Postzensur in Russland

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schlacki,

    solche schönen Umschläge wie bei deinem Brief #20 habe ich schon ein paar mal gesehen. Waren wohl eine zeitlang in Mode.

    Eine Frage zu Zensur auf russischer Inlandspost: Gab es da ein Muster, wann zensiert wurde? Bestimmte Absender/Adressaten oder in bestimmte Grenzregionen?

    Viele Grüße

    Michael

  • Dazu kann ich leider auch nicht viel sagen. Vielleicht wurden auch nur Stichproben gemacht. Da ja viele deutschstämmige in Russland lebten, die schon zu Zeiten Katherina der Großen ins Land kamen, hatten Briefe mit deutschklingenden Namen ein besonderes Augenmerk.

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein weiterer Brief aus Petrograd von 1915. Diesmal nach Jönköping in Schweden. Absender ist die Firma Volta, in Reval 1899 gegründet von den Baltendeutschen Carl und Christian Luther. Der Firmensitz wurde 1915 nach Petersburg verlegt. Produziert wurden Elektromotoren und Generatoren für den russischen Markt.

    Der Brief ist mit 20 Kop. frankiert für ein Auslandseinschreiben der 1. Gewichtsstufe.

    Vergleichbar dem in #1 gezeigten Brief wurde die Zensur mit einem violetten Stempel, diesmal die Nr. 16, dokumentiert und der Brief mit dem Siegel der Petrograder Militär Zensur verschlossen.

    Viele Grüße

    Michael

  • Die Prüferstempel mit Faksimile-Unterschriftskürzel gab es bis Nr. 68. Jedoch sind nicht alle davon bekannt bzw. im Speeckaert notiert. Die Nr. 22 dabei ist ohne Rahmen.

    Dieser ist hier auf einem Brief aus Armawir nach Holland zu sehen. Aufgegeben am 17.7.1915 wurde er in Armawir erstmals geprüft und die Speeckaert Typen 1 und 2 abgeschlagen (vorderseitig Typ 2 Rahmenstempel D.Z. sowie rückseitig Geöffnet Militärzensur - in Armawir - Militärzensor Oberst und seine Unterschrift). Weitergeleitet wurde der Brief dann nach Petrograd und dort der Zensur erneut vorgelegt. Hier erhielt der Brief dann oben genannten Stempel und wurde per Siegel verschlossen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schlacki,

    ein interessanter Brief, die Doppelzensuren finde ich immer noch erstaunlich.

    Zu der auch auf deinem Brief durchgeführten Zensur in Petrograd: Die Vorgehensweise mit der seitlichen Öffnung und anschließendem Umfalten und Verschluß mittels einem großen Lacksiegel habe ich bisher nur für Petrograd gesehen und erinnerungsmäßig auch nur aus dem Jahr 1915. Wobei ich natürlich - im Vergleich zu einem Sammler von Zensurbelegen - bisher nur recht wenige Zensurbelege überhaupt kenne. Kannst Du diese Beobachtung bestätigen/korrigieren?

    Viele Grüße

    Michael

  • Klar kann ich. Neben Petrograd gab es z.B. auch in Odessa, Moskau, Minsk, Irkutsk (mir nur 1x bekannt) und Warschau (mir nur 2x bekannt) spezielle Siegel. Jedoch gibt es auch vereinzelt den Siegelverschluss durch normale Siegel des Postamtes, welche normalerweise für Wertbriefe gedacht waren sowie persönliche Siegel von Zensoren .

    Brief vom 10.11.1915 aus Jekaterinoslaw über Odessa ans Rote Kreuz in Kopenhagen. Eventuell wurde hier erstmals bei der Aufgabe geprüft, in Odessa der Brief auf jeden Fall verschlossen. Freigemacht ist der Brief mit 20 Kopeken als Einschreiben.

  • Als nächstes ein Siegel aus Moskau: Einmal auf Brief vom November 1916 nach Neuchâtel sowie auf Brief aus dem Juli 1916 nach Hilversum jeweils als Einschreiben. Beide Briefe sind frankiert mit Marken der beiden Serien für Kriegswitwen und -waisen.

  • Mit 20 Kopeken freigemachter Brief aus Minsk nach Kopenhagen vom 20.6.1916, verschlossen mit dem Lacksiegel GEÖFFNET MILITÄRZENSUR sowie nebengesetzter Zensurstempel. Aus Minsk sind zwei verschiedene Lacksiegel bekannt. Beide kommen selten vor.

  • Das Siegel aus Pensa ist noch etwas seltener. Hier befindet es sich auf einem Brief vom 20.10.1915 aus Prokazna (Gebiet Pensa) nach Stockholm. Außerdem sind zwei Zensurstempel vom Fähnrich Spitzyn zu sehen. Inschrift des Siegels: MILITÄRZENSOR KAS.(AN) MIL.(ITÄR)BEZIRK PENSA *.

