Der Deutsche Krieg 1866

  • ... so ganz sicher bin ich mir nicht ob der Beleg hier passt. Einquartierungd-Billet vom 30. AUG 1866 aus Kulmbach für 5 Mann und 2 Tage.

    Diese Billete war Geld wert! Und nicht umsonst sind die einzelnen "Quartiernehmer" aufgeführt. Denn je nach Rang gab es unterschiedliche Verpflegungssätze, die abschließend erst 1867 abgerechnet wurden:

    Zum Vollzug des Gesetzes vom 26. März 1867 über die Ausgleichung und Vergütung der durch den Krieg des Jahres 1866 erwachsenen Kriegslasten ist eine Vergleichung der amtlichen Einquartierungslisten, welche die Grundlage für Liquidation der Leistungen für Entschädigung an Einquartierung und Verpflegung bilden, mit den in Händen der Quartierpflichtigen befindlichen Quartierbilleten nöthig. - aus Fürther Tagblatt.

    Diese Einquartierung hatte je nach Ort "hübsche Sümmchen" erbracht, wie hier in Ansbach (auch wenn schwer zu lesen, der Krieg war teuer (und unnötig) - wie heutzutage :cursing:

    Nochmal Kulmbach. Das Haus Nr 424 (so um den Marktplatz gelegen) hatte später einen Chris. Pohle, Gastwirt als Besitzer.

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold (28. Juni 2023 um 14:45)

  • Luitpold ,

    Vielen herzlichen Dank für deine fundierten Ausführungen.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen einfachen Brief aus Neu-Ulm vom 2.7.1866 mit 3 Kreuzern bis 1 Loth tarifgerecht frankiert an "Ihrer Wohlgeboren Fräulein Augusta Völckel in Roßstall bei Nürnberg Haltstelle Großweissmannsdorf".

    Leider habe ich zu der Anschrift nichts gefunden ...obwohl ich ihn deswegen gekauft habe.

    Der Inhalt ist komplett mit Bleistift verfasst worden, etwas, was ich bei einem Brief noch nie gesehen habe aus dieser Zeit, aber lest selbst, was ich transkribieren konnte:

    "Neuulm, den 2. Juli 1866

    Liebe Augusta!

    Morgen früh wollen wir von hier um 4 Uhr 15 Morgens abreisen und werden dann um 9 Uhr in Augsburg sein, dort ............ besuchen, um 1 Uhr nach Nürnberg abgehen und nach 7 Uhr zu Hause ankommen. Ich konnte dir nicht früher bestimmte Nachricht geben, weil es sich erst gestern so gestaltete. Wir sind schon Samstag Abends hier angekommen und wollten heute wieder fort. Auf Zurede und um eien Theil der Festungswerke zu sehen, blieben wir heute noch hier. Unsere Reise ging gut von Statten, von der Witterung waren wir auch begünstigt und so kommen wir, wenn es Gottes Wille ist, morgen glücklich wieder heim. Du wirst diesen Brief kaum erhalten, bevor wir heim kommen, weil die Nachrichten so umständlich zu Euch gelangen; doch kommt Albertine, die ganz wohl ist und sich recht freut, dich wieder zu umarmen. Ich freue mich auch, wenn wir wieder beisammen sind. Wann uns Christian auch schön in Ordnung käme und festen, guten Willen zeigte, sich beliebt zu machen und in seinem so wichtigen Berufe immer tüchtiger zu werden. Stellen wir dies Gott anheim. Ich kann dir jetzt nicht mehr schreiben, weil der Brief auf die Post muß. Lebet Beide unter des himmlischen Vaters achtsamem Schutz wohl. Dein dich herzlichst liebender Vater,

    M. Völckel".

    Leider habe ich keinen der hier genannten Protagonisten im Netz finden können, wie immer. Aber M. Völckel hat wohl die Bundesfestung in Neu-Ulm inspiziert und spricht von "umständlichen Nachrichten", womit Kriegseinschränkungen gemeint sein könnten.

  • Morsche Tim,

    vielen Dank - das passt vom Namen her fast perfekt - aber der Absender war M. Voelckel, nicht Carl Voelckel. Vlt. der Vater? Die Schrift wirkt wie die eines 60+ Jährigen, aber der militärische Background scheint offensichtlich zu sein. Super Recherche. :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    ich habe aus der in etwa gleichen Zeit noch den Kassierer des Bayerischen Lehrervereins, den Oberlehrer Michael Voelckel aus Nürnberg gefunden, das auch zu der geplanten Rückkehr passt. Evtl. war das der Bruder vom Dr. Carl Voelckel aus Roßstall (heute Markt Rostal) und hat sich das mal angeschaut, wo der zu Militärdienstzeiten in Neu Ulm unterwegs war. Das scheint mir auch plausibel zu sein, denn wer dort wirklich was militärdienstlich zu tun hatte, der ist nicht "auf Zurede noch geblieben, um einen Theil der Festungsbauwerke zu sehen".

