Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo Sammlerfreunde,

    na dann scheiden ja die üblichen Verdächtigen im Forum alle aus. Wenn ich eure posts richtig deute waren hier einige bereit auch mehr als den jetzt erzielten Preis zu zahlen. Jetzt habt ihr aber wirklich mein Interesse geweckt. Was ist denn jetzt an dem Brief so besonders, nur der nicht gelistete Stempel?

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo,

    bei der Interpretation des Briefes habe ich Probleme. Zunächst ist klar, dass kein Angehöriger der bayer. Armee, der berechtigt ist, einen kostenfreien Brief unter der Feldpost-Franchise aufzugeben, diesen bei der TT-Post mit 9 Kreuzer bezahlt und frankiert, um ihn danach bei der Feldpost aufzuliefern. Am 1. Juli befand sich die 4. bayer. Division "von Hartmann" in Wasungen.

    Der Brief ist von privater (ziviler) Hand normal mit 6 Kr. für den II. Rayon im Postverein frankiert ("frei"-Vermerk!) und am 1. Juli 1866 bei der TT-Postanstalt im Sachsen-Meiningen'schen Wasungen aufgegeben worden. Wenn man von der Möglichkeit eines gefälschten FP-Stempels zur Aufwertung eines "normalen" Postvereinsbriefes absieht, kann ich mir den Vorgang nur so erklären, dass die Briefe nach Bayern am 1. Juli mit dem Gros der "echten" aufgegebenen Feldpost der mit dem Stempel "K. BAYER. FELDPOST V" stempelnden Feldpoststelle zugeleitet wurde, die alle nach Bayern addressiert waren, entweder in der Annahme, dass die Beförderung von da schneller/sicherer war, oder weil die Spedition aller (also ziviler wie militärischer) Briefe nach Bayern an diesen Tagen über die Feldpoststelle lief.

    Am 1. Juli gab es im Bereich Wasungen sicher noch keine Beeinträchtigung der Bahnverbindung Eisenach-Coburg-Bayreuth. Ob aber noch Züge von Eisenach, wo sich die Preussen am 1.7. aufhielten, nach Süden abgingen, kann ich nicht sagen. Eventuell hat man für den Fall einer bereits ausgefallenen Bahnverbindung ausnahmsweise zivile Post über die Feldpoststelle als Vermittler geleitet, was durch den Abschlag des FP-Stempels dokumentiert wurde. Dies bleibt aber eine reine Hypothese.

    Beste Grüsse vom
    µkern

    Einmal editiert, zuletzt von mikrokern (30. September 2012 um 16:09)

  • Lieber mikrokern,

    ich weiß, dass es nicht wissenschaftlich ist, von späteren Kriegen und deren Postbehandlungsweisen auf frühere Ereignisse zurück zu schließen, möchte aber eine Variante zu denken geben.

    1870 kam es im Juli/August, also der sog. Aufmarschzeit, vor, dass Briefe von Privaten bei Postorganisationen aufgegeben wurden, die Teil der Feldpost waren. Post ist Post, dachten sich die Leute und waren froh, ihre Briefe sicher aufgegeben zu haben. Dazu traute man der Militärpost eher, als der regulären Post, denn die schlechtesten Postler wurden sicher nicht bei der Feldpost eingesetzt, sondern die Elite.

    Vlt. hat ein Korrespondent den Brief frankiert und bei günstiger Gelegenheit der bayer. Feldpost übergeben? Man müsste überprüfen, ob das liegende Rötel - X auf- oder unterhalb des Feldpoststempels angebracht wurde. Der Feldpoststempel auf dem Kreuz hieße, dass ihn zuerst die civile Taxispost ihn in den Fingern gehabt hätte, ehe er an Bayern ging. Andersherum wäre diese von mir genannten Möglichkeit wahrscheinlich.

    An eine Fälschung glaube ich nicht, obwohl man das an einem schlechten Scan nie 100%ig sagen kann.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    aber dann hätte diese Zivilperson den Brief erst bei der Wasunger TT-PE stempeln lassen und danach wieder mitnehmen und - wie?? - der bayer. Feldpost übergeben müssen....???

    Aber hier liegen wir nah beieinander: wenns eben nicht der Brief eines einzelnen und "privat" aufgegeben, sonderm eben die nach Bayern gerichtete, von der TT-Post in Wasungen behandelte Briefpost war, die als Ganzes der bayer. FP übergeben wurde (warum auch immer, s. meine Spekulation in post #422), dann wären unsere Hypothesen kongruent.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Liebeer mikrokern,

    in chronologischer Reihenfolge (wie ich es für möglich halte).

