Liebe Freunde,
den folgenden Beleg zugeschlagen bekommen zu haben hat mich sehr gefreut, weil ich noch keinen gesehen habe, der diesem gleicht. Aber der Reihe nach ...
Geschrieben am 21.6.1865 im schönen Wien vom Vater, hat man ihm eine Beilage gegönnt, die in Mikroschrift von einem Freund schon am 19.6.1865 verfasst worden war. Das machte man häufiger mal, denn Einzelbriefe von Ö. nach Brasilien waren sehr teuer und wenn man sich ein paar Dutzend Euro sparen konnte (nach heutiger Kaufkraft bemessen), dann tat man das auch.
Dass in dem eigentlichen Hauptbrief noch 6 weitere Wiener ihrem Verwandten/Freund in Brasilien etwas schrieben, ist aber sicher bemerkenswert und lässt auf gute familiäre Verhältnisse schließen.
Empfänger war also Aloys Kraus, Chemietechniker im botanischen Garten von Rio de Janeiro. Der Absender, im Stempel gut ersichtlich, war Vincenz Kraus im Alsengrund von Wien.
Man wünschte "Via Frankreich" zu verschicken und wollte oder konnte nicht frankieren. Die Aufgabepost notierte noch eine "2" für das 2. Gewicht (über 7,5 bis 15g) und leitete ihn über Bayern, Württemberg, Baden und Strasbourg nach Paris, wo er den Stempel "Autr.(iche) 3 Strasbourg 3" erhielt. Nun schlug man den Vertragsstempel F 21 ab, den van der Linden unter der Nr. 1142 zeigt und der für die Post über Frankreich nach Brasilien vorgesehen war (aus der Schweiz auch bekannt). Bei einer Bewertung von 7 bis 10 Punkten nach v. d. L. ist häufig also etwas anderes.
Die Siegelseite ist völlig blank - das hätte ich nicht erwartet! Daher benötige ich etwas Hilfe beim weiteren Transport. Auch ist mir unklar, warum keine Taxe auf dem Brief zu erkennen ist, denn frankiert war er nicht, also musste der Empfänger in Rio erhebliche Gebühren zahlen. Nach meinen dürftigen Unterlagen sollte ab 31.3.1863 eine 55 Neukreuzer Taxe für einfache, also 110 Nkr. für Doppelbriefe wie hier gegolten haben, wenn mit franz. Paketboot von Bordeaux nach Rio verschickt wurde. Ich bin für jeden Hinweis dankbar.