• Liebe Freunde,

    Kunden der Post, wenn sie solide aufgestellt waren und einen guten Ruf hatten, konnten Stundungen bei ihren Postexpeditionen sowohl für ihre ausgehende, als auch für ihre eingehende Post erwirken. Das betraf natürlich weniger Ortsbriefe oder später Postkarten, als mehr hochtaxierbare Sendungen und wenn dann noch diese Kunden nicht vor Ort residierten, sondern womöglich einige Kilometer außerhalb des Postortes wohnten, wurde das Ganze natürlich noch sinnvoller. Üblicherweise waren diese Stundungen quartaliter abzurechnen, wenn keine Individual-Vereinbarungen zwischen Postexpeditor und Kunde getroffen wurden.

    Nicht verwechseln darf man diesen inneren Postdienst mit poste restante gestellten Sendungen.

    Mir sind von der Postexpedition Ering eine Handvoll Belege bekannt geworden.

    Postrückstände Ering den 2. April 1863

    11.1.1863 1 Paket von München 1 Gulden 57 Kr.

    dito 2 Gulden 16 Kr.

    17.1,1863 1 Paket von München 1 Gulden 55 Kr.

    22.1.1863 1 Paket nach München 4 Gulden 1 Kr.

    29.1.1863 1 Paket von München 2 Gulden 3 Kr.

    30.1.1863 1 Paket nach München 1 Gulden 30 Kr.

    2.2.1863 1 Paket nach München 1 Gulden 30 Kr.

    6.2.1863 1 Paket von München 5 Gulden 22 Kr.

    7.2.1863 1 Kiste nach München 1 Gulden 11 Kr.

    12.2.1863 1 Paket von München 24 Gulden 16 Kr.

    23.2.1863 1 Kiste nach München 1 Gulden 24 Kr.

    28.2.1863 1 Kiste von München 2 Gulden 33 Kr.

    8.3.1863 1 Kiste von München 1 Gulden glatt.

    9.3.1863 1 Kiste von München 1 Gulden 15 Kr.

    16.3.1863 1 Schachtel von München 9 Gulden 13 Kr.

    19.3.1863 1 Schachtel von München 1 Gulden 7 Kr.

    22.3.1863 1 Kiste von München 2 Gulden 26 Kr.

    28.3.1863 Brief von München Auslage 22 Gulden 39 Kr.

    2.4.1863 Paket nach Pillham 47 Kr.

    ........................................................

    Ering, 2.4.1863 88 Gulden 25 Kr..

    Man kann also erkennen, dass Post eingehend, ausgehend, Fahrpost (und auch für die Briefpost galt dieses Verharen) angeschrieben wurden, die der Kunde sich stunden ließ, um sie dann auf einmal zu bezahlen. Der hier genannte Betrag entsprach in etwa dem Quartalsgehalt eines normalen Postbeamten, war also nicht wenig.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    So so, dir sind eine Handvoll Belege bekannt. Du musst grosse Hände haben ;) . Dann kannst du in 2 Stunden ja grosse Daumen drücken.

    unabhängig davon ein interessanter Beitrag. Wer ging dann gegen die Kunden vor wenn Zahlungen wider erwarten nicht geschehen? Musste dies der Expeditor in Eigenregie übernehmen? Oder schaltete sich dann eine übergeordnete Stelle ein? Ich vermute mal dass der Exp. Auf den Kosten sitzen blieb, da persönliche Vereinbarung. Entschuldige bitte die Frage, da kam das berufliche spontan durch...

    Liebe Grüße von der Pappnase Andreas

  • Lieber Andreas,

    das war von der Mittel- bzw. Oberbehörde erlaubt. Ein Postexpeditor war ja ein Subunternehmer, wie wir heute sagen würden und der hatte a) hoheitliche Aufgaben und b) auf seine Kappe laufende Aufgaben, wenn er diese übernehmen wollte.

    Wie ich ja oben schrieb, nutzten nicht Hinz und Kunz dieses Verfahren, sondern nur die, deren wirtschaftliche Basis versprach, alles bezahlen zu können, was beauftragt wurde. Im Falle eines Schuldnerausfalls hätte der PE wohl auf privatrechtlicher Ebene seine Ausgaben eintreiben müssen/können. Aber solche Fälle sind (mir) nicht bekannt.

    Einher ging das mit einem Postfach, welches 5 Gulden per annum ohne Rückstände und 10 Gulden per annum mit Rüständen kostete. Er verdiente auf alle Fälle für seine Mühewaltung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    weil man in Schorsch Kemsers Shop ( https://www.postgeschichte-kemser.com/ ) immer wieder tolle Angebote findet, kam auch dieses Schätzchen zu mir, damit das 1. nicht einsam würde.

    In Ering am 30.9.1863 erstellt, streckte es sich jetzt über 2 Seiten und der Postexpeditor dort verwendete ein blaues Papierzettelchen, das er mit seinem Dienstsiegel fest mit der Seite verband.

    Wie wir sehen können, belief sich der Betrag der 1. Seite auf 32 Gulden und 25 1/2 Kreuzer (die Fahrpost lässt grüßen, denn Bruchkreuzer gab es bei der Briefpost nie) und kommt mit der Addition der Betrag der Rückseite auf immerhin 53 Gulden und 35 Kreuzer.

    Interessant ist in diesem Zusammenhang der vorletzte Eintrag der Rückseite: "Omnibus Mehrbetrag", welche mit 27 1/2 Kreuzern zu Buche schlug. Demnach fanden auch Fahrten mit dem Omnibus (Pferdekutsche, kein Diesel) Niederschlag in solchen Berechnungen.

    Schön auch zu sehen, dass die am 30.9. aufegesetzte Rechnung erst einen Monat später bezahlt und quittiert wurde, also einer Stundung auf eine Stundung entsprach.

    Wer vergleichbare Belege hat, darf sie hier gerne vorstellen - mich würde es sehr freuen.