Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo,

    möchte heute diesen „Lazarettbrief“ vorstellen.

    Vom Pfarrer Ritter in Planig bei Sprendlingen (Grossherezogtum Hessen-Darmstadt) am 20.8.1866 abgesandt, ging er als Paketbegleitbrief („Frachtbrief zu einem Pack Kleidungsstücke gleicher Adresse“) nach Darmstadt an das dortige Komitee der verwundeten Soldaten.

    Nach dem Württembergischen Sanitätsverein und dem 1864 in Oldenburg gegründeten „Verein zur Pflege verwundeter Krieger“ waren als Folge der Beschlüsse der Genfer Konferenz vom 29. Oktober 1863 und der ein Jahr später abgeschlossenen 1. Genfer Konvention in den deutschen Staaten verschiedene Vereine zur Versorgung von im Kriege verwundeten Soldaten entstanden. Diese gelten als Vorläufer der späteren Rotkreuz-Gesellschaften und -Ortsverbände.

    Ich zitiere dazu aus „http://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Konventionen“

    „..Die Entwicklung der Genfer Konventionen ist eng verbunden mit der Geschichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Die Genfer Konventionen, wie auch das IKRK selbst, haben ihren Ursprung in den Erlebnissen des Genfer Geschäftsmanns Henry Dunant nach der Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859, die er 1862 in einem Buch mit dem Titel „Eine Erinnerung an Solferino“ veröffentlichte. Neben der Schilderung seiner Erlebnisse enthielt das Buch Vorschläge zur Gründung von freiwilligen Hilfsgesellschaften sowie zum Schutz und zur Versorgung von Verwundeten und Kranken im Krieg. Die Umsetzung von Dunants Vorschlägen führte im Februar 1863 zur Gründung des Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz trägt, und am 22. August 1864, im Rahmen einer diplomatischen Konferenz, zum Abschluss der ersten Genfer Konvention durch zwölf europäische Staaten, und zwar Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Hessen, Italien, die Niederlande, Portugal, Preußen, die Schweiz, Spanien und Württemberg...“

    Nach Ende der Kampfhandlungen in Süddeutschland im August 1866 waren noch viele verwundete Soldaten in den Lazaretten zu behandeln, wobei es häufig gerade an Medikamenten, Verbandsmaterial und natürlich auch an sauberer Bekleidung gefehlt haben dürfte. Um hier zu helfen, haben örtliche Verwundetenvereine Spenden (Kleidungsstücke, Geld etc) gesammelt und den Erlös den Soldaten zukommen lassen, die häufig fern ihrer Heimat – unfähig zu reisen bzw. ihre Heimreise zu finanzieren – auf Genesung warteten. Die Armee der süddeutschen Verbündeten (VIII. Bundeskorps) bestand ja aus Einheiten aus den verschiedensten Staaten und hatte den Krieg im „bayerischen Ausland“ zu bestehen.

    Aber natürlich war auch Bedarf an Unterstützung für die im Heimatland zu pflegenden Soldaten. So dürfte sich das Darmstädter Komitee in erster Linie um die verwundeten Soldaten aus der 3. hessischen Division besorgt haben, die in den Gefechten von Laufach und Frohnhofen (13.7.) sowie Aschaffenburg (14.7.) sehr zu leiden hatten, wobei die Unterstützung sicherlich auch den verbündeten Österreichern zugutekam, die Seite an Seite gekämpft hatten und nun in Hessen versorgt werden mussten.

    Lazarettbriefe aus dem 66er Krieg sind nicht häufig, da sie als Paketbegleitbriefe in der Regel nicht aufbewahrt wurden.

  • Lieber mikrokern,

    tolles Stück aus der bayer. 66er Peripherie - die Kleider im Paket wogen 32 Pfund; das dürften dann schon ein paar gewesen sein. TT machte seine NULL - Paraphe vorne drauf, so dass die Bestellung nichts kostete, obwohl keine etwas dafür bezahlt hatte. Kenner streiten sich, ob man bei vergleichbar gelagerten Fällen von einer Portofreiheit spricht, weil das Bestellgeld eigentlich nichts mit dem Porto zu tun hatte - in jedem Fall ein ganz außergewöhnlicher und sehr seltener Brief, zu dessen Kauf man dir nur gratulieren kann.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo in die Runde,

    auch von mir ein Chapeau zu dem seltenen und interessanten Brief zu Mikrokerns
    Lieblingsjahrgang 1866...Tolles Stück.

    Die erwähnung des Taxquadrates auf der Siegelseite finde ich PO mässig auch noch
    sehr interessant und das habe ich so noch nicht bewusst gesehen.

    Kamen diese Angaben zum Taxquadrat häufiger vor?

    Viele Grüsse
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo zusammen,

    ausweislich der nachfolgend gezeigten sächsischen Postverordnung vom 1.3.1864 einigten sich "sämtliche Postverwaltungen des deutschen Postvereins" bereits zu Anfang des Jahres 1864 auf die Portofreiheit von Lazarethsachen etc.

    In Sachsen beließ man interessanterweise eine vor Veröffentlichung dieser Postverordnung abgesandte Sendung ohne Portobelastung.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,

    vielen Dank fürs Zeigen der Verordnung und des Briefes!

    Kann man davon ausgehen, dass die 1864 für in Schleswig und Holstein stehenden Truppen erlassenen Verordnung auch später nochGültigkeit hatte? Eigentlich müsste es derartige Erlasse auch von anderen Postverwaltungen geben...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Kann man davon ausgehen, dass die 1864 für in Schleswig und Holstein stehenden Truppen erlassenen Verordnung auch später nochGültigkeit hatte?

