Sachsen - Frankreich

  • Sachsen hatte keine gemeinsame Grenze mit Frankreich (wie auch nicht mit sonstigen Staaten des Postvereinsauslandes) und bediente sich der Speditionswege und Tarife der anderen Postvereinsmitglieder. Für Frankreich kamen dabei in Betracht Baden, Bayern, Frankfurt a.M. (Taxis) sowie Preußen. Die von der Post festgesetzten Leitwege richteten sich nach dem französischen Departement, in dem der Bestimmungsort lag. Der Absender hatte jedoch die Möglichkeit, einen anderen Speditionsweg zu wählen. Da die Tarife unterschiedlich waren, wurde diese Möglichkeit auch genutzt.

    Es kam jedoch vor, daß bei in den Briefkasten eingeworfenen frankierten Briefen kein Leitweg vorgegeben war, die Frankatur für den regulären jedoch nicht ausreichte. In solchen Fällen erfolgte die Beförderung über den Leitweg mit der niedrichsten passenden Taxe.

    Der folgende Brief nach Montpellier hätte über Baden ins Departement de l`Hèrault spediert werden müssen, was eine Frankatur von 4 8/10 Ngr. (3 + 1,8) erfordert hätte. Billiger ging es über Preußen mit 4 1/2 Ngr. (2 +

    2 1/2).

    Einmal editiert, zuletzt von Altsax (12. Februar 2024 um 16:08)

  • Lieber Jürgen,

    sehr schönes Beispiel - muss man erst mal finden. :P :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Der folgende, ebenfalls unterfrankierte Brief wurde über den regulären Leitweg Baden spediert. Das ursprünglich vermerkte Weiterfranko von 2 5/10 Ngr. ist gestrichen und ersetzt worden durch 2 ?/4, also vermutlich die Baden zustehenden 2 3/4 Ngr.

    Widersprüchlich ist die Kombination aus PD-Stempel und der "8" die als Nachtaxe von 8 Decimes interpretiert werden kann resp. muß. Hat jemand dazu eine andere Idee?

  • Widersprüchlich ist die Kombination aus PD-Stempel und der "8" die als Nachtaxe von 8 Decimes interpretiert werden kann resp. muß.

    Lieber Jürgen,

    die Frage stelle ich mir auch. Der PD-Stempel, der vermutlich in Chemnitz angebracht wurde, deutet auf eine korrekte Freimachung hin. Hätte eine nachgeschaltete Poststelle nicht einen Vorgang wegen Frankodefektes auf den Weg bringen müssen? Eine Nachtaxierung paßt überhaupt nicht zu den Vereinbarungen der PV.
    8 Déc. als Nachtaxe würde bedeuten, die verklebten 4½ NGr wurden nicht anerkannt. Kanst du mich dazu schlauer mache?

    liebe Grüße
    Dieter

  • die Frage stelle ich mir auch. Der PD-Stempel, der vermutlich in Chemnitz angebracht wurde, deutet auf eine korrekte Freimachung hin. Hätte eine nachgeschaltete Poststelle nicht einen Vorgang wegen Frankodefektes auf den Weg bringen müssen? Eine Nachtaxierung paßt überhaupt nicht zu den Vereinbarungen der PV.
    8 Déc. als Nachtaxe würde bedeuten, die verklebten 4½ NGr wurden nicht anerkannt. Kanst du mich dazu schlauer mache?

    Lieber Dieter,

    der PD-Stempel stammt mit Sicherheit nicht von der sächsischen Post. Als Postverwaltung, die keine Verträge mit Staaten des Postvereinsauslandes hatte, verfügte sie auch nicht über solche Vertragsstempel.

    Der Stempel ist von der an Frankreich übergebenden badischen Post, also vermutlich in Kehl abgeschlagen worden.

    Die Angelegenheit ist etwas komplex: Sachsen legte fest, in welche französischen Depertements jeweils über Baden, Taxis oder Preußen zu spedieren war, sofern der Absender nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmte. Als letzteres konnte die Post (s. Beleg in Post #1) es betrachten, wenn für den vorgesehenen Speditionsweg die Frankatur nicht ausreichte, was sie in der Regel auch tat.

    Warum Baden mit PD stempelte, läßt der Brief nicht erkennen. Eigentlich wäre die französische Post daran gebunden gewesen und hätte nicht nachtaxieren dürfen, sondern sich an der badischen Post schadlos halten müssen. Dazu berechtigt war sie insofern, als unvollständige Frankaturen vertragsgemäß nicht anzukennen und der Brief mit dem vollem Satz für unfrankierte Briefe zu belegen war.

    Die Nachtaxe "8" ist kleiner als üblich geschrieben. Möglicherweise wurde sie tatsächlich nicht dem Empfänger sondern der badischen Post belastet. Am Beleg selbst ist das nicht feststellbar.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,

    bei einem P.D. gestempelten Brief durfte in Frankreich kein Nachporto erhoben werden.

    2 1/4 Groschen wären 8 Kreuzer gewesen - jedenfalls hat damals wohl keiner gemeckert.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • 2 1/4 Groschen wären 8 Kreuzer gewesen

    Lieber Ralph,

    in meiner Registratur habe ich einen passenden Brief gefunden, der illustriert, wie die 2 1/4 mutmaßlich entstanden sind:

    Der Bestimmungsort Lyon lag ebenfalls in dem der Spedition über Baden zugeordneten Departement. Das dafür zu niedrige Weiterfranco von 2 5/10 Ngr. (statt 2 3/4 Ngr.) wurde (mutmaßlich vom Leipziger Oberpostamt) auf 2 1/4 Ngr. korrigiert. Das entsprach dem Tarif, der ab 1.4.1862 bei Versand über FFM (Taxis) galt. Dieser Brief ist also wohl über Frankfurt und Forbach spediert worden.

    Das könnte bei dem Chemnitzer Brief nach Mühlhausen ebenfalls beabsichtigt gewesen sein, wurde aber nicht so realisiert.

    Liebe Grüße

    Jürgen

  • Hallo Altsax,
    ich habe mir die Briefe unter Baden - Frankreich angesehen. Alle Briefe sind mit einem Weiterfrankovermerk versehen.
    Es könnte die 8 auch das Weiterfranko von 8 xr, welches sich aus den als Weiterfranko 2 1/4 Groschen ergibt sein.
    In Zusammenhang mit der PD-Stempelung von Ralph gemachten Angaben würde sich bestätigen, dass es kein Nachporto sondern ein Weiterfankovermerk ist.
    Gruß
    bayernjäger

  • Es könnte die 8 auch das Weiterfranko von 8 xr, welches sich aus den als Weiterfranko 2 1/4 Groschen ergibt sein.
    In Zusammenhang mit der PD-Stempelung von Ralph gemachten Angaben würde sich bestätigen, dass es kein Nachporto sondern ein Weiterfankovermerk ist.

    Hallo bayernjäger,

    das Weiterfranco für Spedition über Baden hätte 2 3/4 Ngr. betragen, das über Preußen 2 1/2 Ngr. und das über Frankfurt (Taxis) 2 1/4 Ngr. Insofern hätten 2 1/4 Ngr. bei Spedition über Baden ebensowenig ausgereicht wie die vermeintlichen 8 Kr. Der PD-Vermerk wäre also in jedem Falle ungerechtfertigt gewesen.

    Beste Grüße

    Altsax