von und nach Russland nach dem Postvertrag vom 24.12.1821

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die freundlichen Kommentare.
    Ich bin auch froh, diesen Beleg erworben zu haben. Die Portofreiheit der Herrscherhäuser war zu jener Zeit in allen Ländern quasi eine Selbstverständlichkeit, aber es zu dokumentieren ist häufig gar nicht so einfach.

    Zitat

    wir haben manche Briefe, die in Museen nur schwer zu finden sind

    Vielleicht ist ja der Inhalt meiner Briefhülle schon irgendwo archiviert / ausgestellt.
    Museen interessieren sich vornehmlich für den Briefinhalt, eine Hülle mit postalischen Belanglosigkeit nimmt nur Lagerkapazität weg ...

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo,

    ich möchte einen Brief vom 26.11.1832 aus Warschau nach Brackenheim vorstellen, der seine Tücken hat.

    Dem Rötelkreuz nach zu deuten, könnte es sich um einen eingeschriebenen Brief handeln. Nach dem Postvertrag Polen-Preußen von 1827 mussten rekommandierte Briefe bis zum Bestimmungsort frankiert werden. Die bezahlten 200 poln. Groschen deuten auch darauf hin, obwohl „frei bis an die Grenze“ vermerkt wurde.

    Das polnische Franko betrug 45 poln. Groschen zzgl. 15 Groschen für den Schein ergibt 60 Groschen. Dies ergäbe ein Weiterfranko an Preußen von 140 Groschen.

    Tatsächlich wurden jedoch 132 Groschen, dies entspricht 22 Sgr., an Preußen vergütet. Das Weiterfranko von 132 Groschen würde genau passen, wenn der Brief in Polen der 2. Gew.-Stufe zugeordnet worden wäre, nämlich 45 x 1,5 = 68 Groschen.

    Preußen beanspruchte bei Briefen nach Württemberg 11 Sgr. fürden Transit. So blieben eigentlich weitere 11 Sgr. Weiterfranko für Bayern undWürttemberg übrig. Tatsächlich weitergegeben wurden dem schlecht zu lesendenVermerk unter „höchst breßant“ aber nur 6 ½ Sgr. Dies entspräche in etwa 22 Kr.

    Den weiteren Taxierungen zu folge, kann man davon ausgehen, dass Bayern an Württemberg keinen Betrag weitergab. Ich kann jedenfalls keinen entsprechenden Vermerk erkennen. Vielmehr wurde an Württemberg der bayerische Transit von 8 Kr. weiterverrechnet. Zzgl. des württembergischen Inlandportos von 4 Kr. (=12 Kr.) und des Bestellgeldes von 2 Kr. musste der Empfänger 14 Kr. entrichten.

    Freilich kann man auch eine ganz andere Meinung haben und die würde mich interessieren 

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    ein interessanter Brief!

    Ich beschreibe mal meine Überlegungen dazu:

    Sicher ist wohl:
    - das polnische Porto für die 1. Gewichtsstufe mit 45 poln. Groschen
    - die poln. Scheingebühr in Höhe von 15 poln. Groschen
    - Einschreiben mussten lt. PV bis zum Bestimmungsort freigemacht werden
    - das preußische Transitporto für die 1. Gewichtsstufe betrug 11 Sgr.
    - das bayerische Transitporto betrug für die 1. bayerische Gewichtsstufe 8 Kreuzer

    Nun meine Interpretation:
    Die 200 können gut das vom Absender bezahlte Franko - allerdings ohne Scheingebühr - sein.
    Dieses stellt aber vermutlich keine Freimachung bis zum Zielort dar, sondern nur bis zur preußischen-bayerischen Grenze - eine Freimachung normaler Briefe war bis Hof möglich.
    Der Brief fiel in die 2. Gewichtsstufe und kostete damit die von dir genannten 68 poln.Gr. und 132 poln. Gr. = 22 Sgr. preußisches Transittaxe.
    Für die mit roter Tinte notierten "22" finde ich keinen vernünftigen anderen Ansatz, insbesondere passt es nicht zu irgend einer bayer./württemb.-Taxkombination.
    Ab Hof lief der Brief anscheinend porto und in der 1. Gewichtsstufe - was eigentlich nicht sein konnte, da er mind. in die 2. bayer. Gewichtsstufe fallen musste. Anscheinend hat man aber nicht nachgewogen und Preußen hatte kein Gewicht notiert.
    Die notierten 8 würden den bayerischen Transit und die 12 die Summe bayer. Transit + württemberg. Inlandsporto beschreiben. Daraus werden dann mit Bestellgeld die vom Empfänger zu zahlenden 14 Kreuzer.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    vielen Dank für deine Interpretation.

    Wenn das preußische Transitporto in der 2. Gewichtsstufe gewesen wäre, dann wären dies wohl 16,5 Sgr. (11 x 1,5) gewesen. Dann wären für Bayern und Württemberg noch 5,5 Sgr. übrig geblieben.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    ich habe leider ungenau geschrieben.
    Die preußische Taxe richtete sich nach dem Tax-Regulativ von 1824. Die Gewichtsprogression hier war
    bis 3/4 Loth 1-fache Taxe
    bis 1 Loth 1,5-fache Taxe
    bis 1,5 Loth 2-fache Taxe

    Ein Brief mit > 1 Loth Gewicht würde also in Preußen das doppelte Porto kosten, in Polen aber nur das 1,5-fache, da dort meines Wissens die Progressionsstufen bis 1 Loth / bis 1,5 Loth / usw. lauteten.

    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,

    wenn der Brief über 1 Loth schwer war, dann müsste er über 14,6 g schwer gewesen sein. Dies ist nur schwer vorstellbar, da er heute 6 g wiegt. Ging in Polen die 1. Gewichtsstufe nicht bis 1 Lut = 12,8 g.

    Ich habe einen weiteren Brief aus Polen vom 5.12.1832 aus Kolo nach Steinheim angehängt. Dieser Teilfrankobrief ist meines Erachtens eindeutig nur bis Hof bezahlt worden. 115 poln. Groschen bezahlte der Absender (eigentlich hätten 110 genügt). 45 poln. Groschen für Polen und 65 poln. Groschen Weiterfranko (11 Sgr.) für Preußen. Bayern setzte für seinen Transit 12 Kr. an (2. Gewichtsstufe). Mit dem württembergischen Porto von 6 Kr. ergab sich ein Gesamtporto von 18 Kr.
    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    der 2. Brief (klasse Stück !) bestätigt meiner Meinung nach die Interpretation des 1. Briefes.
    Auf dem 2. Brief sind 11 Sgr. in roter Tinte als Weiterfranko notiert. Dies entspricht der "22"-Notierung auf dem 1. Brief.
    Diese 22 Sgr. können aber nur aus der entsprechenden Gewichtsstufe resultieren.
    Das der Brief heute nur 6 g wiegt, ist für mich kein Indiz dagegen. Der Brief mag weitere Blätter oder Beilagen enthalten haben.

    Auch die Zuordnung der gestrichenen blauen 8 (2. Brief) als bayerisches Transitporto findet sich in Form der gestrichenen 12 auf dem 1. Brief wieder.
    Ebenso die bei beiden Briefen mit Rötelstift vorgenommenen württembergischen Taxierungen.

    Daher: ein sehr schönes Paar!

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    wenn der 1. Brief 14 g schwer war, dann wäre er in Preußen in der 2. Gewichtsstufe gelegen, dies wären 16,5 Sgr. Doch auch in Bayern und Württemberg läge er damit in der 2. Gewichtsstufe mit 12 Kr. für Bayern und 6 Kr. für Württemberg. Diese 18 Kr. entsprechen in etwa 5 1/4 Sgr. Dann käme man auch auf ein Weiterfranko an Preußen von 22 Sgr.

    Sagt dir die rückseitig angeschriebene 4 auf der Rückseite des 2. Briefes etwas?

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    Hallo Michael,

    wenn der 1. Brief 14 g schwer war, dann wäre er in Preußen in der 2. Gewichtsstufe gelegen, dies wären 16,5 Sgr. Doch auch in Bayern und Württemberg läge er damit in der 2. Gewichtsstufe mit 12 Kr. für Bayern und 6 Kr. für Württemberg. Diese 18 Kr. entsprechen in etwa 5 1/4 Sgr. Dann käme man auch auf ein Weiterfranko an Preußen von 22 Sgr.

    Sagt dir die rückseitig angeschriebene 4 auf der Rückseite des 2. Briefes etwas?

    Grüsse von liball

    die Zahlen würden ungefähr passen.
    Es kämen allerdings nicht genau 22 Sgr. Weiterfranko zusammen und ich meine, dass Sgr.-Taxen auf 1/4 Sgr.-genau angegeben wurden.

    Unabhängig vom damaligen Briefgewicht sind wir uns aber wohl einig, dass ab Hof ein Bruch bei der Briefbehandlung zu sehen ist und er ab hier als Portobrief mit einem zu geringen Gewicht behandelt wurde.

    Die "4" würde ich (falls postalischen Ursprungs) dem Bereich Kartierungsnr. zuordnen. Auf russischen und polnischen Briefen sind diese häufiger rückseitig zu finden.

    Viele Grüße
    Michael

  • Liebe Sammlerfreunde,

    folgenden Brief möchte ich zeigen:
    Teilfrankobrief (Fr.Gr. = Franko Grenze) von Ozorkow (Königreich Polen,
    so der Absender innen vermerkt), vom 4. September 1841, nach Eibenstock
    bei Schneeberg im Königreich Sachsen. Der Absender bezahlte 6 Sgr. bis zur
    russisch preussischen Grenze. Zu den Taxierungen in Preußen und Sachsen
    müssen sich die Experten äußern. Siegelseitig Durchgangsstempel von Berlin.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

    • Offizieller Beitrag

    Hallo VorphilaBayern,

    Glückwunsch zu dem schönen und aus der Zeit auch seltenen Stück! :)

    Die Taxierung würde ich so deuten:
    Es handelt sich um einen Teilfrankobrief, frankiert bis zur polnisch-preußischen Grenze. Die Grenzpostämter waren hier Kalisch / Ostrowo.
    Das polnische Franko betrug incl. dem damals gültigen 10 %igen Zuschlag 50 polnische Groschen. Diese sind vorderseitig links unten in blau notiert.
    Das preußische Transitporto betrug 7 Sgr., mittig mit Rötel notiert. Diese wurden in 70 sächs. Pfennige reduziert, rote Tinte links, grün durchgestrichen.
    Das vom Empänger zu zahlende Gesamtporto aus preußischem und sächsischem Anteil betrug 100 Pfennige, in grün notiert.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo,

    bei diesem Portobrief aus Wohlen vom 14.6.1840 nach Riga komme ich nicht auf die preußische Forderung von 114 3/4 Pr. Gr.
    Schweizer Porto: 12 Kr., Badischer Transit: 24 Kr. (3. Gew.-St., über 1 Loth) ergibt 10 1/2 Sgr.
    10 1/2 Sgr. = 31 1/2 Pr. Gr. Wenn der preußische Transit von 11 Sgr. (= 33 pr.Gr.) 2,5 fach gerechnet wird = 82 1 /2 Pr. Gr. kommt man in Summe in etwa auf 114 3/4 Pr. Gr.
    Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    ein interessanter Brief!

    Laut dem PV von 1821 waren Briefe von/nach der Schweiz bis Baden freizumachen. Möglicherweise gab es hier Vereinbarungen, dass auch ganz porto versendet werden konnte. Dazu habe ich aber noch keine Bekanntmachungen gefunden.
    Wenn man zunächst nur den Portoanteil Baden-Russland betrachtet: Hierfür waren 69 1/2 pr.Gr. anzusetzen. Bei dem angegebenen Gewicht war der 1,5-fache (doppelt erst in der 3. Gewichtsstufe!) anzusetzen. Dies wären dann 104 1/4 pr.Gr.
    Verblieben also 10 1/2 pr.Gr. (= 3 1/2 Sgr.) für den schweizer Anteil.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    vielen Dank für deine Erläuterungen.
    Ich hätte jedoch noch 2 Fragen hierzu:
    1. Wo steht im Vertrag von 1821, dass Briefe aus der Schweiz bis Baden freizumachen waren. Aus Art. 8 lese ich nur, dass Briefe in die Schweiz bis zu einem bestimmten Grenzort zu frankieren waren.
    2. Im Vertrag von 1821 stehen keinerlei preußische Transitkosten. Wie kommst du auf 69 1/2 Pr. Gr.
    Im Vertrag Preußen-Bayern von 1834 steht, dass Preußen bei Briefen aus Russland in die Schweiz ein Transitporto von 13 3/4 Sgr. berechnet, dies wären nur 41 1/4 Pr. Gr.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    Zitat

    1. Wo steht im Vertrag von 1821, dass Briefe aus der Schweiz bis Baden
    freizumachen waren. Aus Art. 8 lese ich nur, dass Briefe in die Schweiz
    bis zu einem bestimmten Grenzort zu frankieren waren.

