Portofreier Brief des Gehorsamsten Heiligenpflegers Bauer aus Künzelsau an die königl. Stiftungsverwaltung in Crailsheim aus dem Jahre 1816.
Definition Heiligenpfleger: Ein von der Gemeinde gewählter Kirchenprobst; heutiger Name ist Kirchenpfleger. Er verwaltete das Kirchenvermögen. Er mußte die Beiträge bei den Kirchengemeindemitgliedern einheben, das gemeinsame Vermögen verwalten und wirkte auch bei der Vergabe von Darlehen aus diesem Vermögen mit. Daneben unterstützte er auch den Pfarrer in finanziellen Angelegenheiten, z. B. bei notwendigen Kirchenreparaturen oder Anschaffungen.
Aufgabestempel KUNZELSAU.R.3 (Feuser 1853-2)
War dem Brief Geld beigelegt? U.l. lese ich "mit 36 __"
Transliteration:
"Zudem ich Hochderselben ein dublicat des Verleihungsprotocoll von dem Kirchenboden dahier zur Beförderung an die königl. Section der Kron-Domainen III Abteilung gehorsamst übersende, sehe ich mich genöthiget zugleich eine Klage in Hänlohnssachen (Was ist der sog. Händlohn?) gegen Michael Rupp in Scheurachshof vorzutragen. Michael Pflüger Bauer im Scheurachshof, verkaufte schon vor mehreren Jahren sein Bauernguth an Michael Rupp daselbst, in diesem Kauf sind s. Aker und s. Weinberg begrifen, welch beyde Stüke dem Heiligen dafür lehnbar sind und nach dessen Gültbuch (=Steuerbuch?) page: 592 der Aker 7,5 __ und page: 422 der Weinberg 4 __ jährlich Gült und bey Veränderungen jedesmal 5 pro __ Händlohn abwirft. Diese Veränderung ist mir bey Gelegenheit des Gült-Einzugs p 1815 angezeigt worden.
Zur Nachnahme und Berechnung des Händlohns wurde von dem neuen Besitzer Michael Rupp der Kaufbrief und die Quittung über das von den übrigen Grundstücke bezahlte Händlohn verlangt, um daraus ermessen zu können, wie hoch beyde Grundstücke von denen der Heilige das Händlohn zu beziehen hat, damals astimirt (=geschätzt?) worden sind, diesem Verlangen leistete gedachter Rupp kein Genüge, und sind daher beyde Grundstücke von denen betreffenden Bürgermeistern taxirt worden um 130 __ ___ Händlohn 6 f 30 __.
Mit dieser Taxe unzufrieden, weigert sich nun Rupp das Händlohn und das _____ Einschreibgeld zu zahlen, und diesen dazu zu bewegen, will meine Mühe nicht anschlagen. Eine hochlöbliche Stiftungsverwaltung bitte daher gehorsamst die Zahlung der 6 f 30 __ Händlohn und 30 __ Einschreibgeld zu bewirken und verharre mit schuldigsten Respekt. Künzelsau am 8ten August 1816. Gehorsamster Heiligenpfleger Bauer"
Portofreiheiten
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Hallo Don Stefano,
schöner Beleg!
Ich lese da: mit 36 Kreuzer und darunter königliche Stiftungssache
Würde bedeuten dem Brief waren 36 Kreuzer beigelegt, was damals durch aus üblich war.
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"Zudem ich Hochderselben ein dublicat des Verleihungsprotocoll von dem Kirchenboden dahier zur Beförderung an die königl. Section der Kron-Domainen III Abteilung gehorsamst übersende, sehe ich mich genöthiget zugleich eine Klage in Hänlohnssachen (Was ist der sog. Händlohn?) gegen Michael Rupp in Scheurachshof vorzutragen. Michael Pflüger Bauer im Scheurachshof, verkaufte schon vor mehreren Jahren sein Bauernguth an Michael Rupp daselbst, in diesem Kauf sind s. Aker und s. Weinberg begrifen, welch beyde Stüke dem Heiligen dafür lehnbar sind und nach dessen Gültbuch (=Steuerbuch?) page: 592 der Aker 7,5Pfl. und page: 422 der Weinberg 4. Flur jährlich Gült und bey Veränderungen jedesmal 5 pro cent Händlohn abwirft. Diese Veränderung ist mir bey Gelegenheit des Gült-Einzugs p 1815 angezeigt worden.
