Eingeschriebene Briefe

  • Hallo Dieter,

    ja, das liegt auf der Hand, das kann nach Lage der Dinge dann nur so gewesen sein, dass das Rötel noch in Winnweiler angebracht und das in blauem Wachsstift in Münster am Stein. Ich habe aber immer noch so meine Schwierigkeiten damit, dass die Aufgabepost in Bayern das schon in Sgr umgerechnete Weiterfranco an die Reichspost angeschrieben hat. Aber Ralph hat ja schon oft geschrieben, dass immer in der Währung der Abgabepost zu rechnen war, wenn man hier die Abgabepost als diejenige zur Weiterleitung an die USA versteht.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    ich vermute wie Stephan, daß der Brief aus einem uns nicht bekannten Grund in Winnweiler liegen blieb und das Datum am 3.8. handschriftlich korrigiert wurde. Am nächsten Tag war er dann im 26 km (Luftlinie) entfernten Bad Münster am Stein. Vermutlich ging es auf der Strecke der heutigen B 48 über Rockenhausen und Alsenz in Richtung Norden.

    viele Grüße

    Dieter

  • Hallo Dieter,

    dann müssten allerdings alle Rötel- und Blauvermerke in Winnweiler und dies von unterschiedlichen Expeditoren angebracht worden sein, oder ?

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim , Hallo Dieter,

    herzlichen Dank für Eure Rückmeldungen. Ich habe noch einmal in meiner Sammlung nachgeschaut und einen anderen Charge-Brief von 1874 gefunden auf dem auch mit Rötel und blauem Wachsstift Vermerke gemacht wurden. Siehe unten.

    Die Postexpedition Winnweiler war zu der Zeit im Ort Winnweiler (ca. 600 m entfernt vom Bahnhof). Es gab schon seit dem 16.5.71 eine Eisenbahnverbindung Winnweiler - Münster am Stein. Ein Bahnhofspostamt gab es nicht.

    Kann es sein, daß ein Postbeamter im Zug die Vermerke (inkl. Änderung im Halbkreisstempel) mit blauem Wachsstift gemacht hat, weil er vielleicht erst am 3.8. den Brief in den Zug bekommen hat? Waren die Zahlen 52 und 8909 auf dem Brief vielleicht Nachweise für die Übergabe des Briefes auf die Zugstrecke? Oder es war der bayerische Postbeamte, der vor der Übergabe des Briefes in Münster am Stein an die preußische Post die blauen Vermerke gemacht hat? Denn die preußische Post hat ja dann mit dem Stempel zum 4.8. die Annahme der Post bestätigt.

    Viele Grüße

    Stephan

  • Hallo Stephan,

    ich gehe einmal nach dem Ausschlussprinzip vor. Wenn man die besagten Nummer-Notierungen im Bereich des (hinlänglich) postalischen ansiedeln müsste, worauf schon einiges hindeutet, dann kommen vier Aspekte in Betracht:

    1. Postaufgabeschein

    2. Briefkarte

    3. Bahnpost

    4. Chargé-Nummer

    ad 1: Das Standart-Formular des Post(aufgabe)scheins der Zeit besagt, dass heute zur Beförderung eingeliefert wurde und war mit einer Nummer versehen. Das "heute" kann im vorliegenden Fall nach drei Tagen zwar nicht mehr stimmen. Aber warum sollte man dann nachträglich die Nummer des Postaufgabescheins geändert haben (müssen) ?

    ad2: Die Briefkarte für den Kartenschluß Winnweiler - Münster am Stein (preuss. Rheinprovinz) war vorliegend schon einen Tag nach der Annahme Vergangenheit und hat danach - definitiv - nicht mehr gestimmt. Dem Oberpostamt (OPA) in Speyer waren die Briefkarten zur Revision abzuliefern und da musste alles exakt stimmen. Ergo musste das Reco aus der Briefkarte vom 31.7 annulliert und auf die Briefkarte vom Aufgabetag 3.8 übertragen werden. Wenn die Briefkarten durchnummeriert waren, dann wird man bei der PE Winnweiler auf eine neue hat übertragen haben müssen. Jetzt kann man natürlich aber dagegenhalten, dass das Reco überhaupt erst am 3.8. auf eine Briefkarte gekommen ist.

