Der Deutsche Krieg 1866

  • Lieber bayern klassisch,

    bedeutet das, dass die gedruckten Postschein-Bögen komplett an die PE abgegeben und erst dort - bei Bedarf - zerschnitten wurden?
    Das würde natürlich die rückseitige "Nutzung" ganzer Bögen vor dem Zerschneiden erklären.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    natürlich hat man üblicherweise die Bögen gleich zerschnitten, weil die Postscheine ja in der Regel einzeln ausgefertigt wurden - aber es konnte, wie dein Beispiel zeigt, auch mal anders kommen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    am 10.7.1866 bei der
    württemb. Feldpost aufgegebener Brief von Major Hermann von Rampacher, Chef des 1. Jäger-Bataillons in der Brigade v. Hegelmaier, an seine Frau in Hohenasperg (Ankunft via Stuttgart 11.7.66). Nach dem Marsch durch Wetterau und Vogelsberg gelangte die württembergische Division am 9.7. in die Gegend von Gelnhausen-Langenselbold-Hanau. Das 1. Jäger-Bataillon von Major Rampacher lag am 10.7., einem Rasttag für das gesamte VIII. Bundeskorps, in Bruchköbel nördlich von Hanau.

    "Station Bruchköbel, 1 Stunde nördlich von Hanau, 10. Juli 1866. Nachm. 4 Uhr

    Geliebtes Herz!

    So eben kommt mein Quartiermeister Hiller mit der Feldpost von Hanau an, hiemit erhalte ich zugleich deine beiden lieben Briefe vom 5ten u. vom 8ten nebst den Zeitungen und dem inhaltreichen Extrablatte. Ich hatte eben meinen Truppen vor dem Orte Fleisch, Brod und Wein ausgetheilt u. wollte sofort mit dem mir beigegebenen Hptm. Bechtinger d. Art. und Rittm. Neuhaus des 4. Reiterrgts. auf Rekognoscirung reiten, da wir hier auf einem ziemlich exponirten Posten stehen, da unterließ ich´s aber in Folge der Zeitungsnachricht vom abgeschlossenen Waffenstillstand. ´s ist doch über alle Maßen traurig, ich träumte mich mit dem Mil.verdienstorden dekorirt zu dir zurückkehren zu dürfen – jetzt haben wir nicht einen Schuß gethan, mit Schmach beladen schickt man die Kleinstätler nach Hause: und jetzt steht uns bevor, über die Dauer des 6wöchentlichen Waffenstillstandes in langweiligen Cantonnirungen liegen zu bleiben, die Mannschaft bei welcher der Spiritus jetzt natürlich ganz verraucht ist in Exerzier- und Felddienstübungen zu drillen und die Excesse zu verhindern, die bei länger dauernden Cantonnirungen ohne eigentlichen Zweck unvermeidlich sind!

    Mit welchen Gefühlen überschritten wir am 18. Juni den Main, mit welch andren werden wir uns morgen oder in den nächsten Tagen über denselben zurückziehen!

    Nun, mein süßes Herz, für dein weiblich fühlend Herz bringt dir der Waffenstillstand doch wenigstens den Trost, daß du mich in den nächsten 6 Wochen zum Mindesten nicht den Gefahren des Krieges ausgesetzt weißt; missen werden wir uns aber doch müssen, denn ich kann mir kaum denken, daß wir jetzt in die Garnison zurückkehren; und – wird´s dann auch Frieden werden? wird Preußen in seinem gerechten Uebermuth nicht grausame, unannehmbare Bedingungen machen? Wird dann nicht vielleicht Frankreich interveniren und aus dem deutschen ein europäischer Krieg werden? Ich sehe vielleicht schwarz, mein liebes Weibchen, aber rosenfarb steht uns die Zukunft allerdings nicht vor Augen. Hoffen wir das beste! Dich, mein Herz, hoffe ich in der Zwischenzeit jedenfalls zu sehen u. zu umarmen!

    Heute früh gab ich Freund Pfeiffelmann auf der Heerstraße ein Briefchen, das ich heute früh an dich geschrieben habe; er kam nach Hanau u. versprach mir, dasselbe auf die Post zu besorgen.

    Ich schicke soeben eine fahrende Ordonnanz nach Hanau, der gab ich diese Zeilen mit, aus denen du erfahren mögest, daß ich Gottlob gesund und wohl bin, daß ich dir, mein einziges Gut, mit Leib und Seele angehöre, und daß ich mich wie ein Kind darauf freue, dich wieder zu umarme. Möge der Husten unseres geliebten Kindes, das seines fernen Vaters mit so unbeschreiblich viel Liebe gedenkt, sich bald mildern! Ach, mein Schatz, du weißt nicht, wie oft meine Gedanken bei dir sind!

    Oft nimmt mich der Dienst volle 24 Stunden ununterbrochen in Anspruch, und ich habe vielleicht nur 2 – 3 Stunden zum Schlafen, dann aber kommt wieder ein halbes Stündchen Muße, und da bin ich dann mit Leib und Seele in Eurer Mitte!

    Jetzt ist das eingetreten, was ich vorausgesagt: Oesterreich muß Venetien abtreten, Oesterreich muß ferner in noch größeres Unglück kommen, dann kann es die reichen Kirchengüter an sich ziehen und sich auf diese Weise wieder finanziell erholen. So urtheile ich u. wer weiß, es ist vielleicht ein Glück, daß es so unglücklich ergangen!

    Nun, bestes, theuerstes Weib – für heute adieu, küsse mein herzig liebes Annchen, ihr Briefchen hat mich wahrhaft gerührt. Ich küsse dich mit zärtlicher Liebe u. bleibe ewig der deinige

    Hermann

  • Lieber mikrokern,

    abseits der hochinteressanten, postgeschichtlichen Seite dieses vorzüglichen Briefes, freut es mich sehr, den Inhalt lesen zu dürfen.

    Heute gäbe es wohl eine SMS ... 8o

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber mikrokern,

    vielen Dank für den Link - stellt sich die Frage, wie der Brief zu dir kam (ich denke über eine Auktion). Man sieht also, dass schon lange vorher "gefiltert" wurde und die reichlich vorhandenen Briefe wohl nur einen kleinen Teil dessen darstellen, was einst vorhanden war.

    Vlt. solltest du dem Archivar dort einen Scan deines Briefes zukommen lassen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • der Waffenstillstand doch wenigstens den Trost, daß du mich in den nächsten 6 Wochen zum Mindesten nicht den Gefahren des Krieges ausgesetzt weißt; missen werden wir uns aber doch müssen, denn ich kann mir kaum denken, daß wir jetzt in die Garnison zurückkehren; und – wird´s dann auch Frieden werden? wird Preußen in seinem gerechten Uebermuth nicht grausame, unannehmbare Bedingungen machen? Wird dann nicht vielleicht Frankreich interveniren und aus dem deutschen ein europäischer Krieg werden?

    Hallo Ihr zwei,

    mikrokern: Glückwunsch zu dem tollen Brief mit spannender Zeitgeschichte, es ist immer wieder eine Freude in solche Briefe zu schauen und damit einen konkreten Blick in die Geschichte zu werfen :)
    Schön, dass er in Deiner Sammlung ist, dort hat er den richtigen Platz gefunden und wird nun durch Deine Nachforschungen richtig behandelt-Nochmals meinen Glückwunsch zu der Rosine!

    Nur gut für unseren Herrn Major und seine Gattin, dass seine Befürchtungen sich 1866 noch nicht erfüllten, den aufziehenden Krieg Preussens den er kommen sah gab es ja dann 1870.

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo,
    die Beförderungsdauer dieses Briefes von Halberstadt nach München betrug statt regulär 1-2 dem Kriegsgeschehen in Bayern im Sommer 1866 geschuldete 8 Tage. Am 25.7. aufgegeben, erreichte er München erst am 2. August.
    Theoretisch hätte es mehrere Möglichkeiten der Instradierung gegeben:

