Vorläufer der Overland Mail durch die Syro-Irakische Wüste

  • Das ist der Brief..., dazu die Köhler Bechreiubung.

    1 Neugroschen lebhaftlilarot und drei Einzelwerte 3 Neugroschen braunorange, mit Doppelkreisstempel „FREIBERG BAHNH. 4 AUG. 67“ auf Briefkuvert mit farblos geprägter Zierborte, mit Leitvermerken „..via Beyrouth“ und „ par le courier anglais du désert“ an die bekannte Adresse ‚Ernst Oehlschlägel‘ nach Bagdad,. Der Brief fiel in die zwei. Gewichtsstufe und ist entsprechend korrekt frankiert mit 6 Neugroschen Postvereinsgebühr und 4 Neugroschen österreichischem Seepostporto. Leichte Reinigungsspuren; das Kuvert rechts repariert. Ein attraktiver Brief mit seltener Destination. Fotoattest Rismondo BPP (1999)


    Was mich (noch) interessiert ist:

    Ich suche nun noch Details zur Postalischen Behandlung der Brief (woher wusste der Absender wie der Brief hinsichtlich der Leitweganweisung zu beschriften war, wie wurde der Brief in Beirut behandelt bzw an den Kurier durch die Wüste übergeben, wer zahlte den Transport durch die Wüste...)..., die bisherigen Besitzer legten ja nur Wert auf die Frankatur, mein Interesse geht weiter.

  • Hallo Rainer,

    das ermittelte Briefgewicht wurde auch noch angegeben, ist aber nach 1 1/?? Loth schwer lesbar für mich notiert (links neben "Ernst" notiert). Aber schon mit einem Loth wäre er in der 2. Gewichtsstufe gewesen.

    Deine Detailfragen kann ich leider nicht beantworten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Rainer,

    in der Einleitung zum Sammelgebiet "Österreichische Post in der Levante" steht folgendes im Michel Österreich Spezial geschrieben:

    Es gab im ganzen 81 "Levantepostämter", von denen etwa die Hälfte sog. "Lloydpostämter" (vertraglich von der Schiffahrtsgesellschaft des "Österr. Lloyd" betrieben) waren; diese befanden sich naturgemäß nur in Hafenplätzen.

    Beyrut ist in der Auflistung der 81 Postämter dabei.

    Wenn wir nun unterstellen, dass zu dieser Zeit in Beyrut ein sogen. "Lloydpostamt" bestand, dann wird man wohl recherchieren müssen, wer mit wem genau zu der damaligen Zeit einen Vertrag hatte, um Post von Beyrut nach Bagdad zu befördern und in welcher Form das abgegolten wurde.

    Meine Vermutung ist, weil sich auf dem Brief keine weiteren Taxierungen, Durchgangs- oder Ankunftsstempel befinden, dass die 4 Ngr. Seepostporto an den "Österr. Lloyd" gingen und dieser aber auch die Beförderung bis nach Bagdad zu bewerkstelligen hatte.

    Beste Grüße

    Markus

  • Markus,

    Danke. Interessanter Ansatz.

  • Hallo Rainer,

    anbei ein passender Auszug aus einer bayerischen VO von 1866. Da Bayern und Sachsen im DÖPV waren, dürfte das übertragbar sein. Auf Seite 4 findest Du Bagdad.

    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Michael,

    mich würde interessieren, wie der angefangene Satz unten auf der letzten Seite endet?

    Briefpostsendungen nach dem Innern Kleinasiens sind an Mittelsperson in...

    Beste Grüße

    Markus

  • Hallo Michael,

    mich würde interessieren, wie der angefangene Satz unten auf der letzten Seite endet?

    Briefpostsendungen nach dem Innern Kleinasiens sind an Mittelsperson in...

    Beste Grüße

    Markus

    Die Sächsische Postverordung sagt da:

    Briefpostsendungen nach dem Innern Kleinasiens sind an Mittelspersonen in Beirut oder Smyrna zu adressieren, welche das Porto für die Weiterbeförderung vorausbezahlen.

    Das passt aber nicht mit der Addressierung der Sachsenbriefe zusammen.

  • Hallo Markus,

    so geht es weiter:

    und wenn Du wissen willst, wie es danach weiter geht: danach kommen die Tarife für Griechenland, Ägypten, Aden usw.

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Rainer,

    anbei ein passender Auszug aus einer bayerischen VO von 1866. Da Bayern und Sachsen im DÖPV waren, dürfte das übertragbar sein. Auf Seite 4 findest Du Bagdad.

    Gruß

    Michael

    Michael,

    Danke.

    Die alten Briefe snd noch etwas "exotisches" für mich, muss mich mal in die alte Terminologie einarbeiten...

    Wen Bayern "Bagdad" erwähnt müsste es je zuindest theoretisch Briefe nach dorthin geben...

    Einmal editiert, zuletzt von Rainer (27. März 2022 um 19:15)

  • Hallo Rainer,

    die Zielorte mit den Taxen wurden so von Österreich zusammengestellt und an alle DÖPV-Mitglieder verteilt.

    Theoretisch hätte also auch Bergedorf diese Listen veröffentlichen können ... ;)

    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo Michael,

    vielen Dank, für den weiteren Einblick.

    Mit den Suchbegriffen "Bagdad" oder "Kleinasien" gibt es leider keinerlei Treffer, in den Postamtsblättern von Preussen 1864 bis 1867.

    Nach der oben gezeigten Aufstellung aus bayer. Amtsblatt kostete ein Brief nach Beirut genauso viel wie ein Brief nach Bagdad, obwohl nach Beirut noch rund 1.000 km Wegstrege (Luftlinie 825 km) zurückzulegen sind.

    Aus keiner der Amtsblätter ergehen wirklich verwertbare Detail-Informationen, um die offenen Fragen von Rainer beantworten zu können.

    Beste Grüße

    Markus

  • Ich suche nun noch Details zur Postalischen Behandlung der Brief (woher wusste der Absender wie der Brief hinsichtlich der Leitweganweisung zu beschriften war, wie wurde der Brief in Beirut behandelt bzw an den Kurier durch die Wüste übergeben, wer zahlte den Transport durch die Wüste...)..., die bisherigen Besitzer legten ja nur Wert auf die Frankatur, mein Interesse geht weiter.

    Lieber Rainer,

    grundsätzlich war es möglich, für Spedition in den Nahen Osten französische Schiffe (ab Marseille), vermittelt über die preußische , badische oder taxissche Post, zu nutzen, oder solche des Österreichischen Lloyd über die Donau resp. ab Triest über das Mittelmeer.

    Entscheidend für die Wahl des Speditionsweges war weniger der Tarif als vielmehr die Beförderungsdauer, abhängig vom Abgang des nächsten Schiffes sowie seiner Fahrzeit. Die entsprechenden Daten waren in den Postverordnungsblättern veröffentlicht worden und somit für die Postanstalten verfügbar.

    Die weit überwiegende Zahl der aus Sachsen in den Nahen Osten registrierten Briefe wurden über den Österr. Lloyd resp. Triest befördert, so auch Deine beiden.

    Der Speditionsweg Deines Briefes sah so aus:

    Freiberg - Dresden Tharandter Bahnhof (PE IV) mit der Bahn

    Tharandter Bahnhof - Böhmischer Bahnhof (PE III)

    Bahnbeförderung Dresden - Bodenbach - Prag - Wien -Semmering Bahn - Triest

    Dampfboot Triest - Beyrouth

    bis dahin deckte die frankierte Taxe die Beförderungskosten ab.

    In Beyrout Übergabe an die von England betriebene "Wüstenpost", die die Beförderung mit Kamelreitern bis Bagdad übernahmen.

    Eine Zeitlang war es möglich, die Zahlung dieser Beförderungsgebühr den Empfängern zu überlassen.

    Von einem mir nicht bekannten Zeitpunkt an mußten die Briefe an "Handelsherrn in Beyrouth" adressiert werden, die die Vorauszahlung dieser Kosten leisteten.

    Liebe Grüße

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (27. März 2022 um 20:09)

  • Von einem mir nicht bekannten Zeitpunkt an mußten die Briefe an "Handelsherrn in Bagdad" adressiert werden, die die Vorauszahlung dieser Kosten leisteten.

    Hallo Jürgen,

    das würde bedeuten, dass Oehlschlägel ggf. gar nicht der Empfänger von dem Briefinhalt war sondern ggf. nur der Vermittler, welcher in die Vorleistung der Speditionskosten für die Kamelpost ging.

    Beste Grüße

    Markus

  • das würde bedeuten, dass Oehlschlägel ggf. gar nicht der Empfänger von dem Briefinhalt war sondern ggf. nur der Vermittler, welcher in die Vorleistung der Speditionskosten für die Kamelpost ging.