    ad3: Ich habe zunächst noch keinen Beleg wahrgenommen, auf dem von der Aufgabepost - aus bestimmten Grund - ein Bahnpostkurs notiert worden ist. Der PE Winnweiler kann der auch ziemlich egal gewesen sein. Sie übergab der Bahn die Beutelfahne mit Sendungen zur Weiterbeförderung Richtung Münster am Stein letzendlich erst am 3.8. Dort wurde sie zur Weitersortierung des Briefbeutelinhalts am 4.8. zur PE Münster am Stein ausgeladen. Das Reco wurde augenscheinlich auch nicht in einen Bahnpostwagen eingeworfen, sondern bei der PE Winnweiler eingeliefert, so dass auch eine evtl. (rein) bahnpostalische Behandlung auszuschließen ist.

    ad4: Die Chargé-Nummer ist wegen der - wie auch immer - entstandenen Verzögerung im Posteinlieferungsbuch der PE Winnweiler für den 31.7 zu annulieren und in diesem Manual auf den 3.8 zu übertragen gewesen. Offenkundig wurde sie aber beibehalten.

    Ich vermag nicht darüber zu befinden, was von den 4 Möglichkeiten einschlägig oder am wahrscheinlichsten war. Deswegen erlaube ich mir auch keine abschließende Beurteilung und stehe deswegen jedwedem weiteren input selbsredent offen gegenüber.

    Sowohl für die Nachverfolgbarkeit im Verlustfall als auch für die Revision beim OPA in Speyer war aber von entscheidender Bedeutung, wann und wo das Reco (letztendlich) zur Weiterbeförderung gelangt ist.

    Ich habe übrigens Ralph gegenüber letztens angeregt, zu dem Thema Briefkarten / Kartenschlüsse einen Vortrag auszuarbeiten, denn mir ist das Procedere derer noch nicht so richtig gewahr und ich kann im Moment nur mit dem bischen arbeiten, was mir so mit der Zeit halt geläufig geworden ist.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    ein ganz großes Dankeschön :thumbup::thumbup: für diese ausführlichen Kommentare. Ich tendiere zu Deinem Punkt ad 2. Die von Dir im Beitrag # 80 beschriebene Taxierung und die "52" (als Nummer-Notierung für die Briefkarte) auf dem Brief sind beide in Rötel. Wie der Abschlag des Halbkreisstempel zeigt, erfolgte dies am 31.7. Aus irgendeinem Grund kam es aber nicht zur Weitergabe des Briefes bzw. blieb der Brief in der PE liegen, so daß erst am 3.8. der Brief die PE verließ und dies durch einen (anderen ?!?) Postbeamten der PE auf dem Brief in blauem Wachsstift dokumentiert wurde und in der Briefkarte (als Nummer-Notierung 8909) entsprechend eingetragen wurde.

    Betrachtet man den üblichen Postverkehr in Winnweiler zu dieser Zeit dann war ein Charge-Brief nach Nord-Amerika eine sehr, sehr große Ausnahme. Jetzt spekuliere ich mal ;) : Vielleicht blieb deshalb der Brief "zur Prüfung der Taxierung etc" so lange in der PE liegen.....

    Viele Grüße

    Stephan

  • Liebe Freunde,

    4stellige Reco-Ziffern gab es in Bayern nicht.

    Oben links hat Tim schon richtig gelesen 1 8/12 Groschen = 6x Weiterfranko für die USA.

    Mit großer Wahrscheinlichkeit war das ein "reclamirter Brief", also ein Brief, der schon bei der Post aufgegeben war, dann aber vom Absender zurückerbeten wurde, weil man noch etwas hinzufügen wollte und dann wurde er wieder aufgegeben.