    Lieber mikrokern,

    alle sächsischen Verordnungen aus dem Jahre 1866 zur Portofreiheit von Lazarethsachen sowie bezüglich der Unterstützungsvereine beziehen sich auf innersächsische sowie Feldpostsendungen. Das läßt darauf schließen, daß es eine explizite Vereinbarung zwischen den (resp. allen) Postvereinsstaaten dazu nicht gegeben hat, was allerdings nicht ausschließt, daß nach der 1864er Regelung weiter verfahren worden ist.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax und alle,

    möchte Dir/euch die Stellungnahme von Herrn D. Friedewald, einem profunden Kenner der preussischen (Feld-)Postverhältnisse ist, nicht vorenthalten (aus einer privaten Kommunikation):

    "Die sächsische Verordnung galt NUR für die Bundesexekution in Holstein, wurde aber stillschweigend auf den nicht durch Bundesbeschluss gedeckten Vormarsch der Preußen und Österreicher nach Schleswig und Jütland ausgedehnt. Der gezeigte Beleg nach Kiel fällt aber unter die Bundesexekution. Im DÖPV war die Portofreiheit bei Bundeseinsätzen geregelt. 1866 gab es aber keinen „richtigen“ Bundesbeschluss zum Krieg, deshalb habe ich da so meine Bedenken, wenn der 1864er Beschluss auf 1866 übertragen wird. Ich kenne zu den Lazarettbriefen von 1866 eben auch keine „richtige“ Verordnung, weder von den Preußen noch von den Süddeutschen."

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo zusammen,

    wie vermutlich fast allen bekannt gab es in Preussen verschiedene Verordnungen bezüglich der Postverhältnisse des Militärs.

    Im wesentlichen gab es das Gesetz über Portofreiheiten von Militärdienst-Angelegenheiten vom 21.02.1862, sowie die Verordnung über Feldpost-Angelegenheiten vom 21.05.1862.
    Diese Verordnungen waren auch noch 1866 gültig und bestimmt hier von Interesse.

    Bei google/books habe ich auf dieses Buch gefunden.
    Nur ein kleiner Teil davon ist vermutlich interessant, aber wer es komplett speichern möchte benutze den Link

    Link

    schönen Gruss

    Peter

  • Lieber VorphilaBayern,

    vielen Dank fürs Zeigen der Ansichtskarte, die eine schöne Ergänzung zum "66er" Sammelgebiet darstellt.

    Im Gefecht von Seybothenreuth am 29. Juli fanden noch 6 bayerische Soldaten den Tod, als die allerletzte blutige Auseinandersetzung mit preussischen Einheiten des 2. Preuss. Reserve-Armee Corps, das am 19.7. von Leipzig zur Besetzung Frankens aufgebrochen war, stattfand.

    Beste Grüsse vom
    µkern

    Einmal editiert, zuletzt von mikrokern (28. September 2012 um 19:04)

  • Hallo Sammlerfreunde,

    ich bin eben nach hause gekommen und dachte mich laust der Affe.
    Nachfolgenden Brief hatte ich mit einem Gebot versehen. Ich kam gar nicht in die Ränge, da hier offensichtlich zwei Bieter ihre ganzen Ersparnisse investierten.
    Ich habe zwar den Feldpoststempel, vermutlich aus 1866, gesehen, aber was um Gottes Willen ist an diesem Brief, dass er 625 Euro !!!!!!! brachte? Ich sehe nur eine angeschnittene Marke, Stempel in mäßiger Qualität und das Briefpapier ist zerrissen.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    ich glaube, dass ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster lehne, wenn ich prognostiziere, dass der Käufer in unseren Reihen zu finden ist ... ^^

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern-klassisch,

    dann werden wir sicherlich bald mehr darüber hören, da bin ich wirklich gespannt.

    Ich habe aber die Zeit seit meinem letzten post genutzt und etwas nachgelesen.

    Sem: Feldpost 1866, Feldpoststempel mit "V" bisher nicht bekannt, ohne Preis

    VO-Blätter: Feldpost 1866 ab 1.7., also vermutlich Ersttagsstempel

    Ich glaube langsam erschließt sich so einiges.

    Gruß
    bayernjäger

    Einmal editiert, zuletzt von bayernjäger (29. September 2012 um 00:23)

  • Liebe Freunde,

    je mehr ich darüber nachdenke, desto eher komme ich zu dem Schluss das auch ein höherer Betrag
    bei dem Brief angemessen gewesen wäre.

    Nun ja, über all das freut sich heute Abend jemand,das ist sicher, ich bin es leider nicht.... :wacko:

    Viele Grüsse
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    Einmal editiert, zuletzt von Bayern Social (29. September 2012 um 11:35)

  • Hallo bayernjäger,

    jetzt habe ich mich doch zu weit aus dem Fenster gelehnt, weil mir ein Forums- und ARGE-Mitglied eben per PN mitteilte, dass sein Sniper versagt hatte und der Brief an einen (derzeit noch) Unbekannten ging.

    Schade - ich hoffe, wir sehen das gute Stück doch noch irgendwo in einem niveauvollen Forum.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayernjäger,

    tja, wer weiß - zuletzt hat er mir beim Kauf einer Omega auch den Dienst versagt - kommt manchmal vor, dass etwas nicht klappt und ist halt sehr ärgerlich. Bei den Preisen sollte er aber noch locker funktionieren, wie ich dir versichern kann. ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.