Hallo zusammen!
Ich stelle heute einen Brief vor, der am 5. August 1863 von Tübigen über Strassburg nach Madrid verschickt wurde. Briefe aus der Kreuzerzeit von Württemberg nach Spanien sind generell selten, und hier handelt es sich wohl zudem um eine einmalige Kombination der Ganzsache U9 und der MiNr. 24.
Was mir allerdings Probleme bereitet ist die Frankatur. Auf den ersten Blick sieht alles recht einfach aus: 6 Kreuzer innerhalb des DÖPV geht an Württemberg (Entfernung Tübingen nach Kehl in Baden = 91 km ~ 12.7 Meilen => 2. Entfernungsstufe), 12 Kreuzer Weiterfranko geht an Frankreich (links unten ausgewiesen), und der Brief is damit bis zur spanischen Grenze bezahlt (roter Stempel "PP"). In Spanien wurden dann vom Empfänger nochmals 4 Reales erhoben (roter Stempel "4R.").
Bildquelle: Los 1632 aus Katalog zur 5. Trost-Auktion
So weit, so gut. Allerdings soll dieser Brief laut BPP-Attest um 3 Kreuzer überfrankiert sein, da der DÖPV-Anteil nur 3 Kreuzer gewesen sein soll. Warum das so sein soll, ist mir allerdings ein Rätsel. Dank des Stempels scheint klar, dass der Brief über das badische Kehl nach Strassburg lief. Und laut Postvertrag von Baden mit Frankreich vom 14.10.1856 schloss dieser andere Staaten des DÖPV ein, also auch Württemberg (Artikel 3). Der DÖPV-Porto-Anteil wurde gemäss DÖPV-Tarif berechnet (mit Ausnahme Badens, wo immer nur 3 Kreuzer fällig waren), in diesem Fall also 6 Kreuzer für eine Entfernung 10-20 Meilen (Artikel 6.2). Das Weiterfranko (komplett an Frankreich) von über Frankreich nach Spanien spedierte einfache Briefe (bis 1 Loth) betrug 40 Centimes = 12 Kreuzer (siehe Tabelle A der badischen Verordnung zu dem Vertrag).
Meine erste Vermutung war nun, dass, wenn auch unwahrscheinlich, dem BPP-Prüfer vielleicht ein Fehler unterlaufen war? Dann aber fand ich einen zweiten Brief aus der gleichen Korrespondenz, der 3 Jahre früher verschickt worden war - und nur mit 15 Kreuzer frankiert war. Allerdings ist unterhalb der linken Marke ein Stempel mit einer anderen Tageszeit sichtbar; vielleicht war dieser daher unfrankiert aufgegeben worden. Auffällig ist ausserdem die blaue "3", die wieder durchgestrichen wurde. Sollte diese Notiz eine Unterfrankierung anzeigen, oder sollte sie der Portozuschlag für unfrankierte Briefe sein, der dann wegen (Nach)frankierung wieder gestrichen wurde?
Gerne würde ich Eure Meinungen zu diesen beiden Stücken hören.
Tabelle A aus dem Postvertrag Baden-Frankreich vom 14.10.1856
Bildquelle: Los 1830 aus Katalog zur 6. Trost-Auktion