig, aber leider erst vor einigen Tagen erhalten, und ersah daraus zu meinem größten Bedauern, daß sich die Krankheit meiner lieben Mutter noch nicht gehoben hatte, hoffe übrigens, daß Sie sich jetzt wieder wohl befinden.

    Mein lieber Vater wird von der Aufstellung der Fenster wieder gesund zurückgekehrt sein, und hoffentlich für die Ausführung derselben das verdiente Lob und was noch besser ist, die Bezahlung erhalten haben. Therry wird Ihren gegebenen Versprechen nach, wahrscheinlich die Begleitung übernommen haben, was ich ihr von Herzen gönne.

    Diesesmal kann ich Ihnen insofern erfreuliche Nachrichten mittheilen, daß ich vernommen unser Marsch sey wieder nach München gerichtet. Gegenwärtig haben wir keine Ursache mehr zu klagen, indem wir überall auf unserm Durchmarsche auf ganze Verpflegung einquatirt sind. Unsern Rückzug von Würzburg nahmen wir über Ochsenfurt, Rotheburg, Feuchtwangen nach Dinkelsbühl wo wir gestern Mittags ankamen.

    Gleich nach meiner Einquatirung bei Herrn Hutmacher Kuch suchte mich Herr Holz Schlossermeister hier auf, welcher vor 2 Jahren bey uns gearbeitet, und Ihnen wahrscheinlich auch noch im Gedächtnis sein wird.

    Ich bin bei Herrn Kuch durch Empfehlung des Herrn Holz auf eine Weise aufgenommen wie man es nur von einem Freunde erwarten könnte. Sollte der Frieden zu Stande kommen, so ist in Donauwörth Inspection über sämmtliche Truppen, und wird von da aus die Mannschaft beurlaubt werden. Sonst gibt es gegenwärtig nichts Neues, hoffe aber in Bälde von Ihnen mehr zu erfahren.

    Ich schließe hiermit mit der Bitte alle Bekannte und Verwante herzlich zu grüssen, und zeichne in Erwartung eines baldigen Schreibens

    Ihr Sie liebender Sohn

    Ludwig

    Nach Abreise aus Dinkelsbühl war man dann am 19.8. in Donauwörth angekommen. Dort verblieb man einige Tage (bis 23.8.) und kam zuletzt nach Neuburg a.d.Donau (bis 3.9.), wo die im Rahmen des Friedensvertrags mit Preußen vom 22.8. vereinbarte Auflösung der mobilen Divisionen mit anschließender Rückführung in die Heimatgarnisonen umgesetzt wurde. Schörgs im Brief geäußerte Aussicht auf eine frühere Heimkehr von Dinkelsbühl aus war also zu optimistisch gewesen.

    Der letzte - kurze - Brief kündigt seine Heimkehr nach München an und wurde auf dem Heimweg im Quartier in Augsburg am 4.9.66 geschrieben. Auch diesen Brief hätte er (noch) portofrei unter der Feldpost-Franchise aufgeben können, was bis zum 12.9. möglich war. Erst mit der Verordnung No. 31,805 vom 12.9.66 wurde der Feldpostdienst und damit die Portofreiheit für ausgerückte Militärs aufgehoben (VO- und Anzeigeblatt No. 56 vom 14.9.66)

    Augsburg 4. Sept.

    Liebe Ältern.

    Morgen Mittags zwischen 11 & 12 Uhr werden wir per Bahn wieder in München einrücken. Gegenwärtig bin ich bey Herrn Walter Sedlmayr einquatirt.

    Indeß grüß Sie

    Ihr Sie liebender

    Louis

  • Lieber Wilfried,

    eine sehr schöne Trilogie - mit dem Portofreien mittendrin. Es war halt nicht immer nur das Geld, was die Leute interessierte und wenn er von Hause aus gut gestellt war, war die kostenlose, aber offenbar zeitaufwendige Versendung von Briefen durch die Feldpost offenbar doch nicht so attraktiv.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.