Der Deutsche Krieg 1866

  • Lieber bayern klassisch,
    zunächst noch herzlichen Dank für die "Vermittlung" des Briefes, der meiner Aufmerksamkeit sonst wohl entgangen wäre... ;)
    Weniger der fehlende Ankunftsstempel der Fahrpostbeförderung nach Bayern irritiert mich, als die vollständige Absenz irgendeines Durchgangs- oder Ankunftsstempels der Rückspedition:
    Ich gehe davon aus, dass der Brief auf dem Weg nach Rietenau mit der Brief- und nicht Fahrpost befördert wurde, da der "Wertanhang" ja nun nicht mehr gegeben war. Aber es gibt weder einen bayerischen PE- oder württembergischen Feldpost-Aufgabestempel, noch einen Stempel, der die Übergabe an die zivile württemb. Post bestätigt. Und auch der Ankunftsstempel aus Backnang ist nicht vorhanden.
    Ungewöhnlich, oder?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    in wessen Sammlung würde er besser passen, als in deine?

    Ich glaube nicht, dass er jemals mit der Briefpost befördert wurde. Wenn er - gegen Quittierung - zugestellt wurde, dann lief er auch mit dem gleichen Postdienst wieder retour. Es wäre möglich, dass man ihn buchhalterisch als Retourbrief behandelt hat. Ein Porto war nicht anzurechnen und er konnte mit der nächsten Briefkarte wieder zurück gereicht werden, ohne dass es eines Kommentares bedurft hätte. Aber wirklich wissen kann man das alles nicht ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    ... und noch eine Frage an die Fahrpostexperten hier im Forum:
    stellt der vorderseitige Rötelvermerk "35" das Porto für den Geldbrief dar? Wie setzt sich der Betrag zusammen, und wer musste dafür aufkommen? Hoffentlich nicht unser Soldat Ringraf, der eh kaum Geld hatte...
    Oder waren Geldsendungen unter der "Feldpost"-Franchise sowieso komplett kostenfrei? Warum dann der Rötelvermerk?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo mirkokern

    ich habe gestern "die Frage" zum Brief weitergegeben und warte auf Antwort.

    Die rote 35 kann keine Taxierung sein, denn bei 2 Gulden 30 Kreuzer wäre im DÖPV zu dieser Zeit nur 2 Kreuzer Einzahlungsgebühr angefallen. Der Rest von 33 "Kreuzer" wäre die Fahrposttaxe + eventuelles Bestellgeld.

    Der Maximalsatz von 21 Kreuzer Mindest-Fahrposttaxe würde eine Versendung bei über 32 Meilen entsprechen. Geht man extrem vor und stellt sich die Frage, wie weit wäre den eine Versendung mit 33 Kreuzer Fahrporttarif möglich.
    Dazu ist dann folgende Rechnung zu machen:
    7/12 Kreuzer je angefangenes Pfund von 4 zu 4 Meilen ist hier zugrunde zu legen, also 33 * 12 / 7 = 56,57.... Entfernungsstufen (1 Entfernungsstufe = 4 Meilen). Der Nachkommawert ist zu streichen und das Ergbnis von 56 mit 4 zu multipizieren. Damit wäre also eine Strecke von minimal 220 - maximal 224 Meilen bezahlt. Ich habe keine Ahnung, ob solche Entfernungen überhaupt möglich wären. Selbst bis zur preussisch/russischen Grenze - Laugszargen sind es nur 150 Meilen....)

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

    P.S. doppelt korrigiert - weil Angaben nicht stimmten :(:(:(

    2 Mal editiert, zuletzt von Magdeburger (6. November 2011 um 19:19)

  • Hallo Madgeburger,
    vielen Dank für die "theoretische" Betrachtung und Analyse einer 35-Kreuzer-Taxe.
    Aber vielleicht handelt es sich gar nicht um einen Taxbetrag, sondern um eine Manualnummer o.ä., also eine Art laufende Nummer in der Briefkarte für die Sendung, die ja nicht nur über zwei Staaten hinwegging, sondern auch von ziviler zu Feldpost umkartiert wurde...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern, lieber Magdeburger,

    ich meine mich erinnern zu können, dass dergleichen Briefe kostenlos abzusenden waren, wenn die Soldaten im Felde standen. Die 35 sollte dann eine Nummer sein, die die Aufgabe-, oder Abgabepost notierte. Auch die Zustellung war gratis, denn von der Feldpost wahrgenommen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammelfreunde

    kurz zur Antwort des Sammlers, wo wir uns denke ich alle einig sind.
    Danach ist die Sendung innerhalb Württembergs portofrei. Die notierten Zahlen werden somit alles Manualnummern sein.