    Zunächst über Hof-Bayreuth, aber Hof wurde am 23.7. und Bayreuth am 28.7. von Truppen des II. preußischen Reserve-Armee-Corps besetzt; zudies fand bei Seybothenreuth, wenige Kilometer von Bayreuth, am 29.7. das letzte Gefecht in diesem Krieg statt. Die Eisenbahnverbindung zwischen Leipzig und Hof wurde erst am 2.8. wieder für den regulären Zivilverkehr freigegeben. Auch die Alternative über Kreiensen-Kassel-Eisenach bzw. die Thüringische Bahn Halle-Erfurt-Eisenach und von da via Coburg hätte die Passage von Bayreuth bedeutet. Die Eisenbahn ab Bayreuth nach Weiden wurde erst am 5.8. wieder eröffnet:
    Neue Würzburger Zeitung (7.8.66): „(München 5. Aug.)…Aus zuverlässiger Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß der Bahn- und Telegraphenverkehr auf der bayer. Staats- und Ostbahnlinie heute wieder eröffnet ist, mit Ausnahme der noch unterbrochenen Strecke von Hochstadt nach Hof und von Weiden nach Bayreuth, deren nächstige Inbetriebsetzung um so weniger zu bezweifeln ist, als der Hr. Handelsminister v. Schlör sich zur Behebung der noch bestehenden Hindernisse behufs persönlichem Vernehmens mit den Armeeoberkommandos nach den fränkischen Provinzen begeben hat.“

    Aber auch der Abschnitt Würzburg-Nürnberg der Linie Frankfurt-Nürnberg-München stand Ende Juli nicht zur Verfügung. Nürnberg wurde am 31.7. und Würzburg am 2.8. von preußischen Truppen besetzt; an diesem Tag trat auch der allgemeine Waffenstillstand zwischen Preußen und den verbündeten süddeutschen Staaten in Kraft. Die Leitung über Kassel-Frankfurt-Würzburg-Nürnberg war ab Aschaffenburg noch nicht möglich, wie aus der Heidelberger Zeitung vom 3.8. ersichtlich ist:
    „München (31. Juli, Abends) Die Telegraphenverbindung mit Nürnberg ist unterbrochen, die Preußen sind daselbst eingerückt. Die Eisenbahnzüge fahren nur noch bis Gunzenhausen.“ Damit scheidet diese, in Friedenszeiten wohl den Standard-Leitweg darstellende Möglichkeit aus, und damit auch die Spedition von Eisenach über Coburg-Bamberg-Nürnberg.

    Die einzige gangbare Option war m.E. Leitung ab Frankfurt über Darmstadt-Heidelberg-Stuttgart-Ulm nach München. Auch hier gab es Ende Juli 1866 Engpässe:
    Neue Würzburger Zeitung (25.7.66): “(Heidelberg, 23. Juli)…Die Verbindung mit Darmstadt ist fortwährend offen und wird durch Postwagen in früherer Weise unterhalten; auch soll Hoffnung vorhanden sein, daß die Postverbindung mit Frankfurt selbst in den nächsten Tagen wieder stattfinden wird.“
    Allgemeine Zeitung, Augsburg (3.8.66):“(Heidelberg 1. Aug.) Nach einem von der preußischen Verwaltung in Frankfurt ausgegebenen Fahrplan gehen von heute an wieder regelmäßige Personenzüge auf der Main-Neckarbahn zwischen Frankfurt und Darmstadt; weiter südwärts ist die Bahn zur Zeit noch nicht fahrbar wieder hergestellt, was indessen bald der Fall sein dürfte.“

    Somit dürfte die verlängerte Beförderungsdauer auf immer noch bestehende Engpässe bei der Abfertigung in Frankfurt bzw. Weiterleitung nach Süden bis Heidelberg zurückzuführen sein.

  • Lieber mikrokern,

    ein formidables Briefchen, das du zum Ausrufpreis und damit sehr moderat schnappen konntest - da hat man in der Bucht wohl kollektiv geschlafen (von dir/uns abgesehen).

    Schön, dass er bei dir gelandet ist - eine längere "Verweildauer", um von A nach B zu kommen, kenne ich aus dem Krieg nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber mikrokern,

