Zweikreisstempel von Augsburg (Stadt)

  • An allen anderen Orten findet man den nochmaligen Abschlag des Ortsstempels auf der Rückseite nicht.

    Wie sollte der Postler in Kaufbeuern den Brief aus Lauchdorf (Ort von rund 350 Einwohnern, ca. 2 Meilen entfernt und ohne Postanstalt) und als Fernbrief frankiert behandeln? Aufgabe- und Entwertungsstempel auch noch Ankunftstempel. Nein, wozu - Vorschrift? Jedenfalls ist rückseitig kein Stempel zu finden (der Brief ist innen datiert mit 20. Juni und rückseitig handschriftlich datiert 21./22. Juni ist vollständig erhalten).

  • Lieber Luitpold,

    der hätte in Mindelheim zur Post gegeben werden müssen - offenbar schleppte man ihn aber nach Kaufbeuren, wofür die 3x zuviel waren.

    Eigentlich sollten Briefe, die in den "Boites" vorgefunden wurden (und das war wohl die Mehrheit der Briefe) aufgabegestempelt werden und dann zur Distribution weitergeleitet werden (im eigenen Haus).

    Dann unterschied man zwischen Auslands-, Postvereins-, Fern- und Lokalbriefen. Die Lokalbriefe sollten nun, da sie bald dem Stadt- bzw. Landbriefträger zu übergeben waren, auch den Abgabestempel bekommen, damit man sehen konnte, dass die Auf- und Abgabe noch am selben Tag erfolgte, was ja nicht bei allen Briefen der Fall sein konnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    um mal auf eine andere Besonderheit (für mich) zu kommen ..., zeige ich mal einen Brief mit dem Zweikreisstempel von Augsburg, mit fehlender Uhrzeit im Stempel. Möglicherweise wurde die Uhrzeit nicht gesteckt oder zu tief gesteckt, sodass kein Stempelabdruck zustande kam.

    Ich habe dies bisher noch kein zweites Mal gesehen. (Das muss allerdings nichts heißen ;), vielleicht kann ja noch weiteres in dieser Form gezeigt werden?)

    Anhang:

    Augsburg 19.12.1858 nach Ichenhausen

    Gruß Christoph

  • Hallo Christoph,

    feines Stück - nie gesehen, klasse! Viele wird es nicht geben, denke ich.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Will,

    ich habe ein bisschen experimentiert, habe auch auf 1 mb Größe gescannt, der Unterschied in der Qualität des Bildes, mit der 447 kb-Variante, ist für mich jedoch nicht wirklich erkennbar.

    Ich habe deswegen nochmals mit 1200 dpi gescannt und lade nur den Stempelausschnitt hoch.

    (Das gesamte Bild hat bei 1200 dpi, 8 mb).

    Mit freundlichen Grüßen

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    danke für die Vergrößerung des Stempels.

    Da ist wirklich nichts von der Stundenangabe zu sehen. Da bin ich heute Nacht wohl einem Lichtreflex aufgesessen😁.

    Beste Grüße

    Will

  • Hallo Sammlerfreunde,

    ein Tag später am 20. September 1858 wurde in Augsburg die Aufgabe des Briefes nach Hannover

    anscheinend mit einem Einkreisstempel dokumentiert. Der Stempelabdruck zeigt das Jahr

    unvollständig, ohne Jahrhundertangabe.

    Der Zweikreiser in post 26 zeigt nur den unteren Teil des Stempel- Innenkreises.

    Handelt es sich um Abschläge von zwei verschiedenen Stempel (ein Einkreisstempel und ein Zweikreisstempel ), oder von ein und demselben Zweikreisstempel, bei dem der Innenkreis tiefer geschnitten war und deshalb der Abdruck des Innenkreises von vollständig bis überhaupt nicht vorhanden variieren konnte ?

    Gruss kilke

  • Hallo kilke,

    schöner Brief!

    Meine Vermutung ist, dass es immer der gleiche Zweikreisstempel ist.

    Bestimmt gab es damals auch Unterschiede in der Produktion und vor allem in der Handhabung und Einstellung der Stempelgeräte.

    Ich habe Briefe mit Innenkreis aus den Jahren: 1850, 1867, 1869...

    Ich habe Briefe ohne Innenkreis aus den Jahren: 1856, 1857, 1861, 1862, 1866, 1871...

    Ich habe Briefe wo nur der untere Teil des Innenkreises zu sehen ist: 1852, 1858, 1862...

    Ich habe aber auch einen Brief von April 1862 wo nur der untere Teil des Innenkreises zu sehen ist, auf der anderen Seite vom November 1862 ohne Innenkreis.

    Ich denke, dass man damit schon sagen kann, dass es alle Nuancen des Stempelabschlages gegeben hat (in jedem Jahr). Wobei komplett fehlende Stundenangaben oder Jahrhundertangaben bestimmt seltener sind.

    Die Abnutzung des Stempelgerätes und die Reinigung, spielt neben der Einstellung vielleicht auch eine Rolle.

    Grüße

    Christoph

    Einmal editiert, zuletzt von Augsburger (7. April 2020 um 13:34)

  • Meiner Meinung nach Richtig und knapp zusammengefasst hast du es ja schon. :)

    von ein und demselben Zweikreisstempel, bei dem der Innenkreis tiefer geschnitten war und deshalb der Abdruck des Innenkreises von vollständig bis überhaupt nicht vorhanden variieren konnte ?

    Christoph

  • Hallo Christian und Kilian,


    bei unserer Diskussion um die 2I mit oMR 28 haben wir gesehen, dass innerhalb von 3 Wochen Ende Oktober und Anfang November 1859 ebenfalls alle 3 Varianten auftreten.


    Christian, könntest Du doch noch einen Scan der Marke Deines Briefes mit höherer Auflösung einstellen.

    Die Marke sieht wie eine Platte 3 aus, zeigt aber auch einige Charakteristika der 2a oder 2b.

    Die offene Kopf- und (vielleicht auch) Fußschlinge sowie die leicht abgerundeten Ecken können zwar bei einem farbsatten Druck der Platte 3 auftreten, aber sicher können wir da nur bei einem besseren Scan sein.
    Kilian als Experte für die blauen Dreier könnte dann evtl. eine eindeutige Zuordnung durchführen.


    Danke und beste Grüße

    Will

  • Hallo zusammen,

    hier noch ergänzend ein Brief mit Innenkreis, aus dem Jahr 1867, nach Frankfurt.

    (Der Brief aus #1, aus dem Jahr 1871, zeigt auch den vollen Innenkreis)

    Hallo Will, den Scan der Marke habe ich bei #26 eingestellt. Eine Zuordnung wäre auf jeden Fall schön.

    (Für mich sieht es auch wie eine Platte 3 aus)

    Christoph

  • Liebe Sammlerfreunde,

    es ist eine 3 Kreuzer blau von Platte 3.

    Will hat schon auf die Feinheiten hingewiesen. Marken mit vier abgerundeten/ abgeschrägten Ecken müssen nicht immer Drucke von Platte 2a / 2b sein.

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kilian,


    da stimme ich natürlich mit Dir überein, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen.

    Den Augsburgern traue ich nach ihrem Coup mit den 2I-er-Marken in 1859 alles zu, auch 2a oder 2b auf Brief😁.


    Es ist ja bekannt, dass ich das Auftauchen der 2I mit einer Umstrukturierung der Postämter in Augsburg um 1858/1859 in Verbindung bringe.

    Hier meine Fragen an Dich, Christian, als Augsburg-Heimatsammler:


    Mir ist bekannt, dass die Telegraphenstation im August 1858 von der Stadt in den Bahnhof umzog und die in der Stadt verbliebene Filiale im April 1859 ganz aufgelöst wurde.

    Damit wurden im Postgebäude in der Stadt Räume frei. Wie wurden diese genutzt, konnte das Stadtpostamt in seinen Räumlichkeiten bleiben oder musste es umziehen?

    Im Postbereich am Bahnhof musste Platz für die Telegraphenstation bereitgestellt werden. War der einfach vorhanden oder musste umgezogen werden, im Bahnhofspostamt oder im OPA mit der Bezirkskasse?


    Gibt es in einer Stadtchronik oder einer postgeschichtlichen Abhandlung Hinweise oder Antworten auf meine Fragen?


    Ich kann mir vorstellen, dass Umzüge - im Stadtpostamt wie bei der Bezirkskasse - zu Umschichtungen beim Markenlager geführt haben können. Die unteren Bögen kamen dabei evtl. nach oben zu liegen und das waren halt evtl. 2I-er👍.


    Christian, ich bin für jeden Hinweis dankbar!


    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    ich kann es mir nicht verkneifen nochmal meine Theorie zu der in Augsburg spätverwendeten Erstausgabe im Herbst 1859 vorzubringen .