    Die rote 35 hat jedenfalls Bezug zum Einzahlungsbetrag. Der eingezahlte Betrag war ja dem ausgebenden Postamt gutzuschreiben. Der Brief wurde möglicherweise auch deshalb doppelt erfaßt...

    Wohin der Brief ging, kann ich auch nicht sagen. Zumindestens muss es einen Standort des Regiments gegeben haben und die "Post" sollte dies zu mindestens wissen.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Liebe Freunde,

    ich denke wir sind uns alle einig, dass er nichts gekostet hat - danke lieber Magdeburger für deine Mühewaltung. Bei der Feldpost war eine Ortsangabe nicht notwendig, weil die Feldpost wusste, wo welcher Truppenteil locirt war. Die Absender wußten dieses natürlicht nicht und brauchten/konnten es daher auch auf den Briefen nicht vermerken.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ich meine mich erinnern zu können, dass dergleichen Briefe kostenlos abzusenden waren, wenn die Soldaten im Felde standen.

    Lieber bk,

    man muß wohl davon ausgehen, daß es keine einheitliche Regelung für alle Postvereinsstaaten gegeben hat, zumindest habe ich keine solche gefunden. Somit dürften entsprechende Vorschriften jeweils in den verordnungen der Einzelstaaten zu finden sein.

    Die sächsische Feldpost beförderte solche Sendungen portofrei. Leider kenne ich keinen entsprechenden Beleg, der von vereinsländischen Postanstalten befördert oder zugestellt worden ist.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,

    ein toller Beleg - traumhaft! :P

    Innerbayerisch war das geregelt (über die Portofreiheit). Aber ich kenne keine VO, die bei vereinsländischen Fällen gegriffen hätte. Auf der anderen Seite wäre es ja völlig absurd, wenn man verbündete Truppen (Württemberger), die auf bayerischen Territorium für den Erhalt Bayerns kämpften, mit einem Porto belastet haben würde.

    Vlt. findet mal ein Badener, Taxiskenner oder Österreicher eine diesbezügliche Bestimmung.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber mirkokern,

    die 35 und die Anstreichung des Einzahlungsbetrages sind mit gleichem Stift gemacht worden - deshalb ist der Bezug da.

    Lieber Altsax,

    Du zeigst einen schönen Wertbrief, nur was bedeutet dann die 3 wenn er portofrei lief?

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Magdeburger und Altsax,

    könnte man annehmen, dass die Briefe (sächsische und württembergische) als Feldpostbriefe bei der Auf- wie Abgabe also komplett frei waren, und die jeweiligen Rötelvermerke ("35" bei meinem und "3" bei Deinem) nur Angaben von Manualnummern bzw. laufenden Nummern in den Briefkarten sind?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    die sächsische Post vermerkte die Manualnummern in schwarzer Tinte, wie auf meinen beiden Briefen auch geschehen. Die Blaustift "3" hat ganz den Charakter einer Taxierung. Sie findet sich in ähnlicher Form auch auf den weiteren vier mir bekannten mit der Feldpost beförderten Geldsendungen. Da die versandten Beträge zwischn 2 und 400 Thalern betragen, die Ziffer aber gleich bleibt, kann es sich nicht um Porto handeln. Die Bestellgebühr war für portofreie Feldpostsendungen im Jahre 1866 explizit abgeschafft worden. Sie hätte bei Geldsendungen auch nicht 3 sondern 6 Pfg. betragen.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax

    kann es ausgeschlossen werden, dass die 3 keine (Fehl-)Taxierung ist?

    Lieber mirkokern

    ich möchte mal ein wenig "spinnen". Die 35 hat meineserachtens einen direkten Bezug zum eingezahlen Betrag. Die 35 ist durch 2,5 teilbar und vielleicht ist dies die Gesamtsumme in Gulden, welche für 14 Soldaten der Stadt zur Verfügung gestellt wurden. Ich weis, es ist weit hergeholt.

    Wahrscheinlicher ist hier, dass es eine Nummer bei der Registrierung ist, einerseits gab es sicherlich Einnahme- und Einlieferungsbücher in den Postämtern für derartige Sendungen. Am Ende des Tages mußten die Einnahmen sicherlich komplett in Kassenbüchern aller Expeditionen abgerechnet werden.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • kann es ausgeschlossen werden, dass die 3 keine (Fehl-)Taxierung ist?

    Lieber Ulf,

    grundsätzlich sollte man Fehltaxierungen nie ausschließen, aber auf 6 Briefen in jeweils gleicher Weise???