    ui - hätte nicht gedacht, dass es noch länger geht. Wenigstens haben wir jetzt die beiden längsten Transportdaten hier im Thread untergebracht. Und den nächsten ahne ich bereits ... ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    diesen Geschäftsbrief von Schwerin ins badische Rauenberg bei Wiesloch konnte ich dank des lieben @bayern klassisch´s Zurückhaltung äußerst günstig erwerben.
    Der Portobrief, der den Empfänger 12 Kr. kosten sollte, wäre in Friedenszeiten via Hannover-Kassel-Frankfurt-Darmstadt-Heidelberg befördert worden und hätte dafür max. zwei Tage benötigt.
    So lief er nach Aufgabe in Schwerin am 19. Juli 1866 mittels Eisenbahn Berlin-Hamburg wohl von Hannover über Köln-Koblenz-Bingerbrück nach Mainz, von wo aus er durch TuT´sches Gebiet und die bayerische Pfalz via Ludwigshafen nach Karlsruhe (Durchgangsstempel 22.7.) ging, um von dort mittels der badischen Bahnpost wieder nach Norden Richtung Heidelberg gefahren zu werden und den Empfänger in Wiesloch am selben Tag erreichte.
    Der Grund für die Umleitung unter Vermeidung der Strecke Frankfurt-Darmstadt-Heidelberg liegt in der angespannten militärischen Situation nach Einzug der Preußen in Frankfurt am 16.7. und Besetzung von Darmstadt am 18.7.
    Nach folgenden Zeitungsberichten stand die Verbindung von Frankfurt nach Süden an diesen Tagen nicht zur Verfügung:
    Heidelberger Zeitung (18.7.66): „(Heidelberg, 17. Juli) Die heutigen Nachrichten über die kriegerischen Vorfälle am Main sind sehr dürftig, da die Eisenbahn zwischen Darmstadt und Frankfurt unfahrbar ist, daher auch Zeitungen und Briefe von da heute ausgeblieben sind…
    Neue Würzburger Zeitung (19.7.66): „(Darmstadt, 17. Juli) Die Frankfurt-Darmstadter, sowie die linksmainische Bahn ist unfahrbar gemacht. Um Mitternacht zogen die hier einquartierten Württtemberger südwärts ab.
    Heidelberger Zeitung (20.7.66): „(Heidelberg, 19. Juli) Auch heute sind sämmtliche Briefe und Zeitungen aus Frankfurt und dem Norden nicht eingetroffen.; die Main-Neckar-Bahn ist bekanntlich seit gestern unfahrbar, auch soll die Eisenbahnbrücke über die Weschnitz bei Weinheim gesprengt worden sein.
    Erst Tage später begann eine zögerliche Wiederherstellung der Postverbindung:
    Neue Würzburger Zeitung (25.7.66): “(Heidelberg, 23. Juli)…Die Verbindung mit Darmstadt ist fortwährend offen und wird durch Postwagen in früherer Weise unterhalten; auch soll Hoffnung vorhanden sein, daß die Postverbindung mit Frankfurt selbst in den nächsten Tagen wieder stattfinden wird.
    Im Briefinhalt wird an einer Stelle auf die kriegsbedingten logistischen Engpässe eingegangen: "Sobald die Bahn-Verbindung wieder hergestellt sind, bitten wir uns ... zugehen zu lassen."
    Unter diesen Umständen kann es als eine beachtliche Leistung der beteiligten Postverwaltungen angesehen werden, die Briefbeförderung innerhalb von nur 3 Tagen bewerkstelligt zu haben.

  • Lieber mikrokern,

    schön, dass er für einen lächerlichen Betrag bei dir gelandet ist - ganz sicher die richtige Sammlung für ihn.

    1866er Briefe von MS dürften handverlesen sein. Briefe von MS nach Baden sind handverlesen. Da ahnt man, wie häufig 1866er Kriegsbriefe nach Baden sein müssen ... jedenfalls ahnten wir es. ;)

    Die Leitung eines Kriegsbriefes über die Pfalz dürfte wahrlich ein Unikat darstellen - dazu ist der Brief wunderschön. Er wurde wohl auch wegen der Kriegsumstände nicht frankiert, weil man sicher gehen wollte, dass er überhaupt im weit entfernten Baden ankam und bei frankierten Briefen war dies nicht sicher (jedenfalls dachten einige Korrespondenten so in dieser Zeit).

    Interessant wäre es, die politische Lage von MS hier kurz zu erörtern, denn eine Leitung über Preußen war ja die einzig mögliche.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Interessant wäre es, die politische Lage von MS hier kurz zu erörtern, denn eine Leitung über Preußen war ja die einzig mögliche.