  • Wie zuvor schon erwähnt, ist das Siegel aus Warschau mir nur zweimal bekannt. Ebenfalls sind alle Zensurstempel aus Polen sehr selten (Warschau) bis äußerst selten.

    Hier ein Trauerbrief als Einschreiben aus Radom (Datum unleserlich), gelaufen über die Zensurstelle Warschau nach Bukarest.

  • Die Ziffern stehen ganz einfach für die Zensornummern, nicht für die Zensurstellen. Dieses bedeutet aber nicht, das jetzt beispielsweise 264 oder mehr Zensoren in Odessa tätig waren. Hier muss man den ganzen Militärbezirk in Betracht ziehen. Dieser war sehr groß. Der Militärbezirk Minsk reichte im Westen bis nach Polen, am sonsten zumindest der größte Teil des heutigen Weißrusslands und ... Im Bereich Odessa gehört dann z.B. die Krim dazu und, und, und. Von dem oben gezeigten Stempel aus Orenburg sind sechs oder sieben verschiedene Nummern bekannt; also nicht 167 verschiedene. Ob die alle in Orenburg tätig waren, kann ich nicht einmal sagen. Dafür ist die Zensurpost viel zu unerforscht.

    Aus dem Militärbezirk Minsk habe ich einen längeren Artikel in russisch vorliegen, den ich erstmal übersetzen muss. Hier gab es weit mehr als zwanzig Zensurstellen. Bei Gelegenheit zeige ich mal einige Stempel, bei denen bekannt ist, wo der jeweilige Zensor gearbeitet hat.

  • Nun zeige ich drei Briefe, bei den die Zensur kein Siegel vorliegen hatte und daher das des Postamtes verwendet wurde.

    1. Brief vom Dezember 1915 aus Taschkent nach Stockholm mit Zensurstempel und Unterschrift des Prüfers.

    2. Brief aus Riga vom Mai 1916 nach Charkow. Der Verschluss erfolgte per Briefmarkenbogenrand sowie Siegel des Postamtes darüber.

    3. Brief vom 29.3.1915 aus Mineralnyje Wody nach Sewastopol, wo dann bei der Ankunft die Zensur erfolgte. Zensurstempel: Geöffnet Militärzensur - in Sewastopol sowie persönlicher Stempel des Rittmeister Tretjakow. Verschluss durch das Siegel SEWASTOPOL - TÄBRIS G.(biet) - POST- und TELEGR.(afen) - KONTOR.

  • Zum Abschluss der Verschlusssiegel zwei persönliche Siegel von Zensoren.

    Brief aus Tomsk vom 08. Februar 1915 ans Rote Kreuz in Bern. Vorderseitig neben dem D.Z.-Stempel auch der Stempel des Zensors A.I. Miljutin sowie rückseitig dreimal sein Lacksiegel.

    Brief aus Kischinew vom 29.9.1915 ebenfalls ans Rote Kreuz, allerdings in Kopenhagen. Verschluss durch zwei Lacksiegel mit den Initialen G.L. Daneben der Zensurstempel mit Unterschrift.

  • Bei dem Artikel über Minsk habe ich mich wohl mit einem anderen über den Bezirk Odessa vertan. Jedoch kann ich Dank der Mithilfe von A. Epstein einige Zensoren bestimmten Orten zuordnen. Ich werde hier mal die vorstellen, die mir persönlich vorliegen und ich dann auch die Zensurstelle dazu habe.

    Anfangs hatte ich einen von E.A. von Stawenhagen geprüften Brief bereits gezeigt. Dieser Zensor war in Lublin tätig.

    Nun zeige ich einen Brief, welcher in Smolensk geprüft wurde. Ob hier zunächst I. G. TOBISEN den Brief in den Händen gehalten hat, ist nicht ganz klar. Dieser Zensor arbeitete von Anfang an dort. Von ihm stammt jedenfalls der Rahmenstempel "GEÖFFNET MILITARZENSUR", "ZU ÜBERSETZEN" und sein persönlicher Zensurstempel. Ebenfalls geprüft hat hier der Zensor F. I. ADAMOWITSCH, der neben seinem Stempel auch noch den Zweizeiler "GEPRÜFT MILITÄRZENSUR" aufsetzte. Adamowitsch arbeitete in Minsk im Hauptquartier des Bezirks und wurde, als dieses im September 1915 nach Smolensk verlegt wurde, mit versetzt.


  • Schon mit diesem Beleg wird es etwas schwieriger.

    Brief aus Chełm (Woiwodschaft Lublin) in die Schweiz. Lublin gehörte zum Militärbezirk Minsk. Speekaert und auch Skipton / Michalove haben aus Lublin einen Zensurstempel gelistet. Im Juni 1915 war es durchaus möglich, das hier noch die Zensur tätig war. Laut A. Epstein arbeitete der Zensor W.A. RACHMANOW in Minsk. Vielleicht war er vorher in Lublin tätig?