Federzug statt Marke

    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayernjäger

    Ich denke nicht dass meine Erklärung als dein ist. Aber ein interessanter Beispiel für ein Notmassnahme würde ich glauben. Der Brief ist unbelastet der Empfänger angekommen und somit als frankiert gerechnet, auch ohne irgend einen Frankovermerk. Oder hatte Herr Barth Portofreiheit?
    Das Kreuz ähnelt sich die alte Frankovermerke von 18. Jahrhundert, aber dass ist wohl eher ein Zufall?

    Danke fürs Zeigen auf jeden Fall :thumbup: :thumbup:

    Viele Grüsse
    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo bayernjäger,

    ich kenne nur eine Möglichkeit, die in den Vorschriften aufgeführt ist:

    Wurde ein Brief mit offensichtlichem Postbetrug (= ungiltige, also bereits entwertete Marke) aufgefunden, sollte die Marke abgenommen, eine Abschrift der Adresse genommen und beides an das vorgesetzte Bezirksamt samt kurzem Vermerk eingesandt werden.

    Vlt. hatte man eine ungültige Marke in Bayreuth verklebt, die man zuerst abstempelte, ehe man den Betrug bemerkte, man nahm sie ab, machte eine Vormerkung für die vorgesetzte Behörde, brachte ein Kreuz am Ort der Zuwiderhandlung an, belastete aber nicht den Empfänger (weil der ja nichts dafür konnte) und leitete den Brief weiter.

    In jedem Fall ein interessanter Brief, den ich auch genommen hätte (wenn ich ihn denn erspäht hätte).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    vielen Dank für eure Bemühungen zur Klärung des Sachverhaltes.

    Anbei noch ein ähnlicher Brief aus München nach Sommerhausen "ohnweit Würzburg" vom 20. APR.1850.
    Auch hier wurde die Marke entfernt und ein Federkreuz an gleicher Stelle angebracht. Hier dürfte die Sache allerdinges etwas anders liegen.
    Der Inhalt (geschrieben auf Papier mit Goldschnitt!!) datiert auf den 19. April 1850 und ist unterzeichnet mit Wilhelm Ysenburg. Das Briefkuvert wurde mit dem Siegel der Grafen von Ysenburg verschlossen. Auch der Empfänger war ein Mann von Rang und Namen: "Sr. Erlaucht dem Herrn Ludwig Grafen von Rechtern-Limpurg-Speckfeld, Generalmajor und Landwehrcommandant von Unterfranken und Aschaffenburg pp".
    Ich gehe davon aus, beide Personen genossen Portofreiheit. So wurde eine wohl bereits verklebte Marke wieder abgenommen und die Stelle mit dem Federkreuz markiert, damit es nicht zu irgendwelchen Beanstandungen kommt.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    wieder ein interessanter Brief, aber warum sollte jemand eine Marke kaufen und aufkleben, der portobefreit war?

    An eine passive Portobefreiung glaube ich weniger, weil man ihn dann zuerst taxiert hätte (6 Kr.), die später in Franken abgestrichen worden wären (weil man in München kaum wusste, ob seine Erlaucht portofrei gestellt war, oder nicht).

    Mysteriös ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    wenn wir nicht von einer Portobefreiung ausgehen können, dann ist die Marke wohl doch abgefallen. Einen versuchten Postbetrug brauchen wir dem betuchten Herren wohll kaum zu unterstellen.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo Sammlerfreunde,

    dieser Tage habe ich nachfolgenden Brief "aufgegabelt":

    6 xr für die Strecke Kaiserslautern - Frankfurt a. Main, leider ohne Datum. Unzweifelhaft ein Brief der 1. Gewichtsstufe in die 2. Entfernungszone im Postverein.
    Rechts neben dem leider angeschnittenen Paar 3 xr war noch eine dritte Marke. Diese wurde noch vor Abstempelung mit dem oMR 232 entfernt. Reste kleben noch dort, der oMR geht auf das Papier über.
    Jetzt könnte man eine tolle Beschreibung konstruieren: Der Postkunde gab den selbst vorfrankierten Brief am Schalter ab. Der zuständige Postbeamte stellte fest, dass der Brief um 3 Kreuzer überfrankiert ist, erwähnte dies jedoch gegenüber dem Briefaufgeber nicht. Nachdem der Postkunde verschwunden war, entfernte er die überzählige 3 xr Marke vom Brief und steckte diese in seine eigene Tasche. Anschließend stempelte er die verbliebenen Marken ab. Er beging also einen schwerwiegenden Diebstahl. Der Postkunde wird wohl kaum nochmal nach seiner überzähligen Marke gefragt haben. Dem Empfänger war es ebenso egal.
    Hat noch jemand etwas abenteuerlicheres auf Lager?

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    doller Pfalz-Brocken ! :P Auf Anhieb fällt mir auf, dass das 15er Paar dreimal mit dem oMR 232 (wohl schon älteres, abgenutztes Gerät) abgeschlagen wurden. Entwertung der erste Marke ist klar vorschriftsgemäß, bei der zweiten ist der linke Abschlag unsauber und nur unten auf den Brief übergegangen.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Postexpeditor im Übergang auf den Briefabschnitt der ehem. ganz rechts klebenden Marke ein drittes mal abgeschlagen hat, um klarzustellen, dass der Brief genau so mit 6 Kr freigemacht bei ihm abgegangen ist. Allerdings sind damit immer noch 3 Möglichkeiten gegeben:

    • Der Kunde hat die Überfrankatur selbst bemerkt und vor Abgabe des Einschreibens am Schalter selbst entfernt, und das wie man sieht recht schnuddelig.
    • Der Kunde zahlte das Einschreiben am Schalter und wurde vom Postexpeditor aktiv auf die Überfrankatur aufmerksam gemacht, der evtl. sogar half die dritte Marke zu entfernen. Kann auch in diesem Fall sein, dass das so wie man es erkennen kann dann eben auf der Aufgabepost recht schnuddelig über die Bühne gegangen ist.
    • Der Kunde zahlte das Einschreiben, der Postexpeditor wartete spitzbübisch bis jener wieder fort war und schnappte sich die überflüssige 3 Kr Marke. Wenn dies aber ein schwerwiegender Diebstahl war, dann hätter er die Marke besser ohne Beschädigung des Briefpapiers, ohne Gummi- und Markenpapierreste zu hinterlassen abgelöst, so ist es schon arg auffällig...allerdings auch wiederum kein belastbarer Beweis für eine verbotswidrige Vorteilnahme.

    Alles in allem - auch trotz berührter Marken - ein spannender Beleg, der - wie man sieht - reichlich zum Nachdenken anregt. Was will man mehr ? :thumbup:

    Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (16. April 2012 um 23:48)