    Lieber bayern klassisch,


    das ist hier schnell abgehandelt:
    das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin befand sich von Anfang an auf preußischer Seite, womit ein Einfluß des Kriegs auf die Leitung der Briefpost durch Preußen ausgeschlossen wird. Der Regent, Herzog Friedrich Franz II, war dann auch Oberbefehlshaber des II. preußischen Reserve-Armee-Korps, das von Leipzig am 19.7. Richtung Bayern aufbrach, um eine zweite Front zu schaffen und für den Fall von Besatzungsaufgaben bereitzustehen (wozu es im August dann ja auch kam).

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    vielen Dank für die Info - dann hat also der Feind geschrieben, wenn man so will.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Na ja, "Feind" ist so ne Sache...
    Niemand, egal auf welcher Seite, wollte den Krieg. Der war Bismarcks und Moltkes politischem und militärischem Kalkül entsprungen und wurde bei der Bevölkerung von Anfang an als "unseliger Bruderkrieg" angesehen. Man hatte Freunde und Verwandte auf der jeweils anderen Seite, und Geschäftspartner sowieso. Insofern wurde der Krieg - und das ist auch an Briefinhalten belegbar - als Unglück angesehen bzw. nicht thematisiert (und schon gar nicht glorifiziert), sondern in der Regel der Hoffnung auf ein baldiges Ende Ausdruck verliehen und in Geschäftsbriefen häufig eben die zum Erliegen gekommenen Verkehrsverbindungen beklagt. Allen war klar, dass der Krieg ein rasches Ende haben würde und man mit der unbedingten Weiterführung bestehender Geschäftsbeziehung rechnete.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • ... vielen Dank für die Schilderung der Zeitumstände und der Gedanken der Zeitzeugen - so wird es gewesen sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo, hier mal etwas aus dem 66er Krieg, insbesondere zu Königgrätz und zur Cholera:

    Absender dieses Briefes ist ein Feldwebel Götze, er gehörte der 5. Kompanie des 27. Infanterie-Regiments an.
    Abgestempelt ist der Brief am 22.8. (1866) mit dem Feldpoststempel K.P.FEDLPOST. IV. ARMEE CORPS.
    Adressiert ist der Brief an Herrn Werner Grona zu Halberstadt, Ausgabestempel 25.8. Ausgabe 5.

    Der Inhalt:
    Euer Wohlgeboren beehre ich mich auf das geehrte Schreiben vom 7. August an meinen Herrn Hauptmann gerichtet, zu benachrichtigen, daß der Gefreite Lange sich recht und munter befindet, auch ist derselbe wegen sein sehr gutes Verhalten bei allen Gefechten vom 15. d. Mts. zum Unteroffizier befördert. Der Unteroffizier Lange war vor 3 Wochen an der Cholera erkrant und ist diese Krankheit jedoch mit 3 Tagen, da er sich sehr gut heilt, beseitigt.
    Mein Herr Hauptmann konnte Ihr Briefchen nicht selbst beantworten da er sich gegenwärtig, verwundet am 3.Juli Schlacht bei Königgrätz, in Görlitz befindet, weshalb ich von ihm den Auftrag Ihnen den Brief zu beantworten schriftlich erhielt.

    Namiest, den 22. August 1866
    Ergebenst Götze
    Feldwebel der 5. Kompanie, 2ten Magdeburgischen Infanterie-Regiment No. 27.

    Während des Preußisch-Österreichischen Kriegs (1866) brach die Cholera-Seuche im preußischen Heer aus und kostete 3139 Soldaten das Leben. Nehmen wir an, der Unteroffizier Lange lag zwischenzeitlich in Quaratäne im Böhmischen Schloß in Namiest und wurde einige Tage später, hoffentlich gesund, entlassen.

    Ist doch immer wieder erstaunlich, was man aus dem Schriftverker alles erfahren kann.
    Gruß Taxis 107

  • Während des Preußisch-Österreichischen Kriegs (1866) brach die Cholera-Seuche im preußischen Heer aus und kostete 3139 Soldaten das Leben.

    Hallo Taxis107,
    vielen Dank fürs Zeigen dieses Feldpostbriefs aus dem 66er Krieg in Böhmen.
    Handelt es sich bei der Aussage von 3139 gestorbenen preußischen Soldaten um ein Zitat (Quellennachweis?)? Oder woher stammt diese präzise Angabe?

    Beste Grüsse vom
    µkern