Die Postgeschichte von Ovelgönne
Ovelgönne ist die mit 120 Quadratkilometern größte Gemeinde im Landkreis Wesermarsch in Niedersachsen. Der Ort Ovelgönne liegt nordwestlich von Brake. Die Gemeinde ist auch heute noch landwirtschaftlich geprägt. Ovelgönne hat aktuell etwa 5.600 Einwohner.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Ovelgönne etwa 3.755 Einwohner (Paul Ohrt für das Jahr 1855, S. 221) und hatte damit statistisch damals einen Anteil von 1,43% am Briefverkehr im Grossherzogtum Oldenburg.
Die Postgeschichte von Ovelgönne findet ihren Anfang mit einem frühen handschriftlichen Ortsaufgabevermerk auf Briefen.
Vorphilabrief vom 25. Mai 1811 mit einem handschriftlichen Ortsaufgabevermerk "Ovelgönne" nach Bremen (aus der Slg. Oldenburgpost)
Die Poststempelgeschichte beginnt mit den Stempeln der französischen Besatzung durch die Truppen Napoleon Bonapartes in den Jahren 1811 bis 1813.
Die Franzosen führten in der Besatzungszeit in Ovelgönne erstmals Poststempel ein, der die Bezeichnung "129 OVELGÖNNE" und "P. 129 P. OVELGÖNNE" trugen. Aus den früheren Grafschaften Oldenburg wurde das Arrondissement Oldenburg gebildet, dass zum Department der Wesermündungen - frz.: Department des Bouches du Weser - mit Hauptsitz in Bremen gehörte. Und dieses Department hatte die französische Nummer 129. Das P.P. steht für Port Paye = Porto bezahlt. Für nicht Dienstbriefe und Briefe, die vom Empfänger zu zahlen waren wurde der Stempel "129 OVELGÖNNE" und für portopflichtige Briefe der "P. 129 P. OVELGÖNNE" geführt.
Darüber hinaus gab es zwei weitere - weitaus seltenere - französische Stempel, die statt einem "Ö" in "OVELGÖNNE" die französische Schreibweise "OE" hatten, also "129 OVELGOENNE" und "P. 129 P. OVELGOENNE". Diese letztgenannten Stempel, insbesondere der Stempel "129 OVELGOENNE" sind nur sehr wenig verwendet worden und daher Raritäten.
Dieser schwarze Stempel "129 OVELGÖNNE" wurde in der französischen Besatzungszeit zwischen Oktober 1811 und 1813 für portofreie Dienstbriefe genutzt. (aus der Slg. Heinrich Sanders, S. 39, Feuser 2680-1) Der ähnliche Stempel "129 OVELGOENNE" (ohne Abb.) wird bei Feuser unter der Nr. 2680-1A geführt.
Brief mit Inhalt mit dem schwarzen L2 "129 OVELGOENNE" vom 29. September 1811 nach Oldenburg (aus der Slg. Oldenburgpost) (Feuser 2680 - 1A) Dieser Stempel ist von den französischen Departmentstempeln von Ovelgönne der seltenste!
Dies war der zweite Poststempel für portopflichtige Briefe, der spätestens im Oktober 1811 durch die Franzosen eingeführt wurde (vgl. Ohrt, S.194): ein schwarzer Zweizeiler "P.129 P. OVELGÖNNE" (Abb.: Brief aus der Slg. Heinrich Sanders, S. 26) (Feuser 2680 -2)
Vorphila-Brief mit dem seltenen schwarzen L2 "P. 129 P. OVELGOENNE" an den Bürgermeister in Bremen (aus Ludgers Slg.) Ein seltener oldenburgischen Vorphila-Brief! (Feuser unbekannt)
Undatierter Brief mit dem schwarzen L2 "P. 129 P. OVELGOENNE" nach Oldenburg (aus der Slg. Oldenburgpost)
Die Franzosen gaben ihre Besatzung in Norddeutschland und in weiteren Teilen Deutschlands natürlich nicht kampflos auf. Es gab gegen Napoleons Truppen damals die sogen. Befreiungskriege, die vom Sommer 1813 bis zum Sommer 1815 andauerten. Die wichtigsten Schlachten gegen die Franzosen waren die Völkerschlacht zu Leipzig im Oktober 1813 und die Schlacht bei Waterloo (heute in Belgien) am 18. Juni 1815, in der Napoleon Bonaparte von den Briten gefangen genommen und auf die französische Insel Elba verbannt wurde.
Die Völkerschlacht zu Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 war die grösste Kriegsschlacht, die es bis dahin auf der Erde gegeben hatte. Hier kämpfte eine Koalition von Russland, Preussen, Österreich, Schweden, Mecklenburg-Schwerin unter Unterstützung einiger Briten mit einer Truppenstärke von 365.000 Mann und 1.500 Kanonen gegen die Franzosen unter Napoleon, die eine Truppenstärke von 190.000 Mann und 690 Kanonen hatten. In diesen 4 Tagen der Schlacht verloren hier 92.000 Soldaten ihr Leben. Die Franzosen wurden hier vernichtend geschlagen und zogen sich danach - ungefähr ab Mitte November 1813 - aus ihrem vormaligen Besatzungsgebiet bis hinter den Rhein zurück. (Daten aus wikipedia)
Völkerschlacht zu Leipzig, Gemälde von Wladimir Moschkow, 1815)
Von Vladimir Moshkov - From http://lj.rossia.org/users/john_petrov/605281.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1398108