Heute weiß ich es besser. Die hannoversche Armee hat auf ihrer Flucht vor den Preußen von Hannover nach Göttingen am 17./18.6. die Eisenbahn gründlich zerstört, um dem Feind die Verfolgung zu erschweren, weshalb die Division Goeben, die Hannover am 19.6. in Richtung Göttingen verlassen hatte, den beschwerlichen Fußmarsch antreten musste. Weiter südlich hatte die Division Beyer auf ihrem Weg von Wetzlar nach Kassel, das am 19.6. besetzt wurde, die Eisenbahnverbindung nach Frankfurt ebenfalls zerstört, um keine bösen Überraschungen durch Truppen des sich im Raum Frankfurt formierenden VIII. Bundeskorps zu erleben.
Man kann mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass die Strecke Hannover-Kassel-Frankfurt zwischen dem 17. und 27.6. (Gefecht von Langensalza) der zivilen Briefbeförderung per Eisenbahn nicht zur Verfügung stand. Da auch viele Verbindungen von Sachsen nach Süden unterbrochen waren (z.B. Leipzig-Hof), blieb nur die Umleitung über Köln, also Hannover-Köln-Frankfurt.
Auch wenn dieser Leitweg nicht explizit (wie etwa beim Brief von Berlin nach Frankfurt vom 24.6.1866, s. post #714) angeschrieben wurde, bleibt dennoch keine andere Möglichkeit aufgrund der nur zweitägigen Beförderungsdauer.
Nur eine Notiz am Rande: Mit Blick auf eine Eisenbahnlinien-Deutschlandkarte von damals gabe es nur als "Ersatzverbindung" die "Cöln - Mindener Eisenbahn".
"Die Cöln - Mindener Eisenbahn. Deutschlands erste große Ost-West-Eisenbahn war von diesem Tag ((1847)) an durchgehend befahrbar (von der erst 1848 fertiggestellten Elbbrücke bei Magdeburg einmal abgesehen); es war zugleich die erste Bahnverbindung zwischen den damals noch voneinander getrennten Teilen der europäischen Großmacht Preußen. Die Bahnverbindung von Köln über Minden nach Berlin spielte von Anfang an eine herausragende Rolle, und diese Rolle wurde noch größer, als 1866 Hannover an Preußen fiel. (Braunschweig blieb selbständig, galt nämlich nicht als Störenfried.)
"Die sogenannten “Courierzüge” hielten noch seltener als die Schnellzüge und verkehrten vorzugsweise nachts, was auch den bei Schnellzügen damals üblichen Aufenthalt für die Mittagsmahlzeit im Bahnhofsrestaurant ersparte. Insgesamt dürfte die Nachtfahrt anfangs jedoch eine sehr ungemütliche Sache gewesen sein, denn erst 1855 wurden in den Köln-Berliner Zügen erste “Schlafplatzwagen” mit ausziehbaren Sitzen eingesetzt. Die ersten Schlafwagen mit richtigen Betten ließen weitere 25 Jahre auf sich warten. Für viele Jahre blieb es bei diesem täglichen Schnellzug- und nächtlichen Kurierzugpaar zwischen Köln-Deutz und Berlin. Man fuhr von Deutz, ab 1859 vom Kölner Centralbahnhof (dem Vorläufer des heutigen Hauptbahnhofs) über die CME-Stammlinie bis Minden, dann über Hannover nach Braunschweig*. Während aber die heute übliche “braunschweigische” Route via Helmstedt führt, mußten die Züge amals noch den Weg über Wolfenbüttel, Jerxheim und Oschersleben nehmen. (Eisenbahn-Journal 1997)."
Ja, die Preußen sollen am 18. Juni in Kurhessen einmarschiert sein (Gerneral Bayer von Wetzlar/Braunfels nach Marburg). Gleichzeitig besetzten die Preußen Gießen, wo sie die Schienen der Eisenbahn Gießen-Frankfurt aufrissen. So war auch diese Verbindung unterbrochen. Am 16.6. hatte man bereits die Gleise der Main-Weser-Bahn Richtung Hannover zerstört.
Deshalb wird die Preußische Post schon davor alle Sendungen nach Köln (Auslandspost lief ja bereits auf dieser Linie) auf der CME befördert haben.
Vielleicht findet sich noch ein entsprechendes Circular,
hofft Luitpold
* Von Braunschweig nach Magedeburg!