Zur Nachnahme und Berechnung des Händlohns wurde von dem neuen Besitzer Michael Rupp der Kaufbrief und die Quittung über das von den übrigen Grundstücke bezahlte Händlohn verlangt, um daraus ermessen zu können, wie hoch beyde Grundstücke von denen der Heilige das Händlohn zu beziehen hat, damals astimirt (=geschätzt?) worden sind, diesem Verlangen leistete gedachter Rupp kein Genüge, und sind daher beyde Grundstücke von denen betreffenden Bürgermeistern taxirt worden um 130 florin thl (=theilweiser) Händlohn 6 f 30 xr.
Mit dieser Taxe unzufrieden, weigert sich nun Rupp das Händlohn und das stipulirte Einschreibgeld zu zahlen, und diesen dazu zu bewegen, will meine Mühe nicht anschlagen. Eine hochlöbliche Stiftungsverwaltung bitte daher gehorsamst die Zahlung der 6 f 30 xr Händlohn und 30 xr Einschreibgeld zu bewirken und verharre mit schuldigsten Respekt. Künzelsau am 8ten August 1816. Gehorsamster Heiligenpfleger Bauer -
Portofreiheit ("Militärsache") des königl. württembergischen Garnisonspfarramtes Ludwigsburg an das königl. Pfarramt Baiersbronn, Oberamt Freudenstadt, aus dem Jahre 1839.
Aufgabestempel LUDWIGSBURG (Feuser 2109-13) sowie Stempel "Vormittags". Ich nehme an, dass der Brief vormittags aufgegeben, bzw. bearbeitet wurde? Welchen Sinn macht so ein Stempel?
Diagonaler Rötelstrich, kenne ich bei Portofreiheiten nicht, sondern nur für bezahlte (Teil-)Gebühren.
Den freudigen Inhalt des Schreibens möchte ich natürlich auch nicht vorenthalten:
Wilhelm Braun von Baiersbronn Reiter im 1ten Reiterregiment welcher unter d. 30 Apr. von seinem Commando Erlaubniss zur Verheirathung mit Regina Walz von Reichenbach erhalten hat kann nach _______ Proclamation ausserhalb seiner Garnison in Baiersbronn oder Reichenbach getraut werden. Zur Beurkundung Ludwigsburg d. 2 Mai 1839
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Hallo Don Stefano,
"baldiger" heißt das fehlende Wort.
ZitatDiagonaler Rötelstrich, kenne ich bei Portofreiheiten nicht, sondern nur für bezahlte (Teil-)Gebühren.
Das stimmt nicht - vor wenigen Wochen hattest schon mal so einen Brief.
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Das stimmt nicht - vor wenigen Wochen hattest schon mal so einen Brief.
Nicht ganz, hierbei hat es sich um einen Frankobrief gehandelt, weswegen der diagonale Rötelstrich durchaus Sinn gemacht macht. Ich kannte diese Vorgehensweise jedoch nur für Österreich, deshalb meine Unsicherheit bei diesem Beleg.
Hier haben wir jedoch keine (Teil-)Frankobrief, dennoch einen diagonalen Strich.
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Hallo Don Stefano,
es gab diese Striche von mehreren Postverwaltungen - sie waren urspünglich von Taxis / Österreich eingeführt worden und das System setzte sich hin und wieder durch, hier und da.
Er zeigte an, dass etwas bezahlt worden war ODER eine Strecke nicht portopflichtig war. Letzten Endes kommt das aufs gleiche raus, weil eben ein Teil (oder die ganze Leitung) nicht belastet war. Es gibt ihn also bei Teilfrankobriefen, ganz frankierten Briefen (im eigenen Postgebiet, seltener in mehreren Postgebieten) oder auch (teil-) portofreien Briefen.
Die Beschreibung eines Briefes mit einem Diagonalstrich ist also immer abhängig vom Aufgabeland, Abgabeland, Transitland, den Postverträgen und der Manipulationregeln, die zu der Zeit üblich waren. Alles nicht so einfach und es gibt auch einige Briefe, die damals wie heute eher verwirr(t)en.
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Danke für die Aufklärung. Nun, in diesem Fall steht der diagonale Strich dann doch einfach für die portofreie Übermittlung.
Dass er vielfach angewandt wurde und man ihn stets im Hinblick auf all den bei der Briefbeförderung beteiligten Staaten betrachten muss, erscheint mir logisch. Nun gut, wieder etwas dazugelernt.
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Liebe Sammlerfreunde,
hierzu folgender Brief von Schorndorf nach Rottenburg am Neckar als Militärsache
an Oberst von Stockmaier vom 12. Februar 1813. Oberst von Stockmaier war einer
der wenigen, der dem Grauen des Rußlandfeldzuges unter Napoleon 1812 entkam
und wohlbehalten wieder in die Heimat zurückkehrte.https://books.google.de/books?id=4d8yA…a=X&redir_esc=y
Absender des Briefes war Regimentskommandeur Prinz von Hohenlohe, der ebenfalls
glücklich vom Rußlandfeldzug 1812 wieder nach Hause kam.http://www.swp.de/crailsheim/lok…t-11338020.html
Beste Grüße von VorphilaBayern
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Liebe Freunde,
heute zeige ich, in fremdem Terrain wildernd, einen Brief vom General Lieutnant Präsident von Hügel mit Postaufgabe in Stuttgart am 10.3.1820 "Seiner hcohwohgeborn dem Herrn Freiherrn Carl von Gemmingen domherr zu Camin, Commandeur mehrer Orden etc. im obern Schloße zu Bonfeld bei Fürfeld". Viel besser kann man eine Adresse kaum schreiben.
Der Absender notierte unten links "frei 0", so dass er nichts für den innerwürttembergischen Brief zahlte und somit die aktive Portofreiheit genossen haben musste.
Zum Empfänger Karl Friedrich Reinhard von Gemmingen:
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j…9q6_G5biPvT_DbK
Zum Absender Ernst von Hügel:
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j…Qg69lu_o_UQL-6E
Fast ein "who is who" des Königreichs Württemberg, leider ohne Inhalt, aber mit feinem Siegel, das ist doch aus was.
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Der Absender notierte unten links "frei 0", so dass er nichts für den innerwürttembergischen Brief zahlte und somit die aktive Portofreiheit genossen haben musste.
Lieber Ralph,
hier ein paar Funde, die vielleicht dazu passen.
Und der Herr Kriegsrath-Präsident wohnte sehr standesgemäß in der Königsstraße in Stuttart:
Auch wenn die Portofreiheit-Bestimmung aus 1847 stammt dürfte sie schon vorher gegolten haben.
Gemäß "hergebrachten Gebrauchs":
Besten Gruß von Luitpold
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Lieber Werner,
vielen Dank - kommt selten vor, dass ich Empfänger un Absebder im Netz finde und die persönlich Postportofreiheit ist sicher unstrittig. Ab wann es die gab, das weiß wohl keiner.
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Lieber Ralph,
leider kann ich nicht bis zur Urzeit der Post recherchieren, abe für Bayern wäre doch das hilfreich und als Datum o.K., wenn man sich auf "Postordnung für das Königreich Bayern" bezieht:
Königlich-Baierisches Regierungsblatt: 1809
Also ab dem Jahr 1806, wobei es dann immer Korrekturen gab.
Besten Gruß von Luitpold
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... ja, das ist das große Problem bei Portofreiheiten, dass man kaum einen Anfang findet und das Ende nicht erst mit dem Lebesende übereinstimmen muss ...
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Liebe Sammlerfreunde,
Posthalter Leo in Schönzmünzach sandte am 29. Juni 1850 an das 2,5 km entfernte Waisengericht in Schwarzenberg diesen Brief. Siegelseitig schlug er den Zweizeiler "SCHOENMÜNZACH" der Postexpedition auf den Brief. Posthalter Leo war gleichzeitig Postexpeditor und beförderte wahrscheinlich den Ortsbrief selbst. Lt. Vorphilahandbuch von Peter Feuser bestand in Schönmünzach ab 21.1.1830 eine Briefsammlung. Seit 1.9.1840 eine Postexpedition.
Liebe Grüße,
Hermann