    In der Druckerei Weiss in München wurden einige Bögen der Erstausgabe zurückgehalten.

    Kamen interessierte Kunden, dann konnten die im Haus gedruckten Markenbögen der

    ersten deutschen Briefmarken präsentiert werden.

    Nach etwa 10 Jahren Lagerung hat man dann die Bögen der Erstausgaben einer normalen Bestellung

    dazugegeben. Die Bögen der Erstausgabe landeten auf der Post in Augsburg und wurden dort abgegeben bzw. frankiert.

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kilian,

    das glaube ich nicht - die Druckerei hatte genau das zu drucken und abzuliefern, was das Ministerium ihr vorgab. Die konnten nicht für Dutzende oder gar Hunderte von Gulden Marken "zurück legen" und sie dann jemandem zuteilen. Die Zuteilung erfolgte ja nicht von der Druckerei, sondern der Materialverwaltung.

    Aber selbst wenn es so gewesen wäre, hätten sie auch 1859 Bögen der 5aa, der 4I usw. "ausgeben" können - aber wir kennen schon praktisch keine 5aa der 2. Verteilung und kaum 4I aus der Zeit nach 1854.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Will,

    ich kann derzeit deine Fragen leider auch nicht beantworten.

    Sobald das Staatsarchiv Augsburg oder München wieder öffnet, werde ich dort versuchen etwas in Erfahrung zu bringen und lasse es dich wissen. (Zumindest was die Themen Gebäude der Behörden etc. angeht. Und ich weis natürlich nicht wann ich zeitlich dazu komme.)

    Laut der Übersicht auf der Webseite des Staatsarchives müssten grundsätzlich Unterlagen/Bilder, der Postbehörden bis 1920 vorhanden sein.

    Kenne mich da allerdings auch nicht aus. Vielleicht hilft die Idee "Staatsarchiv" zur Recherche etwas weiter.

    Grüße

    Christoph

  • Lieber Ralph,

    aus nicht erklärbaren Gründen waren im Herbst 1859 in Augsburg Marken der Erstausgabe in Verwendung.

    Neben der 2I sind auch nicht wenige 4I mit off.MR "28" bekannt!

    Für mich nicht vorstellbar, dass die Druckerei Weiss von den ersten in Deutschland gedruckten Briefmarken keine "Muster" im Haus behielt. Diese "Muster" waren wertlos, solange sie nicht an die Materialverwaltung ausgeliefert wurden.

    Erst mit einer Bestellung im Jahr 1859 wurden zu den neu gedruckten Bögen von Platte 4, die dann nicht mehr benötigten "Musterbögen" der Platte 1 dazugegeben. Die Materialverwaltung bekam ihre bestellte Menge an Bögen, die Druckerei Weiss den Druck aller Bögen bezahlt. Alles war in bester Ordnung.

    Eine bessere Theorie zu der Spätverwendung der Erstausgabe im Jahr 1859 kenne ich nicht.

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Lieber Kilian,

    ich glaube nach wie vor nicht an diese Theorie, weil das Geschäft solche Sentimentalitäten nicht zuließ und was am Montag beauftragt wurde, war am nächsten Montag (das ist jetzt nur ein Beispiel) zu liefern.

    Es mag aber sein, dass in Augsburg (es gibt ja offene MR-Stempel auf der Erstausgabe auch von anderen Poststellen) ein Korrespondent sich von seinem Altbestand getrennt hat, eine Firma hat pleite gemacht, die immer die neuesten Marken obenauf gelegt hatte, oder die Post in Augsburg hatte in einem Winkel noch Reste alter Lieferungen gefunden.

    Manchmal ist die Wahrheit, auch wenn wir sie nicht mehr heraus finden werden, oft viel profaner, als man als Forscher und Wissenschaftler denkt ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    zum Thema der Erstausgabe im Jahre 1859 habe ich bisher nichts geschrieben. Meiner Meinung nach viel Spekulation, welche sich letztendlich wohl nicht restlos aufklären lässt.

    Es mag aber sein, dass in Augsburg (es gibt ja offene MR-Stempel auf der Erstausgabe auch von anderen Poststellen) ein Korrespondent sich von seinem Altbestand getrennt hat, eine Firma hat pleite gemacht, die immer die neuesten Marken obenauf gelegt hatte, oder die Post in Augsburg hatte in einem Winkel noch Reste alter Lieferungen gefunden.

    Ganz ehrlich, das war von Anfang an, auch mein erster Gedanke zu diesem Thema. :thumbup:

    Grüße

    Christoph