• Hallo zusammen,

    hier ein ganz hübscher Brief für unsere Unterfranken. Ein eingeschriebener Eilbrief der vierten Gewichtsstufe von 27. Dezember 1862 wurde von Würzburg in das 4 1/2 Meilen entfernte Lohr. Eine Terminsache daher sogleich abzugeben. Leider kein Inhalt und auch die Rückseite ist leer..Als Uhrzeit ist 3-4 im Stempel zu lesen, ich gehe daher davon aus, dass der Brief noch am gleichen Tag zugestellt werden konnte.

    Grüße aus Frankfurt

    Heribert

  • @ Bayernjäger wegen #174

    Hallo Bayernjäger,

    ist nicht leicht zu machen, da der Umschlag auf der falschen Seite geöffnet wurde.... so betrachtet, kein deutlicher Durchschlag, aber dickes hadernhaltiges Papier trifft auf zarten Abschlag, da wäre wahrscheinlich nicht viel zu sehen.

    Aber ich finde nichts, was mich an der Originalität zweifeln lässt. Wo hast du Zweifel?

    Gruß

    Andreas

    es wären nur 3 Stunden gewesen!

  • Hallo Andreas,

    das kann man so pauschal nicht sagen. Letztendlich geht es darum, ob die Marke auf den Brief gehört oder nicht? Passt die Marke, wäre es zumindest ein Hinweis auf das tatsächliche Gewicht des Briefes. Die von mir gedeuteten gestrichenen 5 Loth würden zu ganz unterschiedlichen Frankaturen führen. Bis 30.6.1858 wäre ein Transport mit der Briefpost nur bis 4 Loth für 6xr üblich. Danach bis 15 Loth mit je 3xr pro Loth. Dann wären 6xr zu wenig. Irgendwie muss sich ja auch die Größe des Briefes erklären. Wobei ich auch einen Brief in gleicher Größe ebenfalls mit 6xr frankiert habe. Also nichts ist unmöglich. Es wäre mit dem Vermerk 5 Loth und der unleserlichen gestrichenen Zahl neben dem Frankovermerk schon ein Hinweis auf einen Fahrpostbrief. Evtl. wurde er aber gewichtsmäßig doch noch unter 4 Loth gebracht und ging mit der Briefpost ab? Dann wären wir in der Zeit bis 30.06.1858.

    Die Suche nach einem Charge-Brief mit Halbkreis BAHNH. MÜNCHEN und Mühlradstempel 325 (offen oder geschl.) ist nicht einfach. Leider habe ich selbst keinen und auch keinen irgendwo gefunden. Vielleicht kann jemand einen Brief zeigen? So hätten wir zumindest einen Vergleich des verwendeten oMR 325. Laut Literatur wurde nur der gMR 325 in München am Charge-Schalter benutzt. Was allerdings möglicherweise nur die Stadtpost und nicht die am Bahnhof betrifft.

    Ich möchte den Brief nicht grundsätzlich anzweifeln, wir sollten aber zumindest versuchen die offene Frage hinsichtlich des verwendeten oMR 325 in Bezug auf den Halbkreis BAHNH. MÜNCHEN klären, dann wären wir auf der sicheren Seite.

    Gruß

    Udo

  • Hallo Udo,

    , wir sollten aber zumindest versuchen die offene Frage hinsichtlich des verwendeten oMR 325 in Bezug auf den Halbkreis BAHNH. MÜNCHEN klären, dann wären wir auf der sicheren Seite.

    nach meiner Recherche war der geschlossene "325" bis etwa 1859 am Charge Schalter

    der Münchner Stadtpost in Verwendung.

    Auf dem Expreß Brief erfolgte die Entwertung der frankierten 6 Kreuzer braun

    mit dem off. MR "325", Type a.

    Der off. MR "325", Type a war nur kurze Zeit in der Stadtpost im Einsatz

    (in deiner Sammlung auf Brief vom 27. November 1856 !! und damit

    früheste bekannte Verwendung eines offenen MR), bevor er spätestens April 1857

    als Entwerter in der Bahnhofsexpedition im Einsatz war, wie der Brief in die Schweiz

    vom 28. April 1857 zeigt.

    Kein Charge Brief, aber ein Beleg für die Verwendung des offenen MR "325", Type a

    mit Halbkreis-Nebenstempel von der Bahnhofsexpedition

    (Halbkreis Nebenstempel bis etwa 1861, danach Zweizeiler als Nebenstempel).

    Gruss Kilian

  • Hallo Sammlerfreunde,

    da wühle ich zu später Stunde noch in einer Kiste unbearbeiteter Briefe und was finde ich da:

    Chargé-Brief vom Bahnhof München nach Cannstatt vom 11.3.????.

    Die Francomarke ist mit dem gleichen oMR 325 wie auf dem Brief von Kilian entwertet.