    Absender schreibt den Brief, frankiert ihn und gibt ihn, weil vor der Tür, der bayer. Feldpost mit. Diese stempels Aufgabe, hat aber mit Marken nichts zu tun und übergibt ihn der TT - Post. Diese entwertet die Marke, stempel für sich Aufgabe und gibt ihn der Zivilpost zur Beförderung nach Bayern.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Ah ja, jetzt ists klar.

    Ja, auch eine Möglichkeit, wobei ich nicht glauben mag, dass ein Ziviler einfach in den militärischen Bereich zur Feldpost spazieren kann zwecks Briefaufgabe, und diese den Brief auch noch annimmt und eingangsstempelt, um ihn dann doch zurückzuweisen und der zivilen Post zu überantworten.

    Und wenns so gewesen wäre, hätten wir ein "Kuriosum", und gleich mit Erstbeleg des FP-"V"-Stempels! Unglaublich...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    die bayerischen Soldaten mussten ja auch irgendwo einquartiert gewesen sein - damit auch die Felpostler. Wenn man da einem über den Weg lief ... und Öffnungszeiten kannte die Feldpost nicht, im Gegensatz zu der Taxispost, die nur beschränkt offen war.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Man müsste überprüfen, ob das liegende Rötel - X auf- oder unterhalb des Feldpoststempels angebracht wurde. Der Feldpoststempel auf dem Kreuz hieße, dass ihn zuerst die civile Taxispost ihn in den Fingern gehabt hätte, ehe er an Bayern ging. Andersherum wäre diese von mir genannten Möglichkeit wahrscheinlich.

    Hallo die Runde

    Meiner Meinung nach ist hier den Rötel nach der Feldpoststempel angebracht, und sogar gleich danach, weil der Rötel mit etwas Stempelschwarz vermischt ist wenn man der Feldpoststempel genauer anschaut.

    Diese Mischung von Feld und "Staatspost" verstehe ich nicht.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Sammlerfreunde,

    jetzt wurde doch schon einiges über die mögliche Herkunft des Feldpoststempels geschrieben.

    Ich habe mir die Mühe gemacht und meine Taxis-Briefe von 1860-1866 durchgesehen, wleche einen an der Bahnlinie Eisenach-Coburg liegenden Absendeort haben und in Richtung Nordostbayern liefen. Diese Briefe wurden alle über Coburg befördert und haben einen Durchgangstempel von Coburg auf der Rückseite.

    Unser Brief von Wasungen hätte folglich auch über diese Bahnstrecke laufen müssen. Wasungen lag direkt an dieser Bahnstrecke. Es fehlt aber der Stempel von Coburg.

    Wie bereits festgestellt war Sachsen-Meiningen am 1.7.1866 noch neutral. Sachsen-Coburg-Gotha, durch dessen Staatsgebiet die Bahnstrecke im Bereich Coburg lief, war auf Seite Preußens im Kriegszustand mit Bayern. Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Bahnstrecke unterbrochen war oder zumindest vertraute man dieser Berförderung über Feindesland nicht.

    Aus diesem Grund könnte sich die PE Wasungen für Briefe nach Bayern der Weiterbeförderung durch die Feldpost bedient haben. Dort wurde dann sozusagen als Übernahmestempel der Feldpoststempel angebracht. Die Briefe könnten dann über Mellrichstadt in Richtung Schweinfurt und von dort weiterbefördert worden sein. Die Postroute Mellrichstadt - Schweinfurt bestand schon seit frühester Zeit. Dort wurde vor den Zeiten der schnelleren Bahnpost die Post in Richtung Thüringen befördert.

    Gruß
    bayernjäger

    PS: Könntet ihr eure Briefe über Coburg hinsichtlich des Durchgangsstempel ansehen, damit wir evtl. eine Bestätigung meiner Theorie finden könnten.

  • Hallo bayernjäger,

    das entspräche dann im wesentlichen meine Hypothese der "Umleitung" der Zivilpost über die Feldpost aus post #422, wobei ich einen Ausfall der Werrabahnverbindung ab Eisenach für möglich halte, das am 1.7. von Preussen besetzt war. Beide Möglichkeiten zusammen und damit Wegfall der regulären Eisenbahnverbindung Eisenach-Coburg klingen m.E. recht plausibel.

    Beste Grüsse vom
    µkern

    • Offizieller Beitrag

    das entspräche dann im wesentlichen meine Hypothese der "Umleitung" der Zivilpost über die Feldpost aus post #422, wobei ich einen Ausfall der Werrabahnverbindung ab Eisenach für möglich halte, das am 1.7. von Preussen besetzt war. Beide Möglichkeiten zusammen und damit Wegfall der regulären Eisenbahnverbindung Eisenach-Coburg klingen m.E. recht plausibel.

    Hallo mikrokern

    Dann verstehe ich auch endlich wie es hier gemeint war :)

    Danke für die Erklärung. (Es ist ab und zu etwas schwer für mich :( )

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo,

    gerade gefunden in http://ulrich-goepfert.de/index.php?opti…id=230&Itemid=1:

    "Coburg hatte eine Militärkonvention mit Preußen abgeschlossen. Seine Nachbarländer Bayern und Meiningen standen im Österreichischen Lager. Coburg war somit von allen Seiten von "Feindesland" umgeben. Die Verbindung mit Gotha auf dem Landweg war durch Meiningen unterbunden. In der kritischen Zeit befand sich Herzog Ernst II. mit dem Coburger Kontingent in Gotha, nachdem er das "rollende Material" der Werrabahn mit nach Gotha geschafft hatte, damit es den Bayern nicht in die Hände fiel. Die anrückenden Bayern mussten also nach Coburg marschieren und konnten nicht die Eisenbahn in Anspruch nehmen...."

    und etwas später:

    "Sowohl der Ausmarsch wie auch der Einmarsch in Coburg war ein äußerst gemütlicher, indem die Soldaten wie Stadtbewohner unter reichlichem Zuspruch des Coburger Bieres herzlichen Abschied genommen hatten, um schon nach wenigen Stunden eine Freude des Wiedersehens zu feiern. Es ist deshalb festzustellen, dass zwischen Coburgern und Bayern, trotz Krieg, die menschlichen Beziehungen sehr herzlich gewesen sein müssen. "

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Liebe Freunde,

    auf allgemeinen Wunsch eines einzelnen habe ich hier das VO - Blatt kopiert, in dem die Portofreiheiten angesprochen wurden. Viel Spaß mikrokern. :thumbup:

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Lieber bayern klassisch,

    der "einzelne" bedankt sich artig!

    Wäre es vermessen, noch um einen scan der ganz am Schluss angesprochenen VO vom 21. Juni, Nr. 21967, zu bitten?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    dann hätte ich mal gerne einen Brief an einen Feldwebel bei Bamberg gesehen, der im Juni 1866 portofrei war und nur mit 6x für die Chargierung bezahlt wurde. Ich fürchte nur, dass wir lange auf solch eine Bombe warten müssen ... ;(

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bayern klassisch,

    beim 8 Loth-Limit hat man Warensendungen bzw. Briefe mit "gewichtigem" Inhalt (Fahrpost)von der Portofreiheit aunehmen wollen. Aber das weisst Du ja selbst...

    EDIT: Nanu? Grad hab ich noch was von "Aufteilen" eines 8 Loth-Briefes in zwei leiochtere, portofreie in Deinem letzten post gelesen. Schon geändert?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    ja, geändert, weil ich nur zur Briefpost etwas schreiben wollte - dort war für 6x innerhalb Bayerns ein Schreiben bis 15 Loth frankierbar. Bei der Fahrpost hätte man auch mehrere Briefe oder Pakete aus einem zu großen machen können, wenn eine Mehrfachaufgabe am selben Tag möglich war (was hier nicht auszuschließen ist, aber etwas fern der Realität gelegen haben dürfte).

    Interessant wären auch aus Sicht des engagierten Postgeschichtlers:

    Drucksachen an Militärangehörige (Opa verstorben, DS von der Heimatadresse weiter geleitet ins Feld), Briefe mit Rückschein, unterfrankierte aus dem Ausland oder ein Laufzettel für einen Chargébrief, den der Herr Lieutnant nicht bekommen haben will ... man darf ja noch träumen, obwohl es dergleichen sicher im Dutzend gegeben haben dürfte, aber Soldaten behielten im Felde nur das allternötigste an sich, der Rest wurde entsorgt. :wacko:

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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