Vorläufer der Overland Mail durch die Syro-Irakische Wüste

  • Über einen Bekannten der einen Bekannten hat konnte ich einige Infos bekommen. Evtl. kann ja ein Gelehrter von hier mal seine Meinung dazu abgeben.

    Dieser Brief ist natürlich selten und interessant und ich kann dir helfen, die Poststempel und Gebührenvermerke zu verstehen.

    Die geschriebene Adresse weist tatsächlich auf eine Weiterleitung über Marseille und Aleppo und damit auf einen Seeweg über das Mittelmeer hin.

    In Wirklichkeit wurde der Brief aber sicherlich nicht über diesen Weg befördert.

    Der Brief wurde im Pariser Quartierbüro B (60/ P.P./B + PORT PAYÉ) mit 8 Decimes frankiert (auf der Rückseite).

    - 60 ist die Nummer des Departements Seine und dieser achteckige Stempel ist typisch für die Pariser Stadtteilbüros.

    - 8 Décimes entspricht 500 bis 600 km gemäß dem Inlandstarif vom April 1806.

    - Die "2" über PORT PAYÉ wurde im Büro B angebracht, das ist die Nummer der Namensliste der Frankierungen.

    Anschließend der Stempel in Rot LF. Er wurde vom Büro Paris-Ausland (dem Austauschbüro) angebracht. Er bedeutet LETTRE FRANCAISE (Französischer Brief).

    Er wird im Rahmen des Postvertrags zwischen Frankreich und Österreich aus dem Jahr 1817 angebracht und bezeichnet Briefe, die aus Frankreich kommen (zur Unterscheidung von Briefen, die sich im Transit durch Frankreich befinden). Dieses Abkommen verpflichtet den Absender, bis zur Grenze seines Landes zu frankieren, und der Empfänger zahlt die Inlandstaxe seines Landes und die Transitgebühr (weil es keine gemeinsame Grenze zwischen Frankreich und Österreich gibt).

    Diese Art von Briefen nach Österreich wird normalerweise bis Basel frankiert.

    Man sieht dann mit Rotstift T. 14/14 / 28. Dies sind typischerweise österreichische Gebühren.

    Der Empfänger muss 28 Kreuzer CM bezahlen, die sich aus 14 Kreuzer Transit im geschlossenen Beutel durch die Schweiz (T. für Transit) und 14 Kreuzer österreichische Inlandstaxe (mehr als 14 Postrelais des Inlandstarifs vom 1.2.1817) zusammensetzen.

    Der Brief sagt nichts mehr über den weiteren Verlauf der Reise aus, aber das ist üblich. Es sind Forwarder, die die Arbeit in Wien erledigen.

    Meiner Meinung nach nimmt ein Vermittler den Brief in Wien entgegen, zahlt die 28 kr CM. Er lässt den Brief dann in einem Paket über den Weg von Konstantinopel bis nach Bagdad befördern.

  • Hallo Rainer,

    wenn die Beschreibung zum Brief # 143 sein soll, frage ich mich, woher die Posten hätten wissen sollen, dass er nach Österreich zu leiten war? Auf der Adresse kann ich gar nichts von Österreich oder Wien sehen.

    Die Beschreibung ist, denke ich, richtig für diese Leitung ab 1819. Auch sehe ich hinten keine 8 Decimes, oder betrifft die Beschreibung einen anderen Brief?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Rainer,

    wenn die Beschreibung zum Brief # 143 sein soll, frage ich mich, woher die Posten hätten wissen sollen, dass er nach Österreich zu leiten war? Auf der Adresse kann ich gar nichts von Österreich oder Wien sehen.

    Die Beschreibung ist, denke ich, richtig für diese Leitung ab 1819. Auch sehe ich hinten keine 8 Decimes, oder betrifft die Beschreibung einen anderen Brief?

    Die Beschreibung betrifft schon den Brief..., aber, den Brief habe ich gestern schon in Vorbereitung auf meine Reise nach Trier und gleich danach nach Kolumbien, in den Banksafe gelegt. Kann daher kein Bild der 8 auf der Rückseite machen.

    Darf ich daher um etwas Geduld bitten?

  • Hallo Rainer,

    klar - dass eine 8 hinten steht, bezweifle ich auch nicht. Aber wie haben die involvierten Postverwaltungen von Paris bis Wien wissen sollen, wohin er gehörte? Auf dem Brief kann ich keine verwertbare Adresse in Österreich erkennen, das ist mein Hauptproblem.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Den gezeigten Brief habe ich in Essen bei der IBRA von einem Sachsensammler bekommen. OK, nicht umsonst.

    Der arabische Text oben mittig bedeutet "Khawaja Olslikil". Khawaja wurde als Zeichen des Respekts verwendet, insbesondere für europäische Personen. Es ist persischen Ursprungs. Olsikil ist der Name der Person Oehlschlägel.

    Kann jemand das für mich komplett unleserliche auf der Rückseite entziffern? Oder soll ich es in die "Schriftgelehrten Diskussion" stellen?

    Dies ist der letzte der mir bekannten Briefe aus dieser Korrepondenz.

  • Ihre Kiste ist noch nicht abgeganben ... dann wird es aber schwierig. Gerd liest das sicher wie eine Zeitung von heute. Tolles Stück!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Rainer,

    bin schon da :)

    Aber alles kann ich in dieser Mischung aus Kurrent und Latein leider auch nicht entziffern,

    lieber Ralph ?( .

    Ihre Kiste ist noch nicht abgeg wegen Mangel an Dinamit (könnte auch sowas wie Arrannit heißen ?)

    Den ... ... habe gefunden. Alles geht gut auch(?) uns (?)

    erhoffen bald von Ihnen guten Nachrichten

    zu erhalten Ihr Ergebener

    ? (evtl. Hg.)

    Viele Grüße

    Gerd

  • ... nichts Postalisches ist auch nicht sooo wichtig, interessant aber allemal...

    Erschienen in 'Berg- und Hüttenmechanische Zeitung" (Leipzig) 22. Mai 1868

    Ernst Oehlschlägel wird in einer Festschrift der Bergakademie Freiberg von 1867 mit Datum 1850 aufgeführt, als derzeitige Tätigkeit Factor zu Freiberg.

    Vielleicht ein Hinweis auf die Korrespondenz gibt eine Todesanzeige aus der Leipziger Zeitung vom 3. Juli 1867:


    Die Todesanzeige der Mutter von Ernst (?) zeigt, dass er in Bagdad war und es daher sicherlich ein Briefwechsel stattfand.

    Angesichts des wenig erfolgsversprechenden Suchwortes "Bagdad" sind 2 Treffer wirklich erstaunlich. Aber das Ergebnis zeigt, es lohnt zu suchen.

    Luitpold

    PS Die Bergakademie Freiberg ist unter Fachleuten sehr bekannt

  • Hier muss ich mich selbst korrigieren.

    Die Monatsangebe im Stempel wurde ja in Römischen Ziffern angegeben...., das heisst der oben gezeigte Brief ist nicht der späteste sondern der Brief hier...

    28 November 1867, somit erst nach seinem Tode am 27.10.1867 versandt.

    Danke an Luitpold für die Infos.

    Einmal editiert, zuletzt von Rainer (25. September 2023 um 10:35)

  • Meine Sammlung der Vorläufer wächst.

    Hier ein Brief von Kalkutta/ Indien, 8. Februar 1855 (die Details der Frankatur / Marken erspare ich mir, ist für mich nicht relevant), nach Iran/Teheran…

    Leitweganweisung pr Str Bentinck, via Bombay, Alexandria, Beyroot & Baghdad. Der Brief ging aber seltsamerweise erst nach Marseille (19. März) und dann mittels einem französischen Dampfer nach Beirut und dann durch die Wüste nach Baghdad und weiter nach Teheran.

    Die Postlinie von Baghdad in den Iran ist sehr alt und wurde viel benutzt, meist von Najaf (eine heilige Stadt der Schiiten im Irak) in den Iran.

  • ... warum der über Marseille lief, hätte mich auch mal stark interessiert.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ... mach das, vlt. haben sie noch eine Fachkraft längst vergangener Zeiten im Ruhestand. 8o

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Die Erklärung der Portostrufe dieses Briefes fehlt noch.