    Die beiden Stempel auf der 9xr grün sind so identisch, dass man meinen könnte sie stammen aus der gleichen Zeit (März/April 1857). Bei beiden Abdrücken fehlt der Aufstrich der 5 und die 2 ist rechts oben im Bogen auch ohne Farbe.

    Somit steht fest, am Bahnhof München wurde für Chargé-Briefe ein oMR 325 verwendet. Dieser oMR 325 wurde, wie anhand der gezeigten Briefe feststeht, sowohl für Chargé- als auch für normale Briefe verwendet.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die Francomarke auf dem Brief von Andreas im Original dazugehört ist sehr hoch, denn auch dieser Brief wurde mit dem gleichen oMR abgestempelt.

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo Kilian,

    danke, dass du deine Rechercheergebnisse hier hinzugesellt hast. Top!

    Hallo Udo,

    glücklicher Zufall, dass du den passenden Brief im passenden Moment ausgräbst. Auch auffällig ist die exakt zentrische Stempelung wie bei meinem Brief, ohne Stempelübergänge! Da war ein Meister am Stempel!

    Ich wünsche allen hier im Forum friedliche Ostertage,

    Andreas

    es wären nur 3 Stunden gewesen!

  • Liebe Freunde,

    sind schon expresse Briefe in der gesamten VMZ und Kreuzerzeit nicht gerade Massenware, so sind auch die dazugehörigen Postscheine für eben diese Briefe Raritäten.

    Heute zeige ich einen Briefpostschein aus Nürnberg vom 29.10.1860 für einen Reco- und Expressbrief an Herrn Winkler in Schnaittach. Schnaittach hatte bereits 1853 eine eigene Postexpedition erhalten, was in diesem Zusammenhang wichtig ist.

    Ein solcher Brief in den Ort einer Postexpedition hätte gekostet: Franko 6 Kr. wie hier, 6 Kr. für Reco wie hier, 9 Kr. für den Expressboten und 6 Kr. für den Rückschein, auf dem der Erhalt der Expressengebühr zu vermerken war (der hier auch nicht eingetragen wurde, warum auch immer).

    Aber hier muss unser Herr Winkler nicht IN Schnaittach, sondern BEI Schnaittach gewohnt haben, sonst hätte man nicht notieren müssen: "2 fl(orin) für Express- Boten deponirt".

    Der Absender wollte diesen Brief schnellstmöglich zugestellt wissen, wusste aber nicht, wie viel Geld der Bote von Schnaittach bis zum Empfänger verlangen würde und leistete also ein Depositum von 2 Gulden, von dem er glaubte, dass es ausreichte.

    Er bekam jetzt diesen Postschein und bezahlte die o. a. Gebühren. Nun musste er auf den Rückschein warten, auf dem der Expressbote von Schnaittach die Höhe seiner Forderung eingetragen hatte und die aus den deponirten 2 Gulden zu befriedigen war (postintern).

    Sagen wir mal, er hätte 1 Gulden 20 Kreuzer für seinen Botengang bekommen, dann hätte ihm die Post in Nürnberg via die Post in Schnaittach diesen Betrag übergeben und dem Absender 40 Kreuzer erstattet.

    Solo pro memoria: Wenn der Brief tatsächlich 6x plus 6x plus 6x plus 2 Gulden gekostet hätte, was durchaus möglich war, dann hätte er total 2 Gulden und 18x gekostet, was dem Tagesverdienst eines Postrates entsprach. Man sieht also, dass Expressbriefe damals kein günstiges Vergnügen waren.

  • Lieber Ralph,

    immer wieder erstaunlich, was du so alles ausgräbst. Der Brief muß ja enorm wichtig gewesen sein, wenn der Versender bereit war, für den Express-Boten 2 Florin zu deponieren (und das auch konnte).

    Ob man das heute noch könnte? :D;(

    Dieter

  • ... ich weiß zu meiner Schande gar nicht, ob es diesen Post-Sonderdienst heute noch gibt. Als Jugendlicher gab es den noch, wenngleich kaum einmal im richtigen Leben zu sehen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    je länger ich sammle, je mehr komme ich zu der Überzeugung, dass die "dringend"- Vermerke auf Dienstbriefen Anweisungen an die Abgabepost waren, per Express zuzustellen.

    Hier ein Beispiel aus Würzburg von der kgl. Regierung Unterfrankens auf einer Regierungs-Sache vom 6.3.1873 an das Bezirksamt Alzenau mit roter Tinte "dringend" vermerkt und doppelt unterstrichen.

    Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass eine solch hohe Behörde mit Vermerken in roter Tinte (die nur wenige Beamte überhaupt haben durften!) auf Briefen angebracht hätte, ohne dass sie sinnhaft gewesen wären.

  • Lieber Dieter,

    Expressbriefe aus dem Dienstverkehr mussten von der Abgabepost kostenlos per Expressen am Ort zugestellt werden.

    Nur Dienst-Expressbriefe nach Orten ohne Postanstalt waren auch dann kostenpflichtig, aber davon gibt es nur ganz wenige (wohl wegen der hohen Kosten, teile mehrere Gulden pro Brief).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    sorry der Nachfrage, aber wo ist das geregelt, dass ein Dienst-Expressbrief kostenfrei vom Boten zu befördern war ? Dies vor allem, weil keiner dieser angeblichen Express-Dienstbriefe, die ich hier schon gesehen habe, nicht auch nur ansatzweise der eigentlichen Vorschrift entsprechen.

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    müsste in der 61er Verordnung geregelt worden sein, vermutlich schon 58 oder noch vorher.

    Die Reglements sagen das m. W. schon aus, wenn nicht die Dienstesverordnungen für Behördenbriefe. Wo das jetzt genau steht ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    ob 68er PTO oder 72er PTO, in beiden galt "dringend" nicht "durch Express zu bestellen" und das anbei:

    Da kann für Behörden nichts anderes gegolten haben, auch wenn der eine oder andere Beamte seine Sendung als ganz besonders wichtig zu beförden empfand...was damals nicht selten der Fall war. Im Regelement zum Posttaxgesetz des NDB gab zwar nach § 33 es die Möglichkeit, dass ein Adressat sich genehmigen lassen konnte, außerhalb des regulären Postzustelldienstes seine Sendungen selbst abzuholen oder abholen zu lassen. Die Aushändigung erfolgte aber A) nur innerhalb der Dienststunden (also nicht auch wie bei einer Expresssendung ggf. zur Nachzeit) und B) nach § 33 Nr. IV weiterhin auf reglementarischen Wege, wenn der Absender die Bestellung durch den Vermerk "durch Expressen zu bestellen" verlangt hatte. Wird in BY nicht anders gewesen sein.

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    lies dir doch mal #4-15 hier in diesem Thread durch.

    Die Expreß-VO von 1847 war die erste in Bayern, die dieses Thema behandelte, zuvor war Express eine Sache der Abmachungen von Empfängern und Abgabeposten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    bis 1858 waren Expreßbriefe nicht einzuschreiben, auch wenn man es häufig sicherheitshalber machte. Danach wären sie einzuschreiben gewesen, doch hat man das oft ignoriert. Auch die Post, nicht nur die Postkunden, handelten oft fehlerhaft. Ich kenne mehrere Expreßbriefe aus der Pfalz an den Anwalt Neumayer in Kaiserslautern, die alle 9 Kr. Expreßgebühr - Taxen haben, auch echt geprüft sind, aber nicht eingeschrieben wurden. Dies war der Postdienst, bei dem am meisten falsch gemacht wurde.

    Bei den Dienstexpreßbriefen dürfte das Verhältnis ab 1858 von eingeschrieben zu vergessen einzuschreiben bei ca. 3 : 1 liegen. Aber das stellt nur meine persönliche Wahrnehmung in den letzten 25 Jahren dar.

    Ich hatte mal im RB Nr. 39 der ARGE Bayern klassisch (wo sonst?) einen längeren Artikel über die Gebührenstruktur bayerischer Experßbriefe verfasst. Für die Markenzeit relevant war die VO vom 1.5.1847, mit der erstmals in Bayern der Sonderdienst Expreß überhaupt geregelt wurde. Mit der VO zum 1.5.1858 wurde die Einschreibung für expresse Briefe vorgeschrieben, doch oft vergessen.

    ...so ? Dann lies Du Dir bitte nochmal die PTO 68 anbei durch. Es war nach der PTO 68 und der PTO 72 nach Belieben einzuschreiben oder nicht. Ebenso eindeutig Art. 20 der Ausführungsbestimmungen zum Postvertrag zwischen Bayern, Württemberg, Baden und dem NDB vom 23.11.1867 (siehe Anhang 2). Das kann man nicht undifferenziert im Raum stehen lassen.

    Nur davor war nach dem Allgemeinen Bestimmungen über die Benützung der königl. Posten in Bayern vom April 1858 und dem DÖPV 1858 einzuschreiben und auch da (schon) waren solche Vermerke wie "dringend" etc. nicht relevant (siehe Anhang).

    Wie soll ich dann der Theorie...

    In Bayern waren alle Dienstbriefe (R.S., P.S., KDS, Militaria usw.) per Expreß zu befördern, wenn dienstliche Expressvermerke angebracht waren.

    ...Glauben schenken ? Bei allem Respekt, was ist denn ein "dienstlicher Expressvermerk", aus welcher Vorschrift geht ein solcher abweichend von der in der PTO 68 und welcher VO zuvor in unmissverständlich geregelter Weise klar und eindeutig auch für den w.o. aus 1873 gezeigten Brief hervor ?

    Mir erschließt sich das bis heute nicht, es ist nirgendwo belegt. Siehe ferner mein post von zuvor, dessen Anhang aus der PTO 68 klar darlegt, dass die Botengebühr selbstverständlich auch für Dienst-Expressbriefe zu entrichten war, nur nicht die (wie das postalische Franco die postalische) Expressgebühr.

    LG

    Tim