Ganzsachen Pfennigzeit - Antwortkarten

  • Liebe Sammlerfreunde,

    einen lustigen Beleg kann ich zeigen: Kurz bevor in Württemberg keine eigenen Freimarken mehr verwendet wurden und stattdessen die Freimarken des Deutschen Reiches (ab 1. April 1902), kam diese Antwortkarte aus Leipzig am 24. März 1902 mit einen Maschinenstempel zurück nach Tübingen. Ankunftsstempel am folgenden Tag.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,

    "lustigen Beleg", habe ich deswegen genannt, weil hierzu folgendes zu sagen ist:

    Als die württembergische Post, die auch weiterhin bis zum 31. März 1920 bestand, ab 1. April 1902 die Freimarken des Deutschen Reiches verwendete, aber weiterhin eigene Dienstmarken für die Gemeinde - und für die Staatsbehörden in Württemberg verausgabte, auch bei den Maschinenstempel darauf bestand, daß z.B. die sogenannten Flaggenstempel (wie auf der gezeigten württ. Ganzsache) in Württemberg nicht verwendet werden durften. In den Maschinenstempel der württ. Post sind bekanntlich nur Striche oder Wellenlinien. Somit muß dieser Stempelabschlag für die württ. Postbeamten sicherlich als Provokation gewirkt haben.

    Den wenigsten dürfte auch bekannt sein, warum die Postwertzeichen im Deutschen Reich ab 1. April 1902 nicht mehr "Reichspost", sondern "Deutsches Reich" als Inschrift haben. Ab 1. April 1902 war in Württemberg bis zum 31. März 1920 die württ. Post auch weiterhin noch zuständig und nicht die Deutsche Reichspost. Dies war der Grund, warum die Inschrift geändert werden mußte.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Lieber Hermann,

    vielen Dank - wieder etwas dazu gelernt. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Somit muß dieser Stempelabschlag für die württ. Postbeamten sicherlich als Provokation gewirkt haben.

    ...und das hat ja auch so ein bischen tieferen Hintergrund. Im deutsch-deutschen Krieg 1866 verlor Württemberg als Teil der Bundestruppen gegen Preußen ca. 700 Mann. Nach dem Vorfrieden von Nikolsburg (13. August) und Frieden von Prag (24. August) musste Württemberg den von Preußen dominierten Norddeutschen Bund vertraglich anerkennen und eine hohe Kriegsentschädigung (8 Millionen Gulden) entrichten. Außerdem sah sich König Karl von Württemberg gezwungen, der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen. Territoriale Verluste erlitt Württemberg zwar nicht, dafür im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen im deutsch-französichen Krieg 1870/71 einen Verlust von 687 Gefallenen und 2.045 Verwundeten. Bei der Kaiserproklamation, die am 18. Januar 1871 in Versailles stattfand, glänzte König Karl von Württemberg - wie auch der Wittelsbacher Ludwig II. von Bayern - durch .... Abwesenheit ;)

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis