Liebe Freunde,
so ganz passt das Folgende nicht ins Thema, aber ehrlich gesagt schrecke ich vor der Eröffnung eines neuen Themas zurück, weil so viel nicht dazukommen wird.
Normalerweise gilt der bayerische Wald als das große postalische Niemandsland der Vormarkenzeit. Diese Aussage ist auch völlig gerechtfertigt, allerdings gab es ähnliche Verhältnisse im Kleinen auch in anderen bayerischen Kreisen (ab 1837 Regierungsbezirken).
Keine der wichtigen Postrouten führte durch das Landgericht Erding, alle wichtigen Posteinrichtungen befanden sich außerhalb. Zwar gab es seit 1808 eine Briefsammlung im Hauptort, diese wurde aber mehr oder weniger privat vom Freisinger Boten betrieben, dessen Hauptgeschäft in der Personenbeförderung und dem Transport verderblicher Lebensmittel in die ehemalige Bischofsstadt bestand. 1810 bestand immerhin eine Reitpostverbindung nach München, die sich allerdings wenig später schon nicht mehr nachweisen lässt.
Die Stadt lebte vom bäuerlichen Umland, mit viel Handwerk und der Schranne, nach München einem der bedeutendsten Getreideumschlagplätze Bayerns; der einzige größere Erwerbszweig war die Lodenwirkerei, aber der Fernhandel mit Loden wurde von Auswärtigen betrieben. Es sind kaum Privatbriefe erhalten. Mit dem Landgericht und dem Rentamt gab es zwei größere Behörden, die allerdings mit der postalischen Versorgung unzufrieden waren.
Eine Expedition in Erding wurde am 1. Juli 1843 eröffnet, in Taufkirchen 1848. Das heißt, vorher gab es keine wie auch immer organisierte Postzustellung, wie sie zum Beispiel in großen Städten oder in Orten im Raum Mittelfranken gang und gäbe war (wo noch die alten Thurn-und-Taxis-Routen etabliert waren und wo es viele kleine Handelshäuser gab).
Um einmal zu demonstrieren, wie lange es dauern konnte, bis Briefe vor dieser Zeit zu ihren ländlichen Adressaten fanden, möchte ich zwei Beispiele aus der Heimatsammlung zeigen (mehr habe ich leider auch nicht dazu). Beide sind Briefhüllen, aber alles Wesentliche steht auf der Vorderseite. Beide verdanken wir dem damals anlaufenden Aufbau des Volksschulwesens auf dem Land – den Lokalschulinspektionen stand immer der jeweilige Gemeindepfarrer vor.
Der erste ist ein Dienstbrief, der an die Lokalschulinspektion Eitting gerichtet ist. Er wurde am 10. August 1814 in München aufgegeben und zeigt einen Präsentationsvermerk vom 15. August 1814, war also sechs Tage unterwegs.
Auf der Karte ist in Rot der wahrscheinlichste Weg eingezeichnet, über Freising und Erding. Der 10. August 1814 war ein Mittwoch, der Freisinger Bote und Briefsammler Georg Kaltenbrunner kam um diese Zeit dreimal wöchentlich nach Freising. Wenn es gut lief, konnte er den Brief gleich am Donnerstag übernehmen und am selben Tag nach Erding bringen, alternativ erst am Wochenende, wie die nachfolgenden (sich widersprechenden) Zeitungsannoncen zeigen:
Dort musste die Post dann von den Adressaten selbst oder von in ihrer Gemeinde ansässigen Boten abgeholt werden. In diesem Fall war der Brief am Montag, dem 15. August 1814 beim Adressaten.
Einen längeren Weg dürfte der zweite Brief genommen haben:
Ausweislich des Präsentationsvermerks wurde er am 18. August 1815 geschrieben, am 22. August in München aufgegeben und erreichte am 1. September 1815, nach elf Tagen, den Adressaten in Moosen. Hier führte die blau eingezeichnete Route auch erst über Freising, dann über Moosburg und Landshut nach Vilsbiburg. Die wahrscheinlichste weitere Route dürfte mit Boten aus den Gemeinden über Velden (bekam gleichzeitig mit Erding erst 1843 eine Postexpedition) geführt haben, wenn der Brief nicht persönlich bei der Post abgeholt wurde.