    Die Anlagen zu dem PV von 1821 habe ich nicht. Aber ich habe Franko-Briefe aus Russland in die Schweiz, bei denen nur ein schweizer Portoanteil ausgeworfen wurde.

    Zitat

    2. Im Vertrag von 1821 stehen keinerlei preußische Transitkosten. Wie kommst du auf 69 1/2 Pr. Gr.

    In der russischen Memel-Taxa sind die Richtung Schweiz liegenden badischen Postorte mit dieser Taxe aufgeführt.

    In einer Taxtabelle aus der Zeit vor dem 1821er PV wird die Schweiz aufgeführt. Hier fielen 448 Kupferkopeken (=74,7 pr.Gr.) an. Auf deinen Brief angesetzt, ergäbe dies: 75 * 1,5 (Gewichtsprogression)= 112,5. Dazu das Grenzporto (ab PV für alle russischen Orte) 1,5 * 1,5 (Gewichtsprogression)=2,25. Ergibt in Summe 114 3/4 pr.Gr.

    Zitat

    Im Vertrag Preußen-Bayern von 1834 steht, dass Preußen bei Briefen aus
    Russland in die Schweiz ein Transitporto von 13 3/4 Sgr. berechnet, dies
    wären nur 41 1/4 Pr. Gr.

    Vielleicht missverstehe ich dich, aber bei Porto-Briefen aus Russland stand Preußen bei Übergabe an Bayern ja auch nur das preußische Porto zu. Hier fehlt dann noch das bayerische/badische Porto.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    ich zeige nochmal einen Portobrief aus der Schweiz.
    Er wurde am 16.5.1841 in Genf abgeschickt. Schweizer Porto 12 Kr., badisches Porto 12 Kr. Das fremde Porto wurde in Preußen in 7 Sgr. reduziert.
    Preußen hat Russland 76 1/2 Pr. Gr. belastet. Wenn nun das fremde Porto von 7 Sgr. = 21 Pr. Gr. hiervon abgezogen wird, verbleibt für Preußen 55 1/2 Pr. Gr.
    Wenn ich nun bei meinem Brief aus Wohlen von der preußischen Forderung gegenüber Russland von 114 3/4 Pr. Gr. das fremde Porto von 10 1/2 Sgr. = 31,5 P. Gr. abziehe, verbleiben 83,25 Pr. Gr. dividiert durch 1,5 (da 2. Gew.-St.) verbleiben ebenfalls 55,5 Pr. Gr. für Preußen.
    Nimmt man diese beiden Briefe als Maßstab, dann läge das preußische Porto bei Briefen, die aus Baden im stillen Transit durch Bayern liefen, bei 55,5 Pr. Gr.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    Briefe Russland-Schweiz wurden anders behandelt als Briefe aus der Gegenrichtung Schweiz-Russland.

    Russland-Schweiz:
    Grenzfranko war vorgeschrieben bis zum Ausgangspunkt Baden resp. Bayern.
    Hierfür gab es festgelegte Tarife, vgl. Memel-Taxa.

    Schweiz-Russland:
    Grenzfranko bis zur Ausgangsgrenze Schweiz war möglich.
    Portoversand war möglich. Hier wurden die tatsächlich ausgelegten Portobeträge an Russland durchgereicht.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo,

    für diesen Chargebrief aus Heilbronn vom 2.3.1824 nach Tschernigow bezahlte der Absender bis Hof 18 Kr. Preußen belastete 45 1/2 Pr. Gr. an Russland. Dies entsprach 273 Kop. Ass. Zzgl. des russischen Inlandportos von 91 Kop. Ass. ergab sich ein Porto von 364 Kop. Ass. Nachdem der Brief wieder retour lief, wurde das Porto wieder gestrichen und ist daher auf dem Scan nicht zu erkennen.
    Kann jemand die rückseitig angeschriebenen 47 deuten sowie den Text?

    Grüsse von liball

  • Hallo liball,

    zu den 47 kann ich nichts sagen, aber den Text kann ich lesen:

    Da in Tschernigow keine russisch kaiserliche Justizbehörde existirt, so ist dieses Schreiben deshalb aus Tschernigow retour gesandt worden.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.