    Hallo Markus,

    sorry, gemeint war natürlich Beyrouth. Von dort aus startete die "Kamelpost" Richtung Bagdad,

    Beste Grüße

    Jürgen

  • Danke für die hochinformationen Infos.

    Evtl. könnte einer der Administratoren die Sachbeiträge was den Sachsenbrief nach Bagdad in eine separate Diskussion, entweder bei Sachsen oder in meine Overland Mail Baghdad-Haifa (Vorläufer) Diskussion verschieben?

  • Hier noch der andere Brief fnach Baghdad, diesmal nur ein Brief bis 1 Loth..., auch die Leitweganweisung ist etwas anders.

    Was das rote "Gekritzel" auf der Rückseite bedeutet, keine Ahnung.

  • Hallo Rainer,

    die Rötel auf der Siegelseite sollte eine 10 darstellen und 10 Neukreuzer = 2 Neugroschen Weiterfranko für den Lloyd darstellen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • die Rötel auf der Siegelseite sollte eine 10 darstellen und 10 Neukreuzer = 2 Neugroschen Weiterfranko für den Lloyd darstellen.

    Lieber Ralph,

    wenn das so wäre, müßte eine ähnliche Taxierung auf einem der zahlreichen Briefe zu finden sein, die mit dem österr. Lloyd zu 10 Kreuzern befördert worden sind. Ich habe keinen solchen registriert.

    Ein Ansatzpunkt ist der Stempel von Constantinopel, der zusätzlich zu dem Triester abgeschlagen worden ist. Als Grund kommen zwei Varianten in Betracht:

    a) Das in Triest abgegangene Schiff hatte Constantinopel als Zielhafen, die Route endete also dort. Der Brief wurde mit einem anderen Schiff nach Beyrouth spediert und durchlief anschließend von dort aus die "Kamelroute".

    b) Ab Constantinopel wurde der Brief nach Samsun spediert und von dort aus bis Bagdad befördert.

    In beiden Fällen gab es also eine weitere Zwischenstation. Die Lloyd-Beförderung bis Beyrouth wäre durch die Frankatur bezahlt gewesen, die bis Samsun jedoch nicht. Sie hätte weitere 10 Kreuzer erfordert.

    Die gestrichene Röteltaxe könnte diesen Betrag darstellen. Beweisen ließe sich das jedoch nur über ein Verzeichnis der Daten der von Constantinopel abgehenden Schiffe.

    Liebe Grüße

    Jürgen

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (28. März 2022 um 16:41)

  • Im Buch "The Postal History of the Ottoman Post in the Holy Land" von Zvi Aloni und Joseph Hackmey ist auch ein Sachenbrief nach Baghdad abgebildet, dazu unten stehender Text (übersetzt in Deutsch".

    Das deutsche Postamt in Galata funktionierte ähnlich wie die Postämter in Deutschland. Das Büro in Galata erhielt deutsche Postwertzeichen und beschäftigte deutsche Beamte. Die österreichischen Postämter waren nicht nur auf dem Seeweg, sondern auch auf dem Landweg tätig, wobei eine Linie zwischen Istanbul-Edirne-Filibe-Sofia-Nic und dann Belgrad-Budapest-Wien eingerichtet wurde. Neben den österreichischen Überlandlinien betrieben auch die Briten und Franzosen Überlandpostdienste innerhalb der Reichsgrenzen. Einem Memorandum des Postministeriums von 1881 zufolge unterhielten die Briten alle fünfzehn Tage eine Kamelpost zwischen Bagdad und Damaskus. Die Post wurde per Schiff von Istanbul nach Beirut, mit regelmäßig verkehrenden Karren von Beirut nach Damaskus und per Kamel von Damaskus nach Bagdad befördert.

    Die Briten gründeten diese Strecke, weil sie im Gegensatz zur Strecke Istanbul-Samsun-Bagdad kürzer war.

    Neben den Briten begannen auch die Osmanen sofort, eine ähnliche Kamelpost als Alternative zu den Briten zu betreiben. Außerdem betrieben die Franzosen in den 1870er Jahren einen Postdienst zwischen İskenderun und Aleppo. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass diese Linien die osmanischen Tatarenposten frustrierten.

    Leider sind zu keiner der Hinweise zu den Routen belastbare Informationen abgebildet..., habe mal den Autor (Zvi Aloni) den ich persönlich kenne, angeschrieben und um belastbare Informationen gebeten.