    Keine Post der Welt hätte einen Brief tagelang in ihren Amtsräumen liegen lassen - selbst bei einem kleinen Ämtchen wie hier wäre das nach wenigen Wochen im absoluten Chaos verlaufen.

    Bei der JHV 2023 in Straubing werde ich einen längeren Vortrag zum Kartierungsverfahren Bayerns, im Postverein und mit dem Vereinsausland halten - hoffe ich ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Tim,

    die Aufgabepost hätte die Reco-Nr. in den Stempel schreiben sollen, dafür war ja die Leerstelle gedacht.

    Die 52 dürfte der Reco-Nr. der Aufgabepost nahekommen.

    Die 8909 war wohl die Reco-Nr. Hamburgs oder Bremens - dort wurden die ankommenden Recobriefe in Listen eingetragen. Diese Listen wurden dann separat mit den Briefen nach den USA geschickt.

    In den USA wurden dann neue Nummern vergeben - hier ganz sicher die 2713.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    mit dem blauen Wachsstift, mit dem die Nr. 8909 vermerkt und die rote 52 ausgestrichen wurde, wurde auch das Aufgabedatum mit 3.8. überschrieben, das kann Hamburg / Bremen m.E. so nicht gemacht haben (können). Wer aber dann ?

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... ich weiß nicht, ob die beiden Blaus von derselben Hand sind - ich glaube es eher nicht, aber egal, beweisen wird es sie eh nie lassen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...ne ne, das passt schon, jetzt wo Du es sagst, ist auch von der Schrift anders. Da muss man objektiv bleiben. Von der Logik her stand das Überschreiben des Aufgabedatums wohl nur der PE Winnweiler zu, macht dort jedenfalls am ehesten Sinn, oder ?

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... das Übermalen des Datums des Aufgabestempels kam vor, wenn auch selten (reclamirte Briefe sind ja generell mit das Seltenste, was ich überhaupt bei der Briefpost kenne, da sind Expressbriefe Massenware).

    Dazu gab es auch keine Vorschriften in den Transportordnungen - der eine hat halt nochmals mit dem aktuellen Stempel draufgehauen, der andere hat im Stempel herum geschmiert. Hier war der Brief mickrig, da war das wohl die angedachte Alternative.

    Der Versicherungsschutz galt nur bis zum deutschen Ausschiffungshafen - 24,5 Gulden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen eingeschriebenen Dienstbrief des Landcommissariats Homburg in der Pfalz an das Landgericht Weissenburg in Bayern (und nicht "Weissenburg" im Elsaß direkt an der pfalz-französischen Grenz vom31.5.1857.

    Die Aufgabepost übertraf sich mit einem herrlichen Rötelkreuz, vergaß aber die Manual-Nummer des Einschreibens auf dem Brief zu notieren. Schwerer Fehler.

    2 Tage später wurde er in Weissenburg / Bayern zugestellt.

    Dienstbriefe unter Recommandation mit vergessener Manual-Nummer sind alles, nur nicht häufig.

  • Guten Abend zusammen,

    rosa Briefpapier, rote Marke, roter Chargé-Stempel und ein durchaus sauberer Aufgabeabschlag, da kann man wohl kaum meckern. Der Brief stammt vom 19. August 1870 und sollte nach Freiburg gehen. Dass er schon einen Tag später auf der Strecke in Heidelberg war zeigt, dass sich die kriegsbedingt volatilen Verhältnisse auf der Bahn für die Geschäfts- und Privatwelt wieder einigermaßen entspannt hatten. Einzig fehlt es an einem Ankunftsstempel in Freiburg und was die in Bleistift angebrachte "3" vorne soll ist mir auch schleierhaft, sollte es in Bayern Vortaxierungen gegeben haben ?

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Morsche Tim,

    sehr schöner Hingucker - aber Vortaxierungen aus der Pfalz gab es nicht; die 3 ist für die Briefbeschreibung nicht relevant.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.