    Möglicherweise muß man die Ursache für diese Dreien bei der österreichischen Post suchen. Schließlich befanden sich das sächsische Feldpostamt sowie die beiden Feldpostexpeditionen spätestens ab Juli 1866 ausschließlich auf österreichischem Staatsgebiet. Es mag etwas weit hergeholt klingen, aber denkbar wäre es, daß die österreichische Post für Geldbriefe eine Art von Versicherungsgebühr o.ä. forderte.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Hallo,
    der hier gezeigte Brief erschliesst sich nicht auf den ersten Blick als „66er-Krieg“-relevant.
    Man muss schon die militärischen Ereignisse der Tage Mitte Juli 1866 genau studieren, um einen Bezug zwischen postalischer Behandlung des Briefes und Einfluss des Krieges darauf herstellen zu können.
    Hier meine Sicht der Dinge:
    Am 11. Juli 1866 schrieb die Fa. Heinemann in Burgsinn eine Bestellung über eine Kaffeelieferung an die Fa. Leineiker in Würzburg.
    Am 10. Juli hatten die Gefechte zwischen Preussen und Bayern an der fränkischen Saale um Kissingen, die mit bayerischen Niederlagen endeten, stattgefunden. Insbesondere waren die preuss. Division Goeben bei Kissingen und die Division Beyer bei Hammelburg an den Kämpfen beteiligt.
    Für die darauf folgende Strategie des Oberbefehlshabers der Main-Armee, General von Falckenstein, war nun die am Abend des 10. Juli erhaltene Nachricht über Friedensverhandlungen zwischen Preussen und Österreich, das ja eine Woche zuvor die schlimme Niederlage bei Königgrätz erlitten hatte, massgeblich für die Planung weiterer Aktionen. Da anzunehmen war, dass auch die süddeutschen Regierungen Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufnehmen würden, schien es auf der Basis des „uti possidetis“ erstrebenswert, möglichst die ganze Mainlinie in den Bereich der preuss. Machtsphäre zu bringen. Deshalb wurde die Division Manteuffel beordert, ein Ablenkungsmanöver durchzuführen, indem sie den sich Richtung Schweinfurt zurückziehenden bayerischen Verbänden nachsetzen sollte, allerdings ohne sich auf grössere Gefechte einzulassen. Unterdessen sollte die Division Goeben von Kissingen über Hammelburg nach Gemünden am Main marschieren, um über Lohr nach Aschaffenburg zu gelangen.
    Die Division Beyer, die nach dem Gefecht von Hammelburg dort stehen geblieben war, sollte am 11. Juli über Fellen und Orb nach Gelnhausen marschieren.
    Am 12. Juli hatten die Soldaten der Division Goeben Gemünden erreicht, von wo alles Gepäck auf Kähne verladen und mainabwärts befördert wurde. Noch in der Nacht hatten die Truppen Lohr erreicht und sollten bereits in den beiden folgenden Tagen die siegreichen Gefechte mit hessischen und österr. Einheiten bei Laufach und Frohnhofen bestehen.
    Die Division Beyer ging unterdessen etwas weiter nördlich über Gelnhausen nach Hanau, welches am 15. Juli erreicht wurde.

    Welche Bedeutung hat all dies für den gezeigten Brief?
    Nach den verlorenen Gefechten von Kissingen und Hammelburg am 10.7. und den darauf folgenden Bewegungen der preuss. Divisionen nach Westen musste man am 11.7. in Burgsinn davon ausgehen, dass keine normale Postbeförderung zwischen Burgsinn und Würzburg mehr stattfinden würde. Die Division Beyer kreute an diesem Tag mit ihrem Marsch nach Fellen und Orb gerade die Strecke Burgsinn-Gemünden, und letzteres war auch das Ziel der Division Goeben. Ein regulärer Transport nach Gemünden, von wo der Brief mit der Ludwigs-West-Bahn nach Würzburg gebracht worden wäre, war hochgradig unsicher geworden.
    Daher gehe ich davon aus, dass die PE Burgsinn an diesem Tag keine Post mehr abfertigte und der Brief deshalb privat nach Gemünden gebracht wurde, wo er gerade noch rechtzeitig die Eisenbahn nach Würzburg erreichte (Ankunftsstempel vom selben Tag).
    Das Datum „10.7.“ im Aufgabestempel von Gemünden führe ich auf eine vergessene Einstellung – vielleicht aufgrund der turbulenten Zustände an diesem Tag – zurück. Der Brief wurde eindeutig am 11.7. geschrieben, wie am Datum im Inhalt sowie der Absenderdatierung zu sehen ist. Wenn sich der Absender um einen Tag geirrt hätte, wäre der Brief wohl noch am 10.7. – als die Preussen noch weiter östlich kämpften - in Burgsinn aufgegeben und nicht erst per privatem Boten nach Gemünden gebracht worden.