Liebe Freunde,
Jürgen hat hier ein interessantes Beispiel eines aufgeholzten Klischees gezeigt. Anhand dessen sind meine folgenden Gedanken zu einigen Auffälligkeiten bei den Quadratausgaben vielleicht besser zu verstehen.
Brunner, aber auch Pfenninger und Doberer haben früher geschrieben, dass die Stöckel „aufgegossen“/ „hintergossen“ wurden. Da dies bei den Badenmarken offenbar tatsächlich geschah, habe ich das auch zeitweise geglaubt.
Seit einiger Zeit bin ich aber davon überzeugt, dass die Messingstöckel auf Holzklötzchen montiert wurden.
Betrachtet man Bogen oder Bogenteile, stellt man fest, dass die senkrechten Spatien (was wir heute als „senkrechte Schnittlinie“ bezeichnen) idR sehr gerade sind. Die waagrechten Spatien dagegen sind häufig unregelmäßig.
Weiterhin fällt auf, dass die Markenbilder manchmal verschoben oder leicht rotiert sind.
Alle dieser Effekte sieht man bereits sehr schön an dem von Francesco einige Beiträge früher eingestellten 9er-Block der 6 Kreuzer braun.
Mit auf Holzklötzchen montierten Stöckeln lässt sich das leicht erklären.
Die Klötzchen waren leicht größer als die Messingplättchen, zwischen etwa 0,5 und weniger als 1 mm. Damit kann der Abstand von etwa 2 mm zwischen den Marken einfach erreicht werden, indem die Klötzchen in die Druckform eingesetzt und jeweils direkt eine senkrechte durchgehende Spatie eingefügt wurde. Da keine weiteren Ausgleichsspatien verwendet wurden sind diese Trennlinien sehr gerade, ohne weitere Verbiegungen oder Kurven. Sie liegen ja an den Holzklötzchen an.
Anders bei den waagrechten kurzen Spatien. Da hier (aus welchen Gründen auch immer) deutlich dünnere Spatien verwendet wurden, mussten mehrere eingefügt werden, um den gleichen Abstand zur nächsten Marke zu erreichen.
Die Unregelmäßigkeiten können nun auf zweifache Art entstehen.
Einmal sind diese Spatien sehr filigran und haben sich daher im Laufe eines Auflagendrucks evtl. leicht verbogen, besonders an den Enden.
Zum anderen kann aber der unterschiedliche Verlauf bereits durch den Setzer verursacht worden sein. Wenn er z.B. zwei schmale niedrige Spatien an der oberen Marke, dann die höhere, druckende und anschließend drei Spatien an der unteren Marke angelegt hat, bei der danebenliegenden Marke aber erst drei Spatien, die druckende und zwei Spatien gelegt hat, sind die „Schnittlinien“ auch verschoben. Die waagrechten „Schnittlinien“ sind daher meist nicht so gerade wie die senkrechten.
Auch die verschobenen oder verdrehten Markenbilder sind so erklärbar.
Da die Holzklötzchen größer waren als die Messingplättchen, kam es auf das Augenmaß des Setzers an. Das Plättchen passte auch etwas verschoben oder verdreht auf das Klötzchen. Das ist dem Setzer beim Aufkleben offensichtlich auch häufiger passiert.
Wir sehen diesen Effekt bei allen Werten und Auflagen der Quadratausgaben.
Ich habe den Beitrag auch deshalb hier bei der 8II eingestellt, weil nach dem vorher gesagten auch klar ist, dass die von Francesco in seinem Artikel und auch hier in Forumsbeiträgen angegebene Erklärung für abgeschrägte Ecken beim Einfügen von Austauschstöckeln so nicht haltbar ist.
Falls (was er annimmt) beim Austausch von Stöckeln bei geschlossener oder „leicht geöffneter“ Form (was ich bezweifle) eine Bearbeitung notwendig gewesen wäre, dann an dem Holzklötzchen, aber nie an den Ecken des Messingstöckels.
Beste Grüße
Will