• Hallo zusammen,

    die anbei im April 1907 aufgegebene Karte besticht durch Optik wie auch etwas dahinter stehende Geschichte. Für was genau der Adressat, der Neustadter Weinhandelsunternehmer Eugen Albresch (1867- 1952) 1.500 Mark und nochmals 10.75 Mark per Postanweisung an die in Braunschweig ansässige Bergwerksgewerksschaft Korvinus überwiesen hatte, ist schwer nachzuvollziehen. Auf jeden Fall ist er wegen des im November 1907 vollzogenen, spekulativen Erwerbs eines stillgelegten Kupferbergwerks bei St. Wendel (Saargebiet) ins Visier staatsanwaltlicher Ermittlungen geraten. Denn obwohl er sich dazu verpflichtet hatte, das Bergwerk wieder zu betreiben, tat er dies lange Zeit nicht und wurde somit im Jahre 1914 des Betrugs und der Wucherei beschuldigt.

    Aufgrund dessen verlor er sein bereits 1907 aufgenommenes Mandat bei der Kammer der Abgeordneten des Königkreichs Bayern. Im 1. Weltkrieg wurde die Bergwerkstätigkeit vorübergehend wieder aufgenommen. Nach dem Krieg war Albresch Verhandlungsführer des Neustadter Arbeiter- und Soldatenrates, als es im Gegenüber der Bayerischen Staatsregierung um den Lebensmittel- und Brennstoffmangel in der Pfalz sowie um Entschädigungen für Requisitionen ging. Sein Großvater Johann Philipp Albresch (1804 -1861) war übrigens Schöpfer der Haupttrikologe ("Ur-Fahne") des Hambacher Fests 1832 mit der erste Trikolore in der heute gebräuchlichen Reihenfolge schwarz-rot-gold.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

    verwendete Quellen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Abresch

    https://www.bavariathek.bayern/medien-themen/…fb4e59c3aa49cdc

  • Hallo Tim,

    besagter Eugen Abresch war offensichtlich nicht nur ein windiger Spekulant, sondern verfügte daneben auch über eine zumindest fragwürdige Zahlungsmoral.

    Hier eine vollzogen zurückgesandte Postzustellungsurkunde aus Neustadt Haardt vom 30. April 1908 an den Gerichtsvollzieher Toepper in Dortmund, betreffend die Mietforderung der Firma Sander an das Bayer. Steinkohlen Brikettwerk von Eugen Abresch in Müchen für ein Lokomobile (= fahrbare Dampfmaschine) in Höhe von 465 Mark nebst 5 % Zinsen

    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

    Einmal editiert, zuletzt von oisch (5. Januar 2021 um 22:01)

  • Hallo Klaus,

    tja, bei so manch einem Zeitgenossen scheint es Methode gewesen zu sein. In München damals ein Brikettkohlewerk zu betreiben war sicherlich kein Minusgeschäft. Von daher die Lokmiete bis zum Gerichtsvollzug auszuschlagen...eueueu. Was das wohl noch für Zusatzkosten nach sich gezogen hat ?

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Morgen,

    wir haben es anbei mit einer Aufbrauchspoka (P70 mit mittellangem Adressvordruck und WZ X) und einer daraus recht interessant gestalteten Privatganzsache eines Briefmarkenhandels zu tun. Wie man sieht, gab es damals schon Kiloware. Diese wurde natürlich als "noch nicht ausgesucht" angeboten. Interessant insofern die Garantie, evtl. "Dubletten" innerhalb drei Monaten ohne Nachzahlung gegen andere "Raritäten" auszutauschen...^^

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • ... tja, Propfen waren bei Vorderladern halt technisch notwendig damals, damit Kugel und Schießpulver im Lauf blieben - da war ein bischen "Druck" beim Hersteller schon angebracht, weil ohne dieses Billigteil nicht geschossen werden konnte/sollte.

    Ist so wie bei Autos heute: Wenn es keine 10 Cents - Batterien für die Fernbedienung gibt, kann das 200k € Auto auch nicht ausgeliefert werden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... vlt. hat er zwischen "bei" und "ist" das Wörtchen "null" vergessen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... schwül-warmes Wetter im Rheintal lässt das erklärlich erscheinen ... und Tinte war teuer! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten Abend zusammen,

    bei dem Poka-Formular anbei handelt es sich um P2 (2 Kreuzer braun) der Deutschen Reichs-Post, welches bis zum 31.12.1874 gültig war. Es wurde im badischen Mannheim verfasst und am 15.12.1874, d.h. 16 Tage vor der Umstellung auf die Groschenwährung aufgegeben. Das jedoch unbeanstandeterweise auf der linksrheinisch gegenüberliegenden Seite im pfälzischen Ludwigshafen a.Rh., wo die Karte nicht frankaturgültig war.

    Ob dieser Contravention wegen der jeweils recht schwach abgeschlagene Entwerter- und Aufgabestempel herrührt, wird das Geheimnis des Expeditors vom Ludwighafener Hauptpostamt bleiben. Eine erhöhte Verwechselungsgefahr mit dem gelbgrünen Pondon des Königreichs Bayern lässt sich wohl eher kaum unterstellen. Dem Empfänger in MZ und unserereiner kann`s egal wie aber ganz recht (gewesen) sein, oder ?

    Natürlich sollte das nette Stück noch BPP-geadelt werden, nur an welchen schickt man dann derartiges ? :/

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    ein Traumstück. :love::love:

    Da die Post von Mannheim nach Ludwigshafen von den Bediensteten der Ludwigshafener Postexpedition mit Schubkarren über die Pontonbrücke zu transportieren war, und jeder in Mannheim und Ludwigshafen kannte dieses täglich zweifach stattfindenden Procedere, gehe ich davon aus, dass man die Karte den pfälzer Bediensteten auf ihren Weg von der badischen Bahnhofsexpedition zur Brücke mitgegeben hatte und diese sie dann - völlig korrekt! - bei der PE Ludwigshafen abgegeben haben, wo sie doppelt gestempelt wurde (wichtig, weil ein deutliches Zeichen der Postaufgabe und nicht etwas nur einer Nachstempelung!).

    Dadurch war die Karte korrekt angenommen und ebenso korrekt ohne Taxansatz belassen. Ein Vortragsstück!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    im Dezember 1874 hatte die zweigleisige, fest gebaute Eisenbahnbrücke zwischen Mannheim und Ludwigshafen schon 8 Jahre Bestand, die Pontonbrücke war abgefahren und verrottete im Mannheimer Hafen. Da wurde nichts mehr mit dem Schubkarren rübergefahren. Ich weiss auch nicht, dass von der badischen Post Sendungen zur Entwertung nach Ludwigshafen rübergetragen wurde. Für mich ist das eine glatte Contravention und nichts völlig korrektes, der Wertstempel der Deutschen Reichspost war in Ludwigshafen nicht frankaturgültig.

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    ach herrje - wenn man krank ist, sollte man keine krummen Hunde beschreiben. Sorry dafür. Ja, dann haben sie in LU geschlafen und hätten nachtaxieren müssen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten Abend zusammen,

    bei dem Beleg anbei fällt einem schon so ein wenig die Stempelform auf. Nun gibt`s ja im "Nachbarforum" eine Stempeldatenbank, da ist der 25mm Burtscheid-Zweikreiser vorläufig vom 15.04.1865 - 16.05.1873 aufgeführt. So wie`s ausschaut lassen sich da jetzt ad hoc fast 7 Jahre Verwendungsnachweis on top setzen.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer