Transit Bayern - Schweiz - Österreich oder auch nicht ...

  • Liebe Freunde,

    mit dem PV der Schweiz vom 1.10.1852 (gültig bei Österreich ab dem 1.11.1852, gültig bei der Schweiz ab dem 15.10.1852) gab es nun die Möglichkeit, günstig nach der Lombardei zu versenden und sich dabei der schnelleren und sichereren Route über die Schweiz zu bedienen. Hierfür verlangte die CH von den Postvereinsstaaten 1 Sgr. bzw. 3 Kr. hin wie her, die hälftig von den beteiligten Postverwaltungen zu zahlen waren.

    Der 1. Brief aus Augsburg von 1856 zeigt das Verfahren gut, denn die frankierten 12 Kr. deckten das Franko des Postvereins über 20 Meilen mit 9 Kr. und die Transitkosten für die CH von 3 Kr. ab.

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    Die Postlaufzeit betrug 3 Tage, was sehr schnell war.

    Aber es ging zur gleichen Zeit auch anders, nämlich über Österreich nach Österreich (Lombardei), wenn mir dieser Ausdruck gestattet sei.

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    Derselbe Absender sparte nun 3 Kr. Transitkosten und gab nun den Weg über Österreich vor, obwohl das 1853 (Briefdatum) schon möglich war. Angst vor Neuerungen?

    Jedenfalls werden die 12 Kr. Briefe ob ihrer postgeschichtlichen Besonderheit (DÖPV - CH - DÖPV), die von Okt. 1852 bis Sommer 1859 (piemontesischer Krieg) möglich waren, hoch eingeschätzt, die "simplen" 9 Kr. Briefe gleicher Korrespondenten aber abfällig angesehen und niedrig bewertet. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich aber sagen, dass dies nicht der Fall sein sollte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber VorphilaBayern,

    es war ein normaler Postvereinsbrief der 2. Gewichtsstufe, der vom Aufgabe- bis zum Zielort auch hätte über die Schweiz laufen können. So machte er einen erheblichen Umweg, war aber 2 mal 3x günstiger, was auch viel Geld war.

    In Augsburg war man wohl der Ansicht, es wäre ein Brief nach Italien, statt nach der Lombardei, denn Postvereinsbriefe durften keinen P.D. - Stempel erhalten. Ihn zu streichen hat man wohl vergessen oder hielt es nicht für wichtig.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (10. März 2012 um 17:28)

  • ...aber ein richtig tolles Bild gibt der Beleg ja schon ab. :thumbup:

    So was wollte ich auch - endlich mal - in meiner Sammlung begrüßen dürfen.

    Ebenfalls Dank für`s zeigen + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Sammlerfreunde,

    ich denke, daß die Postexpedition in Augsburg den Postvertrag
    Österreich - Sardinien vom 28.9.1853 zum 1.1.1854 (Bilder 1 - 5)
    zur Hand nahm und nach ihm taxierte. Domodossola wurde aufge-
    führt mit einer sardinischen Taxe von 4 Kr.rh. für den einfachen
    Brief. Nach allen übrigen Postanstalten in Sardinien, die nicht auf-
    geführt sind, waren 8 Kr.rh. zu entrichten. Also war nach Auffas-
    sung der Post in Augsburg das Franko 17 Kreuzer. Ich denke, auf
    Grund des fehlenden freien Platzes auf dem Brief, klebte man statt
    3 Marken (6 + 1 + 1 Kreuzer), die 9 Kreuzer Marke. Nach dem Post-
    vertrag war auch der "P.D." Stempel vorgeschrieben. Ich hoffe, mit
    meinen Mutmaßungen richtig zu liegen.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Vorphila Bayern,

    spät, aber doch, vielen Dank für deine Mühewaltung - so wird es gewesen sein.

    Heute zeige ich kein Unikum, oder vlt. doch? Es ist ein Brief aus Augsburg nach Mailand vom 1. Oktober 1853 (ja, ja, 1852 wäre noch VIEL besser gewesen), der unter Recommandation abging. Nun sind dergleichen Briefe ja zu Hunderten bekannt, aber so einen kenne ich nur einmal unter Chargé und nur zwei weitere Male unrecommandirt.

    Aber nur wegen der Recommandation kann ich nun etwas beweisen, was ich zuvor nur hätte vermuten können.

    Die Spedition von schwäbischen Briefen in das Königreich der Lombardei war möglich über die Schweiz für 3x je einfachen Briefes im geschlossenen Transit, also immer 9 + 3 = 12x im Frankierungsfall, bzw. bei der Umgehung der Schweiz für 9x über Innsbruck als reiner Postvereinsbrief. Beide Varianten habe ich hier schon gezeigt.

    Dieser hier war ganz offensichtlich für die Leitung über Innsbruck vorgesehen, denn unter "Milano" setzte man von Absenderhand "via Innsbruck". Diesem Wunsch kam man nicht nach. Wie siegelseitig eindeutig hervor geht, sandte man ihn statt über München - Innsbruck - Mailand nach Lindau, von wo aus nur die Leitung über die Schweiz möglich war. Dies wusste man aber und notierte daher "noch 6", denn für die Leitung über die CH war er natürlich unterfrankiert.

    Bei recommandirten Briefen gab es 1853 keine Briefkasten - Unterfrankaturen, da der Brief ja im Postlokal der Augsburger Filialpost in der Stadt (Zweikreisstempel) angenommen, gewogen, taxiert, ein Schein gezogen und die Scheinnummer auf dem Brief vermerkt werden musste. Die Augsburger Post ließ den Absender also absichtlich ins Leere laufen. Der Empfänger hatte 6x CM zu zahlen, die Bayern erhielt. Obwohl nur 3x für den CH - Transit fehlten, erachtete die bayer. Post ihn als ganz unfrankiert, wodurch er 9x und 3x Portozuschlag und 3x Transit kostete, also 15x. Dazu kam noch die Reco - Gebühr von 6x, die aber vom Absender bar entrichtet wurde und hier keinen Einfluss auf das Geschehen hatte.

    Das angebrachte liegende X wurde dann auch, wie damals üblich, verwischt und mit noch 6 überschrieben. Für die Fans des lustigen Stempels unter uns: Bitte den Lindauer Zweizeiler beachten - dort wurde das Jahr falsch gesetzt und 1835 gestempelt - ja, viel mehr konnte kaum schiefgehen. Es ist aber ein Beweis, dass man Stempelaten nicht trauen soll/kann, genau wie auch Absenderdaten nicht immer stimmen müssen (vor allem im Januar und Februar eines Jahres!).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    wie die Faust aufs Auge passte heuer bei Köhler der folgende Brief, den ich unbedingt haben musste.

    Geschrieben wurde er am 12.2.1853 in Augsburg und wie wir wissen, sollten die schwäbischen Korrespondenten ihre Post in die Lombardei über die Schweiz schicken, wofür dann 3x Transitfranko für die CH zu kleben waren.

    Der Absender wollte sich aber eben diese 3x sparen, klebte daher folgerichtig nur 9x statt deren 12x und vermerkte, damit es auch der letzte Postler sah, "Per Innsbruck". Die Aufgabepost hatte allen Absenderangaben zu folgen, wenn diese finanzielle Auswirkungen hatten. Hier ignorierte man dies und taxierte mit 6x CM nach, da man wie folgt rechnete: 9x Franko, 3x CH - Transit, nur 9x total frankiert, daher als unfrankiert angesehen, somit 9x für Bayern, 3x Portozuschlag für Bayern und 3x für den CH - Transit. Von diesen 15x zog man den Wert der Marke ab und kam folgerichtig auf 6x CM Nachporto in Mailand. Auch das Streichen von Leitwegen durch die Aufgabepost war nicht legitim, wenn ein Brief hierfür korrekt frankiert worden war.

    Irgendwann muss man sich aber eines besseren besonnen haben, denn man strich die an und für sich falschen 6x und leitete ihn, wie es richtig war, über Innsbruck als reinen Postvereinsbrief, wie die Siegelseite zeigt.