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Aus dem Internet:

    "Im Deutschen Krieg von 1866 wurde die Festung ab dem 3. Juli – dem Tag der Schlacht von Königgrätz (Kgr. Böhmen, heute: Hradec Králové) – zum dritten Mal in den Kriegszustand versetzt, d.h. es wurden die Gräben geflutet, Palisaden vor den Forts errichtet, das Schießpulver von den Friedenspulvermagazinen in die Kriegs- und Wallpulvermagazine gekarrt und die Geschütze in Position gebracht. Diese Arbeiten dauerten 17 Tage. Die Aufhebung des Kriegszustandes erfolgte am 23. August 1866 mit der Auflösung des Deutschen Bundes, die österreichische Festungsbesatzung zog am 16. Oktober aus Ulm und Neu-Ulm ab".

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Hallo Tim,

    könnte so gewesen sein. Bin da leider thematisch überfordert, weil ich keine Ahnung habe, was da im Juli 1866 in Bayern alles lief. Ich fand den Bezug zu 66 halt spannend (aber erst, nachdem ich den Brief hatte, zuvor wusste ich davon nichts).

    Gekauft hatte ich ihn für meine Ulm/Neu-Ulm Sammlung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Danke, aber da finde ich nichts. Mir ist die Suchtechnik dort fremd. Sorry, dass ich da lästig bin.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Ralph,

    mit "umständlichen Nachrichten" wird folgendes gemeint sein: Rossstall gehörte zum Landbestellbezirk von Grossweismannsdorf (ab November 1860 PE). Rossstall bekam erst am 15. Mai 1875 eine PE. Der Absender des Briefes wird wahrscheinlich vor Eintreffen des Briefes zu Hause in Rossstall gewesen sein.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Hermann,

    danke - so wird es gewesen sein. Zug schneller als Landpostbote.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Danke, Tim, ich hätte das sonst nie gefunden. Fremde Technik halt ...

    Dann war er "nur" Lehrer und hatte mit dem Krieg direkt nichts zu tun.

    Na ja, kurz später haben die Preussen ja Nürnberg besetzt, wenn ich mich nicht irre - dann hat sich seine Lage vlt. auch verändert.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Na ja, kurz später haben die Preussen ja Nürnberg besetzt, wenn ich mich nicht irre

    ...jo, am 31. Juli haben preussische Grenadiere, Jäger und Dragoner aus Mecklenburg-Schwerin Nürnberg und Erlangen kampflos eingenommen. Da wird auch der Herr Oberlehrer nicht schlecht gestaunt haben. Die Mecklenburg-Schweriner hatten dann in Nürnberg vorerst ihr Hauptquartier eingerichtet. Der Waffenstillstand trat am 2. August, der Frieden von Prag bekanntlich am 23. August ein. Am 30. August gab der kommandierende General Friedrich Franz, also kein geringerer als der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin höchstselbst, den Befehl zum Abzug seiner Truppen.

    Schönen Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Das scheint mir auch plausibel zu sein, denn wer dort wirklich was militärdienstlich zu tun hatte, der ist nicht "auf Zurede noch geblieben, um einen Theil der Festungsbauwerke zu sehen".

    Hallo,

    da bin ich ganz beim Pälzer...

    Hatte den Brief auch auf dem Radar, ob des eher dünnen Bezugs zum Krieg aber nicht drauf geboten.

    Ich denke auch, dass es sich hier um eine private Reise des M. Völckel nach Ulm handelt, der sich die umtriebigen Festungsarbeiten zu Beginn der heißen Phase des Krieges in Bayern mal ansehen wollte.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    ui - du konntest den Text lesen? Ich nicht, dafür war der Scan für mich zu schlecht (und Bleistift zu lesen mag ich gar nicht).

    Dann sind wir uns einig - ein Reisebrief ohne 66er Relevanz. Auch gut, weil die Bundesfestung ja Ulm und Neu-Ulm betraf und daher passt er gut in meine Ulm/Neu-Ulm Sammlung. Ganz ohne Portoersparnis ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Dann sind wir uns einig - ein Reisebrief ohne 66er Relevanz.

    ... a bissel was geht immer :) sagt Monaco Franze (auch wenn er es anders meint, als ich hier ^^ )

    Gehen wir davon aus, dass der Brief von Michael Völckel (Völkel ?)geschrieben wurde, der Leher (Oberlehrer) in Nürnberg war, dann könnte es zumindest durch seine Mitgliedschaft bei den Turnern in Nürnberg einen gewissen Bezug zum Krieg 1866 geben (allerdings nur indirekt). Ich stellte mir einfach die Frage, warum er wohl auf Reisen war in Begleitung von mehreren (?) Leuten. So kam ich auf die Turner. Nachfolgend die Zeitungsinformationen.

    Michael Völckel - Mitglied Turner Nürnberg (Festausschuss zum Turnfest Nürnberg 1866)

    Das für Juli geplante Fest konnte nicht stattfinden!

    Zumindest war mir neu, dass ein deutsches Turnfest ebenfalls "Opfer" des Krieges 1866 wurde.

    Luitpold

  • Lieber Werner,

    unglaublich, was du alles heraus bekommst. Vielen Dank dafür! :) :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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