    Ein Spezialist aus Indien teilte mir mit, dass der "Dampfposttarif" von Indien nach Alexandria ab März 1844 8 Annas (oder 1 Shilling) pro ½ Unze betrug. Daher wog dieser Brief das Doppelte oder zwischen ½ und 1 Unze. Die rote 2/- auf der Vorderseite ist ein Buchungszeichen - eine Gutschrift von 2 Shillings (=16 Annas) von Indien an Großbritannien, da der Brief mit einem britischen Paket befördert wurde.

    Es ist jedoch immer noch ein Rätsel (das womöglich nie geklärt werden wird), warum dieser Brief zuerst nach Frankreich geschickt wurde.

  • Zu dem Indien Brief habe ich folgendes erfahren:

    Vor 1858 gab es keine direkte Postlinie von Indien in den Iran. Die Post wurde entweder über London oder über Marseille und dann meist über die diplomatischen/konsularischen Dienste von Großbritannien nach Beirut und dann auf dem Landweg (über Baghdad oder auch über Basrah, je nach Zielort) in den Iran befördert. In Indien konnte das Porto nur bis zu den Vertragshäfen wie London oder Marseille für Sendungen bezahlt werden, die mit Paketen der Briten befördert wurden. In diesem Fall war also 1R (4x4 A) (entspricht 2s) das Dampf-/Paketporto von Kalkutta nach Marseille.

  • Und noch ein Nachtrag hinsichtlich der verwendeten Schiffe welkche den Brief beförderten...

    Der Brief wurde vom Postdampfer SS Bentinck der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company befördert, der am 9. Februar 1855 in Kalkutta ablegte und am 10. Februar Khejuri, am 14. Februar Chennai, am 17. Februar Galla, am 27. Februar Adan und am 7. März As Suways erreichte. Von Al Iskandariyyah aus wurde er vom POSNC-Postdampfer SS Vectis befördert, der Valletta am 14. März und Marseille am 18. März erreichte.

  • Hier was „Nettes“, vor 3 Tagen ersteigert.

    Ein Brief von Indien nach England der über die Euphrats Route (nicht zu verwechseln mit der Route der s.g. Euphrats Expedition) durch die Syrisch-Irakische Wüste befördert.

    Der Brief wurde mit dem Postdampfer SS Cleopatra der East India Company befördert, der Mumbai am 24. Juli 1840 verließ, Basrah am 9. August erreichte, dann auf dem Landweg über Bagdad, Damaskus nach Beirut transportiert wurde, wo er am 24. August ankam, dann nach Iskandariyah (Alexandria), von wo aus er am 27. August mit dem Postdampfer der Royal Mail (HM Packet) SS Alecto befördert wurde, der Valletta am 31. August und Marseille am 4. September erreichte.

    Die Handschriftliche 2/8 gibt das kombinierte Porto von Indien nach England über Marseille an, zahlbar in London, das sich aus 1s 10d britisches Paketporto + 10d französisches Transitporto zusammensetzt.

  • Heute was nettes gefunden...

    Türkei, Osmanisches Reich, AR (Acknowledgment Return / Rückschein Brief von Baghdad nach Freetown, Sierra Leone. An der Portozusammensetzung (Gesamtporto 4 Piaster) muss ich noch etwas arbeiten, aber der Brief passt auf Grund des Leitweges über Damas(kus) und Beirut prima in meine Sammlung der Vorläufer der Overland Mail Baghdad-Haifa.

    Der Brief ging am 18.7.1894 in Baghdad ab, Port Said erreichte er am 3.8, dann London 11.8, Liverpool 13.8 von wo er dann nach Sierra Leone ging. Dort kam er am 1.9 an.

  • Hallo Rainer

    Dieser Brief hat mit dem Schiff "Congo" von Liverpool 15. August gesegelt. Habe ich von Tabeart geholt. Er kennt zwar nicht alle Anlaufe in Africa mit diesem Schiff, aber Congo landete in Bathurst 28. August und dann pass Freetown am 1. September gut.

    Und nicht zu vergessen: es war die "British & African Steak Navigation Company".

    Viele Grüsse

    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.